Dienstag, 30. September 2014

Trouillot, Lyonel: Die schöne Menschenliebe


In seinem Taxi bringt Thomas die junge Anaïse in ein kleines Fischerdorf, das in einem entlegenen Winkel von Haiti liegt. Anaïse ist aus Europa angereist, um einem Familiengeheimnis nachzugehen, das sich wie ein dunkler Schatten über ihrem Leben ausbreitet und dessen Ursprung in jenem Dorf liegt, aus dem auch Thomas stammt. Vor vielen Jahren hat sich dort ein tragisches Unglück ereignet. Der erfolgreiche Geschäftsmann Robert Montès – Anaïse' Großvater – und der ehemalige Polizeichef Pierre André Pierre sind nach einem nächtlichen Brand, der ihre benachbarten Häuser in Schutt und Asche gelegt hat, spurlos verschwunden. Sind die beiden einer Racheaktion zum Opfer gefallen? Oder haben sie selbst das Feuer gelegt, um ihre vermeintlichen Verbrechen zu vertuschen? Thomas warnt Anaïse, dass ihre Nachforschungen zwangsläufig ins Leere laufen werden. Denn er weiß, dass an diesem magischen Ort die Wahrheit allen gehört und niemand seinem Schicksal entfliehen kann.



  • Gebundene Ausgabe: 192 Seiten
  • Verlag: Liebeskind; Auflage: 1., Deutsche Erstausgabe (25. August 2014)
  • Sprache: Deutsch
  • Übersetzung: Barbara Heber-Schärer und Claudia Steinitz
  • ISBN-10: 3954380323
  • ISBN-13: 978-3954380329
  • Originaltitel: La belle amour










 EINE ODE AUF DIE MENSCHLICHKEIT...


Anse-à-Foleur, Haiti

 "Was ist denn so schlimm daran, wenn ich hierherkomme, um herauszufinden, was er gesagt, wovon er geträumt haben könnte? (...) Ich bin gekommen, um das Herz eines unglücklich geborenen jungen Mannes schlagen zu hören, der keinen Ort für sich hatte. Eines Jungen, der viele Annehmlichkeiten aufgegeben hat, um hier zum Leben zu erwachen und dann in ein ungewisses Anderswo zu gehen." (S. 152 f. und S. 171)


Dies sagt Anaïse, deren Vater starb, als sie 3 Jahre alt war. Sie weiß nicht viel über ihren Vater, auch nicht woran er starb, und kaum etwas darüber, woher er kam. Einzig der Name Anse-à-Foleur bietet ihr einen Anhaltspunkt - und der Name ihres Großvaters: Robert Montès.
Der seinerzeit sehr erfolgreiche Geschäftsmann Robert Montès hatte sich
in dem kleinen Dorf am Meer ein Ferienhäuschen errichten lassen, identisch mit und gleich neben dem seines besten Freundes, dem Oberst Pierre André Pierre. In einer friedvollen, lauen Nacht vor 20 Jahren brannten unbemerkt die beiden Häuser ab, der Oberst und der Geschäftsmann verschwanden spurlos.

Natürlich wurden Ermittlungen angestellt - aus der Hauptstadt wurde jemand entsandt, der als der beste Spürhund im Polizeidienst galt. Zwei hochangesehene Männer aus den höchsten Gesellschaftskreisen waren verschwunden, der Minister persönlich sah sich zum Handeln genötigt. Doch die Ermittlungen verliefen anders als erwartet...


"Der Ermittler war mit Fragen, einem Auftrag und dem notwendigen Know-how zu uns gekommen, um Schuldige zu entlarven. Weggefahren ist er mit seinem Kündigungsschreiben in der Tasche und dem Namen für seine Bar: 'L'Anse-à-Foleur'."


Spätestens jetzt wird deutlich, dass es sich bei diesem Buch in keinem Fall um einen Krimi oder Thriller handelt. Den größten Teil der Erzählung macht die Fahrt in das kleine Küstendorf aus - Thomas, der auch in Anse-à-Foleur verwurzelt ist, bringt
Anaïse mit ihren Fragen in seinem Taxi zu ihrem Ziel. Und redet dabei ohne Unterlass. So viel, dass Anaïse zwischendurch sogar einschläft, aber der Leser erfährt dabei einiges über Land und Leute, den Geschäftsmann und den Oberst - und die Menschenliebe.
Schnell wird deutlich, dass es keine Sympathieträger sind, die da einem mutmaßlichen Verbrechen zum Opfer gefallen sind: Robert Montès, der kalt lächelnde Geschäftsmann und Pierre André Pierre, der skrupellose Oberst. Zu keinem Zeitpunkt haben die beiden die Freundschaft des Dorfes gesucht, sie waren mit sich selbst zufrieden. Und alleine die Tatsache, dass die beiden miteinander befreundet waren, mutet schon erstaunlich an.


"Nichts außer der Grausamkeit konnte die Freundschaft erklären, die Oberst Pierre André Pierre und den Geschäftsmann Robert Montès bis in den Tod verband." (S. 93)


Ein mutmaßliches Verbrechen, das nie aufgeklärt wurde, die Fragen, die auf das Schweigen des Dorfes treffen - Thomas macht auch
Anaïse keine Hoffnung, dass sie die Antworten erhalten wird, nach denen sie vielleicht sucht. Jeder, der den Fall aufklären wollte, kehrte unverrichteter Dinge zurück, aber bereichert um eine besondere Erfahrung.


