Sonntag, 29. März 2015

Heine, Heinrich: Ein Wintermärchen

Schulstoff. Der kommt an Heinrich Heine nicht vorbei. Wie aber habe  ich Heinrich Heine wieder entdeckt? Zum einen durch dieses Buch des Reclam - Verlages aus dem Jahre 1989, welches ich mal von meiner Großmutter erhielt. Allerdings zog ich es erst wieder aus dem Regal, als ich nach dem Tod des Schauspielers Eberhard Esche mir dessen CD´s zulegte. Da war auch DEUTSCHLAND. EIN WINTERMÄRCHEN dabei.

Nun, es weiß vielleicht nicht gleich jeder, wie sie anfängt, diese lyrische Reise Heinrich Heines, aber jeder weiß, dass folgende Zeilen dazu gehören:


Buch Seite 9

Im traurigen Monat November war´s,
Die Tage wurden trüber,
Der Wind riß von den Bäumen das Laub,
Da reist ich nach Deutschland hinüber.

Und als ich an die Grenze kam,
Da fühlt ich ein stärkeres Klopfen
In meiner Brust, ich glaube sogar, 
Die Augen begunnen zu tropfen.


Das Wintermärchen ist ein satirischens Versepos, so wird es im Wikipedia-Artikel bezeichnet, manchmal nennt man es auch ein politisches Gedicht.*  Heinrich Heine, dessen Schriften zeitweise verbotern waren, hatte aber auch "politisch unkorrekte" Gedanken. Er hatte ein Ziel:


Buch Seite 15
Ein neues Lied, ein besseres Lied,
O Freunde, will ich euch dichten!
Wir wollen hier auf Erden schon
Das Himmelreich errichten.

Seine Texte und Schriften musste er schmuggeln. Das wurden sie auch. Aber Heine spottete dem "Douanenverein, den misstraischen Preußen:

 Ihr Toren, die ihr im Koffer sucht!
Hier werdet ihr nichts entdecken!
Die Konterbande, die mit mir reist,
Die hab ich im Kopfe stecken..






Das Buch wurde mit Zeichnungen von Max Schwimmer (1890 - 1960) gut geschmückt. Damit wurde es zu einem "Bilderbuch". Der Maler und Grafiker ist Heine nachgereist, er "zeichnete den Abschied von Paris, die preußischen Hemden-, Hosen- und Schnupftuchbeschnüffler des Zolls und den zu Aachen im alten Dom begraben liegenden Carolus Magnus, Das Zopfmilitär... den Vater Rhein... Tacitus... den Kaiser Rotbart... So wird Schwimmer Heines charmanter Bildreporter." (Schutzumschlag Text)



Lyrik lesen, politische Lyrik die hier auch "Geschichtsunterricht" sein kann, ist nicht jedermanns Sache. In diesem Fall hier kann man sie auch hören. Denn der Schauspieler Eberhard Esche hat sich verdient gemacht, um den Heine sowieso und um DAS WINTERMÄRCHEN um so mehr. Der im März 2013 verstorbene Mime reiste mit Goethe und Heine im Gepäck gern umher und gastierte an vielen Theatern. Wenn Esche das Wintermärchen vortrug, dann wurde dies plötzlich wieder hoch aktuell. Das Publikum hatte keine Schwierigkeiten, Heines Verse auf die aktuelle Zeit anzuwenden. Das lag an diesem Schauspieler, dessen unverwechselbare Vortragsart begeisterte. Schade, dass es kein Video gibt davon, weil seine Mimik dem Ganzen bestimmt noch den Punkt auf das bekannte i setzte.

Darum schaut die kleine Bücherraupe auf das bebilderte und das gesprochene Wintermärchen. Es ist ein Genuss, sich dem deklamierenden "Schauspieler, den seine Freunde Ebi nennen" ** hinzugeben, auch das Mitlesen in einem solchen Buch macht Freude. Vielleicht erhöht sich dadurch auch das Verständnis für die 170 Jahre "alten" Texte.


► Heinrich Heine in der DNB
► Max Schwimmer in der DNB
► Eberhard Esche in der DNB
► "Esches" Wintermärchen im Buschfunk

Reclam Verlag / Leipzig 1989 / ISBN: 3-379-00516-9 / 155 Seiten / DNB


* Man sagt, Wikipedia-Artikel sind als wissenschaftlicher Beleg nicht zu gebrauchen. Aber das müssen sie ja auch nicht. Sie taugen vor allem für den Überblick zu Personen, Geschehnissen, Episoden, Litaratur, Theater... Ich finde, da sich so viele Menschen dran beteiligen, sind diese Artikel auch für uns Bücherblogger eine gute Grundlage für Recherchen und Hinweise, sicher aber auch für unsere Leser. 

** Zitat aus DER HAASE IM RAUSCH

© KaratekaDD








Samstag, 28. März 2015

Goethe, Johann W.: Reineke Fuchs

Wenn ein Dresdner Großstädter in eine kleine (inzwischen ehemalige) Kreisstadt zieht, dann muss er gelegentlich, wie in meinem Fall, 30 km fahren um in T., WB und andere Riesen-Buch-Filialen zu gelangen. Aber es gibt ja noch das Intranet zum Beispiel das mit dem großen A und da bediene ich mich gelegentlich auch. Wenn man in Dresden Nickern bei T in einem großen und sehr schönem Dresdenregal stöbern kann ist das sehr schön.

