720 Seiten! Einen dicken Wälzer präsentiert die amerikanische Schriftstellerin Claire Lombardo da als Debüt. Zwischen den Buchdeckeln entspinnt sich die Chronik einer Ehe im Verlauf von vierzig Jahren und die Frage: Wie hält man das Glück der eigenen Eltern aus?
Gelesen habe ich diesen Roman wieder einmal im Rahmen einer Leserunde bei Whatchareadin - und auch diesmal stattete der Verlag die Leser dankenswerterweise mit Rezensionsexemplaren aus. Auch bei diesem Roman zeigte sich, dass er sehr unterschiedlich aufgenommen wurde - und dass der Grat zwischen Trivial-Literatur und "ernsthafter" Literatur wohl überaus schmal ist. Nun, mir hat das Debüt Lombardos zum Glück recht gut gefallen - alles andere wäre bei über 700 Seiten doch zur Quälerei ausgeartet...
Inhalt: (Quelle: dtv)
Vierzig glückliche Ehejahre: Für die vier erwachsenen
Sorenson-Schwestern sind ihre Eltern ein nahezu unerreichbares Vorbild –
und eine ständige Provokation! Wendy, früh verwitwet, tröstet sich mit
Alkohol und jungen Männern. Violet mutiert von der Prozessanwältin zur
Vollzeitmutter. Liza, eine der jüngsten Professorinnen des Landes,
bekommt ein Kind, von dem sie nicht weiß, ob sie es will. Und Grace, das
Nesthäkchen, bei dem alle Rat suchen, lebt eine Lüge, die niemand ahnt.
Was die vier ungleichen Schwestern vereint, ist die Angst, niemals so
glücklich zu werden wie die eigenen Eltern. Dann platzt Jonah in ihre
Mitte, vor fünfzehn Jahren von Violet zur Adoption freigegeben. Und
Glück ist auf einmal das geringste Problem.
NICHTS ANDERES ALS PERFEKT...
Quelle: Pixabay |
Die Überschrift der Rezension ('Nichts anderes als perfekt') soll
nicht mein Empfinden hinsichtlich dieses Romans betiteln, sondern den
Versuch der vier Sorenson-Schwestern, ihren Eltern nachzueifern. Die
leben die große Liebe seit vierzig Jahren - wenn auch mit Hochs und
Tiefs - und für jede einzelne der Schwestern scheint nichts weniger als
ein eigenes perfektes Leben tolerierbar zu sein. Da ist Scheitern
vorprogrammiert...
In diesem Jahr scheine ich zielsicher zu amerikanischen
Familiengeschichten zu greifen, wenn diese auch in unterschiedlichen
sozialen Schichten spielen. Familie Sorenson gehört für mich dem
Mittelstand an, der Vater Arzt, die Mutter nach abgebrochenem Studium
über Jahrzehnte hinweg Vollzeit-Mutter und Hausfrau. Die ältesten
Schwestern heirateten erfolgreiche Männer - Wendys Mann ist bereits
verstorben, Violet tritt in die Fußstapfen ihrer Mutter und gibt ihren
Beruf als Anwältin auf, um nur noch für ihre beiden Söhne da zu sein.
Liza befindet sich in einer Beziehung mit einem depressiven Mann, der
seine Tage im Bett oder vor dem PC verbringt, ist zudem schwanger von
ihm und weiß nun nicht was sie tun soll. Und Grace spielt weit weg von
ihrer Familie dieser etwas vor und verstrickt sich immer weiter in
Lügen.
Jeder hat sich mit seinem eigenen Status arrangiert, als Jonah
auftaucht - ein fünfzehnjähriger Junge, der damals von Violet gleich
nach seiner Geburt zur Adoption freigegeben wurde. Die älteste Tochter
der Sorensons, Wendy, hat ihn ausfindig gemacht und treibt ihn nun,
nachdem seine Adoptiveltern tödlich verunglückt sind, ihrer eigenen
Familie zu. Obschon Jonah angesichts seiner Biografie sehr ruhig und
gelassen erscheint und auch die Pubertät ihn nicht wie einen üblichen
Teenager erscheinen lässt, bringt er das statische Gleichgewicht der
Familie zunehmend ins Wanken.
Stillschweigende Arrangements unter den Familienmitgliedern
funktionieren plötzlich nicht mehr, zugewiesene bzw. angenommene Rollen
werden hinterfragt, das bequeme, wenn auch leicht resignative 'So ist es
eben' zeigt Risse in der Fassade. Durch Jonah bekommt jeder in der
Familie einen ganz anderen Spiegel vorgehalten als gewohnt, er sorgt auf
seine oft naive Art für Irritationen, und das ein oder ander
Fettnäpfchen, in das er zielsicher tritt, löst einiges an Veränderungen
aus.
Die Erzählung wechselt laufend die Perspektive, so dass man als Leser
alle Charaktere zunehmend besser kennenlernt. Durch den zudem steten
Wechsel von Gegenwart und Rückblicken in die Vergangenheit treten einige
Charakterzüge noch deutlicher hervor, werden ansonsten womöglich
befremdliche Verhaltensweisen erklärlicher. Dabei kam mir allerdings
keine der Personen wirklich nahe, obgleich mich die ein oder andere
Situation durchaus emotional berührte.
Der leicht zu lesende Schreibstil treibt den Leser zügig durch die
Seiten, was angesichts der stolzen 720 Seiten auch gut ist. Zwar gibt es
angesichts der vielen Charaktere auch zahllose Dramen, die in der Summe
vielleicht etwas viel erscheinen, doch weist der Roman im Grunde wenig
Highlights auf. Die Erzählung lässt sich gut weglesen, ich genoss es
auch durchaus, den Personen immer wieder zu begegnen, doch hätte eine
Straffung des Geschehens dem Roman m.E. gut getan. So gab es doch immer
wieder einmal die ein oder andere langatmige Passage.
Alles in allem eine typisch amerikanische Familiengeschichte, bei der
sich mir der Kern der Aussage wohl nicht wirklich erschließen wollte,
die ich aber auch nicht ungerne gelesen habe. Nett. Mehr war es für mich
aber auch nicht.
© Parden
Produktinformation: (Quelle: Amazon.de)
- Gebundene Ausgabe: 720 Seiten
- Verlag: dtv Verlagsgesellschaft (20. September 2019)
- Sprache: Deutsch
- Übersetzung:
- ISBN-10: 3423281987
- ISBN-13: 978-3423281980
- Originaltitel: The Most Fun We Ever Had
Informationen zur Autorin: (Quelle: dtv)
Claire Lombardo, 1989 geboren in Oak Park, Illinois, war
Sozialarbeiterin und PR-Agentin für ein Unternehmen, das
Holzblasinstrumente herstellt und vertreibt. Sie hat in zahlreichen
Zeitschriften veröffentlicht und wurde für ihre Storys mehrfach
ausgezeichnet. Sie lebt in Philadelphia und unterrichtet Kreatives
Schreiben an der dortigen Universität. ›Der größte Spaß, den wir je
hatten‹ ist ihr erster Roman.
"Recht gut gefallen" ist also ähnlich wie "Nett. Mehr war es für mich aber auch nicht." ;)
AntwortenLöschenSorry, aber da musste ich eben schmunzeln...
Viele Grüße,
Uwe