Eines Mittags sitzt im Pariser
Lieblingscafé des passionierten Buchhändlers Antoine wie vom Himmel
gefallen die Frau seines Lebens. Beim Hinausgehen wirft die schöne
Unbekannte ihm ein Kärtchen mit einer Telefonnummer zu, die aber nicht
mehr vollständig ist. Antoine hat nun zehn verschiedene Möglichkeiten
und nur 24 Stunden Zeit, um die Frau seines Lebens wiederzufinden … Ein
federleichter und lebenskluger Roman über den wunderbaren Wahn der
Liebe.
Im Lieblingscafé des zweiunddreißigjährigen Buchhändlers Antoine,
der daran glaubt, dass Romane auch im wirklichen Leben stattfinden
können, sitzt eines Mittags wie vom Himmel gefallen die Frau seines
Lebens. Antoine weiß nicht, wie er die Schöne ansprechen soll. Beim
Hinausgehen wirft ihm die geheimnisvolle Frau mit dem bezaubernden
Lächeln ein Kärtchen mit einer Telefonnummer zu. Darauf steht der Satz:
'Ich würde Sie gerne wiedersehen.' Antoine ist überglücklich, bis er
entdeckt, dass durch einen aberwitzigen Unglücksfall die Nummer nicht
mehr vollständig ist. Die abenteuerliche Suche nach der schönen
Unbekannten führt Antoine quer durch Paris. Seine Freunde halten ihn für
übergeschnappt, sein Herz schlägt Salto, aber Antoine gibt nicht auf...
"Ich bin Buchhändler, wissen Sie, und wenn man
tagtäglich mit Büchern zu tun hat, wenn man so viele Romane gelesen hat
wie ich, kommt man irgendwann zu dem Schluss, dass sehr viel mehr
möglich ist, als gemeinhin angenommen wird. Mag sein, dass für manche
die Literatur die angenehmste Art ist, das Leben zu ignorieren, wie
Fernando Pessoa einmal geschrieben hat. Aber im Grunde will man das
Leben doch nur dann ignorieren, wenn es so geworden ist, wie man es
nicht haben wollte." (S. 7)
Amour fou - die
schönste Sache der Welt. Und das auch noch in der Stadt der Liebe. Und
doch ist dies kein kitschiger Liebesroman, auch wenn sich Nicolas
Barreau hier zahlreicher Klischees bedient. Das Buch lebt vom Tempo, vom
Augenzwinkern und dem Spiel mit der Sehnsucht, die uns allen innewohnt.
Aus der Sicht von Antoine geschrieben, jagt die Erzählung den Leser
gemeinsam mit dem Hauptcharakter quer durch Paris - auch ein wenig
Sightseeing im Namen der Liebe. Amüsant und unterhaltsam kommt das
Großstadtmärchen daher, und ich empfand dies als angenehme Lektüre für
ein paar ruhige Stunden.
Nicolas Barreau, geboren 1980 in Paris, hat Romanistik und Geschichte an
der Sorbonne studiert und lebt heute als freier Autor in Paris. Schon
mit seinen Erfolgen »Die Frau meines Lebens« und »Du findest mich am
Ende der Welt« hat er sich in die Herzen seiner Leserinnen geschrieben,
ehe »Das Lächeln der Frauen« ein internationaler Bestseller wurde.
Weitere sehr erfolgreiche Bücher folgten.
Herr Sommer läuft stumm, im Tempo eines Gehetzten, mit seinem leeren
Rucksack und dem langen, merkwürdigen Spazierstock von Dorf zu Dorf,
geistert durch die Landschaft und durch die Tag- und Alpträume eines
kleinen Jungen. Erst als der kleine Junge schon nicht mehr auf Bäume
klettert, entschwindet der geheimnisvolle Herr Sommer.
Verlag: Diogenes Verlag; Auflage: 21 (21. Dezember 1993)
Sprache: Deutsch
ISBN-10: 3257226640
ISBN-13: 978-3257226645
ZWISCHEN KOMIK UND SEHNSUCHT...
Die Illustrationen im Buch sind von Sempé
Zu der Zeit, als ich noch auf Bäume kletterte, lebte in unserem Dorf ein
Mann mit Namen "Herr Sommer". Kein Mensch wusste, wie Herr Sommer mit
Vornamen hieß, und kein Mensch wusste auch, ob Herr Sommer einem Beruf
nachging. Obwohl man über die Sommers und insbesondere über Herrn
Sommer so gut wie nichts wusste, kann man doch mit Fug und Recht
behaupten, dass es im Umkreis von mindestens sechzig Kilometern um den
See herum keinen Menschen gab, Mann, Frau oder Kind - ja nicht einmal
einen Hund -, der Herrn Sommer nicht gekannt hätte, denn Herr Sommer war
ständig unterwegs. Es mochte schneien oder hageln, es mochte stürmen
oder wie aus Kübeln gießen, die Sonne mochte brennen, ein Orkan im Anzug
sein, Herr Sommer war auf Wanderschaft...
Ein wenig verwirrt
der Titel des Buches, denn besagter Herr Sommer ist im Grunde eine
Randfigur des Geschehens - in dessen Kern steht ein kleiner Junge, der
in diesem ländlichen Idyll aufwächst. Aus der Erinnerung des
inzwischen alt gewordenen Jungen und erzählt aus der Ich-Perspektive
werden retrospektiv Episoden aus seiner Kindheit erzählt, mit all ihren
sinnlichen Vergnügungen, Verwirrungen und Enttäuschungen. Das Klettern
auf Bäume, Radfahren, der schüchterne Versuch, einem Mädchen näher zu
kommen und das nahezu traumatische Erlebnis einer Klavierstunde gehören
zu den erinnerten Episoden - und bringen einen zum Schmunzeln oder
führen zu eigenen Erinnerungen...