Aber was macht man denn nun in Neustrelitz als Büchernarr, der außerdem so fast alles was er leserisch konsumiert auch "verbloggt"? Man hat nur eine Möglichkeit. Man geht zu Frau Wilke. 

In der Strelitzer Straße. Das ist doch eine Buchhandlung nach meinem Geschmack. Gestern war ich wieder einmal da, nicht ganz uneigennützig, aber davon sei später vielleicht mal die Rede.



Natürlich kam ich mit Büchern wieder raus. Gleich wenn man reinkommt sieht der Besucher an der gegenüberliegenden Wand ein Regal mit Klassikern und davor blieb ich nach einem überaus interessantem Gespräch mit Frau Wilke stehen und nahm dieses oder jenes Büchlein in die Hand. Ich schrieb eben Klassiker. Und im wahrsten Worte nahm ich den Klassiker schlecht hin in die Hand: Eberhard Esche. Das ist natürlich Quatsch. Aber Eberhard Esche viel mir gleich ein, als ich das kleine schöne Büchlein vom großen Johann Wolfgang von Goethe in der Hand hielt. Kenner wissen jetzt von welchem Werk ich rede: REINEKE FUCHS.




Gerade eben liegt das Büchlein aufgeschlagen neben mir und im Player spricht Esche das Werk, er hat sich in Jahrzehnten um genau dieses verdient gemacht. Wer ein Stück in Hexametern lesen will, Goethe wollte damit beweisen, dass das Versmaß der EDDA auch im Deutschen möglich ist, der braucht schon ein bisschen Geduld und Zeit. Vor allem kann er Ablenkung nicht gebrauchen.
Also dachte ich mir, während ich das Bändchen in die Hand nahm, 'das kannst du lesen und hören zugleich.'
Gesagt getan.

Momentan tönt die Krönungsmesse des großen Mozarts aus dem Player - damit ist das Stück standesgemäß "komplettiert" wurden - denn

"Nobel, der König, versammelt den Hof; und seine Vasallen
Eilen gerufen herbei mit großen Gepränge von allen Seiten und Enden,
Lütke, der Kranich, und Markart, der Häher, und alle die Be-
sten.
Denn der König gedenkt mit allen seinen Baronen
Hof zu halten in Feier und Pracht; Er läßt sie berufen
Alle miteinander, so gut die Großen als Kleinen.
Niemand sollte fehlen! und doch fehlte der Eine,
Reineke Fuchs..."


Die Leute lachen ob der Vortragsweise und es kommt Verstimmung auf bei mir, denn es war mir nicht vergönnt, den großen Mimen mit Reineke Fuchs, es hätte auch das Wintermärchen sein können, noch einmal auf der Bühne zu sehen, denn er starb, 174 Jahre nach Goethe, im Mai des Jahres 2006.

Ich hatte den Esche schon mal gesehen, da auf der Bühne des Deutschen Theaters, er las seine memoirischen Geschichten und wir hielten uns die Bäuche und man konnte sehen, wer gelegentlich nicht lachte, kam aus dem Westen dieser Republik, deren Zusammenwachsen auch literarisch noch nicht abgeschlossen ist. Unter Buchbloggern geht das schneller, wie wir immer wieder erfahren.

Zwölf Gesänge hat das Werk, welches Goethe im Jahr 1793 schrieb und ein Jahr später veröffentlichte. Die spitzen, boshaften und spöttischen Züge entnahm er wohl seinen Erfahrung des höfischen Lebens da in Weimar. (wiki) - Den gesprochenen Text lesend zu verfolgen ist ein besonderes Vergnügen, der schelmische Reineke bringt das Publikum zum Lachen, der Sprecher ist ja auch einer der Großen seiner Zunft.
Klar, man kann das Werk bei Projekt Gutenberg herunterladen, aber dann muss man das auf einem eReader oder auf dem Monitor lesen und dies haben der Dichter und der Schauspieler nun wahrlich nicht verdient.


 


Man gehe zu Frau Wilke und bitte sie das im Nikol-Verlag in "altertümlicher" Buchbindung herausgekommene Büchlein, dessen Text der Ausgabe von Goethes Werken in sechs Bänden von 1900 folgt, herauszusuchen oder zu bestellen. Illustriert wurde es von Wilhelm von Kaulbach.


Seite 178/179


Nikol Verlag /  Hamburg 2014 / ISBN: 978-3-86820-248-9 / 182 S. / DNB
REINEKE FUCHS in der Buchhandlung WILKE (Webseite)


© URDD / KaratekaDD


PS: Der Text und der Vortragsstil verändern irgendwie den Schreibstil. Man(n) passt sich irgendwie an. 
PPS: Der Fuchs ist eine Sparbüchse, passt hervorragend zum Thema im doppelten Sinn. Für viele Bücher muss man auch mal sparen, den REINEKA hier aber bekommt man für einen sehr sehr fairen Ptreis.




