Boo, Mena, Phil oder Pip – Philomena hat eine Menge Namen und keinen
leichten Stand: Ins Haus eines Fledermausforschers hineingeboren zu
werden ist das eine. Dort – und noch dazu in Kansas – inmitten einer
exzentrischen Familie aufzuwachsen? Eine ganz andere Geschichte. Als das
Schicksal gleich zweimal über diesen ungewöhnlichen Haushalt
hereinbricht, gehen auch Philomena allmählich die Gründe aus, nicht
völlig abzutauchen. Im 50-Meter-Becken des Schulschwimmbads findet sie
eine neue Welt. Und sie beginnt eine bemerkenswerte Karriere, die sie zu
olympischem Gold, aber auch in die Untiefen der Liebe führen wird.
Verlag: Rowohlt; Auflage: 1. Auflage (12. März 2010)
Sprache: Deutsch
Übersetzung: Bernhard Robben
ISBN-10: 349803541X
ISBN-13: 978-3498035419
Originaltitel: Swimming
SCHWIMMEN - UND WAS SONST NOCH?
Philomena wird als zweite von vier Töchtern einer amerikanischen Familie
aus Kansas geboren. Bereits als Baby ist das Wasser ihre Welt, nur dort
findet sie zu sich selbst, kann sich erschöpfend verausgaben und ihre
Energie gezielt bündeln. Als schwere Schicksalsschläge ihre Familie
treffen, wird das Schwimmen für Philomena immer mehr zum Zentrum ihres
Denkens und schließlich zu ihrem Lebensinhalt. Immer mehr Zeit und
Energie setzt Pip, wie Philomena auch genannt wird, in diesen Sport,
hartes Training zieht Erfolg nach sich, Anerkennung und Bewunderung -
und schließlich etliche Goldmedaillen bei Olympischen Spielen.
Aber
eigentlich ist dies kein Buch nur über das Schwimmen. Es geht um
Philomena und ihr Leben, das mancherlei Überraschungen für sie bereit
hält, und das durchaus nicht immer in positivem Sinne. Deutlich wird,
welche Bedeutung das Schwimmen für sie hat: es bietet Halt im Leben,
eine Welt, in der nichts anderes existiert als der Rhythmus der
Bewegungen, in der Sorgen ausgeschaltet und von Erschöpfung überlagert
werden, ein Abtauchen aus dem Leben, ein Übersetzen der Gefühle in
gerichtete Energie - alles ist erträglich, solange es diese Welt gibt.
Doch
was geschieht, wenn dieser Lebensinhalt von einem Tag auf den anderen
nicht mehr existiert? Krise, Einsamkeit, Depression - ein Abtauchen ganz
anderer Art, nichts was man sich für seine Lebensplanung wünscht. Wird
es aus diesem schwarzen Loch noch eine Wende heraus geben?
Im
ersten Drittel des Buches begeisterte mich v.a. der Sprachstil von
Nicola Keegan. Sprachwitz, manchmal eine recht schnoddrige
Ausdrucksweise, Neologismen, sprühende Lebendigkeit trotz der genannten
Schicksalsschläge - die Seiten flogen nur so dahin. Danach wurde die
Sprache zunehmend symbolbehafteter, v.a. im letzten Drittel mit vielen
Bedeutungen zwischen den Zeilen, die sich mir nicht in jedem Fall
erschlossen, düster und nicht immer leicht zu lesen...
Was
jedoch festzuhalten bleibt: dieses Buch ist außergewöhnlich,
wortgewaltig und gefühlsstark - ein Buch, das in jedem Fall in meiner
Erinnerung haften bleiben wird.
Nicola Keegan wurde 1964 in Galway, Irland, geboren und wuchs in den
Vereinigten Staaten auf. Sie studierte an der Sorbonne und an der
University of Iowa. Heute lebt sie mit ihrem Mann und ihren drei Kindern
in Frankreich und Irland. «Schwimmen» ist ihr erster Roman.
Auch im Herbst des Lebens sollte noch Leben in der Bude sein, sagen sich
Märtha, Snille, Kratze, Anna-Greta und Stina und schmieden einen Plan:
Sie müssen ein Verbrechen begehen, damit sie raus aus diesem Heim und
rein ins Gefängnis kommen, denn dort ist man bekanntlich viel besser
dran. Gutes Essen, keine Sparmaßnahmen, geregelter Freigang. Doch
Planung und Durchführung eines Verbrechens sind gar nicht so einfach –
vor allem, wenn man es ehrlich meint. Catharina Ingelman-Sundberg
erzählt eine kriminell lustige und herzerwärmende Geschichte über fünf
Freunde, die ihrem Leben eine völlig neue Wendung geben und sich ihren
Traum vom Glück erfüllen.
Dem Leben im Alter sehen viele von uns mit gemischten Gefühlen
entgegen - der Umzug in ein Altersheim erscheint für die meisten wenig
verlockend. Die Erfahrungen, die die fünf Hauptcharaktere des Buches mit
ihrem Wohnsitz machen, sind nun auch nicht dazu geeignet, die Bedenken
hinsichtlich dieser Wohnform zu zerstreuen.
Dabei sind Märtha
(79), Snille (78), Anna-Greta (81), Stina (77) und Kratze (84) noch
recht rüstig für ihr Alter. Doch 'Sparen' heißt die Devise der neuen
Geschäftsführung des Seniorenheims 'Diamant', und so gibt es immer mehr
Einschränkungen, die die alten Leute über sich ergehen lassen müssen,
und kaum noch Entscheidungen, die sie selber treffen dürfen. Was zu viel
ist, ist zu viel - und so beginnt allmählich ein Plan zu reifen.