"Was ändert es, ob ich dir Lügen oder die Wahrheit über ihren Tod erzähle? Kann es ein Verbrechen sein, Glück zu schaffen?" (S. 146)


Dies ist ein wahrlich außergewöhnliches Buch. Allein die Art des Erzählens - es geschieht so gut
François "Papa Doc" Duvalier (1909-1971)
wie nichts, außer am Ende. Aber der Weg ist das Ziel, so sagt man doch so schön, und hier ist es wirklich so. Die Fahrt aus der lauten, heruntergekommenen Hauptstadt Haitis Port-au-Prince
mit ihren großen Armenvierteln in das Küstendorf Anse-à-Foleur hat zugleich etwas Symbolisches: eine Reise durch die Geschichte Haitis, eine Reise in die Vergangenheit, eine Reise zu sich selbst.
Bruchstückhaft erhält
Anaïse gemeinsam mit dem Leser eine Flut an Informationen, und nach und nach präsentiert sich ein kompaktes Bild über die Zustände in Haiti, die Kontraste der Lebenswelten, Anspielungen auf historische Größen wie den langjährigen Diktator 'Papa Doc' - die Parallelen zu den beiden Opfern des mutmaßlichen Verbrechens drängen sich geradezu auf - die Überflutung durch den Tourismus --- und das entlegene Fischerdorf Anse-à-Fouleur, das geradezu wie ein Sehnsuchtsort erscheint.


"Es gibt Städte, die lächeln, und solche, die finster dreinschauen. Solche, die grell angemalt sind wie ein Straßenmädchen, das sich jeden Abend verkleiden muss, um in den Kampf zu ziehen. Und andere, die nichts zeigen, nichts verkaufen, weder angeben noch sich zur Schau stellen, sondern unbefangen lächeln, wenn jemand zu Besuch kommt. So ist meine Stadt am Meer. " (S. 20)


Der Schreibstil ist angenehm, oft poetisch - und wechselt zwischen langen, verschachtelten aber verständlichen Sätzen und sehr kurzen Sätzen. Der Eindruck, dass Thomas, der Taxifahrer, der Reiseführer, der Geschichtenerzähler, der Glückshelfer, ohne Punkt und Komma redet, wird noch dadurch verstärkt, dass in den meist vier- oder fünfseitigen Abschnitten keine weitere Untergliederung stattfindet, kein Absatz, keine Lücke im Text, alles ein Fluss.

Erst gegen Ende lässt Lyonel Trouillot auch
Anaïse zu Wort kommen, einige Seiten lang, und durch ihre Augen erlebt man das Dorf als Fremde. Auch 'Die schöne Menschenliebe' erhält noch das Wort, und hier erfährt der Leser das Besondere, den Zauber, den das Dorf ausmacht. Und die Einsicht, dass es Verbrechen gibt, bei denen die Moral über der Notwendigkeit zu stehen scheint, sie tatsächlich aufzuklären...


"Jeder Mensch sollte der Glückshelfer eines anderen Menschen sein." (S. 32)


Ein beeindruckendes Werk, das sich trotz des nicht allzu großen Umfangs nicht einfach runterlesen lässt. Dazu ein Cover, das fast nebulös und dadurch geheimnisvoll wirkend einen Blick auf das Fischerdorf Anse-à-Foleur gewährt. Für mich ein rundum stimmiger Roman, der auch nach dem Lesen noch nachhallt.

Ich danke dem Liebeskind-Verlag ganz herzlich für die Überlassung des Rezensionsexemplars und die Möglichkeit, diese kleine Perle für mich zu entdecken.

© Parden








Lyonel Trouillot
Lyonel Trouillot
 Lyonel Trouillot, 1956 in Port-au-Prince geboren, zählt zu den wichtigsten Autoren Haitis. Anfang der achtziger Jahre verließ er sein Heimatland und ging ins Exil in die USA. Nach seiner Rückkehr engagierte er sich als Autor für die Demokratiebewegung in seinem Land. Sein Debütroman »Straße der verlorenen Schritte« erschien 1998 in Frankreich, seitdem hat er sechs Romane veröffentlicht, darunter »La belle amour humaine«, der für den renommierten Prix Goncourt nominiert wurde. Lyonel Trouillot lehrt Kreolische und Französische Literatur in Port-au-Prince.



 ► Quelle Text und Bild

  

Montag, 29. September 2014

Der Clown



Bleistift-/Aquarellstift
Zeichnung: © TinSoldier

Der Clown

Als Kind, da hat er schon getanzt auf dem Seil
Hoppla hopp, hoppla hopp, hoppla hopp
Er ist auf dem Pony geritten, wie ein Pfeil
Hoppla hopp, hoppla hopp, hoppla hopp 

Er wollte alle Menschen immer lachen machen
und machte er selber auch ein trauriges Gesicht
er konnte auch die komischsten Sachen machen 
aber selber gelacht hat er nicht 

Der Clown, der Clown
war immer lustig anzuschau'n
doch keinen liess der Clown, der Clown 
in sein Herz hineinschau'n 

Dann trieb ihn das Leben hinaus in die Welt
Hoppla hopp, hoppla hopp, hoppla hopp
Sein zu Haus', seine Heimat, das war das Zirkuszelt 
Hoppla hopp, hoppla hopp, hoppla hopp 