Donnerstag, 26. März 2015

John Steinbeck: Die Straße der Ölsardinen


Heute muss ich unserer Lesergemeinde ein Geständnis machen:

Ich bin  (mit Unterbrechungen) als Science Fiction Fan seit mehr als 40 Jahren Leser von Perry Rhodan, der größten deutschen Science Fiction Serie, die nunmehr ununterbrochen seit 1961 in Form von Heftromanen wöchentlich erscheint. Nun hat solcherart von "Groschenromanen" leider den Ruf, nicht anspruchsvoll, sondern eher Trivialliteratur zu sein. Mit Blick auf Jules Verne und auch auf Karl May, dessen Geschichten ursprünglich als sog. "Kolportageromane", als Groschenhefte also, erschienen, möchte ich diese Auffassung aber relativieren: Gerade den Autoren der Perry Rhodan Serie ist es im Laufe der Jahrzehnte nicht nur gelungen, sich eine eigene Fangemeinde aufzubauen und sich am Markt zu behaupten, sondern man
hat es in den Jahren geschafft, eine komplette eigene Perry Rhodan Welt, ein faszinierendes  "Perryversum" erschaffen, das mittlerweile sehr komplex geworden ist. Dennoch ist auch ein  Neueinstieg in die Serie jederzeit möglich, weil die Handlung in "Zyklen" gegliedert ist, die auch spannend und verständlich sind, wenn man sich im Perryversum noch nicht so gut auskennt...
Wie richtungsweisen die Serie ist, zeigt m.E. ein Beispiel, das viele von uns aus der Fernsehserie Star Trek" kennen dürften: Die aus dieser Serie bekannten BORG weisen nämlich viele Parallelen zu den POSBIS aus dem Perryversum auf. Da liegt es nahe, dass die Macher von Star Trek sich auch von Perry Rhodan haben inspirieren lassen. Manchmal ist die Serie darüber hinaus auch lustig, z.B. wenn der Mausbiber Gucky, seines Zeichens
Mausbiber Leutnant Guck, genannt "Gucky":
mag am liebsten frische Mohrrüben
Telepath, Telekinet
und Teleporter oder kurz:Mutant und intelligenter außerirdischer Freund der Menschen, seine Späße treibt oder auch einfach nur, wenn die Autoren Humor und Fantasie beweisen, indem sie dem arkonidischen Geheimdienst den Namen Du Ra Cel verpassen. Nun soll dies kein Artikel über Science Fiction im Allgemeinen oder über Perry Rhodan im Besonderen werden. Dennoch möchte ich in wenigen kurzen Sätzen noch erklären, was mich an der Science Fiction interessiert:
Es ist neben den faszinierenden technischen Zukunftsvisionen die alte Menschheitsfrage nach unserer Herkunft und nach der rätselhaften Existenz unseres Universums. Daneben wird, eingebettet in abenteuerliche
Auf zu den Sternen: Mit terranischen
Raumschiffen der Zukunft: Kein Problem!
Geschichten, dem Leser ein perspektivisch völlig anderer, ja ungewohnter Blick auf viele menschliche Probleme ermöglicht. Das Thema Fremdenfeindlichkeit z.B. lässt sich im Verhältnis Aliens/Menschen vor Augen führen, ohne dass wir uns selbst durch bewusst oder unbewusst in uns verankerte Denkmuster und ja, auch durch Vorurteile, leiten lassen. Ein Klingone erzeugt in uns eben keine Assoziationen, die wir im alltäglichen Leben üblicherweise haben, wenn unsere Urteile und Vorurteile gegenüber Minderheiten oder Volksgruppen unser Denken beeinflussen.
Den Klingonen können wir mögen oder auch hässlich finden. Wir können aber keine Vorurteile gegen Klingonen und ihre Kultur entwickelt haben, weil sie bisher noch nicht mit uns in Kontakt getreten sind. So sehen wir die Dinge plötzlich klarer, wenn sie uns unbeeinflusst und fern von gewohnten Denkstrukturen gezeigt werden.
Ich finde den Gedanken äußerst interessant, was das Erscheinen von Außerirdischen kulturell,
Die BLUES, einst Feinde der Menschheit,
entwickelten sich zu Freunden und
heißen heute politisch korrekt
YÜLZIISCH
weltanschaulich und psychologisch bei den Menschen auslösen würde. Könnten Rassismus, Fremdenhass und (religiöser) Fanatismus weiter bestehen, wenn wir mit außerirdischen Zivilisationen in Kontakt kämen?
Sicher werden die Leser sich seit einiger Zeit fragen: "Wie und wann will er denn jetzt die Kurve kriegen und von diesem Thema zur Straße der Ölsardinen kommen?"
Tja, lieber Leser und  -innen, auch das ist ein Mittel, um Spannung bei Ihnen aufzubauen. Schließlich sollen Sie, sollt Ihr ja meinen Artikel auch bis zum Ende lesen!
Also verlassen wir an dieser Stelle das Universum und die Weiten der Milchstraße und wenden uns stattdessen dem Mikrokosmos der Cannery Row Steinbecks zu.
Cannery Row heißt der Roman von John Steinbeck aus dem Jahre 1945 nämlich in der englischen Originalfassung. Und diese Cannery Row gibt es wirklich, nämlich in der amerikanischen Stadt Monterey, wo auch unsere Geschichte spielt.
"Überirdisch" schöne Frauen dürfen in der
Serie natürlich auch nicht fehlen!
Der Weg aus der Milchstrasse in die Cannery Row ist kurz (in kosmischen Maßstäben gesehen sowieso): Mehrfach las ich in der Serie in den letzten Jahren, dass Perry Rhodan, der nun über einen Zeitraum von über 3000 Jahren die Geschicke der Menschheit lenkt (was ihm durch die Verleihung eines Zellaktivators durch die Superintelligenz ES auf dem Planeten Wanderer möglich wurde, der ihm relative Unsterblichkeit verleiht. Relativ deshalb, weil er dadurch biologisch unsterblich wurde und nicht mehr altert, ansonsten aber durchaus verwundbar ist und z.B. durch eine Pistolenkugel, pardon, ich meine natürlich einen Strahlschuss, getötet werden könnte), dieses Buch seinen Lieblingsroman nennt.