Eine
TV-Dokumentation über die Situation in Schwedens Gefängnissen zeigt den
Alten, dass es um die Versorgung der Verbrecher besser gestellt ist als
um ihre eigene - und da muss Abhilfe geschaffen werden. Und so fliehen
die fünf aus dem Altersheim und beginnen ihre Verbrecherkarriere mit dem
Ziel, den Rest ihres Lebens letztlich gut versorgt hinter Gittern zu
verbringen. Doch aller Anfang ist schwer, zumal hinter der Seniorengang
mit ihren Rollatoren niemand etwas Gesetzwidriges vermutet - erst recht
nicht die Polizei. Da ist viel Einfallsreichtum gefragt...
Leider
hielt das Buch nicht ganz, was ich mir davon versprach. Erwartet hatte
ich ein unterhaltsames Buch mit viel Seniorenpower, mit Charme und Witz,
schwungvoll und bissig und mit dem Esprit der Geschichten eines Jonas
Jonasson oder dem Wohlfühlcharakter der Romane eines Fredrik Backman.
Doch dem Roman merkte man das Alter seiner Charaktere an: Unterhaltung
mit Längen, teilweise eher lahme Dialoge, eine von zu vielen Zufällen
geprägte Handlung und alles in allem eine zu bemüht und konstruiert
wirkende Erzählung. Die Charaktere selbst sind recht klischeehaft
gestrickt und wirken durch den fehlenden Hintergrund wenig greifbar.
Trotz
meiner Enttäuschung fand ich die Idee hinter der Geschichte gut, wenn
auch die Umsetzung mehr Potential gehabt hätte. Ebenfalls gefallen hat
mir die durchgehend geäußerte Kritik am Umgang der Gesellschaft mit den
Alten - an dieser Stelle würde ich mich der Seniorengang gerne
anschließen.
Insgesamt eher Mittelmaß - da ist noch deutlich
Luft nach oben. Ob Band zwei 'Jetzt kriegt jeder was ab' da eine
Steigerung ist? Keine Ahnung. Noch nicht jedenfalls. Aber erst einmal
reicht es mir mit den fünf Senioren...
Catharina Ingelman-Sundberg studierte Geschichte und Marinearchäologie.
Fünfzehn Jahre ihres Lebens verbrachte sie damit, auf dem Meeresgrund
nach Wikingerschiffen und Galeeren zu suchen. Danach studierte sie
Journalismus und schrieb mehrere erfolgreiche historische Romane. Ihr
erstes Buch mit der sympathischen Rentnergang »Wir fangen gerade erst
an« wurde ein internationaler Verkaufserfolg und ist in 26 Ländern
erschienen. Die Autorin lebt in Stockholm.
Eines Nachts kommt heimlich und verstohlen ein Jahrmarkt in eine kleine
Stadt in Illinois und schlägt seine Zelte auf. William »Will« Halloway
und James »Jim« Nightshade, zwei Jungs aus der Stadt, spüren als Erste,
dass mit dem Jahrmarkt etwas nicht geheuer ist. Sie entdecken das dunkle
Geheimnis eines Karussells, das auf zerstörerische Weise in das Leben
der Fahrgäste eingreift. Ihre Entdeckung bleibt nicht unbemerkt: Auf
leisen Sohlen, aber unerbittlich werden die Jungen vom Bösen verfolgt
und in die Enge getrieben.
Verlag: Diogenes; Auflage: 11., New edition (25. September 2013)
Sprache: Deutsch
Übersetzung: Norbert Wölfl
ISBN-10: 3257208669
ISBN-13: 978-3257208665
Originaltitel: Something Wicked This Way Comes
VERLOCKUNGEN...
Eine Bermerkung schon einmal vorab: das Cover passt überhaupt nicht zu der Geschichte - keine Ahnung, was der Verlag sich dabei gedacht hat? Das Bild eines altertümlichen Karussells wäre hier beispielsweise deutlich angemessener gewesen...
"Eines Jahres begann Allerheiligen schon am 24. Oktober,
drei Stunden nach Mitternacht. In diesem Jahr war James Nightshade (...)
dreizehn Jahre, elf Monate und dreiundzwanzig Tage alt. William
Halloway von nebenan war dreizehn Jahre, elf Monate und vierundzwanzig
Tage alt. Beide streckten ihre Hände nach dem vierzehnten Geburtstag
aus und spürten ihn fast schon leise zitternd zwischen ihren Fingern.
Das war jene Woche im Oktober, in der sie über Nacht erwachsen wurden,
in der das Jungsein ihnen entglitt..."
Obwohl
die beiden Jungen fast auf den Tag genau gleich alt sind und beste
Freunde noch dazu, sind sie von ihrer Wesensart her komplett
verschieden. Jim ist der, der Angst hat, das Leben zu verpassen - immer
vorneweg und ohne Furcht vor irgendetwas, doch mit viel Sehnsucht nach
dem, was da noch kommen mag. Will dagegen ist der, der nachdenkt, der
träumt, der innehält - doch er läuft mit Jim, um ihn nicht zu verlieren.
Heimliche nächtliche Ausflüge sind an der Tagesordnung, der Weg durchs
Fenster statt durch die Tür ist Ehrensache. Beide Jungen treiben aufs
Erwachsenwerden zu, doch während Jim es kaum abwarten zu können scheint,
tastet sich Will eher vorsichtig heran.
Als ein
Blitzableiterverkäufer in die kleine Stadt kommt, erfasst eine erste
dunkle Ahnung die Jungen. Und der unterschiedliche Charakter der beiden
offenbart sich einmal mehr: während Will darauf besteht, den
Blitzableiter am Haus zu befestigen, wagt Jim das Spiel mit dem Feuer
und reißt ihn wieder ab. In derselben Nacht kommt unerwartet ein alter
Zirkus in die Stadt. Die Jungen wachen bei dessen Ankunft auf und
beobachten die dunklen Schatten, die den Zirkus aufzubauen scheinen.
Doch tagsüber scheint alles normal...
