Dienstag, 28. Januar 2020

Goldammer, Frank: Juni 53

Max Heller und ein Mord: Politisch oder nicht?


Der Sommer 1953 blieb den Menschen in Deutschland auf unterschiedliche Art und Weise in Erinnerung. Vor allem in der DDR, denn dieser Sommer hat ein historisches Datum aufzuweisen: der 17. Juni ist der Tag des Volksaufstandes. Im Land brodelt es, auch in Dresden gehen Arbeiter auf die Straße.

Der den Leser von Frank Goldammer bekannte Kriminaloberkommissar Max Heller steht am Morgen des 18. Juni in der Küche und bittet seine Frau an diesem Tag nicht zur Arbeit zu gehen, die Ziehtochter Anni soll auch nicht die Schule besuchen:

„Ja, er hatte sie gesehen. Die wütenden Männer. Beim Sachsenwerk. Karin arbeitete dort in der Buchhaltung. Zuerst Waren es ein paar Hundert gewesen, dann ein paar Tausend, dann waren sie zu den ABUS-Werken gezogen. Schließlich sollten es nach Schätzungen der Polizei zwanzig-, dreißigtausend gewesen sein, und auf ihrem Zug durch die Stadt hatten sich ihnen immer mehr angeschlossen. Es war friedlich geblieben, bis auf ein paar Handgreiflichkeiten.
Doch Karin wusste nicht alles. Er war erst spät in der Nacht heimgekommen, da hatte sie schon geschlafen.
»In Leipzig waren hunderttausend auf der Straße. Sie haben das Volkspolizeikreisamt und das Funkhaus angegriffen, FDJler verprügelt. Es hat Tote gegeben. In Halle und Magdeburg waren es an die fünfzigtausend. Es gab viele Tote, auch Polizisten hat es getroffen. In Berlin sowieso, es gab Straßenschlachten, angeblich sogar MG-Feuer.« Heller fuhr sich nervös durchs Haar. »Karin, das ist kein Jux, glaub mir. Hier blieb es nur ruhig, weil die Sowjets gleich mit Panzern und die KVP unter schwerer Bewaffnung ausgerückt sind. Und wir wissen noch nicht, ob es Tote gab. Überall wird zum Generalstreik aufgerufen.«
»Ich weiß doch, dass das kein Spaß ist, Max.« Karin verschränkte trotzig die Arme und lehnte sich an die Anrichte. Seine Worte hatten die Wirkung auf sie nicht verfehlt. Doch
Heller kannte seine Frau, so schnell gab sie sich nicht geschlagen.
»Wenn ich nicht zur Arbeit gehe, dann streike ich ja mit. Und Anni? Was denkt ihre Lehrerin?«
»Du weißt, das ist nicht dasselbe«, mahnte Heller. Noch immer hingen ihm die Bilder des Vortages nach. Diese Menschenmasse. Und so viel Hass und Wut, die entweichen wollten. Die Leute waren zu allem bereit.
»Sie wollen doch nur ein besseres Leben«, sagte Karin“. (Seite 6)


Sonntag, 26. Januar 2020

Auf den Spuren...


Es ist fünf Jahr her, da erschien auf unserem Blog die Besprechung zur Erzählung DER
BERGFÜHRER von Liselotte Welskopf-Henrich. Die Autorin hatte diese in den fünfziger Jahren geschrieben doch erst 2015 veröffentlichte der Palisander-Verlag die Originalversion.

DER BERGFÜHRER und der Tourist klettern im Gebiet des Reiches des Zwergenkönigs Laurin, rund um dessen Rosengarten. Es ist eine Sommergeschichte doch hier erscheint nun eine Wintergeschichte aus dem traumhaften Südtirol, denn der Bücherjunge kommt soeben aus dem Skiurlaub zurück.


Mittwoch, 15. Januar 2020

Follies - Torheiten

nun auch hier, auf Litterae Artesque


Der Bücherjunge war mal wieder im Theater. Genauer, er war in der Staatsoperette Dresden. Die neue Intendantin hatte vor einiger Zeit geäußert, dass der „Broadway“ Einzug halten soll auf die Bühne des neuesten Musiktheaters der Landeshauptstadt. Broadway? Der Laie, also so einer wie ich, dem fällt da vielleicht CHORUS LINE ein. Oder Stücke wie CHICAGO und CABARET. Man hat auch andere Musik im Ohr, als bei hierzulande „herkömmlicher“ Operette oder Musical.
FOLLIES – Glanz und Schatten der Revue

Ein Stück von James GOLDMANN und Stephen SONDHEIM. Uraufführung 1971. In Deutschland erstmals, und bisher das einzige Mal, im Theater des Westens. Das war im Jahr 1992. Das sind ganz schöne Zeitspannen. Auf jeden Fall stehen die beiden für große amerikanische Werke, Sondheim zum Beispiel war der WEST SIDE STORY, die es ja auch in den Musikunterricht in meiner Schulzeit in Dresden schaffte.