Die SOL ist ein gigantisches Generationen-Raumschiff






Also, dachte ich mir, wenn Perry Rhodan, der relativ unsterbliche Retter der Menschheit, Sofortumschalter, ehemalige Ritter der Tiefe und Großadministrator, Bezwinger der negativen Superintelligenz Coltoroc und jetzigem Residenten Terras mit dreitausendjährigem Erfahrungsschatz dieses Buch als seine Lieblingslektüre bezeichnet, dann dürfte es sich wohl auch für einen ganz normalen, nicht so weit gereisten und sterblichen Terraner wie mich lohnen, es auch einmal zu lesen! Also ging auch ich mit Perry auf die Reise, aber nicht mit der "Solaren Flotte" und auch nicht an Bord des hantelförmigen, gewaltig großen Generationenschiffs Sol oder an Bord des noch gewaltigeren Raumschiffs Basis zu einem Flug hinter die Materiequellen oder wenigsten bis zum Rand des Universums, nein: Unsere Reise geht "nur" in die Cannery Row und zurück in die 20´iger Jahre des letzten Jahrhunderts des letzten Jahrtausends.
Dort angekommen lassen wir uns verzaubern von einer flüssig und "literarisch hochwertig" erzählten Geschichte der Menschen in der ärmlichen Straße der Ölsardinen, die von gescheiterten Existenzen, Huren, einfachen Fabrikarbeitern in den Fischfabriken, schlitzohrigen Taugenichtsen, geschäftstüchtigen Kramladenbesitzern und vielen anderen skurrilen Gestalten bevölkert wird. So entsteht vor unseren Augen in vielen Episoden, die untereinander verknüpft sind und sich vielfach kreuzen, der faszinierende Mikrokosmos der Cannery Row.
Das Buch liest sich leicht, denn die fließende Leichtigkeit seiner Story zeugt sowohl von hoher Erzählkunst als auch von dem Vermögen, sich ganz in das Milieu hineinzuversetzen. Hier von einer (unterhaltsamen) Milieustudie zu sprechen, geht sicher auch nicht ganz am Thema vorbei.

"Cannery Row ist mehr als nur eine Straße, es ist die Gegend der Ölsardinen und Konservenbüchsen, ist ein Gestank und ein Gedicht, ein Knirschen und Knarren, ein Leuchten und Tönen, ist eine schlechte Angewohnheit, ein Traum. Cannery Row - in Montery, Kalifornien, zusammen- und auseinandergeschleudert - besteht aus Alteisen, Blech, Rost, Hobelspänen, aufgerissenem Pflaster, Baustellen voll Unkraut und Kehrichthaufen, aus Fischkonservenfabriken in Wellblechschuppen, aus Wirtschaften, Hurenhäusern, Chinesenhütten, Laboratorien, Läden voll mit Kram, aus Lagerhallen mit faulen Fischen. Die Bewohner? Huren, Hurensöhne, Kuppler, Stromer und Spieler, mit einem Wort: Menschen; man könnte mit gleichem Recht sagen: Heilige, Engel, Gläubige, Märtyrer - es kommt nur auf den Standpunkt an."
(Steinbeck, John: Die Straße der Ölsardinen).

Gleich mit den ersten Sätzen beschreibt uns damit John Steinbeck die Cannery Row sehr plastisch und führt den Leser damit von Anfang an hinein in das "pralle Leben" dieses sozialen Biotops, in dem die pralle Atmoshäre nur noch übertroffen wird von der Skurrilität und der manchmal geradezu herzergreifenden Menschlichkeit ihrer Bewohner.

John Steinbeck 1966
Betrachtet man die Cannery Row von außen, dann sieht man die Huren, Hurensöhne, Kuppler, Stromer und Spieler. Von innen betrachtet begegnen wir dagegen Heiligen, Engeln, Gläubigen und Märtyrern. So sind die Protagonisten der Cannery Row alles das, vor allem aber sind sie: Menschen!
Aber: Wie John Steinbeck schrieb: Es kommt (halt wie immer im Leben) nur auf den Standpunkt an.

Perry Rhodan, ich danke Dir, Du alter Terraner, dass Du mich auf dieses Buch aufmerksam machtest.
Dir wünsche ich: "Ad Astra" -
uns aber, liebe Leser:
Noch viele schöne Lesestunden auf unserer guten alten Erde.
Euer "Aushilfsterraner"
TinSoldier!

Bildquellen: Internet

John Steinbeck
Die Straße der Ölsardinen (Cannery Row)
Deutscher Taschenbuch Verlag
dtv - Taschenbuch, 149 Seiten, 6,90 Euro
Deutsch von Rudolf Frank
ISBN: 978-3-423-10625-2
DNB

Copyright: Tinsoldier

Dienstag, 24. März 2015

Filer, Nathan: Nachruf auf den Mond


Der Überraschungserfolg aus Großbritannien: Ausgezeichnet mit dem Costa Book Award 2013. 