"Ein Jucken spür' ich, ganz verstohlen, Das Böse kommt auf leisen Sohlen." (Shakespeare)
Der
Zirkus zieht die Menschen magisch an, mit seinen Karussells, seinen
Attraktionen, seinen Monstrositäten. Doch Jim und Will spüren, dass hier
das Böse Einzug hält. Unsichtbar für jeden, nur nicht für die
empfindsamen, vibrierenden Seelen der Heranwachsenden. Aber werden sie
sich der Gefahr erwehren können? Oder auch nur wollen? Denn die
Verlockungen sind groß...
Bei Ray Bradbury kommt das Grauen nicht
zähnefletschend und bluttriefend daher. Sondern mit Zuckerwatte, Musik
und verlockenden Versprechungen. Ein subtiles Gefühl von Bedrohung, von
Düsternis, aber auch von Melancholie, erfasste mich immer wieder beim
Lesen. Vor allem zu Beginn die 'Ruhe vor dem Sturm', die 'bleierne
Stille vor dem Gewitter' - die fand ich richtig gelungen. Hier wird
allegorisch eine Geschichte erzählt über das Leben, über Trauer, über
Freundschaft, über Träume, über die Verbundenheit von Vätern und Söhnen
und natürlich über den ewigen Kampf zwischen Gut und Böse, der nicht
hoffnungslos sein muss.
"Der Rest des Weges ging
glatt, wunderbar, leicht, herrlich. Sie schwangen sich über das
Fensterbrett und blieben dort eine Weile sitzen, gleich groß, gleich
schwer, getönt von denselben Sternen. Sie umarmten sich mit dem Gefühl
herrlicher Erschöpfung, lachten leise miteinander preßten einander die
Hand auf den Mund, aus Angst, jemanden zu wecken – Gott, das Land, die
Frau, die Mutter, die Hölle. Sie spürten die warem Quelle der Heiterkeit
dort, blieben noch einen Augenblick so sitzen, die Augen hell und
feucht vor Liebe.“
Und doch hatte ich trotz des
überzeugenden Ansatzes einige Probleme mit der Lektüre. Zum einen fiel
es mir schwer, mich an den doch altertümlich anmutenden Schreibstil zu
gewöhnen (die Originalausgabe erschien bereits 1962 unter dem Titel
'Something Wicked This Way Comes', die deutsche Ausgabe erstmals im
Jahr1969). Zum anderen gab es hier einige Schwachpunkte, die den
Gruseleffekt für mich immer wieder verwischten oder unterbrachen:
Ein
stellenweise inflationär anmutender Gebrauch von Bildern und Metaphern
war gelegentlich anstrengend zu lesen und zwang die Gedanken beim Lesen
immer wieder auf die mögliche hintergründige Bedeutung zwischen den
Zeilen. Langatmige Passagen philosophischer Gedankengänge und Monologe
wirkten auf mich teilweise zu raumfordernd und der Spannung abträglich.
Manche Szenen wirkten (alb-)traumartig und surreal und verwirrten mich
damit mehr als dass sie den Gruseleffekt verstärkten. Und auch wenn am
Ende das Tempo noch einmal deutlich anzog, war mir die Auflösung
letztlich zu einfach, zu 'platt'.
"Nein, ganz
stimmte das auch nicht. Aus sich selbst heraus macht er ein Geräusch, er
seufzt wie der Wind, der deine Gardinen bläht weiß wie der Atem des
Schaums. Oder er macht ein Geräusch wie die Sterne, die sich in deinem
Traum drehen. Vielleicht kündigt er sich auch an wie Mondaufgang und
Monduntergang. Ja das ist am besten: Wie der Mond über die Tiefen des
Alls segelt, so treibt ein Ballon dahin.“
Dennoch
war mein erstes Buch von Ray Bradbury insgesamt eine interessante
Lektüre - sein sicherlich bekanntestes Werk 'Fahrenheit 451' möchte ich
auch unbedingt noch lesen. Als einer der bekanntesten und
schöpferischsten Schriftsteller Amerikas hat Ray Bradbury viele seiner
schreibenden Kollegen der nachfolgenden Generationen zwangsläufig
beeinflusst und inspiriert. So offensichtlich auch Stephen King:
Parallelen von 'Das Böse kommt auf leisen Sohlen' beispielsweise zu 'Es'
lassen sich einfach nicht leugnen.
Ein Buch voller Symbolik und
Allegorien, das nicht immer einfach zu lesen ist, das aber den Leser
fordert, in die Abgründe hinter den Zeilen einzutauchen.
Ray Bradbury, geboren 1920 in Waukegan (Illinois). Nach dem
Highschool-Abschluss verkaufte er an einer Straßenecke die Zeitschrift
›Futura Fantasia‹. Die Namen unter den Beiträgen täuschten: Geschrieben
hatte Bradbury fast alles selber. 1953 erschien ›Fahrenheit 451‹, sein
erster und berühmtester Roman, den François Truffaut verfilmte. Das
Spektrum des »Louis Armstrong der Science-Fiction« (Kingsley Amis)
reicht aber weiter, über Kinderbücher und Gedichte bis zu Drehbüchern,
wie jenes zu ›Moby Dick‹ von John Huston. Ray Bradbury starb 2012 in Los
Angeles.
Dieser scherzhaft verkürzte Satz in steirischer Mundart, der sich mir erst auf den zweiten Blick erschloss, steht in großen Buchstaben mit weißer Kreide auf einer alten Schiefertafel geschrieben, welche in einem ehemaligen Klassenzimmer der Waldschule in Alpl bei Krieglach steht.
Foto: TinSoldier
Der Urheber dieser Zeile zählt heute zu den leider fast vergessenen Schriftstellern, und doch war er gegen Ende des 19. und zu Anfang des 20. Jahrhunderts zumindest in Österreich der meistgelesene Autor seiner Zeit!
Die Rede ist von dem österreichischen Heimatschriftsteller
Peter Rosegger(*31. Juli 1843 in Alpl/Krieglach, + 26. Juni 1918 in Krieglach),
dessen Buch "Waldheimat" ich hier vorstellen möchte.