Er stand im Scheinwerferlicht, und das Publikum lachte
er lebte von Flitter, von Glanz und Applaus
doch je schneller er die große Karriere machte 
umso einsamer sah es in ihm aus 

Der Clown, der Clown
war immer lustig anzuschau'n
doch keinen liess der Clown, der Clown 
in sein Herz hineinschau'n 

Er wurde alt und dann ging's nicht mehr so
Hoppla hopp, hoppla hopp, hoppla hopp
Seine Füße wurden kalt, und er fror im Trikot 
Hoppla hopp, hoppla hopp, hoppla hopp 

Und hinter ihm liegt nun ein langes Leben
bald wird sie verstummt sein, die Zirkusmelodie
er hat Millionen das Lachen gegeben 
aber selber gelacht hat er nie 

Der Clown, der Clown
war immer lustig anzuschau'n
doch keinen liess der Clown, der Clown 
in sein Herz hineinschau'n 





Sonntag, 28. September 2014

Di Fulvio, Luca: Der Junge, der Träume schenkte

Diese Rezension ist eine der letzten gewesen, welche ich auf buchgesichter.de veröffentlicht habe. Nun soll sie endlich auch hier erscheinen, natürlich ein wenig ausführlicher.

* * *

HOCH DIE LAPPEN! Und GUTEN ABEND NEW YORK!

Doch bis es soweit ist, braucht es Geduld.

Im Jahr 1909 kommt eine junge Italienerin aus Einwanderin nach New York. Sie hat ihren kleinen Jungen bei. Der bekommt erst mal einen "Niggernamen" bei der Einreise. Den NATALE heißt CHRISTMAS. Christmas Luminita. Er ist das Produkt einer Vergewaltigung.

Samstag, 27. September 2014

Ken Folletts TRILOGIE DES 20. JAHRHUNDERTS... Teil II

Eine Rezension in Fortsetzungen oder die Geschichte einer Rezension.

Teil II: WINTER DER WELT


Je weiter ich mit der Lektüre des Buches KINDER DER FREIHEIT voran schreite, desto begeisterter bin ich von der Romantrilogie. Das heist nicht, dass da nicht Kritisches anzumerken wäre, aber das tut dem Werk letztlich nicht weh, zumal man ja anerkennen muss, dass der Autor ja auch seine Auffassung von der Geschichte darstellt. Ich habe schon im ersten Teil gestern bemerkt, dass ich STURZ DER TITANEN und ► WINTER DER WELT noch einmal lesen muss. Hier allerdings möchte ich erst einmal zeigen, was ich am 12. Dezember 2012 in buchgesichter.de über den zweiten Teil der Jahrhundertsaga des Briten Ken FOLLETT geschrieben habe.




* * *

Während STURZ DER TITANEN zum Rätselraten einlud, gibt es bei diesem Titel keine Fragen, denn ohne Zweifel gab es in der Mitte des 20. Jahrhunderts den WINTER DER WELT.
Es ist nicht einfach, den Roman WINTER DER WELT des bekannten Autoren Ken FOLLETT zu rezensieren. Ich gebe zu, trotz bekannten "unbändigen" Hungers nach historischen Romanen bin ich, auch wenn ich nun schon an diesen Zeilen sitze, ziemlich unschlüssig.

Schauen wir einmal zurück: In STURZ DER TITANEN lernen wir die walisische Bergarbeiterfamilie WULLIAMS, die Familie des Earls FITZHERBERT, die deutsch österreichische Familie von ULLRICH, die russischen Brüder PESHKOV und die amerikanische Familie DEWAR in der Zeit vor Beginn des Großen Krieges (1. WK) bis ungefähr 1920 kennen. Kurz vor Beginn der Herrschaft der Nationalsozialisten setzt die Geschichte wieder ein. Die bekannte und die nächste Generation der genannten Familien stellen die Protagonisten der Fortsetzung. Jetzt geht es um Wolodja PESHKOV, angenommener Sohn des Generals PESHKOV und um seinen Halbbruder GREG in Amerika. GREG wird Außenpolitiker und Wladimir Offizier der Militärgeheimdienstes der Roten Armee. Loyd WILLIAMS, Sohn von Ethel WILLIAMS und EARL FITZHERBERT kämpft im spanischen Bürgerkrieg, wird so Antikommunist und geht ebenfalls in die englische Außenpolitik.
CLARA, die Tochter, des von der GESTAPO umgebrachten Walter von ULRICH, wird Krankenschwester und kämpft gegen die Nazis. Woody DEWAR wird Fallschirmjäger und später Fotoreporter.
Sämtliche Verknüpfungen aufzuzählen, käme einem Lexikon des Romans gleich. An geschichtlichen Ereignissen spielen neben dem zweiten Weltkrieg, der spanische Bürgerkrieg, die Entwicklung der Atombombe, die Nachkriegspolitik einschließlich Marshallplan und Luftbrücke eine Rolle. Familie DEWAR befindet sich zum Beispiel in Pearl Harbor, als die Japaner angreifen. Woody kämpft in der 101. Airborne am D-Day. (Bekannt aus BAND OF BROTHERS - wer es kennt).