Herr Sommer ist dabei ein
allgegenwärtiger, getriebener Mensch, stets hastig mit Hilfe seines
Stockes voran eilend, keine Zeit oder Ruhe zu verweilen. Süskinds
Erzählstil setzt dabei auf Rätselhaftigkeit und Distanz - so bleibt Herr
Sommer bis zum Schluss eine mysteriöse Erscheinung, in seinem
immerwährenden Auftauchen fast schon nicht mehr wahrgenommen, und doch
eine Tragik, ein unerträgliches Lebensgefühl vermuten lassend, einzig
erspürt durch eben diesen kleinen Jungen, der in der Novelle als
Erzähler fungiert.
Die Erzählung selbst erfolgt ebenso hastig wie
die Wanderungen des Herrn Sommer - der erste Punkt wird erst auf der
dritten Seite gesetzt. Immer wieder schweift der Erzähler in seinen
Gedanken ab, lässt sich treiben in seinen Erinnerungen - und
komplettiert doch so das Bild seiner Kindheit. Zart und poetisch,
gewitzt und komisch, melancholisch und doch mit einer
selbstverständlichen Leichtigkeit, so kommt die Erzählung daher.
Wunderschön illustriert ist der schmale Band durch Zeichnungen von Sempé.
Ich freue mich, dass mir dieses Kleinod in die Hände gefallen ist...
Patrick Süskind, geboren 1949 in Ambach am Starnberger See, studierte in
München und in Aix-en-Provence mittlere und neuere Geschichte und
verdiente seinen Lebensunterhalt zunächst mit dem Schreiben von
Drehbüchern. 1984 erschien sein Ein-Personen-Stück ›Der Kontrabaß‹, 1985
sein Roman ›Das Parfum‹, der 2005 von Tom Tykwer verfilmt wurde. 1987
folgte die Erzählung ›Die Taube‹ und 1991 ›Die Geschichte von Herrn
Sommer‹, mit Illustrationen von Jean-Jacques Sempé. Patrick Süskinds
Werk ist in über fünfzig Sprachen übersetzt.
Am Abend eines ungewöhnlich kalten Novembertages im Jahr 1890 betritt
ein elegant gekleideter Herr die Räume von Sherlock Holmes‘ Wohnung in
der Londoner Baker Street 221b. Er wird von einem mysteriösen Mann
verfolgt, in dem er den einzigen Überlebenden einer amerikanischen
Verbrecherbande erkennt, die mit seiner Hilfe in Boston zerschlagen
wurde. Ist der Mann ihm über den Atlantik gefolgt, um sich zu rächen?
Als Holmes und Watson den Spuren des Gangsters folgen, stoßen sie auf
eine Verschwörung, die sie in Konflikt mit hochstehenden
Persönlichkeiten bringen wird ? und den berühmten Detektiv ins
Gefängnis, verdächtigt des Mordes. Zunächst gibt es nur einen einzigen
Hinweis: ein weißes Seidenband, befestigt am Handgelenk eines ermordeten
Straßenjungen …
Erstmals seit dem Tod von Arthur Conan Doyle erscheint ein
neuer Roman um den genialsten Detektiv aller Zeiten, aus der Feder des
internationalen Bestsellerautors Anthony Horowitz. Es ist Sherlock
Holmes‘ spektakulärster Fall.
Ich bin ganz ehrlich: gekauft hätte ich mir dieses Buch nicht. Denn zu
häufig schon habe ich erlebt, dass eine Pastiche - also die Imitation
des Werkes eines vorangegangenen Künstlers - mehr gewollt denn gekonnt
war, und vor einer solchen Enttäuschung schrecke ich seither zurück.
Selbst die überwiegend sehr positiven Rezensionen zu diesem Buch konnten
mich nicht dazu bewegen, den neuen Roman um Sherlock Holmes käuflich zu
erwerben. Aber wie der Zufall so spielt, war 'Das Geheimnis des weißen
Bandes' Teil eines Gewinnpaketes bei Lovelybooks, und natürlich
habe ich es nun auch gelesen.
Die brennende Frage hinter all dem
ist ja: Kann ein Abenteuer um Sherlock Holmes aus der Feder eines
anderen Autors als Sir Arthur Conan Doyle wirklich überzeugen, fesseln
und womöglich sogar mit den Original-Geschichten mithalten? Meine
Antwort: Erstaunlicherweise ja!
Von Beginn an ist zu merken,
dass Anthony Horowitz selbst zu den größten Fans des wohl berühmtesten
Detektivs der Literaturgeschichte zählt - das ganze Buch liest sich wie
eine einzige Hommage an Sherlock Holmes. Horowitz hat Doyles Geschichten
offensichtlich so eingehend studiert, dass er in der Lage war, dessen
Schreibstil nahezu perfekt zu übernehmen. Wie auch in den Fällen zuvor,
wird das Abenteuer aus der Sicht von Doktor Watson erzählt, der als
Chronist der Fälle von Sherlock Holmes fungiert und gleichzeitig dessen
bester Freund ist. Von Beginn an fühlt sich der Leser in das
viktorianische London des Jahres 1890 versetzt, und Horowitz wird nicht
müde, sich in oftmals recht eingehenden Beschreibungen von Häusern,
Mode, Interieur, Gepflogenheiten und politisch-gesellschaftlichen
Gegebenheiten zu ergehen. Dies war mir manchmal ein wenig des Guten zu
viel, doch insgesamt schuf er damit eine authentische und passende
Atmosphäre für den neuesten Fall von Sherlock Holmes.