»Ich werde Ihnen erzählen, was passiert ist, denn bei der Gelegenheit kann ich Ihnen meinen Bruder vorstellen. Er heißt Simon. Ich glaube, Sie werden ihn mögen. Wirklich. Doch in ein paar Seiten wird er tot sein. Danach war er nie mehr derselbe.« 

Matthew Homes ist ein begnadeter Erzähler, und Patient der Psychiatrischen Klinik in Bristol. Um dort dem trostlosen Alltag zu entfliehen, schreibt er seine Geschichte auf – und die seines Bruders Simon, der im Alter von elf Jahren während des Campingurlaubs in Cornwall starb. Selbst nach zehn Jahren gibt sich Matthew immer noch die Schuld am Unfalltod seines Bruders. Doch eigentlich ist Simon für ihn gar nicht tot – und Matthew auch kein gewöhnlicher 19-Jähriger. Matthew leidet an Schizophrenie … 







  • Gebundene Ausgabe: 320 Seiten
  • Verlag: Droemer HC (2. März 2015)
  • Sprache: Deutsch
  • Übersetzung: Eva Bonné
  • ISBN-10: 3426281244
  • ISBN-13: 978-3426281246









Ich danke der Verlagsgruppe Droemer Knaur ganz herzlich für die Möglichkeit, dieses Buch als Rezensionsexemplar lesen zu dürfen!









 TRAUER UND WAHN...






Ich kann jetzt nicht darüber sprechen. Ich habe nur eine Chance, es richtig darzustellen. Ich muss aufpassen. Ich muss es sorgfältig auspacken, nach und nach, damit ich es schnell wieder zusammenfalten und einstecken kann, falls es mir zu viel wird. (S. 19)


Ich muss jetzt darüber sprechen. Darüber schreiben. Über diese Geschichte des neunzehnjährigen Matthew Homes, die wie eine Naturgewalt über mich hereingebrochen ist. Leise Töne, sicherlich, angenehm zu lesende, flüssig geschriebene Sätze - aber was für eine Geschichte!
Ein verwirrter Erzähler nimmt den nicht minder verwirrten Leser an die Hand und lässt ihn kreuz und quer an seinem Leben teilhaben. An Erinnerungen, die stimmen können. Aber nicht müssen. An Gefühlen, die tief in ihm vergraben sind, die aber sein Leben bestimmen. Und das seiner Familie. Zerbrochene Leben.


Den größten Spaß machte es, wenn Simon und ich aus unserem Versteck hervorsprangen und Dad niederrangen. So machten wir es, als Simon noch am Leben war, aber später, als Simon nicht mehr lebte, stand ich morgens nie vor meinem Dad auf. Er schaute immer noch um Viertel vor sieben in meinem Zimmer vorbei, wo ich im Bett lag und nicht wusste, wie ich den Tag anfangen sollte. Das muss hart für ihn gewesen sein. (S. 44)



Matthew ist noch ein kleiner Junge, als sein älterer Bruder ums Leben kommt. Simon, der Sonnenschein der Familie, ein Kind mit Down-Syndrom und einem lieben, lächelnden Mondgesicht - er ist einfach nicht mehr da. Und Matthew lebt seither mit Schuldgefühlen, die quälender kaum sein können. Seine Eltern, in ihre eigene Trauer verstrickt, sind ihm kein wirklicher Halt - wie das Leben kitten?


Der Plan sagt mir genau, wie ich meine Tage zu verbringen habe, zum Beispiel dass ich die Therapiegruppen hier in der Hope-Road-Tagesklinik besuchen muss und welche Tabletten ich nehmen muss (...) All das wird für mich aufgeschrieben. (...) Der Plan verfolgt mich wie ein Schatten. Das ist mein Leben. Ich bin neunzehn Jahre alt, und das Einzige, worüber ich in meinem Leben frei bestimmen kann, ist diese Geschichte und wie ich sie erzähle. Allein schon deswegen will ich es nicht vermasseln. Es wäre nett von Ihnen, wenigstens zu versuchen, mir zu vertrauen. (S. 95)


Wir lernen Matthew kennen, als er mit neunzehn psychiatrische Hilfe in Anspruch nimmt, sein Leben in Scherben, desorientiert - und mit Simons Stimme im Kopf. Schizophrenie lautet die Diagnose, Medikamente sind der Versuch des Heilens, Langeweile und Monotonie der Alltag in der Klinik. Doch Matthew beginnt sich auszudrücken. Mit Zeichnungen. Mit Schreiben. Am PC in der Klinik, auf einer alten Schreibmaschine, die seine Großmutter ihm schenkt, zu Hause in seiner winzigen Wohnung.
Das Buch zeigt den Weg, wie diese Geschichte entsteht, täglich fortgeschrieben wird, springend in den Themen, in Zeit und Ort, wechselnd im Schriftbild. Das verwirrt einerseits, andererseits zeigt es unglaublich authentisch auf, wie es in Matthews Kopf zugeht. Was ihn beschäftigt, ablenkt, bedrückt. Matthew weiß selbst nicht, welchen seiner Erinnerungen er trauen kann - und ebensowenig weiß es der Leser. Doch es ergibt sich ein Gesamtbild. Die Trauer. Das Zerbrechen. Der Wahn. Die Hilflosigkeit.


Aber nun hatte er etwas neben den Lichtschalter geschrieben. Es war nicht für meine Augen bestimmt. (...) Ich fuhr mit den Fingerspitzen über die Wörter, die ohne viel Druck mit Kugelschreiber auf die Tapete gemalt waren. Er hatte geschrieben: 'Wir besiegen das Ding, mon ami. Wir besiegen es zusammen.' (S. 212)



Neben Matthews eigenem Schicksal streift der Autor auch das seiner Familie - niemals zu maßlos oder zu sentimental, fast sachlich oft, doch in dem Schmerz, der einem da in der Tiefe auflauert, gleichzeitig wirklich berührend.
Nathan Filer schafft es außerdem, dem Roman auch ein spannendes Element beizugeben. 'Give some, hold some back'. Zwar erfährt der Leser gleich zu Anfang, dass Matthews Bruder gestorben ist, doch wird da immer nur etwas angedeutet, vieles aber lange zurückgehalten. Was ist wirklich geschehen in jener Nacht, als Simon starb?


