Montag, 2. September 2019

Krumm, Christian: Heaven 11

Fünf Jahre hat Christian Krumm (*1977) in der Geschlossenen gearbeitet. Daraus hat er eine Geschichte gemacht, „in der die Realität einen aussichtslosen Kampf gegen die Einbildungskraft des Menschen führt.“ (Über  den Autor – Am Ende von Heaven 11)

Der ehemalige Banker Marc Vossberg verliert auf Grund eines Burn-Outs seinen Job in der Bank des Nicolas van Kampen. Das Arbeitsamt drängt ihn, einen Job anzunehmen und der führt ihn in die geschlossene Psychiatrie. Doch hofft er, dass dies eine vorüber gehende Angelegenheit sein wird.

Gleichwohl entpuppt er sich als einer, der einen Draht zu den Menschen dort entwickelt, deren Handlungen und deren Benehmen den meisten Menschen völlig fremd sind.

Marc hat seine eigenen Dämonen, die in seine Kindheit und Jugend zurück gehen, der Burn Out ist seine Ausrede, um das unheimliche Kratzen und Klopfen an seiner Zimmertür nicht erklären zu müssen. Im Verlauf des Buches werden wir dessen Ursache erfahren.



Wir lernen die unterschiedlichsten Patienten und Kollegen kennen. Schwester Nicol eund die Stationshelferin Mona kommen dabei am natürlichsten, am persönlichsten weg, die Pfleger Bärwald und Schellinger vertreten den Typ der Pfleger, die vielleicht zu lange auf der Geschlossenen arbeiten. Die Ärzte bleiben nach meiner Auffassung alle farblos, selbst der neue Chefarzt, der zumindest eine größere Fachkompetenz aufweist.

Die Patienten werden, nehme ich unkundigerweise an, passend beschrieben, die Erfahrungen des Autors spielen da mit. Der herausstechendste Charakter ist hierbei Thomè, den krumm folgende interessante Sätze in den Mund legt, die den Charakter des Marc Vossberg gut beschreiben.

pixabay
„Wenn Sie mich fragen, gibt es nur zwei Sorten von Menschen: die Schöpfungsmenschen und die Pflegemenschen. Den Schöpfungsmenschen ist es gegeben, Dinge zu erschaffen. Sie wollen ständig Neues machen, schreiben Lieder und Gedichte, bauen Häuser, arbeiten an ihren Ideen. Aber sie zerstören auch, weil das Neue ihnen mehr wert ist als das alte. Sie lassen Neues aus dem Nichts entstehen, aber auch wieder darin versinken, denn sie wissen nicht, wie man es hält. Die Pflegemenschen hingegen finden ihren Sinn darin, dass sie Dingen zu voller Blüte verhelfen und ihnen ihre natürliche Entwicklung ermöglichen. Sie mögen Pflanzen, Tiere. sie haben nichts dagegen, die gleiche Sache immer und immer und immer wieder zu tun, wenn sie nur sehen, dass dadurch etwas zur Blüte kommt. Sie kümmern sich einfach. Sie schöpfen nichts, aber sie zerstören auch nichts. Zu welcher Sorte gehören Sie?“ (Seite 126)

Dieser Vossberg hat einige Eigenschaften und Fähigkeiten, die ihn möglicherweise als Pfleger prädestinieren. Aber er will ja zurück in seinen alten Job bei der Bank. Doch die Beziehung zu diesem Thomè, dessen Wunsch, eine gewisse Laura zu ihm zu bringen, und die Dämonen lassen Marc nicht los – das Ende ist folgerichtig und doch unerwartet.

* * *

„Es muss Orte geben, wo die Menschen hinkommen, die durch sämtliche Auffangnetze unserer Gesellschaft gefallen sind. Das, Herr Krumm, ist unsere Station.“ 

Diese Sätze hat der Stationsarzt der Station 11 des Alexianer-Krankenhauses zu Christian Krumm gesagt, der das Buch den dortigen Mitarbeitern und Patienten widmet.

Biografisches
Es ist tatsächlich ein Plädoyer für diese Menschen und dieses war eindringlich wie bewegend. Zwischendurch hatte ich die Befürchtung, dass sich die Geschichte in Richtung Zombi-Fantasy verschieben könnten, dies schloss ich kurzzeitig aus den Angeboten der Edition Roter Drache. Das Motto „Das Buch als Tor zur anderen Welt“ stimmt gleichermaßen für diesen Roman.

Vielen Dank an die Edition, die das Buch als Rezensionsexemplar zur Verfügung stellte, während einer sehr schönen Veranstaltung bei Shakespeares Enkeln.

Auf der Webseite des Autors fand ich auch den Hinweis, dass der Historiker auch auf Sience Slams teilnimmt. Sehr interessant.



DNB / Edition Roter Drache / Remda-Teichel 2018 / ISBN: 978-3-946425-63-2 / 343 S.

© Bücherjunge


1 Kommentar:

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