Freitag, 15. November 2019

Ebert, Sabine: Schwert und Krone - Herz aus Stein (IV)


Mittelalter. Wenn ich zurück denke, dann beginnt das Lesen mit einem Film: Die Kreuzritter. Ein knallbunter polnischer Breitwandfilm aus dem Jahre 1960 nach dem Roman von Henryk Sienkiewicz (1846 – 1916). Es tritt an das polnische Königreich von König Władysław Jagiełło gegen den Deutsche Orden. Die Schlacht bei Grunwald im Jahre 1410 beendet die Missionskriege im Osten Europas. Als ich so 12 oder 13 Jahre alt war, sah ich ihn mit meinem Vater im Kino. 


Dann spielte das Mittelalter keine große Rolle nicht mehr. Gelegentlich gab es Blitzlichter, meist wegen verschiedener Filme. Anne Boleyn, Cromwell, Robin Hood lauteten die Namen und diese oder jenen mehr...




Zu Beginn der neunziger Jahre fiel mir DER HEILIGE GRAL UND SEINE ERBEN in die Hände, ein Buch von den Engländern Lincoln, Baigent und Leigh, dessen erzählte Lügengeschichte mehr bekannt ist durch den DA VINCI CODE von Dan Brown. Damit begann meine intensivere Beschäftigung mit der Zeit der Kreuzzüge. Besonders gefielen mir dabei die Romane von Peter Berling, auch wenn deren Geschichte von den Kindern des Grals die Mär von der Prieuré de Sion weiter bediente. 

Es gibt sicher viele gute Autoren, für mich herausragende „Geschichte-Erzähler“ sind Ken Follett – Kingsbridge-Kathedrale und seine Trilogie über das 20. Jahrhundert – und...




... Sabine Ebert, deren vierter Band von SCHWERT UND KRONE hier gelesen vor mir liegt. 

Jahrhundertelang ging es in Mittelalterromanen um Helden, um Ritter, um Kaiser und Könige. Ob mit oder ohne Gral, von Walter von der Vogelweide bis Sir Walter Scott. Die Autorin hat da ganz andere Vorstellungen.

Bekannt wurde sie mit der Romanreihe von der Hebamme Marthe und dem ministerialen Ritter Christian von Christiansdorf. SCHWERT UND KRONE erzählt die Vorgeschichte mit Schwerpunkt auf  Kaiser, Fürsten und die „Großen“ der Welt, während die vorherigen Romane eher den niederen Adel und das Volk beschreiben.




Ein Herz aus Stein besitzt hier Friedrich I., genannt Barbarossa, Rotbart. Nicht einmal seine Frau, die spätere Kaiserin Beatrix, kann ihn besänftigen, wenn er gegen die aufrührerischen lombardischen Städte Italiens zieht und versucht, den Papst seiner Wahl auf den Stuhl Petris zu setzen. Vom Heldentum der Ritter bleibt nichts übrig, es ist eine harte Zeit grausamer Kriege, gegenseitiger Massaker an Geiseln und Gefangenen. 

Barbarossa ist sicher eine zentrale Gestalt, aber eine unter vielen. Trotzdem rankt sich um ihn natürlich das Reichsgeschehen, welches einerseits geprägt ist von der Rolle zwischen Papst und Kaiser, den Kämpfen in Italien und andererseits den Handlungen des Welfen Heinrich der Löwe, gegen den sich Fürsten wie Otto von Meißen (Wettiner) und Albrecht von Brandenburg (Askanier) immer wieder zur Wehr setzten. In diesem Zusammenhang interessant ist die zeitweilige Verbindung mit den Abodriten, den slawischen Stämmen in Mecklenburg um den Fürsten Niklod. Niklod hat seinen Auftritt als junger Krieger bereits im ersten Band, hier werden die Slawen endgültig besiegt durch Heinrich den Löwen.

