DNB / S. Fischer / 2025 / ISBN: 978-3-10-397683-0 / 368 Seiten
SEHR ATMOSPHÄRISCH...
Erster Satz: "Die längste Zeit meines Lebens habe ich meine Mutter gehasst, und doch sehe ich ihr Gesicht vor mir, als ich ertrinke."
Die Tage der Familie Salt auf der einsamen Insel weit vor Australiens Küste sind gezählt. In wenigen Wochen wird ein letztes Schiff anlegen und Dominic und seine drei Kinder abholen, und mit ihnen die in einem eisigen Bunker gelagerten Pflanzensamen, die dort gehortet wurden, um genetische Ressourcen von Nutzpflanzen aus der ganzen Welt zu erhalten. Doch nun beginnt es zu tauen, der Wasserpegel steigt, und bald schon wird die ganze Insel verschwunden sein. Ein Endzeitszenario.
Während sich die Salts allmählich auf den endgülitgen Abschied von ihrer langjährigen Heimat vorbereiten, findet Fen an der rauen Küste den Körper einer Frau. Zu ihrer Überraschung ist diese jedoch nicht tot, sondern gerade noch am Leben. Rowan heißt die Fremde, deren Lebensgeister langsam wieder erwachen, und sie sorgt für Unruhe unter den Salts. Wer ist diese Frau wirklich - und was will sie dort auf der dem Untergang geweihten Insel? Rowan als "Eindringling" von außen stößt Entwicklungen an, bricht Geheimnisse auf, verändert Sichtweisen und Haltungen. Und auch sich selbst. Alle öffnen sich etwas und werden weicher, was sicherlich dringend notwendig ist, um die große Veränderung anzugehen, die ihnen bevorsteht, wenn das Schiff kommt.
"Kann schon sein, dass wir eines Tages alle ertrinken, verbrennen oder verhungern, aber bis dahin können wir immer noch selbst entscheiden, ob wir zur Vernichtung beitragen oder füreinander da sein wollen."
Schnörkellos und gleichzeitig unaufgeregt schildert die Autorin die dramatischen Geschehnisse zu Beginn, schreckt auch im Verlauf nicht vor drastischen Szenen zurück. Aber hier wirkt es wie "Natur eben", alles geschieht, weil es eben der Lauf der Dinge ist. Charlotte McConaghys Schilderungen sind überaus bildhaft, allen voran die eindrucksvollen Naturschilderungen. Eine Atmosphäre von wilder Schönheit und gleichzeitig von unterschwelliger Bedrohung, der Mensch als Störenfried, die Familie Salt als Inselwächter und feinfühlige Beobachter. Viele Geheimnisse, die im Raum schweben, Fragen, die sich aufdrängen, interessante, wenn auch widersprüchliche, Charaktere. Der ständige Wechsel der Perspektiven sorgt dafür, dass man die Menschen auf der Insel allmählich besser kennenlernt, aber auch dafür, dass jeweils verschiedene Themen und Aspekte in den Fokus geraten. Zudem wirkt die Insel selbst wie der eigentliche Hauptcharakter - die Menschen nur als Gäste auf Zeit.
Vielleicht ist nicht alles so wirklich vorstellbar. Womöglich wollte die Autorin zu viel in den Fokus stellen: die Natur, die Liebe von Eltern zu ihren Kindern, die menschgemachten Probleme. Und es mag auch sein, dass gegen Ende die Dramen und Traumata doch überhand nehmen. Aber letztlich konnten mich die überaus atmosphärischen Schilderungen überzeugen, die Naturbeschreibungen, die kammerspielartigen Ereignisse, verbunden mit der latenten Bedrohung, die über allem liegt.
Alles in allem: lesenswert!
© Parden
Interessanter Stoff. Und aktuell. Ich hatte letztens erst wieder eine Diskussion zum Thema "Es gibt keinen Klimawandel.
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