 

FOLLETT entpuppt sich echt als Antikommunist. Die sympathische Rolle des Putilow-Arbeiters Grigori PESHKOV, der seine Soldaten in der zaristischen Armee zum Leben statt zum Tode führt und der bolschewistischen Revolution nahe steht verblasst, im Angesicht der stalinschen Verbrechen. Sein Sohn Wladimir (Wolodja) lernt in Berlin einige Angehörige und Bekannte der Familie von ULRICH kennen. Er geht dort zur Schule weil Grigori Militärattache an der sowjetischen Botschaft ist. Bezeichnend für den hier geübten Umgang mit dem Kommunismus, mal unzulässig verallgemeinert, ist die Geschichte des Wilhelm FRUNZE. Genau den lernt Wolodja in Berlin kennen, erhält später von ihm die Baupläne von FAT MAN, der "effizienteren" amerikanischen Atombombe. Der Physiker FRUNZE meint, damit dem Weltfrieden dienen zu können. Greg PESHKOW, Halbbruder von Wolodja und Stütze des Mahatt-Projektleiters Gen. Groves, deckt das, aufgefordert vom FBI, auf. Und nur eine halbe Seite braucht FOLLETT, um Willi FRUNZE und dessen Frau für diesen Landesverrat auf den elektrischen Stuhl zu bringen. (Erinnert er damit an Ethel und Julius Rosenberg?)
Genau das ist mein Problem. Da handelt der Autor, dessen Sympathie erkennbar bei der englischen Labour-Partei liegt, so umfassend interessant und vielseitig "Weltgeschichte" im ersten Roman ab und fällt im zweiten Roman dann so tendenziös ab. Leider. Sind die Ausflüge in die große Außenpolitik und die Anfänge der Vereinten Nationen durchaus interessant, so geht die Objektivität gegenüber der Nachkriegsentwicklung mit der Bildung der Militärblöcke und Osteuropa verloren, meine ich. Das ist schade. FOLLETT hätte mit Ende des Krieges aufhören müssen und den "Rest" in den geplanten dritten Roman aufnehmen sollen. Wo, oder besser wann wird dieser einsetzen?
Der Leser erwartet immer, dass sich die Familienbande kreuzen. Tun sie ja auch. Es ist auch folgerichtig, wenn dies nicht zu umfassend passiert. Manchmal hat man das Gefühl, es wäre zuviel Zufall im Spiel. Seltsam auch, dass die große Außenpolitik die Protagonisten, seien es Arbeiter, Senatoren, Politiker oder Soldaten so zusammenführt.

Trotzdem empfehle ich den immer noch mit Spannung erwarteten dritten Band. Nicht allem was man liest, muss man selbst zustimmen. Ich gebe zu, am meisten interessiert mich, wie es dem Oberst Wladimir PESHKOV nach Stalins Tod ergehen wird. Dem gegenüber verblasst das Schicksal des Loyd WILLIAMS als Staatssekretär im britischen Außenministerium. Gespannt bin ich auch auf den Lebensweg des Woody DEWAR.
Darum wird auch der nächste Band in meinem Bücherschrank landen.

Nun ist sicherlich deutlich geworden, warum das Buch irgendwie problematisch ist? 


* * *

Mit dem dritten Band beginnen sich bestimmte Ansichten zu diesem breit angelegtem Werk zu wandeln. Allerdings bleibt diee der sicherlich in einigen Wochen folgenden Rezenion vorbehalten.

DNB / Bastei Lübbe / Köln 2012 / ISBN: 978-3-7857-2465-1 / 1022 Seiten

© KaratekaDD

Freitag, 26. September 2014

Ken Folletts TRILOGIE DES 20. JAHRHUNDERTS... Teil I

Eine Rezension in Fortsetzungen oder die Geschichte einer Rezension.

Teil I: STURZ DER TITANEN 

Endlich. Es ist soweit. Der dritte Teil von Ken Folletts Jahhundertsaga KINDER DER FREIHEIT ist erschienen. Natürlich muss der in meinem Regal die Reihe komplettieren. Ich bin von beim lesen dieses faszinierenden Romans, der die Zeit von 1961 bis 1989 umfasst, als vom Bau der Mauer in Berlin bis zu ihrem Fall.



Eine Weile habe ich überlegt, ob ich gleich mal von vorn anfange, was ich verworfen habe, obwohl ich das erste Buch STURZ DER TITANEN bestimmt noch einmal lesen muss. Dies gilt genauso für WINTER DER WELT aber dazu komme ich in Teil II dieser Rezensionsreihe.

Beginnen möchte ich mit dem Text der ersten Rezension, die ich am 20. Mai 2011 unter buchgesichter.de veröffentlicht habe:

* * *

Ich hab noch keine richtige Ahnung, welche Titanen Ken FOLLETT hier im Sinn hat. Die Titanen sind die „Eltern“ der griechischen Götter. KRONOS, nach dem die philosophische Kategorie der ZEIT benannt wurde, kommt auch in CHRONOMETER vor, der mit GAIA der Mutter Erde zusammen war, ist der Vater von HADES, ZEUS, POSEIDON, HERA…
Ich kann in den Hauptfiguren des dicken Wälzers von FOLLETT keine TITANEN erkennen. Es sei denn, er meint die Angehörigen der Arbeiterklasse, WILLIAM WILLIAMS und seine ältere Schwester ETHEL WILLIAMS, die aus einer Bergarbeiterfamilie mit streng religiöser Erziehung stammen und am Ende Abgeordnete der Labour-Partei sind. So gegen 1920…

