
Auf Spurensuche zu Hanas Koffer besuchte ich vor ungefähr anderthalb Jahren das Konzentrationslager Ravensbrück. Hanas Koffer ist nicht nur ein Buch über ein tschechisches jüdisches Mädchen, welches in Auschwitz ermordet wurde. Hanas Koffer ist auch eine Lesereise quer durch diese Republik, wir haben bereits viel darüber erzählt.
Graphic Novels begleiten mich nun schon einige Jahre, dass diese inzwischen auch Geschichte lehren, war eine Erfahrung, die zuerst Erstaunen hervorrief. Mit der Zeit aber kam das Verständnis für ein weiteres gedrucktes Medium, welches vielleicht in Schulen eingesetzt werden kann und ähnlich wie Hanas Koffer Wirkung entfalten kann. Sid Jacobsen (* 1929) und Ernie Colón (*1931) schufen auf der Grundlage der Tagebücher hier nun kein Tagebuch, sie erzählen in Bildern die Geschichte der Familie Frank und ordnen sie in das jeweilige politische Zeitgeschehen ein. [1]
"Habe ich dir schon mal was von unserer Familie erzählt? Ich glaube nicht, und deshalb werde ich sofort damit anfangen. Vater wurde in Frankfurt geboren, als Sohn steinreicher Eltern..." [2] So beginnt die grafische Biografie. Anne erzählt dies am 8. Mai 1944 ihrer Freundin Kitty, so heißt das Tagebuch.

12. August 1943
Eine Mathematikstunde
Beeindruckend steht er vor der Klasse, groß, alt mit einem umgeknickten Stehkragen, immer in einem grauen Anzug, einer Glatze, umgeben von einem Kranz grauer Haare. Spricht einen eigenartigen Dialekt, schimpft oft und lacht oft. Ist geduldig, wenn man sich Mühe gibt, zornig, wenn man faul ist...." Von ihm bekommt Anne einen Strafaufsatz wegen Schwätzens, in dem sie schreibt:
"Ich muss mich tatsächlich bemühen, mir das Schwätzen ein bisschen abzugewöhnen, aber ich fürchte, dass nicht viel daran zu ändern ist, da dieses Laster erblich ist. Meine Mutter schwätzt auch so gern..." [6]
Am 4. August 1944 werden sie entdeckt. Zwangsarbeit in einer Munitionsfabrik - Auschwitz - Bergen-Belsen in der Lüneburer Heide. Chanukka, Nikolaus und Weihnachten an einem Tag im Dezember 1944. Und dann kommt der Typhus...
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In letzter Zeit liest man immer mal wieder von Ermittlungen und Forschungen über die Festnahme der Familie Frank und der anderen Bewohner. Die Frage, die dabei im Raum steht heißt: War es wirklich Verrat oder war es Zufall? Ich weiß nicht, wer nun so unbedingtes Interesse daran hat, dies zu klären, es ändert nichts an dieser schrecklichen Zeit. Es bedeutet nur, dass Deportation, Vertreibung, Tod auf eine bestimmte Art plötzlich begannen. Die Ursachen sind bekannt: Menschenverachtende Ideologie und politischer Wille einer Gruppe von Menschen, die diese nicht ohne industrielle Geldgeber und Zustimmung von Millionen hätte umsetzen können.
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Holocaust-Leugner gibt es heute noch. Es scheint zur Zeit, es werden mehr. Eigenartige Dinge geschehen und dein Name, Anne, erscheint auf Fußballtrikots. Davon schreibt ein Bloggerkollege, für den der Vorfall mit Anlass war, ein weiteres Bilderbuch zu besprechen. Selten beziehen wir Blogger uns auf andere unserer Zunft. In diesem Fall tue ich es wiederholt gern, denn die Idee ist nicht von mir. Mit Astrolibrium gegen das Vergessen. Warum nicht?
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Filmtrailer 2016
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5. April 1944: "...werde ich jemals Journalistin und Schriftstellerin werden? Ich hoffe es, ich hoffe es so sehr! Mit Schreiben kann ich alles ausdrücken, meine Gedanken, meine Ideale, meine Phantasien." [7]
Hätte sie überlebt, würden wir vielleicht anderes von ihr lesen, oder aber eben auch das Erleben von Deportation und Tod ringsum auf dem Leidensweg von Millionen.
- Das Leben von anne frank - Eine grafische Biografie: DNB / Carlsen-Verlag / Hamburg 2010 / ISBN: 978-3-551-79185-6 / 159 S.
- Anne Frank - Gesamtausgabe: Tagebücher, Geschichten und Ereignisse aus dem Hinterhaus, Erzählungen, Briefe, Fotos und Dokumente: DNB / Fischer Verlag / Frankfurt 2015 / ISBN: 978-3-596-90591-1 / 800 S.
© KaratekaDD
Quellen:
[1] Sie folgen dabei der Übersetzung der Tagebücher durch Mirjam Pressler, wenn sie aus diesen Zitieren.
[2] vgl. Tagebuch, Edition Mirjam Pressler, in Anne Frank - Gesamtausgabe, Fischer Verlag 2015, Seite 226
[3] vgl. Ebenda, Seite 15
[4] vgl. Ebenda, Seite 28
[5] Ebenda ab Seite 265
[6] Ebenda, Seite 302
[7] Ebenda, Seite 200