Gelungen
ist hier bereits der Einstieg des Romans - klassisch beginnend in der
Baker Street 221B - und gleich wird der Leser mit dem staunenden Watson
Zeuge von Holmes' verblüffenden geistigen Fähigkeiten. Auch das
unversehene Auftreten eines neuen Klienten in der Wohnung des Detektivs
passt gut in das Bild von Doyles Romanen. Die haarsträubende Geschichte,
die der elegant gekleidete Herr den Freunden Holmes und Watson dann
erzählt, erscheint anfangs harmlos und unspektakulär. Doch zunehmend
entpuppt sich der Fall als verstrickter und weitreichender als es
anfangs anmutet, wodurch sich sowohl Holmes' Jagdinstint als auch das
gebannte Interesse des Lesers steigert.
Als gelungen empfand ich
ebenfalls, dass Horowitz immer wieder Bezug nimmt auf vorherige Fälle
und dass man hier neben Holmes und Watson auch anderen aus Doyles
Romanen vertrauten Figuren wiederbegegnet, wie z.B. der Haushälterin des
Detektivs, Mrs. Hudson, Holmes ewigem Widersacher Inspektor Lestrade
und selbst Mycroft Holmes, Sherlocks ebenso hochintelligentem Bruder.
Selbst Holmes legendäre Verkleidungskünste spielen hier wieder eine
wesentliche Rolle.
Bei allen erfreulichen Ähnlichkeiten und
Wiedererkennungseffekten hat Horowitz es jedoch auch nicht versäumt,
seinen ganz eigenen Stil einfließen zu lassen und dem Fall dadurch eine
persönliche Note zu geben. Im Grunde verquicken sich hier zwei üble
Geschichten, wie auch Watson nicht müde wird zu betonen, und werden erst
gegen Ende wieder in einen passenden Zusammenhang gebracht. Die
Geschehnisse bieten für Holmes und Watson deutlich mehr
Gefahrenpotential als in Doyles Fällen - mehr als einmal müssen sie hier
ernsthaft um ihr Leben bangen. Und die Figuren gewinnen bei Horowitz
deutlich an Profil, werden facettenreicher. Watson beginnt kritisch zu
hinterfragen - sein eigenes Handeln ebenso wie das der Gesellschaft. Und
Holmes wird hier nicht nur auf seinen legendären Scharfsinn reduziert,
sondern präsentiert sich dem Leser auch als melancholsicher Zweifler,
der selbst vor Schulgefühlen nicht gefeit ist. Insgesamt wirken die
Charaktere dadurch vielschichtiger und menschlicher, was mir gut
gefallen hat.
Der Hintergrund des Falles ist verblüffend und
wäre unter Doyles Feder sicher nicht thematisiert worden. Mehr möchte
ich dazu allerdings nicht verraten, denn das würde zu viel vorwegnehmen.
Ich fand es allerdings interssant, dass diese Thematik in das London
des ausgehenden 19. Jahrhunderts versetzt wurde - für mich einmal mehr
eine gekonnte Verknüpfung der verschiedenen Zeitebenen...
Insgesamt
präsentiert sich dieser Roman also als gelungene Hommage an Sherlock
Holmes, und allen Fans der historischen Bücher des berühmten Detektivs
sei diese Pastiche empfohlen. Ich bin jetzt jedenfalls neugierig auf die
weiteren Fälle um Sherlock Holmes aus der Feder von Anthony Horowitz...
Anthony Horowitz, 1956 in Stanmore (England) geboren, ist einer der
erfolgreichsten Autoren Englands. In Deutschland ist er vor allem für
seine Jugendbücher um den Helden Alex Rider bekannt. Neben zahlreichen
Büchern hat er Theaterstücke und Drehbücher (u. a. Inspector Barnaby) geschrieben.
Für den Moderator und Publizisten Roger Willemsen ist die Welt der Kontaktanzeigen eine Literatur neben
der Literatur: Sie findet massenhafte Verbreitung und macht aus allen Menschen Autoren und Autorinnen –
und das schon seit Jahrhunderten. In ihren Annoncen zeigen sich die Verfasser unverblümt und komisch,
aber auch fordernd oder bitter. Sie sagen, wie sie selbst sich sehen oder gesehen werden möchten, und
entwickeln ihre Ideale eines geglückten Liebeslebens. Das ist oft (unfreiwillig) komisch. Doch vor allem sagt
diese Literatur etwas über den suchenden Menschen aus – und sie ist in dieser Hinsicht auch ernst zu
nehmen. Willemsen hat lange recherchiert und dabei allerlei Rührendes, Abstruses, Groteskes und
Komisches ausgegraben. In einer szenischen Lesung mit der Schauspielerin und Komikerin Anke Engelke
streift er durch seine Funde und denkt laut über die unterschiedlichen Facetten der »Verpartnerungsprosa«
nach.
Audio CD
Verlag: tacheles!/ROOF Music; Auflage: 2 (13. August 2015)
Sprache: Deutsch
Sprecher: Roger Willemsen, Anke Engelke
Spielzeit: 85 Minuten
ISBN-10: 3864843170
ISBN-13: 978-3864843174
IM DSCHUNGEL DER KONTAKTANZEIGEN...