Man könnte auch meinen, dazu könnte GRIGORI PESCHKOW gehören, Arbeiter in den PUTILOW Werken und gegen 1920 enger Mitarbeiter von TROTZKI beim Aufbau der Roten Armee. Ein Revolutionär, der LENIN kennen lernt und am Ende verstehen muss, was DIKATUR DES PROLETARIATS bedeutet. Grigoris jüngerer Bruder LEW hat einen ganz anderen Weg eingeschlagen, in Amerika…

Aber Titanen? Die Familie VON ULRICH, Deutsche und Österreicher, Offiziere und Diplomaten gehören auch nicht unbedingt dazu. Ebenso wenig wie Lord FITZHERBERT, Earl und Besitzer des Grund und Bodens der Kohlemine der oben erwähnten Bergarbeiter in Wales. Beide Familien sind eng mit den jeweiligen Monarchen, König GEORG V. und Kaiser WILHELM II. bekannt. FITZHERBERTS Frau ist auch noch eine russische Fürstin…

Natürlich gibt es die verschiedensten Beziehungen unter den genannten Familien, zu denen sich der Amerikaner GUS DEWAR gesellt.

Die Geschichte beginnt 1914, am Vorabend des I. Weltkrieges. Geschichtsinteressierte werden vermutlich begeistert sein. An Militärgeschichte interessierte Leser noch mehr. Solche wie ich. Trotzdem finde ich, dass das Militärische in diesem Buch nicht so dominierend ist, wie es manchen Leserinnen hier erscheint. Die dahinter stehende Politik, der Konflikt in den sich die europäischen Staaten verstricken, die Ausreden, wer denn nun Schuld sei an diesem Krieg bis hin zum VERSAILLER VERTRAG oder auch wie der VÖLKERBUND entsteht, das ist Inhalt des Buches. Immer eng geknüpft an die oben genannten Figuren, die das Bindeglied darstellen: von der Arbeiterklasse bis zum Adel…

Ken FOLLETT, Brite mit Haut, Herz und Haar hat aber auch einen Roman geschrieben, der sicher nicht jedem das EMPIRE hochhaltenden Landsmann gefällt. Wir kennen das, wenn in England die Zeitungen Grund finden, auf diesen oder jenen Deutschen loszuschlagen. Ich erinnere dabei an die Darstellung eines gewissen Joseph KARDINAL RATZINGERS als Hitlerjunge. Nur so zum Beispiel…

FOLLETT aber traut sich, den VERSAILLER VERTRAG sehr stark zu kritisieren und bringt Verständnis dafür auf, dass dieser den Deutschen nicht gefällt. Er warnt sinngemäß vor den Folgen. Wir wissen, er hatte Recht. Manchen seiner Landsleute hält er den Spiegel vor, meine ich. Auch wenn ich die Diskussionen um die Kriegsziele etwas seltsam finde. Vermutlich war es aber auch FOLLETTS Absicht, die wahren Kriegsziele erst völlig nüchtern zu benennen, als es um die Folgen des WORLD WAR ONE geht: um Kolonien, Grenzneuziehung, neue Staaten wie Jugoslawien, die Tschechoslowakei, Polen… und die umfassende Machtausübung gegenüber Deutschland, das nicht mehr und nicht weniger Schuld an diesem Krieg hatte als Großbritannien, Frankreich, Österreich – Ungarn, Russland…

Die Welt ist nicht mehr so wie sie war im Jahr 1919/1920. Und da wir nun plötzlich gespannt sind, was insbesondere aus WALTER VON ULRICH und seiner Frau LADY MAUD, Schwester des oben genannten EARL FITZHERBERT, oder aus GUS DEWAR wird, muss wohl der nächste Band her. Eigentlich hätte FOLLETT die Geschichte mit weiteren 100 Seiten abschließen können.

Aber warum nicht? Mich interessiert´s… Was wusste ich schon von den Zuständen auf der britischen Insel, vom Leben der Arbeiter und der Rolle des Adels im Oberhaus des Parlaments… Bilder verändern sich – wie der Blick auf die Geschichte…

Fiebern wir weiter mit BILLY, ETH, MAUD, WALTER, GUS: Mögen sie aus den verschiedensten gesellschaftlichen Klassen und Schichten stammen, FOLLETT hat Figuren geschaffen, die haben Farbe, sind unterschiedlich wie sie nur sein können; ein weiteres Merkmal des über tausend Seiten aufweisenden Romans, der schon mal mehr als drei Seiten für das Personenverzeichnis zu Beginn verbraucht… 



* * *

Im sehr kurz geratenen Wikipediaartikel fand ich den Link zu folgendem Beitrag in der FAZ im online - Feuilleton: Jochen HIEBER schreibt von der Rennaissance des Schützengrabens am 16.12.2010. Ein professionelle Beschreibung eines 1022 Seiten starken Buches. Der Autor stellt die Frage, wieso die Leser in Deutschland wohl Schlange stehen werden nach einem Buch über den Ersten Weltkrieg, dies habe es seit Remarques IM WESTEN NICHTS NEUES oder Hemingways IN EINEM ANDEREN LAND nicht mehr gegeben. Nun, der Roman kam wenige Jahre vor dem 100dertsten Jahrestag des Großen Krieges heraus, inzwischen wurde auch Ernst JÜNGERS IN STAHLGEWITTERN als historisch kritische Ausgabe verlegt.

wiki
Doch bleiben wir bei ► Ken Follett. richtig aufmerksam bin ich auf ihn geworden durch DIE SÄULEN DER ERDE und DIE TORE DER WELT, über den Bau einer Kathedrale im mittelalterlichen England.
Der bereits erwähnte Jochen HIEBER schreibt über ihn:


„kenntnisreiche Solidität und substantielle Sachlichkeit, jeweils in leicht verständlicher Sprache dargeboten, also mit einem Minimum an Fachvokabular“ sind Markenzeichen des 1949  in Cardiff geboren Briten. Allein solche ein Satz ist doch schon Empfehlung genug.

