Morgensterns Galgenlieder, um die geht es hier nämlich (nicht nur), begegnen einem immer wieder mal, im ersten Moment fand ich es etwas verwunderlich, wieso sie ihren Platz in der Reihe gefunden haben. Es sind allerdings und unbedingt „erfolgreiche sprachliche Besonderheiten“ des beginnenden 20. Jahrhunderts. So wird durch den Herausgeber die Reihe beschrieben und die bisherigen sechs ersten Bände haben das bereits deutlich gemacht.
Dass diese Buchreihe im ersten Moment durch ihre Aufmachung besticht, Fadenheftung, kalligrafische Hervorhebungen, wieder eine andere Typografie und ein spezielles Vorsatzblatt braucht schon gar nicht mehr erwähnt zu werden.
Einhunderfünfundachtzig Texte sind in dem blauen Büchlein versammelt, und erst auf Seite 151 erfahren wir, wie die Galgenlieder entstanden sind und das „die Galgenpoesie ein Stück Weltanschauung (sei).
Es ist die skrupellose Freiheit der Ausgeschalteten, Entmaterialisierten, die sich in ihr ausspricht... EIN GALGENBRUDER IST DIE BENEIDENSWERTE ZWISCHENSTUFE ZWISCHEN SCHULBANK UND UNIVERSITÄT.“
Mit was hatte ich angefangen? Ach ja, mit der Schulbank und nun bin ich weit jenseits der Alma Mater, die ich einst besuchte.
Wenn man im Laufe der Jahre zwar auf Morgensterns Texte gestoßen ist, sich aber nicht weiter oder tiefgründig mit diesen beschäftigte, dann braucht es nun das interessante Vorwort von Charlotte Ueckert, die uns die „Fülle von Sprachfindungen und Skurrilitäten als Kennzeichen Morgensterns“ näher bringt.
„Christian Morgensterns Texte zu lesen bedeutet, in den Reichtum der deutschen Sprache einzutauchen, jedenfalls für jeden Leser, der sich über den Unsinn freuen kann, der oft eine tiefere Bedeutung hat.“ (Seite 6)
Und endlich wird der Leser nun nicht wieder vergessen, dass folgender Spruch von Palmström, dem Alter Ego Morgensterns, stammt:
„Weil, so schließt er messerscharf, nicht sein kann, was nicht sein darf.“
* * *
Der nur 42 Jahre alt gewordene Dichter aus München hatte als Lektor im Berliner Verlag Bruno Cassierer gearbeitet, dort erschienen auch seine ersten gereimten Texte, so lernen wir es auf dem die Reihe kennzeichnenden Umschlagband. Die geneigte Leserin und der geneigte Leser können natürlich auch das Christian-Morgenstern-Literaturmuseum auf dem sogenannten Galgenberg in Werder (Havel) besuchen. Dort entstanden nämlich des Müncheners Galgenlieder.
Der Erfolg zeigt sich im „Gedichtgedächtnis der Deutschen“, was ja hier nun erneut bewiesen wird, denn Das große Lalula ist mir fast vollständig im Kopfe hängen geblieben.
"Unverzeihlich" daher das Versäumnis des Verlages, diese „Geheimsprache“ nicht mit aufgenommen zu haben.
Zudem handelt es sich um eine Sammlung von Stücken, die ein Drucker entgegen der Verlagsvorlage druckte, in kleiner Auflage, wohl für seinen Bekanntenkreis? Auf dieses Einzelstück bezieht sich nun der Input-Verlag, womit wir etwas Besonderes vor uns liegen haben. Fehlt deshalb das "Geheimsprachen-Gedicht"?
- DNB / INPUT-Verlag / Hamburg 2022 / ISBN: 978-3-941905-36-8 / 207 Seiten
- Perlen der Literatur auf Litterae Artesque: Proserpina / Seefahrt ist not! / Einbahnstraße / Die Schatzinsel / 1984 / Pallieter
- © Der Bücherjunge
Keine Kommentare:
Kommentar veröffentlichen
Durch das Kommentieren eines Beitrags auf dieser Seite, werden automatisch über Blogger (Google) personenbezogene Daten, wie E-Mail und IP-Adresse, erhoben. Weitere Informationen findest Du in unserer Datenschutzerklärung und in der Datenschutzerklärung von Google. Mit dem Abschicken eines Kommentars stimmst Du der Datenschutzerklärung zu.
Um die Übertragung der Daten so gering wie möglich zu halten, ist es möglich, auch anonym zu kommentieren.