"Ich gehe auch in keine Schule, kann eh lesen, und schreiben auch !"
In diesen Worten steckt viel Wahrheit:
Rosegger hat als Kind nie eine Schule besucht! Der Sohn eines armen, des Lesens und Schreibens unkundigen Waldbauern, wurde
Peter Rosegger
Bildquelle: Internet
von seiner Mutter und, zusammen mit anderen Bauernkindern aus der Umgebung, zeitweilig von einem aus Staatsdiensten entlassenen Lehrer unterrichtet. Man schätzt heute, dass seine Unterrichtszeit zusammengenommen maximal etwa 1 bis 2 Schuljahre betragen haben dürfte!
Doch langsam, immer der Reihe nach!
Zunächst möchte ich einmal über meine Begegnungen mit dem ehemaligen Waldbauernbuben berichten, und wie es überhaupt zu dieser Rezension gekommen ist - denn, ich gebe es zu:
Auch ich hatte Peter Rosegger im Laufe der Jahre fast schon vergessen, seitdem ich in den 1980´iger Jahren die Fernsehverfilmung der ergreifenden Abenteuer des Waldbauernbuben verfolgt hatte. In jener Zeit erwarb ich auch das Buch und las die Geschichten des Waldbauernbuben.
Rosegger´s Waldschule in Alpl, Marktgemeinde Krieglach
Foto: TinSoldier
Gut 30 Jahre später verbrachte ich zum Jahreswechsel einen Kurzurlaub in der Steiermark.
Nahe der beschaulichen Ortschaft Krieglach führt die Straße hinauf bis zu einem unscheinbaren Abzweig, der zur Waldschule führt. Bis dorthin kann man heutzutage fahren, den Rest des Weges hinauf zum Kluppeneggerhof, dem Geburtshaus des Schriftstellers, muss man wie zu Zeiten Roseggers auf Schusters Rappen bewältigen. Bevor ich mich aber auf den Weg mache, besuche ich das altehrwürdige Schulhaus, das heute ein Museum beherbergt.
Der Schriftsteller im Jahre 1900
Bildquelle: Wikipedia
Gegen Ende des 19. Jahrhunderts besaß die Gemeinde Krieglach noch keine Schule und es gab auch noch keine allgemeine Schulpflicht. Rosegger, zu dieser Zeit bereits ein bekannter Schriftsteller, beschloss, seinem Heimatdorf eine Schule zu stiften und rief für diesen Zweck eine Spendenaktion ins Leben. Er selbst steuerte seinen Teil bei, indem der Erlöse aus Lesungen, für die er sich eigens auf Reisen begab, spendete. Im Jahre 1902 war der Bau vollendet und Rosegger übergab das Gebäude seinem Zweck.
Peter Rosegger verfügte am 31. Dezember 1901:
"Das Schulhaus ist Eigentum der Gemeinde Krieglach. Sollte in Alpl die Schule einmal überflüssig werden, so ist das Schulhaus in irgendeiner guten anderen Art dienstbar zu machen. Zugunsten der Alpler, oder wenn solche nicht mehr vorhanden sein sollten, zugunsten der ganzen Gemeinde Krieglach - aber stets nur für Lehrzwecke (ist) der Ertrag zu verwenden."
In der Schule wurden bis in die 1970´iger Jahre hinein unterrichtet. Zum Schluss gab es noch 2 Schüler, die aber bald in eine andere Schule wechseln mussten. Nach der Schließung wurde die Schule renoviert und beherbergt seit 1982 ein Museum. Besichtigen kann man u.a. ein original erhaltenes Klassenzimmer mit den originalen Schulbänken von 1902. Die Metallbeschläge an den Tischen, in welche die Tintenfässchen eingestellt wurden, tragen Gravuren, aus denen hervorgeht, dass die Möbel aus Berlin stammen:
Sie waren die Spende eines Berliner Industriellen.
Auch die "Rosegger-Stube", in welcher der Schriftsteller oft nächtigte, ist im Originalzustand erhalten.
Besonders berührend aber sind zahlreiche historische Fotos an den Wänden, die
verhärmte Kindergesichter aus jener Zeit zeigen. Man glaubt oft, in die verhärmten Gesichter kleiner Erwachsener zu blicken.
Die Fotos legen Zeugnis davon ab, dass diese Kinder in harten, entbehrungsreichen Zeiten aufwuchsen.
Peter Roseggers Jugend
Nach dem Besuch der Waldschule machte ich mich nachdenklich auf den Weg
Die Luft ist eiskalt, so dass mein Atem in der Luft zu kleinen Wölkchen kondensiert. Die Sonne steht bereits tief im Westen, als ich den steilen Waldweg, der sich in regelmäßigen Spitzkehren den Berg hinaufwindet, beschreite.
Die Luft trägt mir den Duft von Baumharz zu. Er stammt von den geschlagenen Baumstämmen, welche Holzrücker in den Spitzkehren am Wegrand ordentlich aufgestapelt haben.
Der "Kluppeneggerhof" ist jetzt, Anfang Januar, nicht für Besichtigungen geöffnet. Infolgedessen begegnet mir auch kaum eine Menschenseele auf meiner Wanderung:
Nur ein oder zweimal kommen mir andere Wanderer auf ihrem Weg ins Tal entgegen.
Im Wald herrscht tiefe Stille und nur der Schnee knirscht leise unter meinen Schritten. Eine gute halbe Stunde bin ich stramm bergan marschiert, als links von mir ein Bauerngehöft durch die Waldbäume hindurch sichtbar wird. Ich nehme die letzte Kehre des Weges, der mich auf die Bergkuppe führt.
Nun liegt der "Kluppeneggerhof", das Geburtshaus Roseggers mit Wohnhaus, Stallungen und Geräteschuppen, direkt an den Hang gebaut, einsam und schweigend unterhalb des Weges.
Ich bin vollkommen allein hier. Niemand sonst ist da.