Es gibt eine Literatur neben der Literatur, eine, die auf eigene Weise
von dem spricht, was ist, was fehlt, was sein soll, und die aus allen
Menschen Autoren macht: die Kontaktanzeige. Hier zeigen sich Menschen
unverblümt, hier sagen sie, wie sie selbst sich sehen oder gesehen
werden möchten, hier entwickeln sie ihre Ideale eines geglückten
Liebeslebens. Roger Willemsen hat lange und an entlegenen
Publikationsorten recherchiert. In einer szenischen Lesung mit Anke
Engelke denkt er laut über die unterschiedlichen Facetten der
»Verpartnerungsprosa« nach und streift durch seine Funde.
Über 80
Millionen Deutsche haben allein im letzten Jahrzehnt eine
Kontaktanzeige online gestellt. Fast jedes 5. Paar hat sich heutzutage
im Internet kennengelernt. Um so dringender erschien Roger Willemsen
daher die Aufgabe, sich einmal eingehender mit den Kontaktanzeigen zu
befassen. Und - wenig verwunderlich - bei allen modernen Entwicklungen:
die Sprache der Inserate ähnelt doch noch häufig der der Höhlenbewohner
von einst.
Diese 85minütige Lesung ist recht kurzweilig inszeniert,
dadurch dass sich Roger Willemsen und Anke Engelke abwechselnd und
unterhaltsam laufend gegenseitig den Ball zuspielen. Highlights aus den
Funden der Welt der Kontaktanzeigen werden untermalt durch nachdenkliche
und dabei augenzwinkernde mögliche Interpretationen dieser ganz eigenen
Schriftstücke - und Wissenswertes gibt es obendrein.
So erfährt
der Hörer beispielsweise, dass die erste Kontaktanzeige am 19. Juli 1695
in einem Londoner Wochenblatt erschien - und für einen Eklat sorgte.
"Ein Herr von etwa 30 Jahren mit ansehnlichem Besitz sucht eine junge Dame mit einem Vermögen von circa 3.000 Pfund." Nicht jedoch der Inserent war es, der im Kreuzfeuer der Kritik stand,
sondern die verantwortlichen Redakteure, die ein solches Inserat
zuließen. Erst 30 Jahre später gab eine Frau eine derartige Anzeige auf -
diesmal allerdings mit Folgen für sie selbst. Sie wurde als
Exzentrikerin verschrieen und in eine Nervenheilanstalt eingewiesen.
Etwa 120 Jahre später, am 30. Januar 1956, gab es erstmals eine andere
Form der Kontaktanzeige. Die Eltern einer gerade einmal erwachsenen
Tochter, die an 'Veiztanz' erkrankt war, boten diese meistbietend
möglichst einem 40-50 jährigen Arzt als Ehefrau an, wenn dieser sich nur
ausreichend um sie kümmere...
Wirklich neu sind die
Kontaktanzeigen also nicht. Nur das Internet sorgte als moderne Form der
Verbreitung dafür, dass auch diese Schriftstücke eine Art
Globalisierung erfuhren. Der Lesung ist anzumerken, dass sowohl Anke
Engelke als auch Roger Willemsen deutlich Spaß an dem Vortrag hatten.
Sehr positiv empfand ich dabei, dass sich die Sprecher zwischendurch
zwar durchaus lustig machen über die Inhalte der Kontaktanzeigen, dabei
aber auch nachdenkliche Töne einbringen und manchmal nahezu anrühren.
Viel
weniger 'Klamauk' wird hier also geboten, als ich anfangs erwartete.
Aber ein paar skurrile Fundstücke seien hier dennoch weitergegeben: So
sprach jemand nahezu lyrisch in seiner Kontaktanzeige von der
Durchwanderung 'der grünen Auen des Kamasutras',bei einem zweiten schien es auf einen letzten Versuch hinauszulaufen 'Bin Rentner, 72, und suche jemanden, der das Leben genauso satt hat wie ich.' und ein dritter meinte
metaphorisch: 'Hänsel sucht Gretel - die Hexe hatte ich schon...'
Eine
angenehm zu hörende Lesung um ein Phänomen der heutigen Zeit, die
Unterhaltsames ebenso bietet wie Wissenswertes. Kein Muss, aber durchaus
nett für zwischendurch!
Roger Willemsen, geboren 1955 in Bonn, gestorben 2016 in Wentorf bei
Hamburg, arbeitete zunächst als Dozent, Übersetzer und Korrespondent aus
London, ab 1991 auch als Moderator, Regisseur und Produzent fürs
Fernsehen. Er erhielt zahlreiche Auszeichnungen, darunter den
Bayerischen Fernsehpreis und den Adolf-Grimme-Preis in Gold, den Rinke-
und den Julius-Campe-Preis, den Prix Pantheon-Sonderpreis, den Deutschen
Hörbuchpreis und die Ehrengabe der Heinrich-Heine-Gesellschaft.
Willemsen war Honorarprofessor für Literaturwissenschaft an der
Humboldt-Universität in Berlin, Schirmherr des Afghanischen
Frauenvereins und stand mit zahlreichen Soloprogrammen auf der Bühne.
Zuletzt erschienen im S. Fischer Verlag seine Bestseller ›Der Knacks‹,
›Die Enden der Welt‹, ›Momentum‹ und ›Das Hohe Haus‹. Über sein
umfangreiches Werk gibt Auskunft der Band ›Der leidenschaftliche
Zeitgenosse‹, herausgegeben von Insa Wilke.