Doch über Follett wird noch zu schreiben sein, er ist ein echter Aspirant für eine eigenen Autorenseite auf diesem Blog, mich wundert, dass hier noch kein Beitrag zu einem seiner Bücher erschienen ist. Dabei haben wir doch damals bei BG schon eine ganze Reihe rezensiert. Vor allem Parden.

DNB / Bastei Lübbe / Köln 2010 / ISBN: 978-3-7857-2406-4 / 1022 Seiten

© KaratekaDD



Montag, 22. September 2014

Herbstimpressionen - eine poetische Reise durch die Jahreszeit von TinSoldier und Anne Parden

Das nachfolgende Gedicht ist ein gemeinschaftliches Produkt von Parden und TinSoldier. Gedacht ist es als der erste Teil eines Zyklus über die Jahreszeit. Wir hatten Spaß beim Schreiben - und wünschen euch nun Spaß beim Lesen!
Einen schönen Herbst wünschen


Anne Parden und der TinSoldier!



Foto: TinSoldier


Am Morgen


Geheimnisvoll silbrig im ersten Schein
der Sonne die Wiese am Morgen liegt.
Der glänzende Tau am Halm, ganz rein
sich zittrig im feinen Gespinste wiegt:
der Spinnen Kunst, so zart, so fein.
Und um alles sich diesig der Nebel schmiegt.


Luft scheint verzaubert, so sanft und so rein 
Vom  Bachlauf am Wegrain wallt Nebel empor;
Welt scheint verzaubert von Engeln zu sein -
Ganz leis nur vom Kirchturm dringt Geläute an´s Ohr:
Wir atmen die Schöpfung tief in uns ein
Und rufen jauchzenden Dank zum Schöpfer empor!


Die stolze Eiche, so alt, steht allein -
als Schemen jetzt nur im Nebel zu sehn.
Seit ewger Zeit scheint sie dort schon zu sein, 
kein Ästchen bewegt sich am Baume so schön.
Fast schwarz sind die Blätter im ersten Schein
der Sonne, ganz milchig am Himmel zu stehn.

   
 Den borkigen Stamm ein Eichhorn erklimmt,
Und beäugt mit glänzenden Lichtern den Raum.
Von fern man den Ruf einer Krähe vernimmt,
Ein rot-buntes Blatt fällt taumelnd vom Baum:
Die Natur färbt sich bunt und beginnt
Ihr farbiges Fest, bevor den Winter wir schaun´n!


Die Schuhe berühren das feuchte Gras,
so klein die Welt hier im Nebelgrau´n
gedämpft die Geräusche im kühlgrauen Nass
nur wenige Meter sind weiterzuschau´n.
Und modrig dumpf streicht die Luft um die Nas´:
verrottendes Laub und die Pilze am Baum.

 
Feuchte Erde duftet dunkel und schwer
Der Bauer  pflügt am Acker die schwarz-braune Scholle;
Noch segeln silbrige Fäden im Winde daher,
Doch bald schon herrscht im Lande Frau Holle:
Breitet weiße Laken aus über Land und Meer
Und spielt eiskalt ihre frostige Rolle!


Die Sonne durchdringt die silbrige Wand
malt golden die Blätter, farbig die Welt.
Der frühe Wanderer, den Stock in der Hand
vor lauter Ehrfurcht den Atem anhält. 
Es rieselt ganz langsam der Jahresuhr Sand,
doch die Natur zeigt nun Farbe, alles was zählt. 


Noch verhüllt in spätsommerlicher Tarnung
Schwingt doch schon des Herbstes Melodie;
Natur verharrt in dumpfer Ahnung
Ein jedes Herz befällt Melancholie;
  Alles, alles ist Teil göttlicher Planung,
Und ob der Mensch auch zweifelt - 
Gott hingegen irrt sich nie!



© Parden und TinSoldier


Freitag, 19. September 2014

Uris, Leon: Exodus



Ein Buch, ein Film und eine Reise…

"Millionen von Lesern wurden durch diesen in viele Sprachen übersetzten Roman zum ersten Mal mit der größten Tragödie des 20. Jahrhunderts konfrontiert. Dem Autor ist es gelungen, die sich überstürzenden Ereignisse vor und nach dem Zweiten Weltkrieg mit Leben zu füllen: Er erzählt die Geschichte einer amerikanischen Krankenschwester, eines jüdischen Freiheitskämpfers und zahlreicher weiterer Menschen, die hineingerissen werden in den schicksalshaften Kampf eines Volkes um Freiheit und Eigenständigkeit." (Buchdeckel)

Es ist Jahre her, da sah ich im Fernsehen einen historischen Film mit Paul Newman in der Hauptrolle. Die Geschichte handelte von einem Schiff, welches mit 300 Juden von Zypern nach Palästina fährt. Die Juden, Männer, Frauen und Kinder kamen aus Internierungslagern aus Zypern. Es ist das Jahr 1946. Nach einem Hungerstreik gestatten die Briten das Auslaufen nach Palästina, in ihr Mandatsgebiet… Das Schiff heißt EXODUS.