Der Schnee liegt hier oben gut knöchelhoch und es geht ein kalter Wind. Die Sonne berührt bereits nahezu die Berggipfeln zu, als ich
durch den Schnee den Hang langsam abwärts zum Hof gehe, wobei ich ein halb offenstehendes Holzgatter in der Umzäunung passiere.
Schließlich stehe ich am Eingang zum Wohnhaus und ein seltsames Gefühl beschleicht mich.
Es ist so, als wäre hier oben die Zeit stehen geblieben und fast erwartet man, dass sich in jedem Moment die verwitterte, aus massiven Bohlen grob gezimmerte Haustüre öffnet und der Waldbauernbub heraustritt, um sich auf den mehrstündigen Weg zu machen, "Christtagsfreude" zu holen.
Das Haus und die dazugehörigen Wirtschaftsgebäude und Stallungen sind im steirischen Stil aus groben, dunklen Balken gezimmert. Die winzigen Fensterscheiben rundherum lassen nur wenig Licht ins Innere fallen. Das Dach ist gedeckt mit verwitterten Holzschindeln und an der talwärts gewandten Giebelseite gibt es einen hölzernen Balkon.
Durch die kleinen Fenster erhasche ich einen eingeschränkten Blick in die im Halbdunkel liegende "Große Stube". Man erkennt einen hölzernen Tisch mit grob gezimmerten Bänken, blank gescheuerte Holzdielen, ein Spinnrad und weiteres, spärliches Mobiliar. Es soll sich, so lese ich später im Internet, hierbei um das Originalmobiliar der ehemaligen Bergbauernfamilie Roßegger, handeln (Peter Roßegger änderte seinen Namen später in Rosegger, um Verwechslungen mit gleichnamigen Personen auszuschließen). Ich gehe einmal rund um das Haus und versuche mir vorzustellen, wie das Leben um 1850 hier wohl gewesen ist. Die Stallungen neben dem Wohngebäude sind zugänglich, die Stalltüren unverschlossen. Drinnen stehen teilweise Futterraufen und ich versuche mir vorzustellen, wie die Roseggerkinder im Sommer bei ihren vier Ziegen in deren heugefüllten "Futterbarren" nächtigten und Peter, der Älteste unter ihnen, die Geschwister mit seinen Geschichten unterhielt. Nachlesen kann man diese Episode in der Geschichte "Dreihundertvierundsechzig und eine Nacht". Die Sonne nähert sich bereits dem Horizont, als ich mich nachdenklich auf den Rückweg mache. Gern hätte ich noch mehr Zeit hier oben verbracht. Und eines ist sicher: Ich komme wieder, aber dann im Sommer, wenn hier oben die Wiesenblumen blühen!
Die Verse Roseggers sind zeitlos
Das von mir vorgestellte Buch ist seinerzeit im Bertelsmann Buchclub erschienen, den es bekanntlich ja nicht mehr gibt, und so ist es heute allenfalls noch im Antiquariat erhältlich. Ich habe daher am Schluss dieses Beitrages zwei Hörbuchausgaben und ein gedrucktes Buch neueren Datum aufgeführt und mit entsprechenden Links versehen, über die man direkt zu den Produkten gelangt. Die Geschichten aus Roseggers Waldheimat sind durchweg originell und anrührend. Sie schildern kleine Episoden aus Roseggers Kindheit und Jugend und lassen erahnen, wie beschwerlich und hart das Leben einer einfachen Bergbauernfamilie in der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts gewesen sein muss. Die Geschichte "Als ich Christtagsfreude holen ging" isteine der bekannteren aus dieserSammlung, und ich lege sie den Lesern besonders an´s Herz.
Der Satz:
"Wie war ich so reich damals, als ich arm war!" charakterisiert Peter Rosegger als einen Mann, der zeitlebens, auch als er bereits wohlhabend war, von diesen Kindheitserinnerungen gezehrt hat, die ihn für das Leben geprägt haben.
Als ich um Hasenöl geschickt wurde
Die Geschichten Peter Roseggers über sein Kindheit in der Waldheimat sind in vielen Ausgaben im Buchhandel und auch im Antiquariat erhältlich. Beispielhaft sind unten zwei Ausgaben aufgeführt:
'Volksstück mit Gesang in vier Akten' lautet die genauere
Bezeichnung, und entstanden ist es um 1870. Kein modernes Stück also,
und doch gehört es zu den bekannteren Werken des Österreichers Ludwig
Anzengruber, das immerhin zweimal verfilmt wurde (1937 und 1955).
Im
Mittelpunkt des Geschehens steht Pfarrer Hell - sein Gegenspieler, der
Graf von Finsterberg, tritt nur in der ersten und letzten Szene auf,
spielt jedoch letztlich eine bedeutsame Rolle. Der feudal-klerikale Graf
und der josephinisch freisinnige Pfarrer (der Josephinismus war eine
wichtige Basis für die Katholische Aufklärung) stellen zwei Gegenpole
dar, deren ganze Ausprägung allerdings erst am Ende des Stückes deutlich
wird.
Pfarrer Hell ist in seiner kleinen Gemeinde sehr
angesehen und geachtet. Die Wirtshausschlägereien haben nachgelassen,
seit er nach Kirchfeld versetzt wurde, der Alkoholkonsum unter der Woche
ebenso, und er selbst ist über jeden Zweifel erhaben. Als er von einem
alten Kollegen gebeten wird, die junge Waise Anna in seinen Haushalt
aufzunehmen und sie seiner Haushälterin Brigitte zur Seite zu stellen,
ahnt er nicht, dass sich dadurch alles verändern wird: Pfarrer Hell
verliebt sich in Anna, und auch wenn er sich sehr zusammenreißt, bleiben
das Gerede und die Gerüchte nicht aus.
