Rosa Luxemburg - ein Name, den sicher jeder schon einmal gehört hat. Doch wer war diese Frau wirklich? Das Bild, das Geschichtsbücher, Publikationen oder Biografien zeichnen, ist doch immer eines von außen. Briefe dagegen bieten einen viel persönlicheren Zugang zu einem Menschen. Deshalb griff ich zu, als mir dieses Büchlein in die Hand fiel.
Welchen Eindruck die Briefe bei mir hinterließen? Dazu werde ich mich im Folgenden äußern...
Inhalt: (Quelle: Dietz Berlin)
Während
des Ersten Weltkrieges kam Rosa Luxemburg wegen einer vor dem Krieg
gehaltenen Rede gegen Soldatenmisshandlungen zunächst für ein Jahr ins
Gefängnis, und nach kurzer Freiheit wurde sie bis zur Novemberrevolution
in Berlin, in Wronke und schließlich in Breslau in »Schutzhaft«
gehalten. Vom Gefängnis aus unterhielt Rosa Luxemburg eine lebhafte
Korrespondenz mit ihren Freunden, unter anderem mit der Frau Karl
Liebknechts. Diese zum Teil sehr privat gehaltenen Briefe wurden
erstmals 1920 veröffentlicht.
ERSTAUNLICH POETISCHE ZEITDOKUMENTE...
Quelle: Pixabay |
Rosa Luxemburg (1871-1919), die sich sehr für die europäische
Arbeiterbewegung engagierte und mit Karl Liebknecht schließlich den
Spartakusbund gründete, war zudem eine vehemente Kriegsgegnerin. Während
des Ersten Weltkrieges wurde sie aufgrund einer aufrührerischen Rede
verurteilt und musste im Februar 1915 eine einjährige Haftstrafe
antreten. Nach ihrer Entlassung wurde sie nur drei Monate später im
Rahmen des damaligen 'Schutzhaft-Gesetzes' - zur Abwendung einer Gefahr
für die Sicherheit des Reichs - zu weiteren zweieinhalb Jahren Zuchthaus
verurteilt. Aus den fast 3 1/2 Jahren ihres Gefängnisaufenthaltes
(Berlin, Wronke, Breslau) stammen die hier abgedruckten Briefe.
"In Südende pflegte ich um diese Zeit abends in der
Straße herumzuschlendern; es ist so schön, wenn noch im letzten
violetten Tageslicht plötzlich die rosigen Gasflammen an den Laternen
aufzucken und noch so fremd in der Dämmerung aussehen, als schämten sie
sich selbst ein wenig. Durch die Straße huscht dann geschäftig die
undeutliche Gestalt irgendeiner verspäteten Portierfrau oder eines
Dienstmädchens, die noch schnell zum Bäcker oder Krämer laufen, um etwas
zu holen (...) Und ich stand da mitten in der Straße, zählte die ersten
Sterne und mochte gar nicht heim aus der linden Luft und der Dämmerung,
in der sich der Tag und die Nacht so weich aneinanderschmiegten."
Unerwartet poetisch muten viele der Briefe an. Erinnerungen an
frühere Zeiten, Verse aus Gedichten, literarische Eindrücke, intensive
Naturbeschreibungen - aber auch Rosa Luxemburgs Menschenscheu im
Gefängnis, die große Einsamkeit, die Sorgen um Freunde und Bekannte,
ihre Sehnsüchte: all dies findet Platz in den meist vielseitigen
Briefen. Neben einer überaus großen Sensibiliät gegenüber den
Schönheiten der Natur und der Kunst gibt es auch den offensichtlichen
Versuch, das Positive aus jeder Situation zu ziehen, alles was sich
nicht ändern lässt, mit einer möglichst stoischen Gelassenheit als
gegeben hinzunehmen - und auf die Zukunft zu hoffen.
Rosa Luxemburg - Quelle: Wikipedia |
"So liege ich zum Beispiel hier in der dunklen Zelle auf
einer steinharten Matratze (...) Von Zeit zu Zeit hört man nur (...)
unter den Fenstern das Räuspern der Schildwache, die in ihren schweren
Stiefeln ein paar Schritte langsam macht, um die steifen Beine zu
bewegen. Der Sand knirscht so hoffnungslos unter diesen Schritten, daß
die ganze Öde und Ausweglosigkeit des Daseins daraus klingt in die
feuchte, dunkle Nacht. Da liege ich still allein, gewickelt in die
vielfachen schwarzen Tücher der Finsternis, Langeweile, Unfreiheit des
Winters - und dabei klopft mein Herz von einer unbegreiflichen,
unbekannten inneren Freude, wie wenn ich im strahlenden Sonnenschein
über eine blühende Wiese gehen würde. Und ich lächle im Dunkeln dem
Leben, wie wenn ich irgendein zauberhaftes Geheimnis wüßte, das alles
Böse und Traurige Lügen straft und in lauter Helligkeit und Glück
wandelt..."
Tatsächlich erschließt dieser schmale Band wieder einmal, weshalb es
sich lohnt, Briefe zu lesen. Überlieferte Reden und Schriften bieten nur
Einblicke in Überzeugungen, Thesen und Versuche, andere ebenfalls von
der eigenen Sache zu überzeugen. Presseartikel bieten das Bild einer
Person, das sehr stark geprägt ist von der persölnichen Sicht des
Verfassers. Briefe dagegen bieten die Möglichkeit, einen Blick auf das
Innere eines Menschen zu werfen, auf seine Gedanken und Gefühle,
Hoffnungen und Ängste, Sehnsüchte und Erinnerungen. Und hier ging es mir
wieder genauso: zum ersten Mal entdeckte ich hinter der abstrakten
Figur Rosa Luxemburg, hinter der Politikerin, die aufgrund ihrer
Überzeugung schließlich ermordet wurde, eine Ahnung von dem Menschen,
der sie war. Ein schönes Erlebnis.
Ein interessantes und erstaunlich poetisches Zeitdokument, das ich zu lesen empfehlen kann!
© Parden
Produktinformation: (Quelle: Amazon.de)
- Gebundene Ausgabe: 136 Seiten
- Verlag: Dietz Vlg Bln; Auflage: 19 (15. Februar 2019)
- Sprache: Deutsch
- ISBN-10: 3320023594
- ISBN-13: 978-3320023591
Passt natürlich zum Januar...
AntwortenLöschenKennst du den Film der Margarethe v. Trotta? Übrigens spielte Barbara Sokuva die Rosa Luxemburg, später spielte sie auch die Hannah Arendt.