* * *


filmposter-archiv.de
Die Geschichte ist wahr, wenn auch nicht so ganz wie im Roman von Leon Uris erzählt. Diesen fand ich 2007 im Bücherschrank bei Verwandten und begann darin zu lesen. 

Es ist die Geschichte der US-Amerikanerin Kitty Freemont, die im Jahr 1946 nach Zypern kommt. Über den Kommandeur der britischen Streitkräfte Brigadier General Sutherland kommt sie mit den Internierungslagern in Berührung, in denen die Briten Juden aus den europäischen Ländern gefangen halten, denn die Einwanderung nach Palästina so mindestens gedrosselt werden.[1] Hier stößt Kitty auf Ari ben Kanaan, (Foto Mitte) einen Sabre[2] und Sohn eines um die Jahrhundertwende eingewanderten ukrainischen Juden namens Rabinowitz…

Kitty wird auf ein Mädchen aufmerksam, welches sich um jüngere Kinder kümmert und auf der Suche nach ihrem Vater ist, der sich in Palästina befinden soll. Karen Clement Hansen wurde als achtjähriges Mädchen nach Dänemark geschickt und überlebte den Krieg dank der Pflegeeltern Hansen. Ein klein wenig älter ist Dov Landau, ein Junge aus dem Warschauer Getto, der im Konzentrationslager Ausschwitz im Sonderkommando arbeitete und dort befreit wurde…

Ari besorgt Lastwagen in der Uniform der „SMJTZ“ (Seiner Majestät jüdische Truppen auf Zypern – ironische Bezeichnung der Agenten der ►Aliyah Beth) und bringt 300 Kinder auf einen alten Dampfer, der dann EXODUS genannt wird nach der biblischen Geschichte des Auszuges aus Ägypten.[3]
Nach einem Hungerstreik und weltweitem Protest lassen die Briten das Schiff nach Palästina auslaufen. Kitty, die Karen gern adoptieren will, kommen nach GAN DAFNA, einem kibbuzähnlichen Jugendcamp im Huletal, im Norden Israels.[4] Dov schließt sich später den Makkabäern (► IRGUN) an, einer jüdischen Terrororganisation, die gegen die Briten kämpft um einen jüdischen Staat in Palästina zu ermöglichen…

Im Huhletal leben die die Araber von Abu Yecha mit den Juden in YAT EL friedlich zusammen, Taha, der Muktar von Abu Yecha ist mit Ari gemeinsam aufgewachsen…
Als die UNO in ihrer Resolution von 1947 für die Teilung Palästinas stimmt, kommt es zu Kämpfen zwischen Arabern und Juden, als Ben Gurion 1948 den Staat Israel proklamiert, zum Krieg…

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Die Geschichte von Leon Uris aus dem Jahr 1958 wurde bereits im Jahr 1960 verfilmt. Seit einigen Jahren war so etwas wie Frieden in Israel, ich glaube, dies hatte bestimmten Einfluss auf die Geschichte, denn so konzentrierte man sich auf den Erfolg eines Staates, der ganz offensichtlich war. Bis auf die Araber in Abu Yecha kommen kaum Muslime vor.

Der Film illustriert den Roman hervorragend, allerdings entspricht er nicht voll der Handlung. So sind im Film auf der EXODUS hunderte von Menschen aller Alterklassen vorhanden, statt Kinder. Im Film endet die Geschichte mit dem Angriff der Araber nach der Auszählung der UNO.


Trailer (YouTube)

Aber schon die reale Geschichte der EXODUS verläuft anders, denn das Schiff fuhr von Marseilles nach Palästina mit 4515 jüdischen Flüchtlingen und der eigentliche Skandal bestand darin, dass die Briten das Schiff vor der Küste Palästinas aufbrachten, was zu Kämpfen mit einigen Todesopfern führte. Die Briten luden die Flüchtlinge bis auf die Verletzten um und fuhren nach Europa zurück. Einige kamen in Frankreich an Land. Ausgerechnet in Hamburg wurden die Flüchtlinge in Lager gesperrt. Der internationale Protest verursachte, dass nach vier Wochen die britischen Bewacher dort abzogen, die jüdischen Flüchtlinge schlugen sich wieder bis Palästina durch.[5]

 
Aus heutiger Sicht mag der Film allerdings weit überholt sein. Er wird auch als zionistisches Epos beschrieben, was für den dreistündigen Monumentalfilm, aber auch für die Botschaft passt. Der Konflikt, zwischen Arabern und Juden schwelte wohl schon immer, auch angefacht durch die britische Mandatspolitik nach der ►Balfour – Deklaration 1917. Der Großmufti von Jerusalem, Mohammed Amin al Husseini hatte zwar Kontakte zum nationalsozialistischem Deutschland, aber der sofort nach der Staatsgründung ► Israels einsetzende Krieg war nicht alleine durch diesen und durch ehemalige Nazis begonnen wurden, die umliegenden arabischen Länder, vor allem Transjordanien und auch Ägypten wollten die Bildung eines jüdischen Staates verhindern.[6]

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filmposter-archiv.de
Mehr als der Film vermag der Roman Geschichten zu erzählen. Zum Beispiel die von den Brüdern Rabinowitz, die nach Palästina aus der Ukraine auswandern. Barack und Akiba nennen sie sich später. Ersterer wird für die ► Jewish Agency aktiv, der andere andere allerdings gründet die ► IRGUN mit und bekämpft dann die Britten mit terroristischen Mitteln.

