Dieses Buch wurde mir freundlicherweise von der Verlagsgruppe Dromer Knaur als Rezensionsexemplar zur Verfügung gestellt, wofür ich mich herzlich bedanken möchte!
Gelesen habe ich diesen Roman im Rahmen einer kleinen privaten Leserunde, die durch die Knaur. Challenge 2019 zustande kam. Diese Runde läuft noch, und ich bin sehr gespannt, zu welchem Schluss die anderen Leserinnen kommen werden. Ich persönlich hatte ein etwas gemischtes Leseerlebnis, das gerade anfänglich von Enttäuschung geprägt war. Ich hatte mir von diesem Debüt nämlich etwas ganz anderes versprochen. Wie es letztlich mit mir und dem Buch weiterging, könnt Ihr hier nachlesen:
Inhalt: (Quelle: Verlagsgruppe Droemer Knaur)
Zwei Paare, drei Jahrzehnte: Immer wieder kreuzen sich in diesem Roman
von Katy Mahood die Lebenswege von John und Stella mit denen von Charlie
und Beth in den Straßen Londons, wo der Puls der Welt schlägt. Obwohl
sie es nicht wissen, sich nicht einmal kennen, werden diese Begegnungen
nicht ohne Folgen bleiben. Während manche Pläne gelingen und andere
scheitern, während die Liebe sich wandelt, schwindet oder um so stärker
zurückkehrt, zieht das Leben seine Kreise um die vier und ihre Kinder.
Und immer bleibt die Frage, wie wir wurden, wer wir sind – und wie selbst scheinbar unbedeutende zufällige Begegnungen unser Leben und unsere Beziehungen beeinflussen.
EIN BEEINDRUCKENDES LITERARISCHES DEBÜT...
Das
kann ich nun sagen, nachdem ich es beendet habe und vor allem, nachdem
ich es anfangs mit einiger Skepsis und fast schon einer Abwehrhaltung zu
lesen begonnen habe. Erwartet hatte ich hier - ja, was? Zwei
Liebesgeschichten vielleicht, die durch die wiederholten Begegnungen der
Paare zunehmend miteinander verwickelt sind? Eine Art Wohlfühlroman für
graue Tage? So etwas in der Art, ja.
Aber nein, das ist dieser Roman definitiv nicht.
Fast
schon enttäuscht nahm ich wahr, dass hier immer nur kurze Episoden der
Charaktere präsentiert werden, die sich durch 30 Jahre ihres Lebens
ziehen - von 1977 bis 2006. Es ist also kaum möglich, sich länger in
eine Szene fallen zu lassen, weil Zeit und Ort dann bereits wieder
wechseln. Was für eine Geschichte soll da eigentlich erzählt werden?
Nun,
eine Geschichte vom Leben. Von vier Leben, um genau zu sein: von Stella
und John sowie von Beth und Charlie. Der Beginn ihrer Zuneigung
zueinander und wie letztlich aus ihnen dreißig Jahre später das wurde,
was sie dann waren. Eine Geschichte von der Liebe, von Opfern, von
Begegnungen, enttäuschten Hoffnungen, Träumen und was daraus wurde, von
Schicksalsschlägen und Entscheidungen, die Folgen nach sich zogen.
Keine leichte Kost.
Die
Charaktere sind dabei sehr verschieden, auch wenn das anfänglich gar
nicht so ins Gewicht zu fallen scheint. Doch mit jeder weiteren Seite
kristallisieren sich die feinen Unterschiede heraus, der Umgang mit
Krisen, mit zerplatzten Träumen, mit Scheidewegen. Dabei kommt einem
keine einzige Figur wirklich nahe, die Distanz bleibt - und doch bilden
sich die Charaktere zunehmend plastisch heraus. Hier gibt es kein Gut
und kein Böse, keinen Helden und keinen Antihelden - hier gibt es nur
Menschen mit ihren Stärken und Schwächen und dem Bemühen, gemeinsam oder einsam ihr Leben zu bewältigen.
Die
Grundstimmung des Romans ist fast durchweg melancholisch und düster,
was für mich vor allem in der ersten Hälfte der Lektüre oftmals nur
schwer auszuhalten war. Sprachlosigkeit, Ratlosigkeit und Einsamkeit
zogen sich da niederdrückend durch die Zeilen, und es war geradezu zu
spüren, wie es dabei jedem einzelnen ging.
Definitiv ist dies keine Lektüre für zwischendurch.
