„SPD, Grüne, mehr als 300 Rechtswissenschaftler sowie Rechtswissenschaftliche Fakultät und Leitung der Universität Potsdam stellten sich schützend vor sehr wahrscheinlichen Promotionsbetrug“ (5)
„Totalitäres Deutschland von links: Das brandgefährliche Gedankengut der SPD-Richterkandidatinnen Frauke Brosius-Gersdorf und Ann-Katrin Kaufhold“ (6)
„Die Dystopie der Rechtswissenschaftlerin Frauke Brosius-Gersdorf: „Strafzahlungen“ für gewisse Todkranke – und die Tötung von Menschen ohne „Subjektqualität“ verstoße nicht gegen die Menschenwürde“ (7)
So lauten einige der Überschriften der Blogbeiträge. Momentan wird, auch durch Weber selbst, eher der Vorwurf des „Ghostwriting“ erhoben. Die Formulierung „sehr wahrscheinlicher Promotionsbetrug“ lässt den Leser aber anderes vermuten. „Sehr wahrscheinlich“ kling fast schon wie „gesichert“. Vielleicht fehlen nur noch wenige Untersuchungen?
„Totalitäres Deutschland von links:...“ Was will der Mann? Gute wissenschaftliche Praxis anmahnen, oder sucht er sich nicht vor allem öffentlichkeitswirksame Themen heraus? Wer ist der Auftraggeber? Die rechtswissenschaftlichen schriftlichen oder mündlichen Äußerungen einer Professorin, sind erst einmal nur das. Die Formulierung zielt auf behauptete „der Menschenwürde und unserem Menschenbild widersprechende Auffassungen“ (8) Es geht um die Beteiligung ungeimpfter Menschen bei einer Long-Covid Erkrankung an den Kosten, die juristisch diskutiert wurde und um das Thema, ob „Schwangerschaftsabbruch“ gegen die Menschenwürde verstößt.
Brosius-Gersdorf hatte im Rahmen einer wissenschaftlichen Kommission den Bundestag zu diesem Thema beraten und kam sinngemäß zu dem Schluss, dass die Menschenwürde hier nicht greift. Diese kann für Menschen nicht gegenseitig abgewogen werden, daher sollte sie im Spannungsfeld zwischen Schwangerer und Ungeborenen auch nicht herangezogenen werden, gleichwohl gilt der „Schutz des Lebens“ auch für das Ungeborene; hier könne abgewogen werden, der Schutz des ungeborenen Lebens wirkt im Fortschreiten der Schwangerschaft und gegen deren Ende immer mehr.
„Dystopie...“: Hier stellt Weber wiederum auf Covid-19 Erkrankte ab und zitiert im Blogbeitrag folgenden Satz der Professorin:
„Die Tötung eines Menschen ohne herabwürdigende Begleitumstände, die ihm seine Subjektqualität absprechen, verletzt Art. 1 I GG nicht.“
„Die Annahme, dass die Menschenwürde überall gelte, wo menschliches Leben existiert, ist ein biologistisch-naturalistischer Fehlschluss.“ (9)
Ich will hier auf die Frage, inwieweit das Thema Schwangerschaft und deren Abbruch im Zusammenhang mit dem Recht der Frauen auf Selbstbestimmung nur ganz kurz eingehen und im Gegensatz zu Weber bemerken, dass der Schutz des Lebens des wenigen Wochen zu gebärenden Menschen dahingehend wirkt, dass die Mutter, die das Kind ggf. nicht will oder anerkennt, die Schwangerschaft zu Ende führen soll und das Neugeborene zur Adoption freigeben kann. Brosius-Gersdorf hat dabei einerseits von medizinischer Indikation (Schutz des Lebens der Frau bei Komplikationen) eines Abbruchs als auch von einer kriminologischen Indikation (Vergewaltigung) geschrieben. (10)
Was daran ist „dystopisch“ oder „links-totalitär“?
Ein Tötungsverbrechen, welches vor Gericht in Folge der Beweiserhebung als Mord (§ 211 StGB) qualifiziert wurde, weist „herabwürdigende Begleitumstände“ (Befriedigung des Geschlechtstriebs, aus Habgier oder sonst aus niedrigen Beweggründen) auf, hierbei stellt Brosius-Gersdorf im Umkehrschluss durchaus auf die durch den Mörder angetastete Menschenwürde ab.
