Dienstag, 14. Mai 2024

Arnim, Elisabeth von: Bezaubernder April

 

„An diesem Abend herrschte Vollmond. Der Garten war ein verwunschener Ort, in dem alle Blumen weiß schienen. Die Lilien, der Seidelbast, die Orangenblüten, die weißen Levkojen, die weißen Nelken, die weißen Rosen – man konnte sie so deutlich sehen wie am Tage; aber ihre Farbe existierte nur als Duft.“ (Seite 267)




Der Anfang eines bezaubernden Buches, oder das Ende? Fast, denn diese Zeilen leiten das letzte Kapitel über eine Gruppe glücklicher Menschen ein. Das klingt seltsam? Finde ich auch.

„Die Erzählung reflektiert in bewusster, aber liebevoller Distanz das emanzipatorische Dilemma von vier Frauen, die am Anfang des zwanzigsten Jahrhunderts selbstbestimmt ihrem Leben neuen Inhalt und einen eigenen Sinn geben wollen.“ (Seite 5)
Dies schreibt Gerrit Pohl im Vorwort zu diesem Buch aus der Reihe Perlen der Literatur; es wurde zurecht darin aufgenommen.

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Vier unterschiedliche Frauen finden sich zusammen um vier Wochen Urlaub in Italien auf einer kleinen Burg zu machen, die der englische Besitzer im April vermietet. Lotty, Rose, Mrs. Fischer und Lady Caroline, genannt Stups gehen das Wagnis ein. Mrs. Fischer ist eine ältere, scheinbar grantige Witwe. Rose scheint in der Religion und der Wohlfahrt ihren Zweck gefunden zu haben. Lotty dagegen langweilt sich zu Hause zu Tode und Lady Caroline entflieht vor der Liebe, die unzählige Männer für sie vermeintlich empfinden. Schon die Anreise läuft nicht nach Plan...

Ob sie ihr Glück finden werden? Und welche Rolle spielen (ihre) oder überhaupt Männer dabei?

Das Schlösschen gibt es, welches Elisabeth von Arnim beschreibt, es ist das ehemalige Castello Brown bei Portefino, die Autorin nahm das Schlösschen zu Vorbild für ihre überaus bunten Beschreibungen. Der Leser oder die Leserin werden aber mehr die Blumen und Pflanzenpracht in Erinnerung behalten, als den den engen Bau mit den teilweise sehr kleinen Zimmerchen und einem gefährlichen Badeofen.







Vergnügliche Lesestunden. Nicht nur für Leserinnen. Mit Figuren, die von Kapitel zu Kapitel an Kontur und Farbe gewinnen. Wie diese dabei förmlich zusammen kommen und lernen sich zu mögen, ist auch spannungsreich zu lesen. Er ist das berühmteste Werk der englischen Schriftstellerin, die 1891 einen Henning August von Schlagenthin-Arnim heiratete, daher der berühmte Name von Arnim. Ursprünglich wurde das Werk unter dem Titel „Verzauberter April“ veröffentlicht, das Schloss können wir im Film von 1992 bewundern.









Mit Recht ist dieses Buch ein Werk, welches in die bereits fünfundzwanzigbändige „Perlenreihe“ gehört. In diese stellt der Input-Verlag außergewöhnliche Bücher. Leineneinband, Prägeschrift, jedes Buch mit anderer Schriftart, kalligrafische Hervorhebungen und abgestimmte Vorsatzpapiere... Im „Bezauberndem April“ sieht man förmlich den blühenden Flieder, schlägt man den Einband um.





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Enchanted April (1992) - ganzer Film

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Auf der Webseite vervollständigt der Verlag die jeweilige Buchvorstellung mit Fragen für Literaturgruppen und Lesekreise. Hier ein paar kurze Antworten meinerseits auf ausgewählte Fragen:

  • Meinen Sie, die Freundschaft der Frauen ist für die Ewigkeit? Ist eine gute Freundschaft zwangsweise langandauernd? - Freundschaften für die Ewigkeit sind selten. Aber Freundschaften können auch halten, wenn man sich lange Zeit nicht mehr begegnet. Die Lebenswege der vier Frauen sind doch ziemlich unterschiedlich...
  • Beschleunigt die räumliche Nähe der Frauen in der Villa die Tiefe der Freundschaft? - Eher nicht. Es sind immer noch die Charaktere, die zueinander finden. Es ist aber Ausdruck von Achtung und Freundschaft, dass sie lernen, sich auch einmal in Ruhe zu lassen...
  • Weist der Roman feministische Züge auf? - Sicher doch. Aber nicht vordergründig.
  • Ist Urlaub bzw. Landflucht ein adäquates Mittel, um sich der Heimat langfristig zu nähern? - Manchmal schon. Ich zum Beispiel habe "in der Fremde" mehr über meine Heimat gelesen, was in diesem Umfang "zu Hause" vielleicht nicht so umfangreich gewesen wäre.
  • Merken Sie dem Roman an, dass er vor über 100 Jahren geschrieben wurde? - Natürlich. Solche umfassenden farbenfrohe Beschreibungen mit unzähligen Adjektiven sind heute nur noch selten zu finden; auch ohne Impressum weist der Stil mindestens auf die erste Hälfte des 20. Jahrhunderts hin.


Die "Perlenreihe" - Meine Rezensionen:

Proserpina (Elisabeth Langgässer) / Seefahrt ist not! (Gorch Fock) / Einbahnstraße (Walter Benjamin) /
Die Schatzinsel (Robert Louis Stevenson) / 1984 (George Orwell) / Pallieter (Frans Timmermans) /
Kleine Stadt (Heinrich Mann) / Palmström... (Christian Morgenstern) / Die Weihnachtsuhr (Antje Thietz-Bartram) / Forschungen eines Hundes (Franz Kafka) / Das Fenster zum Sommer (Hannelore Valencak)




© Der Bücherjunge




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