Die Bigotterie ist in
diesem Volksstück ebenso Thema wie hier 'von gemischter Konfession, von
gemischter Ehe und von einer aufdämmernden Notwendigkeit der Priesterehe
die Rede ist'. Themen also, die wenigstens z.T. bis heute nicht ad acta
gelegt worden sind, und bei denen man sich bildhaft vorstellen kann,
für welche Aufregung sie in einem kleinen Bergdorf der damaligen Zeit
sorgen konnten.
Die Sprache des Stückes war für mich
gewöhnungsbedürftig - nicht allein aufgrund der Altertümlichkeit des
Stils, sondern v.a. auch deshalb, weil das Volksstück tatsächlich im
breitesten Dialekt geschrieben wurde. Da ich dialektfrei aufwuchs, fiel
mir das reine Sprachverständnis schon nicht immer leicht, auch wenn der
Sinn sich aus dem Zusammenhang ergeben mochte.
"Dös
hab' ich auch 'glaubt - das hab' ich auch g'sagt, aber dö Letfeigen
hab'n ja nit auf mich g'hört - und da hab' ich in sie 'neing'schrien -
da sein dö grob word'n - ich net höflich - dö hau'n her - ich hau'
z'ruck - und so hab' ich mein Teil kriegt."
Sehr
gefallen haben mir dabei meist die eingefügten Lieder, deren Texte
oftmals frech-frivol sind und die die oft eher düstere und
melancholische Stimmung des Stückes selbst unerwartet auflockern. Die
Liedertexte stammen zwar nicht aus der Feder Anzengrubers, doch da das
Stück stets mit Gesang aufgeführt wurde, entschloss man sich
schließlich, die Lieder im Buch auch mit abzudrucken.
Interessant
fand ich auch im Anhang die zeitgenössische Theaterkritik eines
Heinrich Laube aus dem Jahre 1870, der sich sowohl zum Stück selbst als
auch zu der Art der Aufführung äußerte.
Die 159 Seiten meiner
ererbten (und vergriffenen) Ausgabe des Textes waren letztlich rasch gelesen und zeigen,
dass sich ein Blick in die Vergangenheit immer einmal lohnt.
Anzengruber wurde am 29.11.1839 in Wien geboren, er stammte aus
oberösterreichischem Bauerngeschlecht. Zuerst besuchte er die
Realschule, er mußte sie aber wegen Geldmangels vorzeitig verlassen.
Dann begann er eine Buchhandelslehre. Von 1860-1868 war Anzengruber
Schauspieler bei verschiedenen Wandergruppen, mit denen er die
Provinztheater bereiste. Sein Stück "Der Pfarrer von Kirchfeld" machte
ihn berühmt. Später war Anzengruber Theaterdichter am "Theater an der
Wien" und danach am Volkstheater. Er starb am 10.12.1889 in Wien.
Lana und ihre beste Freundin Kitty wagen
das große Abenteuer und verlassen ihre Heimat England, um auf Weltreise
zu gehen. Unterwegs treffen sie auf eine Gruppe junger Backpacker, die
mit ihrer Jacht von den Philippinen nach Neuseeland segelt. Schnell
werden die beiden Mädchen Teil der Crew, und es beginnt eine aufregende
Zeit vor der traumhaften Kulisse der Südsee. Als plötzlich ein
Crewmitglied mitten auf dem Ozean spurlos verschwindet, merken die
Freundinnen jedoch, dass an Bord nichts ist, wie es scheint. Nach und
nach kommen die Gründe ans Licht, weshalb ihre Mitreisenden die Fahrt
wirklich angetreten haben ...
Verlag: audio media verlag; Auflage: 1 (1. Juni 2016)
Sprache: Deutsch
Übersetzung: Claudia Franz
Erzählerin: Ilena Gwisdalla
ISBN-10: 3956390679
ISBN-13: 978-3956390678
MITTEN IM OZEAN IN EINER MONDLOSEN NACHT...
Die Ereignisse werden aus der Sicht der jungen Malerin Lana geschildert.
Dabei wechselt die zeitliche Ebene immer wieder zwischen der
Vergangenheit und der Gegenwart, wobei diese Verzahnung der Zeitebenen
einen gelungenen Schachzug darstellt. Fragezeichen entstehen sowohl im
'Damals' als auch im 'Jetzt', denn zu Beginn der Erzählung ahnt der
Hörer in keinster Weise, worum es hier eigentlich geht. Scheibchen für
Scheibchen erfährt er mehr über die Hintergründe, und doch gibt es immer
wieder überraschende Wendungen, die die Geschehnisse in einem ganz
anderen Licht erscheinen lassen.
Im 'Damals' segelt Lana mit
ihrer besten Freundin Kitty und einigen anderen jungen Männern und
Frauen mit der Yacht 'The Blue' in der Südsee von Insel zu Insel, und
sie genießt das Leben in vollen Zügen: Sonne, Meer und Freiheit, solange
das Geld reicht. Entscheidungen an Bord werden demokratisch gefällt,
anfallende Arbeiten werden gerecht aufgeteilt, und eigentlich herrschen
hier paradiesische Zustände. Und doch fällt ein tiefer Schatten auf das
Paradies, als eines Tages eines der Crewmitglieder spurlos verschwindet,
mitten auf dem Ozean. Lana ist entsetzt über das Verschwinden, noch
entsetzter allerdings über die Reaktion der übrigen Mitreisenden. Sie
wollen das Fehlen des Crewmitglieds den Behörden gegenüber verschweigen.
Was ist da wirklich geschehen - und wer hat da etwas zu verbergen? Das
Misstrauen wächst, und Lana muss eine Entscheidung treffen...
Im
'Jetzt' befindet sich Lana in Neuseeland und wartet auf die Ankunft der
Yacht 'The Blue', als sie im Radio die Nachricht hört, dass diese vor
der Küste gesunken sein soll. Was ist geschehen? Und was ist mit der
Besatzung? Ist Kitty noch am Leben - und was ist mit den anderen? Lana
steht große Ängste aus und verfolgt die dramatische Suche nach den
Vermissten. Dabei wird sie von ihren Erinnerungen an ihre eigene Reise
mit der Segelyacht und den anderen Bordmitgliedern eingeholt, und
zunehmend nähert sich so die Vergangenheit der Gegenwart an.