Es trifft sich nach 30 Jahren eine Revue – Company, die Weissmann – Follies. Der ehemalige Intendant lädt ein. So kommen die Tänzer und Tänzerinnen, die Sängerinnen und Sänger noch einmal zusammen. Sie inszenieren einige „alte“ Nummern (echt starke Nummern), die eigentlich Geschichte dreht sich aber um die Paare Phyllis und Ben, Sally und Buddy. * Diese vier werden begleitet von ihren Geistern, ihren alter Ego, die jungen halt, die vor dreißig Jahren und mehr engagiert wurden.

Samstag, 11. Januar 2020

Salmen, Patrick & Quichotte: Die letzten werden die ersten sein. Es sei denn, sie sind zu langsam.

Ab und an darf es auch mal etwas Locker-Leichtes sein. Mal wieder ein Titel, der es in sich hat und der gleich meine Neugierde weckte. Gelistet ist das Buch dann auch noch in der Rubrik 'Humor' - ideal also, wenn man etwas für zwischendurch sucht.

Nun ist das mit dem 'Humor' aber so eine Sache. Was der eine witzig findet, veranlasst den anderen bestenfalls zum Gähnen. Manch einer hat auch schon ein Buch in die Ecke gepfeffert, wenn es nicht hielt, was er sich davon versprach. Wie es mir mit diesem zugegeben hübsch aufgemachten Buch erging? Lest selbst:




Freitag, 10. Januar 2020

Leconte, Patrice: Die Liebe ist ein guter Grund, den Ärmelkanal zu durchschwimmen

Erhältlich ist dieser schmale Roman wohl nur noch gebraucht - Bastei Lübbe führt ihn jedenfalls nicht mehr in seinem aktuellen Sortiment. Glücklicherweise entdeckte ich ihn eines Tages in einer Grabbelkiste voller Mängelexemplare - und schon war er mein...
 
Verrückte Titel ziehen mich magisch an - und französische Autoren lese ich ab und an auch ganz gern. Ob ich mich mit dem kleinen Büchlein anfreunden konnte, könnt Ihr hier erfahren:







Donnerstag, 9. Januar 2020

Leyendecker, Gudrun: Als der Mond das Schweigen brach

Das Cover ist in jedem Fall ein Hingucker. Der Titel klingt geheimnisvoll. Meine Neugier war geweckt, weshalb ich mich für ein Rezensionsexemplar im Rahmen einer Buchverlosung bei Lovelybooks bewarb. Und gewann.

So weit so gut - beim Lesen kam dann allerdings rasch die Ernüchterung. Aus verschiedenen Gründen, wie ich gleich ausführen werde. Deshalb hat die Lektüre sich auch ungewöhnlich lange hingezogen, denn ich habe das Buch immer wieder weggelegt. Nun ist es aber geschafft, und für mich ist klar: die anderen Bände der Reihe werde ich nicht mehr lesen. Aber nun erst einmal zu diesem Roman:




Mittwoch, 8. Januar 2020

Luxemburg, Rosa: Briefe aus dem Gefängnis

Rosa Luxemburg - ein Name, den sicher jeder schon einmal gehört hat. Doch wer war diese Frau wirklich? Das Bild, das Geschichtsbücher, Publikationen oder Biografien zeichnen, ist doch immer eines von außen. Briefe dagegen bieten einen viel persönlicheren Zugang zu einem Menschen. Deshalb griff ich zu, als mir dieses Büchlein in die Hand fiel.

Welchen Eindruck die Briefe bei mir hinterließen? Dazu werde ich mich im Folgenden äußern...








Dienstag, 7. Januar 2020

Whitehead, Colson: Die Nickel Boys (Hörbuch)

Vor etwas mehr als zwei Jahren stellte ich hier im Blog 'Underground Railroad' von Colson Whitehead vor - ein Buch, das den Rassismus in den USA sehr bildhaft vor Augen führt. 

Und auch 'Die Nickel Boys' beschäftigt sich mit diesem bis heute allgegenwärtigen Problem. Diesmal wählte ich die (ungekürzte) Hörbuch-Variante, die ich jedoch nicht ohne Pausen ertrug. Wie mir das Hörbuch insgesamt gefallen hat, kann hier nachgelesen werden:




Montag, 6. Januar 2020

Müller, Titus: Der Schneekristallforscher

Dieses kleine Büchlein stand schon seit einiger Zeit in meinem Bücherregal, nun griff ich endlich danach. Es ist aufgrund der geringen Seitenzahl rasch gelesen, doch reichen manchmal auch wenige Seiten durchaus aus, um den Leser zu verzaubern...

Vor fast exakt einem Jahr stellte ich hier bereits ein Werk von Titus Müller vor: "Das kleine Buch vom Alltagsglück". Das aktuelle Büchlein ist zwar kein Ratgeber wie das letztjährige, macht aber auch deutlich, wie kraftvoll Träume sein können...





