Daher ist es womöglich unnötig, ausführlich zu erklären, dass die Bücher fadengeheftet sind, jedes andere Drucktypen und ein anderes Vorsatzpapier aufweist. Textstellen werden ansprechend kalligrafisch zum Blickfang wie auch die Bauchbinde, die als Lesezeichen verwendet werden kann und auf der man neben farbigen Schlagwörtern eine kurze Inhaltsbeschreibung und Autorendaten findet. In der Hoffnung, andere bibliophile Leute könnte dies ebenso interessieren, erwähne ich diese besondere Machart wiederholt.
Zuvorderst ist „man“ aber Beamter: „Der geschulte Beamte besitzt ja die Fertigkeit, über jeden Sachverhalt einen ‚Akt zu errichten‘ und ihn damit dem Schmelzprozess des Lebens zu entreißen.“ (S. 41) - Seltsam aktuell: „Gleich den anderen höchsten Beamten des Staates hegt der Sektionschef keine besondere Hochachtung für die Herren Minister. Diese wechselten nämlich je nach Maßgabe des politischen Kräftespiels, er aber und seine Kollegen bleiben.“ (S. 65)
„Nach hundert Schritten fiel er auf eine Bank. In diesem Augenblick arbeitete sich einstrahlender Oktobersonne durch und besprengte den Rasen gegenüber mit einem dünnen Schauer.“ (S. 61)
Der Monolog seiner Frau Amelie angesichts der „blassblauen Frauenschrift“, zeigt die Fabulierfreude des Autors, das ist es, was an Texten vor der zweiten Hälfte des 20. Jahrhunderts oft fasziniert. Leonidas aber bekommt wieder Oberwasser und im Gespräch mit seiner Jugendliebe Vera kann er von oben herab wirken: Keine Verantwortung gegenüber ihr und letztlich in allen Dingen. Ekelhafter Typus.
Werfels Bücher waren in den zwanziger und dreißiger Jahren Bestseller, lesen wir in der Wikipedia, wo das Werk so charakterisiert wird: Die blassblaue Frauenschrift „ist die Geschichte über den Verrat einer Liebe, das Psychogramm eines Opportunisten und ein zeitgeschichtliches Dokument über den latenten Antisemitismus in der Ersten Republik Österreichs.“Daher erfolgte die Aufnahme in die Reihe Perlen der Literatur folgerichtig, denn in dieser erschienen bisher und werden in Folge erscheinen Bücher, die bedeutsam und richtungsweisend in der Zeit des ausgehenden 19. und des beginnenden 20. Jahrhunderts gewesen sind.
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Verfilmt wurde der Stoff 1984 von Axel Corti. Darüber wird in Kürze eine Ergänzung hier finden sein.
Wiederholt danke ich dem Verleger Ralf Plenz für das Rezensionsexemplar. Ein weiteres außer-gewöhnliches Buch, welches mir vermutlich nie in die Hände gefallen wäre ohne Kenntnis über und Spaß an dieser vielseitigen Reihe.
- DNB / Input-Verlag / Hamburg 2021 / ISBN: 978-3-941905-43-6 / 159 Seiten
- Neubearbeitet nach der Originalausgabe von 1942 (Buenos Aires)
- Franz Werfel - Wikipedia - Eine blassblaue Frauenschrift
13 von 30 - hui, da hast du ja noch einiges vor dir...
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