Einiges
war etwas vorhersehbar, manche Passagen empfand ich auch als langatmig.
Doch insgesamt ist dies ein Roman, wo die latente Spannung meistens
präsent ist und die überraschenden Wendungen zwischendurch für neuen
Schwung sorgen. Die Charaktere offenbaren sich hier nur in dem Maße, wie
sie sich Lana gegenüber geöffnet haben - und da ist beileibe nicht
alles so, wie es sich zu Beginn präsentiert. Selbst der Epilog hält noch
eine Überraschung bereit, die mir fast noch die Tränen in die Augen
trieb.
Interessant und passend vorgetragen wird das Hörbuch durch llena
Gwisdalla. Die vorherrschende Stimmung unterstreicht die Sprecherin
durch eine jeweils adäquate Betonung, und insgesamt habe ich dem Vortrag
der 422 Minuten dauernden Lesung gerne gelauscht.
Der Piper Verlag (dort erschien die Printausgabe des Buches) schreibt über die Autorin:
Lucy Clarke studierte Englische Literatur an der Universität von
Cardiff, bevor sie sich ganz ihrer Karriere als Schriftstellerin
widmete. Ihre Romane erobern auf der ganzen Welt die Bestsellerlisten.
Sie ist passionierte Tagebuchschreiberin und mit einem professionellen
Windsurfer verheiratet, mit dem sie zwei Kinder hat und die Liebe zum
Meer teilt. Den Sommer verbringen sie an der Südküste Englands, den
Winter in fernen, exotischen Ländern.
Ein junges Paar, erschöpft vom Lärmen der Großstadt, bezieht ein
Gartenhaus außerhalb Tokyos. Als eines Tages ein kleines Kätzchen
auftaucht, unterbricht es die beschauliche Stille des weitläufigen
Gartens. Es dauert nicht lange, bis sie es dabei beobachten, wie es sich
inmitten der Blumenbeete im Schatten der Bäume räkelt, mit
Schmetterlingen und Libellen herumtollt und durch das Unterholz streift.
Mehr und mehr öffnen sich die beiden dem unverhofften Gast, und
bemerken dabei kaum, was die Katze tatsächlich für ihr Leben bedeutet –
bis sie eines Tages verschwindet.
Mit Der Gast im Garten hat der japanische Lyriker und Lektor
Takashi Hiraide hat eine autobiographische Erzählung vorgelegt, für die
die Gattungsbezeichnung 'Roman' in meinen Augen zu hoch gegriffen ist.
Episodisch gestaltet, strahlt der Text eine große poetische Ruhe aus.
"Wenn
Chibi sich müde gespielt hatte, kam sie ins Haus, um sich auszuruhen.
Das erste Mal, als sie zusammengerollt auf dem Sofa einschlief, hielt
eine tiefe Freude Einzug, als habe das Haus selbst sich diese Szene
erträumt."
Auf 135 Seiten lässt der Autor den
Leser teilhaben an der Begegnung mit Chibi, der kleinen weißen Katze,
die bei ihm und seiner Frau schließlich ein- und ausgeht, sich jedoch
nicht streicheln oder hochnehmen lässt. Es ist, als ziehe mit Chibi die
Seele ins Haus und in den Garten, die alles erst lebendig erscheinen
und auch seine Bewohner aufleben lässt. Neben der wachsende Zuneigung zu
der Katze erfährt der Leser so auch wie nebenher viel über das Leben
und die Wesensart der Japaner. Für mich war dies auch ein interessanter
Einblick in eine fremde Kultur.
Takashi Hiraide nimmt sich viel
Zeit auch für unscheinbare Dinge, was die Zartheit der Erzählung
unterstreicht. Als störend empfand ich dabei allerdings manche
ausschweifende Erläuterungen zu Nebensächlichkeiten, wie z.B. ein
seitenlanger Exkurs über die Triangulation - eine Methode, mit der
Menschen früher Flächen und Höhen vermessen haben. Auch empfand ich die
Aneinanderreihung der Episoden an manchen Stellen als deutlich
sprunghaft, was den Fluss der zarten Erzählung für mich störend
unterbrach.
Das schmale Buch über das flüchtige Glück des
Daseins erscheint als Hardcover-Ausgabe in einer außergewöhnlich
hübschen Aufmachung. Die Bilder von Quint Buchholz illustrieren die
geschilderten Szenen vortrefflich und spiegeln deren klare Poesie. Für
mich eine überaus gelungene Kombination.
Ein nettes Büchlein, das
sicher auch als Geschenk für alle diejenigen geeignet ist, die im Leben
zwischendurch immer gerne einmal innehalten mögen. Und für
Katzenliebhaber sowieso...
Takashi Hiraide, geboren 1950 in Japan, arbeitete als Verlagslektor,
bevor er sich dem Schreiben widmete. Er hat zahlreiche Gedichtbände und
Essays veröffentlicht und unterrichtet an der Kunsthochschule Tama. Der Gast im Garten ist sein erster Roman.
Die Prophezeiungen des Nostradamus sind auch heute noch kryptisch. Kein
Wunder – hatte Nostradamus sie damals doch selbst gestohlen und die
Zeilen nie ganz verstanden ... Als John Finch ein Notizbuch mit
verschlüsselten Texten und der Fotografie eines Gemäldes in die Hände
fällt, ahnt er nicht, dass es ihn auf die Spur genau dieser
Prophezeiungen führt. Und damit zu einem Geheimnis, das so spektakulär
und atemberaubend ist, dass John sich bald auf einer gefährlichen
Verfolgungsjagd quer durch Afrika und Europa befindet. Denn die
Prophezeiungen sind gar keine Voraussagen, sondern eine Schatzkarte zu
einem der legendärsten Schätze der Geschichte – mitten in Europa ...