Anke Christina Engelke; bürgerlich: Anke Christina Fischer, ist
eine deutsche Komikerin, Schauspielerin, Entertainerin, Musikerin,
Synchronsprecherin und Moderatorin. Nähere Informationen s. Wikipedia
Kann man die große Liebe zweimal finden? Eigentlich ist Josephine nach dem Tod ihres Mannes fest davon überzeugt, dass ihre beiden Söhne von nun an die einzigen Männer in ihrem Leben sind. Als sie jedoch im Sommer darauf in eine alte Villa an der Müritz zieht, umdort ein Restaurant zu eröffnen, ist siesich plötzlich gar nicht mehr so sicher. Denn da ist Severin, dessen Augen so blau sind wie der Sommerhimmel.Doch ist sie wirklich schon bereit für eine neue Liebe?
(Klappentext Droemer Knaur)
Format: Kindle Edition
Dateigröße: 694 KB
Seitenzahl der Print-Ausgabe: 320 Seiten
Verlag: Knaur eBook; Auflage: 1 (13. November 2009)
Verkauf durch: Amazon Media EU S.à r.l.
Sprache: Deutsch
ASIN: B004X7TZJS
Momentan ist das Buch neu nur als eBook erhältlich...
BEDROHTE IDYLLE...
Für Josephine Gill bricht eine Welt zusammen, als ihr Mann bei einem
Motorradunfall ums Leben kommt. Um den Schicksalsschlag besser zu
verkraften, beschließt die junge Frau, das gemeinsame Restaurant in
Berlin zu schließen, das gerade einen der begehrten Michelin Sterne
bekommen hat. Mit ihrem jüngsten Sohn Gabriel und ihrer engsten
Vertrauten Edith zieht Josephine nach Valtzow an der Müritz. Die alte
Villa, die ihr Mann kurz vor seinem Tod für seine Familie gekauft hatte,
wird renoviert, und bald schon fühlen sich die drei dort heimisch. Die
Ruhe der Umgebung, die idyllische Lage an einem seerosenüberfluteten See
und die Arbeit, die auf Josephine wartet, sorgen dafür, dass die Wogen
der Trauer allmählich kleiner werden.
Gemeinsam mit Edith
eröffnet Josephine in dem alten Herrenhaus die "Seerose", ein kleines,
feines Restaurant mit regionaler Küche. Durch Zufall lernt sie neben
einigen Dorfbewohnern auch Severin kennen, einen jungen Ingenieur, der
ihr helfen will, für ihr Restaurant eine Terrasse zu bauen, damit die
Gäste künftig auch den idyllischen Blick auf den See genießen können.
Mit seinem Hausboot ankert er bald am Ufer ihres Grundstücks und begibt
sich an die Arbeit. Zwischen der hübschen Josephine und dem blauäugigen
Severin beginnt es zu knistern, doch die junge Witwe fühlt sich noch
nicht wirklich bereit für eine neue Liebe. Und plötzlich wird auch die
Idylle der "Seerose" bedroht, denn am gegenüberliegenden Ufer soll nun
ein Yachthafen entstehen, für den sämtliche Natur dem Beton weichen
müsste. Gibt es für die idyllische Existenz noch eine Chance?
Eine
angenehm zu lesende Sommerlektüre in gewohnt flüssigem Schreibstil
präsentiert Tania Krätschmar hier. Eine nette - und glücklicherweise
nicht zu kitschige - kleine Romanze mit sympahtischen und authentischen
Charakteren entblättert sich hier, gelungen verpackt in eine spannende
Geschichte, bei der beim Lesen die verzweifelte Hoffnung auf ein Happy
End aufkommt - man weiß nur nicht, wie das wohl noch gehen sollte...
Dieses
Buch ist nicht wirklich Teil einer Reihe. Jedoch taucht hier mit der
Schwester Josephines eine Figur auf, zu der es von Tania Krätschmar
einen eigenen Roman gibt: die Biologin Ella, die sich in 'Winterherz'
der Erforschung der Wölfe widmet. Es war nett, Ella hier, wenn auch
kurz, wiederzubegegnen. Aber 'Seerosensommer' lässt sich ganz gewiss
auch ohne Kenntnis des anderen Buches lesen.
Insgesamt also ein
nettes Buch für Zwischendurch, bei dem man einfach mal die Seele baumeln
lassen kann. Bei Gelegenheit gerne mehr davon!
Tania Krätschmar wurde 1960 in Berlin geboren. Nach ihrem
Germanistikstudium in Berlin, Florida und New York arbeitete sie als
Bookscout in Manhattan. Heute ist sie als Texterin, Übersetzerin und
Autorin tätig. Sie lebt mit ihrem Sohn in Berlin.
Ein seltsam verstörendes, hypnotisierendes Buch über eine Frau, die,
laut ihrem Ehemann an Durchschnittlichkeit kaum zu übertreffen ist – bis
sie eines Tages beschließt, kein Fleisch mehr zu essen.
Yeong-Hye und ihr Ehemann sind ganz gewöhnliche Leute. Er geht beflissen
seinem Bürojob nach und hegt keinerlei Ambitionen. Sie ist eine zwar
leidenschaftslose, aber pflichtbewusste Hausfrau. Die angenehme
Eintönigkeit ihrer Ehe wird jäh gefährdet, als Yeong-Hye beschließt,
sich fortan ausschließlich vegetarisch zu ernähren und alle tierischen
Produkte aus dem Haushalt entfernt. »Ich hatte einen Traum«, so ihre
einzige Erklärung. Ein kleiner Akt der Unabhängigkeit, aber ein fataler,
denn in einem Land wie Südkorea, in dem strenge soziale Normen
herrschen, gilt der Vegetarismus als subversiv. Doch damit nicht genug.
Bald nimmt Yeong-Hyes passive Rebellion immer groteskere Ausmaße an.