Denn
abgesehen von der Melancholie ist es der ausgesprochen feine
Schreibstil, der hier jede Aufmerksamkeit fordert. Katy Mahood betreibt
einen Blog, auf dem sie gelegentlich Gedichte und Kurzprosa
veröffentlicht - und tatsächlich hatte ich so etwas vermutet, nachdem
ich einige Seiten in dem Roman gelesen hatte. Denn gerade bei Gedichten
besteht die Kunst darin, viel Inhalt und Gefühl in wenige Worte zu
fassen - und das beherrscht die Autorin perfekt.
"(...)
und Stella legte den Kopf an seine Schulter und schaute durch das
Küchenfenster hinaus auf das verwilderte kleine Stück Garten. Im
Hintergrund lief das Radio, und ein Nachrichtensprecher fing in ernstem
Tonfall zu sprechen an; draußen ließ sich ein kleiner Vogel auf dem
Futterspender nieder, und eine Katze schlich den Zaun entlang. Aber für
Stella schrumpfte die Welt in dieser kleinen Küche auf die Berührungen
von Johns Fingern zusammen, der seine Hand über die ihre schob." (S.
279)
Immer wieder staunte ich über
die wohlgefeilte, sorgfältig ausformulierte Sprache des Romans, die bei
aller Distanziertheit doch einen Tsunami an Gefühlen transportiert. Und
obwohl ich den Figuren in der Erzählung nie wirklich nahe kam, bewegten
und berührten mich gerade zum Ende hin etliche Passagen. Manche Bilder
haben mich tatsächlich zu Tränen gerührt - die Klarheit der Sprache
schuf ein tiefes Verstehen. Ich kann mir denken, dass
dieser Roman nicht für jeden etwas ist – aber mich hat er angesprochen,
so sehr, dass ich mir wirklich vorstellen kann, ihn irgendwann noch
einmal zu lesen. Und das sage ich von den wenigsten Büchern.
Gibt es hier dann also so gar keine Kritik?
Doch,
gibt es, wobei dies für mich jedoch nur Kleinigkeiten sind. So empfand
ich die seltenen Begegnungen von Stella und Charlie, die lt. Klappentext
nicht ohne Folgen bleiben, im Grunde als zu vernachlässigen. Bis zum
Ende hat sich mir nicht erschlossen, was an diesen Begegnungen
Auswirkungen auf die weiteren Wege der Charaktere gehabt haben sollte.
Und die wiederholten Versuche der Autorin, Erkenntnisse aus der
Quantenphysik als Parallele zu den Lebenswegen der beiden Paare
hinzuzuziehen, empfand ich zwar als innovativ, dann aber doch als zu
konstruiert und für mich auch nicht nachvollziehbar.
Alles
in allem aber ist dieser Roman ein beeindruckendes literarisches Debüt,
sprachgewaltig und oftmals düster, distanziert und doch mit einem
Tsunami an Gefühlen im Gepäck... Für mich eine unerwartete Entdeckung...
© Parden
Produktinformation: (Quelle: Amazon.de)
- Gebundene Ausgabe: 304 Seiten
- Verlag: Droemer HC (11. Januar 2019)
- Sprache: Deutsch
- Übersetzung: Gabriela Schönberger
- ISBN-10: 3426281856
- ISBN-13: 978-3426281857
- Originaltitel: Entanglement
Informationen zur Autorin: (Quelle: Verlagsgruppe Droemer Knaur)
Katy Mahood wurde 1978 geboren und studierte in Edinburgh und Oxford. Sie arbeitete zunächst im Verlag und dann im Marketing. Außerdem hat sie Beiträge für verschiedene Publikationen über Architektur und Gesundheitspolitik geschrieben und ist Verfasserin eines Blogs mit Gedichten und Kurzprosa.
Katy Mahood lebt mit ihrem Mann und zwei Kindern in Bristol.
Keine Kommentare:
Kommentar veröffentlichen
Durch das Kommentieren eines Beitrags auf dieser Seite, werden automatisch über Blogger (Google) personenbezogene Daten, wie E-Mail und IP-Adresse, erhoben. Weitere Informationen findest Du in unserer Datenschutzerklärung und in der Datenschutzerklärung von Google. Mit dem Abschicken eines Kommentars stimmst Du der Datenschutzerklärung zu.
Um die Übertragung der Daten so gering wie möglich zu halten, ist es möglich, auch anonym zu kommentieren.