Verlag: Bastei Lübbe (Bastei Lübbe Taschenbuch) (14. Oktober 2016)
Sprache: Deutsch
ISBN-10: 3404174259
ISBN-13: 978-3404174256
Vom Hersteller empfohlenes Alter: Ab 16 Jahren
Reihe: John Finch (Band 3)
FILMREIF!
Der Rosinenbomber - eine Douglas DC-3
ENDLICH! kann man den dritten Band um den Abenteurer John Finch lesen,
der trotz seines fortgeschrittenen Alters einfach nicht sesshaft werden
will. Hier ergreift er gleich die Gelegenheit beim Schopf, als ihm zu
Ohren kommt, dass eine Douglas DC-3 zum Verkauf steht, der legendäre
Rosinenbomber, ein Flugzeug, mit dem mit die West-Alliierten seinerzeit
die Blockade Berlins durch die Sowjetunion durchbrachen. John Finch ist
begeistert, denn als passionierter Pilot für alle Lebenslagen fliegt er
am liebsten Oldtimer. Dass er das Flugzeug von einem verlassenen
Flughafen in der libyschen Wüste abholen muss, stört Finch nicht weiter,
denn schließlich ist er ja ein Weltenbummler - und da seine langjährige
Kollegin Amber mit von der Partie ist, sollte das alles auch gar kein
Problem sein. Dumm nur, dass die beiden nach dem Start feststellen
müssen, dass sich blinde Passagiere an Bord geschlichten haben. Und
keine harmlosen, wie nur zu bald klar wird. Uuuuund schon geht die
Achterbahnfahrt los, und Finch stürzt unversehens wieder in ein neues
Abenteuer - ein geheimnisvolles Notizbuch wird zum Gegenstand der Jagd
quer durch Europa.
"Es sieht so aus, als hättet
ihr mit euren Recherchen in Rom etwas ausgelöst, als hätten alle nur auf
einen Startschuss gewartet, um aktiv zu werden, und ihr habt ihn
abgefeuert." (S. 218)
Alte Bekannte wie Major
Llewwelyn, der ehemalige britische Geheimdienstchef Peter Compton oder
auch Sparrow, der Papagei, sind natürlich wieder mit von der Partie, doch
wer schon einmal ein Buch von Gerd Schilddorfer gelesen hat, der weiß:
es erwarten einen eine Vielzahl an Handlungssträngen, Zeitebenen,
historischen und gegenwärtigen Ereignissen, Organisationen, Orte und
Personen, dazu ein paar mysteriöse Stichworte wie 'Nostradamus' oder
'Templer'. Dabei kocht jedes Grüppchen sein eigenes Süppchen - und
keiner weiß, welches Spiel der andere wirklich spielt. Ich gebe zu, zu
Beginn der Lektüre leichte Anzeichen von Verwirrung verspürt zu haben,
die ich mit Hilfe von Notizblock und Bleistift zu sortieren versuchte.
Doch irgendwann warf ich einfach alles hin und vertraute auf die
Geschichte. Denn alles, was anfangs scheinbar vollkommen zusammenhanglos
erscheint, wird letztlich logisch zusammengeführt. Darauf kann man sich
bei Gerd Schilddorfer verlassen.
"Wenn Nostradamus gewusst hätte, was er in Händen hielt, dann hätte er es niemals veröffentlicht. Ganz im Gegenteil."
Dabei
macht es der Autor dem Leser nicht leicht. 9 Prologe, 10 Kapitel und 3
Epiloge hat die Geschichte, ständig werden die Erzählebenen gewechselt,
und vieles löst sich tatsächlich erst ganz am Schluss auf. Über lange
Strecken halten die Fragezeichen vor, wie diese ganzen Puzzlesteine
überhaupt zueinander passen können. Doch die gesamte Struktur des Romans
ist einfach genial konstruiert, so dass letztlich kaum eine Frage offen
bleibt. Spannung und Wissenswertes halten sich hier wieder die Waage -
denn wie immer nutzt Gerd Schilddorfer reale historische und örtliche
Gegebenheiten und schreibt seine Geschichte 'einfach' drumherum. Das
macht das ganze letztlich so authentisch und verführt nebenher dazu, zu
manchen Hintergründen auch im Internet weiter zu recherchieren. Dümmer
wird man bei der Lektüre jedenfalls nicht! Und auch der Humor kommt hier
nicht zu kurz - manche Szenen sind hier echt zum Schießen...
"Stellen
Sie sich ein Schachbrett voller Hinweise vor. Die richtigen Sprünge mit
dem Reiter bringen Sie weiter, die falschen führen in die Sackgasse und
unweigerlich zum Schachmatt." (S. 285)
Für
mich war dieses Abenteuer wieder einmal filmreif. Bildhafte
Schilderungen, ein flüssiger Schreibstil und fiese Cliffhanger locken
dazu, immer weiter zu lesen. Dabei ist keine der 800 Seiten des
Thrillers überflüssig - bis hin zu den Epilogen ist jede Zeile wichtig,
um letztlich alles zu verstehen. Und auch wenn ich mit solchen 'dicken
Schinken' gewöhnlich so meine Probleme habe - hier herrschte am Ende das
Gefühl vor: oooh, schon vorbei.
Doch im Herbst 2017 soll schon Band vier um John Finch herauskommen, und eines ist gewiss: ich bin wieder mit dabei!
Gerd Schilddorfer wurde 1953 in Wien geboren. Als Journalist arbeitete
er bei der Austria Presse Agentur und danach als Chefreporter für
verschiedene TV-Dokumentationsreihen (Österreich I, Österreich II, Die Welt und wir).
In den letzten Jahren hat er zahlreiche Thriller und Sachbücher
veröffentlicht. Gerd Schilddorfer lebt und arbeitet in Wien und
Stralsund, wenn er nicht gerade auf Reisen für sein neues Buch ist.