Sie, die niemals gerne einen BH getragen hat, fängt an, sich in der
Öffentlichkeit zu entblößen und von einem Leben als Pflanze zu träumen.
Bis sich ihre gesamte Familie gegen sie wendet.
Verlag: Aufbau Verlag; Auflage: 1 (15. August 2016)
Sprache: Deutsch
Übersetzung:Dr. Ki-Hyang Lee
ISBN-10: 3351036531
ISBN-13: 978-3351036539
ABGRÜNDE DER EINSAMKEIT...
Yeong-Hye lebt mit ihrem Mann in einer kleinen Wohnung in Seoul,
bescheiden und unauffällig. Jeder geht täglich seinen Aufgaben nach,
pflichtbewusst und beflissen, sei es in dem Bürojob, sei es im Haushalt.
Ein durchschnittliches Leben in angenehmer Eintönigkeit, ohne
Ambitionen oder Leidenschaften.
"Bevor meine
Frau zur Vegetarierin wurde, hielt ich sie für nichts Besonderes. Bei
unserer ersten Begegnung fand ich sie nicht einmal attraktiv.
Mittelgroß, ein Topfschnitt, irgendwo zwischen kurz und lang, gelbliche
unreine Haut, Schlupflider und dominante Wangenknochen. So fühlte ich
mich weder von ihr angezogen noch abgestoßen und sah daher keinen Grund,
sie nicht zu heiraten."
Yeong-Hyes Mann hätte
so bis ans Ende seiner Tage zubringen können - hätte seine Frau nicht
zu träumen begonnen. Diese Träume jedenfalls sind der Grund, weshalb
Yeong-Hye plötzlich beschließt, kein Fleisch mehr zu essen und auch alle
anderen tierischen Produkte aus dem Haushalt zu entfernen. Die junge
Frau ist dabei sehr konsequent, magert in kurzer Zeit bis auf die
Knochen ab. Bei einem Geschäftsessen blamiert Yeong-Hye ihren Mann mit
ihrer Haltung, bei einem Familienessen kommt es zum Eklat. Während ihr
Mann sich zunehmend von Yeong-Hye distanziert, reagiert ihr Schwager
fasziniert auf sie. Er stellt sie in den Mittelpunkt seines neuesten
Kunstprojekts, Yeong-Hye als perfektes Motiv für seine avantgardistische
Videokunst - und er verfolgt dies obsessiv, bis es auch hier zum Eklat
kommt. Seine Frau, Yeong-Hyes Schwester, versucht zu retten was zu
retten ist. Und zu verstehen.
Dies ist der erste Roman einer
südkoreanischen Autorin, den ich gelesen habe. Trotz seiner Kürze von
gerade einmal 190 Seiten ist er ausgesprochen anspruchsvoll - nicht
aufgrund der Sprache, die klar, wenig poetisch und oftmals auch
reduziert ist, sondern aufgrund der zahlreichen verstörenden, oftmals
traumartigen Bilder, der kafkaesken Erzählung, der surrealen und
gleichzeitig symbolbehafteten Inhalte.
Dennoch habe ich den
Roman gerne gelesen, denn er bietet Einblicke in das Leben Südkoreas, wo
strenge soziale Normen herrschen und alles was aus dem Durchschnitt
herausfällt als subversiv gilt. Die Entwicklung um Yeong-Hye ist der
rote Faden des Buches, doch werden die drei Abschnitte des Romans aus
jeweils unterschiedlichen Perspektiven erzählt, nie allerdings aus der
von Yeong-Hye selbst. Zunächst erlebt ihr Ehemann die Veränderungen
Yeong-Hyes, später wechselt die Perspektive zu ihrem Schwager und als
letztes zu ihrer Schwester. Das Empfinden der Einzelnen letztlich im
Kontrast zu dem der Gesellschaft im allgemeinen und der beteiligten
Institutionen im besonderen auf das veränderte Verhalten Yeong-Hyes
werden so sichtbar und deutlich: die Verwirrung, Verängstigung,
Bedrohung, der Versuch zu verstehen, aber auch das wachsende Bewusstsein
von der eigenen Einsamkeit, das Hinterfragen.
Für mich strotzt
die Erzählung nur so vor Symbolik, die sich mir vermutlich nur
ansatzweise entschlüsselt. Was für mich hier deutlich Thema ist, ist das
Eingeengtsein, das starre Angepasstsein, das
um-alles-in-der-Welt-nicht-auffallen-Dürfen in der koreanischen
Gesellschaft. Was aber zwangsläufig einhergeht mit der Entsagung von
Lebensfreude, dem Alltagstrott ergeben, mit der Unterdrückung von
Gefühlen und auch von Leidenschaften. Yeong-Heye wagt hier einen kleinen
Akt der Unabhängigkeit, der eine Lawine nach sich zieht - und letztlich
nur eine logische Konsequenz hat. Jeder Ausbruch aus den engen
Konventionen wird in Südkorea nicht nur argwöhnisch beäugt, sondern
gleich auch schwer geahndet - Ächtung durch die Verwandtschaft,
Psychiatrie, Gefängnis. Also bleibt nur die vollkommene Verweigerung,
die Flucht nach innen, weil es sonst keinen Weg zu geben scheint. Alle
drei Perspektiven berichten von dieser Aussichtlosigkeit, und für alle
drei ist das bisherige Dasein unerträglich - der Preis für das ewige,
scheinbar emotionslose, Angepasstsein. Das ist die Botschaft, die dieser
Roman für mich transportiert.