Die Geschichte der Karen Clement Hansen wird ebenfalls sehr ausführlich erzählt und öffnet den Blick für die Verhältnisse in Dänemark nach der deutschen Besetzung.
Dov Landaus Geschichte im ► Warschauer Getto und im Konzentrationslager sowie seine Entwicklung zum Offizier in der IDF ist bezeichnend für den Mythos um die Staatsgründung und die Menschen, die den neuen Staat verteidigten.
Die Schwierigkeiten zwischen den Arabern und den Juden, welche ja bereits seit Jahrzehnten das Land urbar machten und Kibbuze und Moschavs gründeten, werden anhand des Verhältnisses von Abu Yecha und Yat El erzählt.[7]

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Der Roman ist einer, welcher seine Aktualität natürlich vor allem wegen des immer weiter schwelenden Konfliktes  zwischen Palästinensern und Israelis nicht verlieren kann. Die Figuren sind auch in ihrer Widersprüchlichkeit sehr interessant und auch liebenswert. Das Brüderpaar Barack und Akiba, Demokrat der eine, Terrorist letztlich der andere. Die nach außen zur Schau gestellte Härte eines Ari Ben Kanaans und sein Einsatz für dieses Land, und die Unschlüssigkeit der Kitty Freemont in ihrer Haltung zu den Juden allgemein und den ihr bekannten im besonderen sind handlungsforttreibend, beide sind hierin auch ein Paar und das nicht nur als Hauptfiguren. Hinzu kommen Karen, die sanfte, musische und hilfsbereite Teenagerin und der zornige, alle Menschen um ihn herum ablehnende Dov, sie verkörpern die nachfolgende Generation. 


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Die 840 Seiten lasen sich relativ schnell, die Rückblenden zu den Lebenswegen der handelnden Personen waren keineswegs störend, im Gegenteil, durch diese wurde auf eindrucksvolle Weise die Geschichte vor der aktuellen Handlung beleuchtet.  

Ein Roman ist ein Roman. Er hatte auf mich eine enorme Wirkung, denn Israel war mir nur im Zusammenhang mit dem ► Nahostkonflikt bekannt, die Geschichte des Landes im 20. Jahrhundert bis zur Staatsgründung war mir bis dato gar nicht geläufig.

Heute sehe ich das wieder differenzierter. Nach einer Studienreise nach Israel und durch die Bücher von Tom Segev (zum Beispiel ► DIE ERSTEN ISRAELIS) sehe ich den Roman inzwischen als ein wenig einseitig an. Romane gehören auch in den Kontext ihrer Zeit. Auch dadurch haben sie uns in späteren Jahrzehnten eine Menge zu geben.

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Leon Uris, geboren 1924 in Baltimore, gestorben 2003 in Shelter Island war der Sohn einer jüdischen polnischen Immigrantenfamilie. Er kämpfte im United States Marine Corps im Pazifik. Die Anregungen zu EXODUS erhielt er wohl als Korrespondent in Israel. Uris schrieb mehrere Palästina-Romane. 

► Leon Uris in wikipedia
DNB / Heyne TB/ München 13.2006 / ISBN: 978-3-453-13834-0 /      
     843 S.
►Leon Uris in der DNB 

  Weitere Romane:
  • Mila 18, Roman, der die Geschichte des Aufstands im Warschauer Ghetto schildert (1961)
  • QB VII, Gerichtsdrama vor dem Hintergrund des Holocaust (1970) Jerusalem Lied der Lieder (Jerusalem Song Of Songs) Bildband mit Jill Uris (1981)
  • HADDSCH (The Haj), Roman, der das Leben in Palästina in der ersten Hälfte des 20 Jh. Beschreibt (1984)
  • Mitla Pass, Roman um den israelischen Sinaifeldzug 1956 (1988)


►  Palästina  - Seite

© Bücherjunge (21.04.2023)



[1] Siehe SEGEV, TOM: DIE ERSTEN ISRAELIS und ES WAR EINMAL EIN PALÄSTINA 
[2] SABRE: In Palästina, in Israel geborener Jude, benannt nach einem einheimischen Kaktus 
[6] Siehe auch URIS, Leon: Haddsch, DNB / Droemer - Knaur / München 1998 / ISBN: 3-426-61025-6 /  574 S. (Taschenbuch) 
[7] Im Film wird Taha, Muktar von Abu Yecha von Nazis ermordet, im Roman stirbt er im Kampf gegen die Verteidiger des neu gegründeten Staates. Leon Uris hat das jüdisch-arabische Verhältnis genauer in seinem Roman HADDSCH erzählt, wenn auch 35 Jahre später. Die Sicht auf diese Zeit in Palästina ist in diesem Roman offensichtlich etwas anders und vor allem kritischer.
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