Es war ein schiefes Lächeln, aber was ein Lächeln wirklich zu bedeuten hat, weiß man ohnehin nur, wenn einem das Gesicht dahinter gehört. Alle anderen deuten es so, wie sie wollen. (S. 235)


In vielen Aspekten ein düsterer Roman, durchzogen von gelegentlichem Galgenhumor, dann wieder springt einen ein Schluchzen an. Kein einfacher Roman, aber einer, der die Tiefen auslotet ohne sich darin zu verlieren. Ein Roman, der den Leser eintauchen lässt in die Verwirrung seines Erzählers, der ihn aber am Ende wünschen lässt: Matthew, lebe Dein Leben.

Menschlich und wahrlich beeindruckend.


© Parden

















Nathan Filer
Nathan Filer ist ehemaliger Krankenpfleger der Psychiatrischen Klinik in Bristol und heute als Schriftsteller, Dichter und Filmemacher tätig. Zudem unterrichtet er Creative Writing an der Bath Spa University. "Nachruf auf den Mond" ist sein erster Roman, für den er verschiedene Preise gewann: u.a. den renommierten Costa Book Award und den Betty Trask Prize für das beste Debüt. Filer lebt mit seiner Frau und seiner Tochter in Bristol.         Quelle Text

Montag, 23. März 2015

Langer, Siegfried: Vergelte!


Was tust du, wenn du die Wahrheit über entsetzliche Dinge weißt, die ungesühnt sind? Nimmst du das Recht selbst in die Hand?

Dominik Weiß ist auf grausame Art zu Tode gekommen. Wie es aussieht, ist der Mörder mehrfach zwischen dem Toten und der Wand hin- und hergelaufen, um seine Fingerspitzen in Blut zu tauchen. Dann hat er sie über die geweißte Strukturtapete geführt, um sich dort zu verewigen.
Zu Beginn der Ermittlungen ahnt Kriminalhauptkommissar Niklas Steg noch nicht, dass dieser Mord der Auftakt zu einer ganzen Serie ist. Beim Täter verschwimmen zunehmend die Grenzen zwischen »Recht« und »Rache«, seine Hemmschwelle wird immer geringer. Und die Zeit arbeitet gegen Steg... 





  • Taschenbuch: 290 Seiten
  • Verlag: Amazon Publishing (10. März 2015)
  • Sprache: Deutsch
  • ISBN-10: 1477830715
  • ISBN-13: 978-1477830710














 WER WIND SÄT...




Ein toter Mann im Schlafzimmer. Nackt, ein Loch im Kopf und auch sonst übel zugerichtet. Mit seinem Blut ein Wort an die Wand geschrieben: 'Sturmernte'.
Wer hat Dominik Weiß so hingerichtet - und weshalb? Und was bedeutet das Wort an der Wand? Kriminalhauptkommissar Niklas Steg ahnt noch nicht, dass dieser Mord der Auftakt zu einer ganzen Serie ist.

Wieder einmal webt Siegfried Langer das gekonnte Gespinst eines Thillers, erzählt auf verschiedenen Zeitebenen und aus der Sicht unterschiedlicher Personen. Kriminalhauptkommissar Niklas Steg vom LKA Berlin nimmt mit seinen Kollegen die Ermittlungen auf. Zeitgleich erhält die Privatdetektivin Sabrina Lampe von einem Bekannten ihres Ex-Mannes einen Auftrag, der sie nach einiger Zeit ebenfalls in die Ermittlungen involviert. Schön, die beiden nach 'Leide!' wieder gemeinsam ermitteln zu sehen.
Die Sprünge hinsichtlich der Zeiten, Personen und Orte sind anfangs doch etwas verwirrend, aber bei konzentriertem Lesen durchaus zu meistern. Viele Facetten eines Themas beleuchtet Siegfried Langer hier, was für einen solch eher kurzen Thriller doch recht ambitioniert wirkt. Manches kann dadurch nur angerissen werden, was etwas schade ist. Aber insgesamt gelingt es doch darzustellen, was Verzweiflung, Ohnmacht und Ungerechtigkeit auslösen können - und lässt den Leser zwischenzeitlich grübeln, zu was er selbst in vergleichbarer Situation womöglich imstande wäre.

Ein wenig mehr Einblick als im ersten Band der Reihe 'LEIDE' erhält man hier in die Ermittelnden Niklas Steg und Sabrina Lampe, was aber nur einen geringen Teil des Romans ausmacht und für mich das richtige Verhältnis zum Fall ansich hatte.
Allerdings hätte ich mir zur Person des Täters doch einige Hintergrund-Informationen mehr gewünscht. Das war m.E. sehr minimalistisch angelegt, etliches blieb im Unklaren, die Figur des Täters dadurch eher blass. Einige Details mehr hätten das Handeln sicher noch nachvollziebarer wirken lassen können.

Insgesamt aber wieder einmal ein unterhaltsamer Thriller, der sich nicht großartig mit Nebensächlichkeiten aufhält, sondern die Spannung über eine rasche Szenenfolge bis zum Schluss aufrecht hält.

Ich freue mich auf mehr von Niklas Steg und Sabrina Lampe!