Ein außergewöhnlicher Roman, der
in die Abgründe der Einsamkeit führt und von bizarren und grotesken
Bildern lebt. Mir hat er gut gefallen und meiner Meinung nach völlig
zurecht den International Man Booker Prize erhalten.
Han Kang wurde in Gwangju, Südkorea, geboren. 1993 debütierte sie als
Dichterin, ihr erster Roman erschien 1994. Für ihr literarisches
Schreiben wurde sie mit dem Yi- Sang-Literaturpreis, den Today’s Young
Artist Award und dem Manhae Literaturpreis ausgezeichnet. Derzeit lehrt
sie kreatives Schreiben am Kulturinstitut Seoul.
13. August 2016. KaratekaDD startet das Projekt Brunetti. Eigentlich könnte es auch Venedig-Projekt heißen. Dieses Projekt hat vor allem zu tun mit Donna Leon. Die Amerikanerin wurde am 29. September 1942 in New Jersey geboren. Bekannt geworden ist sie mit eben dieser nunmehr fünfundzwanzigbändigen Reihe um den Commissario Guido Brunetti, der im sogenannten Brunetti Projekt zukünftig besondere Beachtung finden wird. Nebst den inzwischen zweiundzwanzig Filmen. Ein Projekt, dass sich wohl mindestens bis zum September 2018 hinziehen wird, wenn ich es schaffe, jeden Monat ein Buch davon zu lesen, den Film zu schauen und das ganze hier zu besprechen.
Donna Leon, die in Venedig lebt, hat auch andere Bücher geschrieben. über Himmlische Juwelen und Mein Venedig habe ich hier schon einmal geschrieben, in dem Post über vier Frauen, die damit im Zusammenhang stehen.
Über Donna Leon lässt sich viel erzählen, aber dies möchte ich hauptsächlich über ihre Bücher tun.
Das man inzwischen Bücher über ihre Bücher schreibt, zeigt ein Link zur Deutschen Nationalbibliothek.
Nein, in Venedig war ich (noch) nicht. Vielleicht muss ich im Zuge dieses Projekts aber mal dahin. Eine Fotoserie schießen und den Balkon fotografieren, auf dem so oft Paola, Guido, Raffaele und Chiara gesessen haben. Vielleicht weiß der geneigte Leser dieses Blogs, wen ich hier meine. Ja, die Familie des Commissarios Brunetti. Auch ein Bild der Questura und und und...
Fünfundzwanzig Fälle hat Donna Leon bisher den Lesern geschenkt. Zweiundzwanzig davon wurden bereits verfilmt. Nun wird es endlich mal Zeit, die Fälle des Commissarios Brunetti zu präsentieren.
Das Projekt lautet also: Jeden Monat eins der Bücher und den dazugehörigen Film zu präsentieren. Das wir zwangsläufig zwei Jahre dauern; und länger, falls Donna Leon noch ein paar Fälle erfindet. Momentan wird es also dauern bis September 2018.
* 01 * Venezianisches Finale
Hier geht es zum Post über Buch & Film.
* 02 * Endstation Venedig
Ich stelle aber auch gerade fest, dass ich den zweiten Band tatsächlich schon einmal besprochen habe. Das kann man hier nachlesen.
* 16 * Lasset die Kinder zu mir kommen
wurde schon einmal gastrezensiert, nachdem wir ein Exemplar davon verlost hatten.
* 26 * Stille Wasser
Man sieht es geht reichlich durcheinander. dieser Link führt zur Rezension.
* * *
Brunettis Fälle:
Die Jahreszahlen zeigen die Veröffentlichung im Diogenes Verlag Zürich an. Die Links weisen auf Wikipedia - Artikel hin.
Ein Plakat an der Straße. Inmitten von Wahlplakaten, in MV wird bald gewählt. Doch erst fällt meine Wahl auf etwas Besonderes: Giora Feidman & Matthias Eisenberg spielen in der Stadtkirche von Neustrelitz.
"Das besondere an einem Konzert in einer Kirche ist, dass das Publokum auf den Altar blickt, die Künstler jedoch hinten auf der Orgenempore spielen, oft sogar dem Zuschauer gänzlich verborgen bleiben." - So steht es in der Beschreibung der Konzert-CD. Es war nicht ganz so, zu Beginn geht der 80jährige in Argentinien geborene Giora Feidman ganz langsam mit langsamen und ganz leisen verhaltenen Tönen quer durch die Stadtkirche und trifft dann auf den Organisten, der in Dresden bekannt wurde. Es gibt schon ein paar Plätze in dieser Kirche, die einen Blick auf die Empore gestatten. Ich aber habe das Konzert genauso erlebt, wie es die beiden großen Künstler konzipiert haben.
Was folgt ist ein Reigen ganz eigenartiger Musik, wenn zwei Religionen eine Sprache sprechen *, die große Orgel auf eine Klarinette trifft, die Bachsche Toccata & Fuge auf Shalom Chaverim, Classic auf Klezmer, der Altmeister der Klezmer-Klarinette auf den ziemlich genau zwanzig Jahre jüngeren Organisten aus Dresden, der schon mit neun Jahren in Kirchen die Orgel spielte. Einige Stücke werden von einem kleinen Chor begleitet, das Publikum darf mitsingen, bei dem bekannten Donna Donna zum Beispiel.
Ein Plakat an der Straße und eine Karte, kurz vor Mitternacht am Abend vorher im Internet erworben. Doch nicht nur das, ein Buch und die Konzert-CD. Da kam ich nicht vorbei.
