Freitag, 25. Januar 2019

Benecke, Mark ermittelt: Leben und Fälle...

... des Gerichtsmediziners Otto Prokop.

Der „Herr der Maden“ nimmt sich den „Herrn der Leichen“ vor. Schillernder bekannter Kriminalbiologe „ermittelt“ Leben und Fälle seines Vorbildes. Dr. Mark Benecke schreibt über Prof. Dr. Otto Prokop.

Unterhält man sich mit Kriminalisten, die ihr Fach an der Humboldt-Universität studierten, dann fällt schon mal der Name Prokop und zwar immer dann, wenn es zum Thema Rechtsmedizin kommt. Bis zu 50.000 Leichen soll Prof Prokop obduziert haben, 60 Bücher geschrieben, darunter den Atlas der gerichtlichen Medizin. 



Mit der Recherche zum Leben des Österreichers, geboren 1921, der in Bonn promovierte und später den Lehrstuhl an der Humboldt-Universität annahm, ist Dr. Mark Benecke nach eigener Aussage nicht immer weit gekommen. Das soll an der zwangsläufigen Zusammenarbeit mit dem Ministerium der Staatssicherheit gelegen haben. Da ist vermutlich auch was dran, denn zum Beispiel obduzierte Prokop auch den Unteroffizier Egon Schultz und stellte die Todesursache eindeutig fest. Schultz starb durch „friendly fire“. Dies wurde jahrelang vertuscht, ist aber inzwischen auch lange bekannt. Zum Beispiel durch das Buch eines Freundes des Grenzsoldaten.



Prokop war ein Wissenschaftler durch und durch. Das er jemals bei einem Gutachten gelogen hätte, ist unwahrscheinlich. Diverse Freiheiten konnte er sich erlauben, sei es bei der wissenschaftlichen Zusammenarbeit mit westlichen Medizinern oder auch bei eigentümlicher Devisenbeschaffung. Sein Institut wieder zu Weltrum zu bringen, war ihm nicht vergönnt. 

Sein Hauptgebiet waren die menschlichen Blutgruppen. Er war ein Gegner jeglicher Paramedizin und zählte Homöopathie, Akkupunktur und ähnliches dazu.

Über vieles berichtet Marc Benecke und auch darüber, dass der Professor, von dessen Schülern um die vierzig später einen eigenen Lehrstuhl erhielten, am Ende der DDR wissenschaftlich ziemlich kalt gestellt und vermutlich auch verleugnet wurde. Das ist tragisch und vielleicht auch darauf zurückzuführen, das jeglicher Kontakt zum MfS in der Wendezeit zu radikalen Entscheidungen führte und so hatte der Professor mit der Fliege plötzlich nicht mehr viel zu tun.

Viele Artikel, die nach seinem Tod erschienen, würdigen hauptsächlich die wissenschaftlichen Leistungen, eines Hochschullehrers durch und durch, den seine Studenten verehrten und dessen Hörsäle brechend voll gewesen sein sollen.

Quelle
Diese Form von Biografie ist schon sehr interessant, der Titel auch besser als der der Erstauflage aus dem Jahr 2013 (Mark Beneke seziert das Leben von Otto Prokop). 

Als die DDR 1990 der BRD beitrat, war Benecke gerade 20 Jahre alt. Dass er dem alten Professor auch persönlich verbunden war ist sicherlich Grund für die intensive Beschäftigung mit dessen Leben und Werk, welches ihn als Wissenschaftler, zumal als Kriminalbiologe, unmittelbar tangierte. Als Wissenschaftler, nicht als Kriminalist.

Das Buch zeigt ein Stück meist unbekannte DDR-Geschichte. Die weitere eigene Internet-Recherche zu beiden, dem Biologen und dem Professor ist spannend und aufschlussreich in vielerlei Hinsicht. Das ist es, was im Zusammenhang mit dem Lesen solcher Biografien soviel Spaß macht. Die Folgerecherche. So stieß ich auf das folgende Video auf YouTube.




In diesem Video spricht M. Benecke über Prof. Otto Prokop. Ich halte die Vortragsweise zwar nicht für besonders folgerichtig und vor allem sprunghaft, aber dass er Zuhörer begeistern kann, ist deutlich zu merken.

Im Übrigen hat M. Benecke das Vorwort zu Vom Hängen und Würgen verfasst. Das Buch von M. Sempf und T. Zahn wurde hier bereits besprochen. Für Freunde von forensischen Romanen sei mal auf Simon Beckett verwiesen. Dessen Figur Dr. Hunter ist so ein kriminalbiologisches Gegenstück zu Benecke. (Die Rezensionen dazu stecken wohl noch im Archiv der Buchgesichter).


DNB / Das Neue Berlin / Berlin 2013 / ISBN: 978-3-944581-13-2 / 304 S.
Webseite M. Benecke

© Bücherjunge


2 Kommentare:

  1. Wieder mal ein Buch sehr abseits jeglichen Mainstreams - klingt trotzdem (oder gerade deshalb) interessant. Simon Beckett ist von mir tatsächlich noch ungelesen. Das sollte ich wohl dringend mal nachholen!

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    1. DIESE INFORMATION ist wichtig. Ganz ohne Frage. Aber nicht die wichtigste Botschaft dieser wenigen Zeilen.

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