Musikfilme haben es mir angetan. Erst kürzlich, also im letzten Jahr, war es Bohemian Rapsody, mit dem Freddy Mercury fast schon auferstand. Viele kennen sicherlich die Lebensgeschichte von Tina Turner, umgesetzt in Tina – What’s Love Got to Do with It? So lernt man Musiker kennen, die doch um einige älter als man selbst waren oder sind. In Nashville Lady wurde uns Loretta Lynn vorgestellt und Jonny Cash in Walk the line. Auf Janis Joplins Spuren wandelten wir in The Rose und auch die Jackson Five erlebten wir in einem Spielfilm.
Die Genannten vertraten Rock- und Country-Musik, Genre, die an anderer Stelle vielleicht einmal zur Geltung kommen. Vor einigen Jahren begeisterte mich La vie en rose, der Film über das kurze Leben der Édith Piaf. Welch eine Stimme und dank YouTube kann man wunderbar in der Zeit zurückreisen. Chansons sind ganz besondere französische Lieder. Gibt es überhaupt andere als französische?
La vie en rose – Das Leben in Rosa, das ist das Lied der Liebe, welches Michelle Marly in Madame Piaf und das Lied der Liebe meint. Nein, es geht nicht um den in meinen Augen großartigen Oscar – prämierten Film von 2007. Es geht um einen Roman, der erst vor kurzem in die Buchläden kam und um den ich mehrmals herumschlich um letztlich die ungekürzte Hörversion eines bekannten Hörbuchanbieters auf das Smartphone zu laden.
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Paris ist frei. Die deutschen Besatzer sind vertrieben. Während der Krieg im Osten weiter geht, kehrt Paris zur „Tagesordnung“ zurück und dies versucht auch Édith Giovanna Gassion, allen nur bekannt unter dem Namen Édith Piaf: la môme Piaf – Die Spatz-Göre, sie maß nur 1,47m.
Die Piaf (*19. Dezember 1915 in Paris; † 10. Oktober 1963 in Plascassier) ist schon ein paar Jahre berühmt. Mit mon légionaire und L´Accordéoniste feierte sie große Erfolge. Doch nun hat sie ein Problem. Da sie sich bereiterklärte, im Deutschen Reich für französische Kriegsgefangene zu singen, verdächtigt man sie der Kollaboration, ihr droht ein Auftrittsverbot. Das Moulin Rouge soll wieder eröffnet werden und der Impresario engagiert die Piaf und einen jungen Mann, der sich momentan mit amerikanischen Songs bekannt gesungen hat. Edith hat allerhand auszusetzen an dem sechs Jahre jüngeren Sänger: An seiner Aussprache, an seinen Bewegungen an seinen Gesten. Da ist also viel Potential nach oben und vor allem ist da zu allem Überfluss was Besonderes. Der junge Mann heißt Yves Montand (* 13. Oktober 1921 in Monsummano Terme, Toskana, Italien; † 9. November 1991 in Senlis, Département Oise, Frankreich).
So ganz einfach ist der nicht zu nehmen und einmal erklärt die Chansonaire ihm:
„Mein Konservatorium war die Straße, meine Intelligenz der Instinkt“.
Auch Montand kommt aus einfachsten Verhältnissen, aber, anderes als Edith, aus einer intakten Familie. Die beiden verlieben sich ineinander und für den Ivo Levi, so sein bürgerlicher Name, beginnt eine große Karriere.
Gemeinsam stehen sie 1945 vor der Kamera: „Chanson der Liebe“. Im Spiegel- Artikel zum 100. Geburtstag der Sängerin war folgendes zu lesen:
„In ‚Etoile sans lumière‘ einem 1946 erschienen Film von Marcel Blistène, standen die beiden gemeinsam vor der Kamera: Montand verkörperte den jungen Mechaniker Pierre, der sich unsterblich in die von Piaf gespielte Zofe Madeleine verliebt. Auch abseits der Kamera waren der Sohn italienischer Einwanderer und die Pariser Chansonette ein Paar. „Frisch und unverbraucht war sie, flirtete gern, war lustig und grausam zugleich“, sagte der Sänger und Schauspieler später. Piaf dagegen amüsierte sich in ihren Memoiren darüber, wie eifersüchtig der sechs Jahre jüngere Beau sich verhielt: „Er überwachte mich ununterbrochen und wurde wild vor Wut, wenn mir ein Mann zu nahe kam.“ (Spiegel - Online)
Genau diese Zeit hat Michelle Marly sehr schön eingefangen.
Es ist ein Buch über beide, über einen letztlich kurzen Zeitraum, in dem die beiden zusammen arbeiten: 1944 bis 1946. Im Jahr darauf tourt die Piaf durch die USA, zuerst mit mäßigem Erfolg, es soll am schwarzen Kleid liegen, die Amerikaner wären große Roben und Glamour gewöhnt. Durch die Zuspruch eines Kritikers erhält sie ein Engagement in einem Nachtclub in New York, der bezeichnenderweise Le Versailles heißt. Nun werden auch Greta Garbo, Marlene Dietrich und andere aufmerksam.
Erfolg ist nicht ewiges. Der Boxer Marcel Cerdan, in den sie sich 1949 verliebt, stürzt mit einem Flugzeug ab, wofon sich die kleine große Sängerin nicht mehr erholt. Mit einem Ausblick auf die nahenden fünfziger Jahre und der schwer tablettenabhängigen Piaf endet das Buch, welches mich „zwang“, mal wieder zu stöbern.
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Habe ich da einen Frauen-Roman gelesen? Na klar, aber wie oben bereits angedeutet, über Bücher und Filme erschließt man sich neue musikalische Richtungen und so läuft, während ich diese Zeilen verfassen Yve Montand auf einem bekannten Internet-Kanal.
Im Nachwort erzählt Marly von den unzähligen Biografien, die sie für ihr Buch las und darüber, dass die gelegentliche Behauptung, beide währen bereits vor der Befreiung von Paris gemeinsam aufgetreten, sicher nicht der Wahrheit entsprach. Yves Montand war Kommunist aus einer Arbeiterfamilie, Cowboy-Sänger, der sicher nicht unter den Nationalsozialisten aufgetreten ist.
Der Aufbau – Verlag hat eine Reihe aus solchen Büchern gemacht: Mutige Frauen zwischen Kunst und Liebe. (Das die Cover alle irgendwie gleich aussehen, sei in diesem Zusammenhang entschuldigt – außerdem interessieren mich die Cover ohnedies nicht.)
Michele Marly hat hier über Coco Chanel und auch über Maria Callas geschrieben, letzteres werde ich mal auf die Liste der Merkbücher setzen.
Aufbau Verlag |
© Bücherjunge (27.03.2023)
Bestimmt eine lesenswerte Reihe...
AntwortenLöschenHallo,
AntwortenLöschenEdith Piafs Leben war mir vor der Lektüre fast gänzlich unbekannt, nur ihre Lieder hatte ich hier und da schon einmal gehört.
Die Buchreihe gefällt mir so gut, weil sie neben dem fiktiven Teil auch auf reales Leben zurückgreift. Ein paar Frauenromane fehlen mir noch, aber das wird schon irgendwann vollständig sein.
lg Barbara