Signiert natürlich von einem freundlichen alten Mann, einem Künstler der seinem Instrumente Töne wie Lachen & Weinen, Jauchzen & Schluchzen, Freude & Schmerz entlocken kann. Gelegenheit, darauf zu verweisen, dass erst Jenseits der Stille (der Film, indem er eine klitzekleine Szene mit großer Wirkung hatte - nicht nur auf mich) dazu führte, Klezmer - Musik bewusst zu hören.
Ein Buch, welches ohne die Musik wohl nicht gelesen werden kann. Ich freu mich drauf.
"Ich spiele Klarinette um meine Gefühle mit den Menschen zu teilen."
Giora Feidman
Wenn man ihn sieht, wenn man vor ihm steht, wenn man ihn hört, er tut genau das, seine großen Gefühle mit uns teilen.
Die denkwürdige Geschichte der Kirschkernspuckerbande ist eine bunte
Chronik der letzten vierzig Jahre, ein Buch über echte Freundschaft und
große Liebe, eine Bestandsaufnahme der Fragen, die uns alle irgendwann
im Leben einmal bewegen - und ganz nebenbei ist Gernot Grickschs Roman
zum Weinen schön und zum Lachen lustig!
Sofort nach der Geburt ihres Sohnes sprang Piets Mutter auf, um den
Vater zu suchen, der sich in einer Toilette eingesperrt hatte. Und Piet?
Der blieb im Kreißsaal liegen und dachte erstaunt: »War's das schon?«
Die gleiche Frage stellt er sich vierzig Jahre später am Grab eines
seiner besten Freunde; er erinnert sich an Prickel Pit und Schlaghosen, Miami Vice
und Startbahn West, den ersten Kuss und die letzte Gehaltsabrechnung.
Und Piet denkt an vier Jahrzehnte mit seinen besten Freunden - kurz: an
die denkwürdige Geschichte der Kirschkernspuckerbande...
"Als
die sinnlose Rede vorbei ist, treten wir ans Grab. Den Kübel mit Sand
ignorieren wir. Wir werden unseren Freund nicht mit Dreck bewerfen.
Stattdessen legen wir alle gleichzeitig, als hätten wir es wochenlang
geübt, den Kopf zurück. Und dann spucken wir in hohem Bogen unsere
Kirschkerne in das Grab. Der Pastor funkelt uns wütend an. Doch was weiß
der schon."
An seinem 40. Geburtstag steht Piet
am Grab seines Freundes. Zum Begräbnis sind auch die anderen Freunde aus
Kindheitstagen erschienen Alle im Jahr 1960 geboren und von
Kindesbeinen an miteinander verbunden. 'Die Kirschkernspuckerbande'
wurden sie seinerzeit genannt: Piet, Sven, Petra, Susann, Bernhard und
Dille. Und auch wenn sich ihre Leben im Laufe der Jahrzehnte
auseinanderentwickelt haben - die Freundschaft blieb.
Piet lässt
die vergangenen gemeinsamen 40 Jahre Revue passieren, und da ich im
selben Jahrzehnt geboren wurde wie die sechs Helden, war das wie eine
Reise durch meine eigene Kindheit und mein Leben. Ereignisse, die ich
längst verdrängt hatte, politische Bewegungen, besondere Augenblicke
kamen wieder zum Vorschein, Gegenstände, Ausdrücke, Mode und Musik im
Wechsel der Jahre - ein herrliches Wiedertreffen! Die Beschreibung
der Freundschaft unter den sechsen mit allen Höhen und Tiefen, Krisen
und freudige Ereignisse im Leben der verschiedenen Charaktere - alles
glaubwürdig geschildert, herrlich unpathetisch und unsentimental, und
doch auf ganz eigene Art berührend. Sechs Leben im Zeitraffer, so
anschaulich, so lebendig, so normal, so nachvollziehbar beschrieben,
dass man fast meint, man würde dazugehören. Und keine einzige Seite des
Buches ist langweilig.
Das Buch war ein Zufallsfund, und ich bin
begeistert. Natürlich sollen sich auch jüngere Leser über das Buch
freuen können - aber ich glaube doch, dass es vor allem die Leser meiner
Generation sind, die das Buch in erster Linie anspricht.
Irgendwo
las ich mal: 'Haben Sie schon ein Lieblingsbuch? Nehmen Sie einfach
dieses!' Nun, eines meiner Lieblingsbücher ist dieses hier nun ganz
gewiss...
Gernot Gricksch, geboren 1964, ist Kolumnist, Kinokritiker und
Autor von Romanen, Sachbüchern und Drehbüchern. Er ist einer der
meistverfilmten deutschen Autoren und lebt mit seiner Familie in
Hamburg. Gernot Gricksch versteht es wie kaum ein anderer deutscher
Unterhaltungsautor, sein Publikum zum Lachen zu bringen, zu Tränen zu
rühren und dabei so einiges über das Innenleben von Männern zu verraten,
was »echte Kerle« nur zu gerne für sich behalten und viele Frauen
gerade deswegen hochspannend finden. Zu Gernot Grickschs größten
Erfolgen gehören »Die denkwürdige Geschichte der Kirschkernspuckerbande«
und »Freilaufende Männer«. Sein Roman »Robert Zimmermann wundert sich
über die Liebe« wurde 2006 mit dem Literaturpreis DeLiA als bester
Liebesroman des Jahres ausgezeichnet, die eigene Drehbuchadaption mit
dem Norddeutschen Filmpreis und dem Bayerischen Filmpreis. Nach
»Freilaufende Männer« wurde 2012 der Roman »Das Leben ist nichts für
Feiglinge« mit Wotan Wilke Möhring verfilmt.