Es gibt aber Fälle, in denen die Tötung eines Menschen gerechtfertigt wird (Rechtfertigung), hierbei meine ich die Fälle von, selbstredend rechtmäßigen, polizeilichen Schusswaffengebrauch und seiner ausgeprägtesten Form, dem „finalen Rettungsschuss“. Der Polizist oder die Polizistin, die die Schusswaffe anwendet um ihr Leben, dass des Streifenpartners oder eines lebensbedrohten Opfers zu retten, tastet damit die Menschenwürde des gegebenenfalls getöteten Täters nicht an. Das auch diesem zustehende Recht auf Leben wird in Deutschland, einem demokratischen Rechtsstaat, einerseits durch die Regeln zur Anwendung von Schusswaffen (z.B. Androhungsgebot und Herbeiführen der Angriffs- und Verteidigungsunfähigkeit des Täters) berücksichtigt und dadurch, dass die Tötung oder Verletzung IMMER mindestens staatsanwaltschaftlich auf die Rechtmäßigkeit untersucht wird.
Ein solches Beispiel fällt Weber nicht ein. Der zeigt seine Auffassungen im Anschluss überdeutlich:
„So stelle ich mir einen sogenannten radikalen Sozialismus vor, der mit Ideen der Euthanasie nicht unverwandt ist: Legitimierung der Tötung von gewissen Menschen und finanzielle Sonderbürden für gewisse Schwerstkranke. Ein Theologe hat mir gestern gemailt: „Schlimmer als in jeder Diktatur.“ Eine absolute Dystopie.
Aber es ist wahrscheinlich allen in der Politik egal, welche Ideen Frau Brosius-Gersdorf im Kopf hat und was sie als Bundesverfassungsrichterin dann wirklich umsetzen könnte. Hauptsache, sie wird die AfD verbieten und es muss irgendein Deal zwischen CDU und SPD, irgendein Gegengeschäft durchgezogen werden. Um jeden Preis.
Frau Brosius-Gersdorf hat verspielt. Aber auch die deutsche Bundesregierung hat verspielt und ist rücktrittsreif. Man kann so etwas der Bevölkerung einfach nicht zumuten. Weder die Positionen von Brosius-Gersdorf noch das Wegschauen der Politik.“ (11)
5. Plagiat oder Ghostwriting? Weber hat 91 Textstellen in der Dissertation von Prof. Dr. Frauke Brosius-Gersdorf ausgemacht, mit denen er den Verdacht auf Ghostwriting durch deren Ehemann Prof. Dr. Hubertus Gersdorf begründen will. Ich werde die hier nicht auflisten, Interessenten können diesem Link folgen. (12)
Mal abgesehen davon, dass Weber auf die „wahrscheinlich falsche Eidesstattlich Versicherung“ abstellt (Selbstanfertigung der Dissertation), bemüht er sich bereits beim Vorwort, minimale Textstellen unter den Vorwurf „möglichen Abschreibens“ zu stellen:
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siehe Fußnote 12 |
Gehts noch? Legen Sie mehrere Diplom- oder Masterarbeiten oder Dissertationen zum Thema nebeneinander, Sie können, auch ohne Plagiatsjäger sein zu wollen, Ihren Textmarker ansetzen. Standardformulierungen dürften eben Standard werden, der angehende Doktor der Jurisprudenz wird eher nicht literarisch schreiben.
Liegt das an der verwendeten Software? Oder differenziert Weber in dieser Hinsicht überhaupt nicht mehr?
Wissenschaftlichen Arbeiten liegt ein Forschungsgegenstand zu Grunde. Teilweise haben die Doktoranden Jahre daran gearbeitet und unzählige Bücher, Artikel, Publikationen gewälzt und hoffentlich ihr Literatur- und Quellenverzeichnis immer auf dem Laufenden gehalten. Dieses Lesen bringt Ideen, verändert Vorstellungen, ermöglicht Erkenntnisgewinn, die in der Folge verarbeitet werden. Ich halte es für sehr wahrscheinlich, dass selbstverfasste Absätze ohne direkte Quellenangabe, bei dieser Form der Untersuchung ins Raster fallen, der Verfasser dies aber keinesfalls angenommen hätte. Gleichwohl werden angehende Akademiker zukünftig weitaus mehr Akribie entwickeln müssen und die Gutachter auch. (Ich habe bei der Bewertung von Diplomarbeiten gelegentlich Textstellen aus Vorschriften entdeckt, bei denen entweder die Anführungszeichen oder die Quelle aus Schlamperei „vergessen“ wurden.)