© Parden











Siegfried Langer
Geboren 1966 in Memmingen (Allgäu)

Websites:
1. und 2.

Romane:

  • 'Vergelte!' Amazon Publishing, 2015 
  • 'Leide!' im Eigenverlag, 2014  
  • 'Sterbenswort' im List Verlag, 2012 
  • 'Vater, Mutter, Tod' im List Verlag, 2011
  • 'Alles bleibt anders' im Atlantis Verlag, 2008

Sonntag, 22. März 2015

Voss, Vincent: Tödlicher Gruß


Mitten in der Nacht wird der junge Bestatter Armin Weidener zu einem Unfallort gerufen. Während der Notarzt noch versucht, das Leben der verunglückten Frau zu retten, bemerkt Armin, dass aus dem Radio des Unfallwagens immer wieder ein und derselbe Song ertönt.

Als zwanzig Jahre später eine Leiche aus Armins Kühlhalle verschwindet, hört er wieder diesen Song. Zunächst hält Armin alles für einen blöden Streich. Doch schon bald muss er erkennen, dass ihn jemand in eine tödliche Falle locken will. Jemand aus seiner Vergangenheit. Um sich und seine Familie zu schützen, muss er einer blutigen Spur folgen ...

Psycho-Thriller voller "Hochspannung" - die neue Reihe von Bastei Entertainment!







  • Format: Kindle Edition  ►Link zum Herunterladen
  • Dateigröße: 4371 KB
  • Seitenzahl der Print-Ausgabe: 106 Seiten
  • Verlag: Bastei Entertainment (17. November 2014)
  • Verkauf durch: Amazon Media EU S.à r.l.
  • Sprache: Deutsch
  • ASIN: B00OGNDIYM











ZWISCHENMAHLZEIT...




Armin Weidener ist es schon gruselig zumute, als er am Unfallort ankommt. Zwei Leichen sind dem jungen Mann bei seinem ersten Auftrag als Bestatter angekündigt worden, doch eine junge Frau kämpft noch ums Überleben. Schließlich sind es tatsächlich zwei Leichen, doch es bleibt ein ungutes Gefühl. Vor allem weil im Regen und in der Dunkelheit immer dasselbe Lied aus dem Kassettenrekorder des Unfallwagens schallt. Kopfschüttelnd und erleichtert verlässt Armin Weidener schließlich den Unfallort mit den beiden Leichen.
Zwanzig Jahre später ist Armin Weidener sehr erfahren in seinem Beruf und hat das Bestattungsunternehmen inzwischen von seinem Vater übernommen. Als aus der Kühlhalle eine Leiche verschwindet, glaubt Armin zunächst an einen Dummejungen-Streich. Doch schnell wird klar, dass dahinter etwas ganz anderes steckt. Wie in einem Alptraum gefangen, entdeckt Armin, dass er in eine Falle geraten ist. Und nicht nur er ist in Gefahr, sondern seine Familie ebenso. Wird er sie retten können?


"Zorn ist meine Bestimmung, Rache die Berufung..."


Dieser Plot klang für mich wahrlich spannend. Auch wenn ich bei knapp 100 Seiten etwas skeptisch war, ob sich da ein Fall wirklich zufriedenstellend abhandeln lassen könnte.
Und ich muss sagen: mein Bauchgefühl hat mich nicht getäuscht. Meiner Meinung nach hätte es dem Thriller gut getan, wenn er doch das übliche Format gehabt hätte. Eine gewisse Spannung will ich ihm gar nicht absprechen, aber die Figuren bleiben doch recht blass. Zwar gibt es die eine oder andere überraschende Wendung, und manche Situationen sind durch den Wechsel von Zeitraffermodus einerseits und der plötzlich intensiven Ausleuchtung einzelner Szenen andererseits wirklich drehbuchreif. Aber ich wünsche mir von einem Thriller einfach auch mehr zur Person und zum Motiv des Täters, als es solch ein Kurzformat leisten kann.

Neben der fehlenden Ausarbeitung der Charaktere und vor allem dem des Täters haben mich noch ein paar andere Dinge gestört. Sexuelle Einwürfe wirkten auf mich rein als Effekthascherei, manche Handlungsstränge verlaufen im Nichts, manche Szenen wirken nicht durchgehend glaubwürdig - und das Ende lässt mich etwas in der Luft hängen.

Dabei lässt sich der kurze Thriller durchaus flüssig lesen und vermag die Spannung zwischendurch aufzubauen. Insgesamt aber fand ich es nicht wirklich überzeugend. Schade.

Eine nette Kost für zwischendurch - mehr aber eben auch nicht.


© Parden











Hiermit danke ich 'Blogg dein Buch' sowie Bastei Entertainment für die Möglichkeit, dieses Buch lesen zu dürfen!




Bastei Entertainment









Während seines kulturwissenschaftlichen Studiums war Vincent Voss in unterschiedlichen Berufsfeldern tätig. Von seinen zahlreichen Eindrücken als Pflegehelfer einer akutpsychiatrischen Einrichtung, Qualitätsmanager, Bodyguard, Call-Center-Agent, Tankwart, Fotografen-Assistent und Bestatter zehrt er beim Schreiben. Der Abschied als Frontmann einer Terrorjazzband im Jahr 2006 bedeutete das zwischenzeitliche Ende, meist düsteren Gedanken eine Stimme geben zu können.
2009 erfolgte die erste Teilnahme an einer Ausschreibung, die erfolgreich endete und somit den Start in eine neue künstlerische Gattung eröffnete.
Heute arbeitet er als Geschäftsführer eines Reiseunternehmens und lebt als glücklicher Vater dreier Kinder im Norden Hamburgs auf dem Land.