Sonntag, 5. Januar 2020

Lombardo, Claire: Der größte Spaß, den wir je hatten

720 Seiten! Einen dicken Wälzer präsentiert die amerikanische Schriftstellerin Claire Lombardo da als Debüt. Zwischen den Buchdeckeln entspinnt sich die Chronik einer Ehe im Verlauf von vierzig Jahren und die Frage: Wie hält man das Glück der eigenen Eltern aus?

Gelesen habe ich diesen Roman wieder einmal im Rahmen einer Leserunde bei Whatchareadin - und auch diesmal stattete der Verlag die Leser dankenswerterweise mit Rezensionsexemplaren aus. Auch bei diesem Roman zeigte sich, dass er sehr unterschiedlich aufgenommen wurde - und dass der Grat zwischen Trivial-Literatur und "ernsthafter" Literatur wohl überaus schmal ist. Nun, mir hat das Debüt Lombardos zum Glück recht gut gefallen - alles andere wäre bei über 700 Seiten doch zur Quälerei ausgeartet...

Samstag, 4. Januar 2020

Erdrich, Louise: Die Wunder von Little No Horse

Dieser Roman war der letzte, den ich im Jahr 2019 las - keine schlechte Wahl! Gelesen habe ich ihn im Rahmen einer Leserunde bei Whatchareadin, wofür der Verlag dankenswerterweise Rezensionsexemplare zur Verfügung gestellt hat.

Im Rahmen der Leserunde erwies es sich, dass der Roman vollkommen unterschiedlich aufgenommen wurde. Von einem Stern bis hin zu fünf Sternen gab es da tatsächlich alle Bewertungskategorien. Zum Glück gefiel mir der Roman deutlich besser als einigen anderen Lesern. Ganz sicher werde ich in Zukunft noch mehr Romane von Louise Erdrich lesen - die Autorin mit indianischen Wurzeln ist wirklich eine Empfehlung... Doch nun erst einmal zu diesem Roman:


Donnerstag, 2. Januar 2020

BlogPost Nr. 158: Des Bücherjungen Rückschau - Favoriten 2019


Das sind sie, meine Favoriten aus dem verflossenen Jahr. Die Auswahl war einfach und doch wieder nicht. Daher sind dies nun 12 + 4.

  1. ROTER RABE / Frank Goldammer: Band 4 um Max Heller für Dresdner ein Muss 
  2. HOTEL A_TORIA / Francis Mohr: Leipziger Geschichten
  3. BLACK OUT / Marc Elsberg: Thriller - Was passiert wenn es keinen Strom mehr gibt?
  4. RUSSISCHES ROULETTE / Horst Teltschick: Deutsch - Russische Beziehungen
  5. BEFREIT / Tara Westover: Ein anderer Blick auf die USA
  6. HILLBILLY - ELEGIE / J.D. Vance: Noch ein anderer Blick auf die USA
  7. IM SCHATTEN... / Kerstin Groeper: Der 2. Fall des Commissario Marchetti
  8. ARMSTRONG / Torben Kuhlmann: Anlass ist ein Jubiläum
  9. HEAVEN 11 / Christian Krumm: Ein Blick in die Geschlossene Abteilung
  10. STILLE HAVEL / Tim Pieper: Für Litterae-Artesque seit Jahren ganz wichtig
  11. HERZ AUS STEIN / Sabine Ebert: Historischer Roman der Sonderklasse (Band 4)
  12. MEINST DU...? / Carsten Gansel: Noch einmal ein Blick nach Russland.
Und weil da noch so einiges zusammenkam noch folgende Links:
  • DER WINTER IST DA / Kim Renfro: GoT ist sehr komplex - Hier kommt Hilfe...
  • EINE KISTE... / Ralf Günther: Weihnachtsgeschichten für Groß und Klein
  • MADAME PIAF... / Michele Marly: Biografischer Roman über Edith Piaf 
  • WER IST B. TRAVEN?: Torsten Seifert: Der Beginn eines Projekts...

Der Bücherjunge

Mittwoch, 1. Januar 2020

BlogPost Nr. 157: Ein neues Jahr...

Quelle: Pixabay
Zuallererst möchten wir den Lesern unseres Blogs - und uns selbst natürlich auch - ein frohes neues Jahr wünschen! Möge es viel Gutes bereit halten, Gesundheit, Inspiration, Zufriedenheit und Freude. Und möge es uns die Gelassenheit und Zuversicht geben, den Prüfungen des Lebens ins Auge zu blicken, die in den kommenden 366 Tagen auf uns zukommen könnten.







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Natürlich wünschen wir uns auch jede Menge toller Bücher und Erlebnisse, von denen wir dann hier im Blog berichten können. Aber haben wir auch Vorsätze für das kommende Jahr?

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