PM History - August 2000*

Die Zeit war aus heutiger Sicht ausgeprägt grausam. Sabine Ebert beschönigt da nichts, auch wenn sie Details einzelner Kämpfe und die gegenseitig zugebrachten Verletzungen nicht beschreibt oder nur andeutet; nicht wie in manchen heutigen Filmen, die das detailgenaue blutige Abschlachten heute als Realismus verstehen.

Sabine Ebert beweist insbesondere nach 1813 – Kriegsfeuer und 1815 – Blutfrieden, dass sie hier Antikriegsromane geschrieben hat und auch schreiben wollte. Gerade darum findet sich Heldentum und Glorienschein nicht beziehungsweise nur in den Gedanken der Menschen.

Selbstverständlich gibt es sie, die Menschen, denen wir gern folgen und deren Schicksal uns, die Leserinnen und Leser berührt. Darunter inzwischen jener Christian, zum Ritter geschlagen im meißnischen Dienst unter Markgraf Otto, den man den Reichen nennt. Oder Ottos Schwester Adela, die eine Zeit lang Königin von Dänemark ist. Dann ihren Bruder Dietrich, unglücklich verheiratet und einst Freund und Jugendgefährte jenes Rotbarts, der mit harter Hand versucht, das Reich zu regieren.

Von drei Konflikten wird in Artikeln und Zeitschriften immer geschrieben: dem Krieg gegen die lombardischen Städte, dem Machtkampf zwischen Heinrich und Friedrich und dem Kreuzzug, auf dem der Kaiser Rotbart sein Leben verlieren wird. Die letzteren beiden werden in den Romanen um die Hebamme erzählt, der lombardische Krieg ist Gegenstand in diesem Band. Die drei vorherigen behandeln den Aufstieg des Schwabenherzogs zum Kaiser.

Man könnte darüber  Sachbücher lesen, oft sind sie nicht weniger spannend wie die Romane. Die können dem Leser die Zeit allerdings besser zeigen, denn die Personen handeln unmittelbar. Wenn es funktioniert, werden die Romane so geschrieben, dass richtige Bilder vor den Augen entstehen.

Foto: URDD
Damit dies möglich wird, steht Sabine Ebert mit vielen Mittelaltervereinen in Verbindung, nimmt an Mittelaltermärkten und sogenannten Reenactmens teil. Sie hat sich Details der ritterlichen Ausbildung und des Schwertkampfes auf das Genaueste erklären lassen. Daraus und aus umfangreicher Recherche und Kontakt mit vielen Wissenschaftlern, entsteht diese Authentizität in ihren Büchern. Sie selbst weist in diesem Zusammenhang auf die Karten in den Einbänden und die Ahnentafeln hin.

Die Vielzahl auftretender Personen erscheint am Ende weniger verwirrend. Hilfreich ist, dass alle wichtigen Personen zu Beginn aufgelistet werden und die wichtigsten Familienstammbäume sich am Ende des Buches finden.





Sabine Ebert führt direkt hinüber zum GEHEIMNIS DER HEBAMME und bedankt sich damit bei ihrem treuen Leserkreis. Alle die, welche erst mit SCHWERT & KRONE begonnen haben, empfiehlt sich damit unmittelbar die Fortsetzung.




Einen Zeitraum 1145 bis 1198, wenn man will ein ganzes langes Leben in dieser Zeit bildet die Autorin in den neun Büchern ab. Ich mag so etwas und vergleiche einmal mehr mit Follett, der von 1905 bis 2008 die Geschichte des 20. Jahrhunderts abbildete und dabei mehrere Familiengeschichten und deren Verbindungen untereinander erzählt. 

Geschichte macht Spaß.


* Das Bild, auf dem Friedrich der I. den Heinrich Jasomirgott mit Österreich und Heinrich den Löwen wieder mit Bayern belehnt ist charakteristisch und spiegelt einen Teil der in den Romanen erzählte Geschichte wieder. Großer Ärger für die "ostdeutswchen" Fürsten, hat der der Löwe aus Braunschweig nun zwei Herzogtümer.

© Bücherjunge (03.01.2020)

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