Im Frühling 2012 erscheint sein Romandebut „172,3“ im LUZIFER-Verlag Steffen Janssen, im Herbst 2012 folgte der Roman „Faulfleisch“ im Verlag Torsten Low.
Zahlreiche Kurzgeschichten sind bisher in unterschiedlichen Anthologien untergekommen.

Quelle Text und Bild

Samstag, 21. März 2015

Haikal, J. & M.: Teti und die Grabräuber von Theben


Reichlich zerlesen hielt ich letztens ein Buch in der Hand, welches ich zu den schönsten meiner Kinderbücher zählen möchte.Ich gäbe etwas drum, wenn ich ein neues erhalten könnte. Aber das alte würde ich trotzdem behalten.

* * *

Teti ist ein kleines ägyptisches Mädchen, welches in Theben lebt, der Stadt am Nil, der Hauptstadt des Pharaonenreiches. Ihr Vater arbeitet im Tempel des Sonnengottes Ammon Ra. Pichare, ihr Bruder, ist Steinmetz. Seine Aufgabe besteht in der Errichtung, mehr noch der Ausschmückung der Gräber für die Priester und die sonst hochgestellten Leute. Er arbeitet im Tal der Könige. Teti kann sehr gut singen und so wird sie für den Chor des Tempels ausgewählt.



Buchrücken
Pepi heißt ihr mutiger Freund, der ein wenig älter als sie ist. Er kann eines Tages die Pferde des Prinzen Thutmosis vor dem Durchgehen bewahren und so kommt er als Diener in dessen Haushalt. Seine eigene Familie und ebenso Tetis kann er so manchmal mit ein paar Leckerbissen versorgen.

Das Tal der Könige wird immer häufiger von Grabräubern aufgesucht und die Steinmetze werden beschuldigt, die selbst gebauten und ausgeschmückten Gräber auszurauben. Doch Teti belauscht eines Tages die Oberpriesterin der Göttin Isis im Tempel…


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Quelle: Internet


Im Jahr 1968 erschien dieses Buch von Johanna & Moustapha Haikal. In dieser Zeit gab es die fernsehgrafisch hervorragend gemachten Dokumentationen, die ganze Städte und Kulturen in kurzer Zeit wieder „aufrichten“, leider noch nicht. Auch nicht, als ich mit vielleicht 10 Jahren dieses Buch als Geschenk erhielt. Es ist eine spannende Geschichte in der Geschichte, denn sie erzählt ja nicht nur von einer Kinderfreundschaft und deren Abenteuer, sie klappt auch ein Bilderbuch auf. So lernte ich eine Welt kennen, die nicht nur historisch weit zurück lag, sondern deren „Überreste“ auch weit weg zu finden waren. Anscheinend unerreichbar, worüber ich nicht nachdachte.


Von Ammon Ra wird erzählt, von Isis und Osiris von Totenkult und Grabschmuck, von Dattelernte mit Affen, von der Nilüberschwemmung und dem Totenkult erzählen die Autoren. Ohne dieses Buch hätte ich wenige Jahre später Isis und Osiris, von denen Sarastro in der Zauberflöte singt, wohl nicht einzuordnen gewusst.  Allerdings ist dies wohl weniger das Ziel eines Kinderbuches, welches von fremden vergangenen Welten berichtet. In einem Beitrag schreibt vor einigen Jahren ein Rezensent von seinen „Sorgen“, wie denn ein „sozialistischer“ Ägyptenroman aussehen könnte. Aber er bescheinigt dem Buch ebenfalls eine kindgerechte Geschichte und den Autoren „eine profunde Kenntnis über Sitten und Bräuche des alten Ägyptens.“

Die Illustrationen sind schwarz-weiß Zeichnungen, die jweisl gut zum gerade erzählten Gegenstand passen. An den Seitenrändern findet man ägyptische Symbole, Zeichnungen, Pflanzen, Tiere und mehr.

Kinderbücher werden heute ein wenig anders geschrieben, der Sprachgebrauch hat sich in den letzten 50 Jahren ja auch merklich verändert. Aber es bleibt ein schönes Buch zum Vor- und selber lesen.


DNB / Kinderbuchverlag / Berlin 1973 / 290 Seiten
► historische Romane über Ägypten
► Bücher für Kinder und Jugendliche über Ägypten


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© KaratekaDD
 "Anscheinend unerreichbar" habe ich oben geschrieben. Nun ja, sagen wir mal bis 1989. Weitere 10 Jahre später saß ich auf einem Kamel und ritt um die Pyramiden. Okay, die stehen zwar nicht in Theben sondern in Gizeh, aber alt und ägyptisch sind sie ja auch. Dass dieser Ritt ohne den Eingriff eines Soldaten zum Schutz der Touristen hätte teuer werden können, ist eine andere Geschichte.




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Wie eng tausende Jahre zusammenwachsen können, sieht man auf diesem Bild hier. Ich habe schon gestaunt, dass die erste Pyramide, sie ich zu Gesicht bekam, sich unmittelbar hinter Kairo erhebt.

Der Aufenthalt, welcher nur einen Tag dauerte, erinnerte mich natürlich an Teti & Pepi. So, wie ich mich beim schreiben dieser Zeilen auch an diesen Ausflug während einer Schiffsreise im Mittelmeer erinnerte.

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