Vor einigen Monaten las ich ein wissenschaftliches Werk für Studenten einer polizeilichen Bildungseinrichtung. In diesem begegnete mir ein Absatz von einer halbem Seite (kein Zitat), in dem die verfassenden Master für „öffentliche Verwaltung – Polizeimanagement“ ca. fünf Quellenangaben im Text verarbeiteten, die alle auf ein Buch eines Verfassers aber auf unterschiedliche Seiten verwiesen. Warum? Ist das die Folge möglicher Plagiatsjägerei und der Befürchtung, sich rechtfertigen zu müssen? Ich weiß es nicht.
* * *
6. Fazit. Der Blogger, der hier seinen Literaturblog für seine Meinungsäußerung missbraucht, kommt zu der Auffassung, dass die Intentionen des Plagiatsjägers letztlich mit „guter wissenschaftlicher Praxis“ und dem behaupteten Schutz derselben nicht übereinstimmen. Dies betrifft überdeutlich die Fälle der Richterkandidatinnen Frauke Brosius-Gersdorf und Ann-Katrin Kaufhold.
Wäre es anders, würden die Schlussfolgerungen des Dr. Weber weniger polemisch, weitaus sachlicher ausfallen und im Sinne „guter wissenschaftlicher Praxis“ anleitend sein, um angehenden Wissenschaftlern wirklich zu zeigen und beizubringen, welchen Standards sie nicht nur für ein summa cum laude genügen müssen.
Mehr noch: Hat Weber mit seinen Darstellungen (radikaler Sozialismus und Euthanasie) es geschafft, im Sinne antidemokratischer Kräfte Politik und Parlament so zu beeinflussen, dass letzlich das Vertrauen in die Verfassungsrechtsprechung beschädigt wird? Noch einmal die Frage: Wer war der Auftraggeber?
Eine anerkannte Rechtswissenschaftlerin wurde wochenlang durch die Medien gezerrt, beschimpft, verleumdet, mit Hassmails und Morddrohungen überzogen. Nun hat sie genug und erklärt sachlich und ausgewogen ihren
Rückzug.
Verantwortung als respektvoller Umgang mit Kollegen und Kolleginnen; Selbstkontrolle als Bereitschaft zur kritischen Reflexion und Korrektur eigener Fehler: Im Umgang mit Frau Brosius-Gersdorf und (Ann-Katrin Kaufhold) lässt Weber gute wissenschaftliche Praxis vermissen. Wie es aussieht, kann man viele ehrliche Akademiker durch den Einsatz entsprechender Programme zu unehrlichen machen.
Ich kann ja nun den Präsidenten, Rektoren und Dekanen diverser Universitäten und Hochschulen keine Tipps für die Arbeit Ihrer Professoren und Gutachter geben.
Doch, vielleicht einen: den Herrn Doz. Dr. Stefan Weber als Hinweisgeber auch nicht zuzulassen.
In einem Kommentar zu einem Tagespiegel-Artikel, indem der Angriff der AFD auf Frau Prof. Dr. Ann-Katrin Kaufhold thematisiert ist, wurden beide Juristinnen als "politisch extrem linke Aktivistinnen" bezeichnet. Ich frage mich echt, wie die Leute auf so etwas kommen.
AntwortenLöschenDie eine hat wissenschaftlich das Thema "Menschenwürde" und den "Schutz des Lebens" rechtlich beschrieben, die andere will der Natur einen höheren rechtlichen Stellenwert geben, damit der Mensch einen bestimmten Raubbau (neue Skilifte, neu Bob-Bahn für Olympia in Italien, Bergbau am Meeresgrund) zukünftig unterlässt. Links extrem?
Sehr starker Beitrag um ein demokratisches Trauerspiel.
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