Wieder einmal fiel mir ein Buch in die Hände, das mich durch seinen ungewöhnlichen Titel auf sich aufmerksam machte. Erfahrungsberichte lese ich eher selten, aber es kommt vor.
Ein wenig Sorge hatte ich, dass dieses Buch zu sehr ins Sentimentale abdriftet, aber obschon es natürlich Sorgen, Ängste und auch traurige Momente beinhaltet, vermittelt es vor allem eines: eine Botschaft vom Überleben. Alles Weitere lässt sich hier nachlesen:
Inhalt: (Quelle: Verlagsgruppe Droemer Knaur)
Ein ergreifende wahre Lebensgeschichte aus Irland: Ruth Fitzmaurice,
eine junge Ehefrau und Mutter, meistert mit der Kraft ihrer Liebe ein
schweres Schicksal. Ihr geliebter Mann Simon leidet an der unheilbaren
Motoneuron-Krankheit, an der auch Stephen Hawking litt. Ein berührendes
irisches Familienschicksal!
Als Ruth Fitzmaurices Mann Simon die Diagnose Motoneuron-Krankheit
erhält, bricht für die junge irische Familie eine Welt zusammen. Die
Ärzte geben ihm höchstens noch drei Jahre zu leben. Allen Warnungen zum
Trotz, lässt Ruth ihren Mann zu Hause pflegen inmitten ihres Haushalts,
der aus fünf Kindern unter zehn Jahren, einem alten Hund und bald auch
einer Heerschar von Pflegern besteht. Doch Simons Zustand verschlechtert
sich zusehends. Schließlich kann er nur noch mit seinen Augen via
Computer kommunizieren. Aber er überlebt seine Drei-Jahres-Diagnose
getragen von der Liebe seiner Frau und seinen Kindern. Für Ruth ist die
Belastung enorm. Doch sie gibt nicht auf und findet ihren Platz zum
Auftanken und Loslassen an der Greystone Bay. Dort trifft sich "der
Schwimmclub der traurigen Heldinnen" fast täglich, um in die wilden
Fluten der irischen See zu springen. Denn beim Schwimmen im eiskalten
Wasser vergessen die Freundinnen ihre Trauer und ihre Sorgen und können
dem Alltag danach mit neuer Kraft, Humor und Liebe begegnen. Die
Geschichte einer bemerkenswert starken Frau, die unter die Haut geht und
zum Nachdenken anregt.
WIEVIEL KRAFT KOSTET DIE AKZEPTANZ EINES TODESURTEILS?
Irland / Atlantik (Quelle: Pixabay) |
In kurzen
Kapiteln lässt Ruth Fitzmaurice uns teilhaben an ihren Gedanken,
Gefühlen, Abläufen in ihrem Leben. Seit der Nachricht, dass ihr Mann
unheilbar an der Motoneuron-Krankheit leidet und voraussichtlich nur
noch drei Jahre zu leben hat, steht die Welt der Familie Kopf. Trauer,
Angst und Wut stehen im Widerstreit mit dem festen Willen alles zu tun,
damit Simon in Würde leben kann, auch wenn sich sein Zustand zusehends
verschlechtert - damit die Familie noch als Familie funktioniert, auch
wenn sich Gruppen von Pflegern die Klinke in die Hand geben, damit Ruth
selbst der Gegenwart und Zukunft mit Mut und Kraft begegnen kann, auch
wenn sie dem Schicksal nicht entrinnen kann.
Titel,
Cover und Klappentext implizieren, dass besagter Schwimmclub der
traurigen Heldinnen hier einen besonderen Stellenwert einnimmt. Dies
stimmt jedoch nur bedingt. Eindeutig ist sowohl die Gemeinschaft der
drei Freundinnen, die alle auf ihre Art traurig sind, als auch das
eigentliche Schwimmen im Meer ein Bestandteil im Leben, der Ruth Kraft
gibt. Dieses Schwimmen gibt dem Tag eine feste Struktur und sorgt
gleichzeitig dafür, dass Ruth für einige Minuten ihre Gedanken loslassen
kann und nur sie selbst ist. Doch nehmen die Schilderungen dieser
Szenen nur einen kleinen Teil des Buches ein.
Rasch
aufeinanderfolgende Kapitel zeigen auf, wie sehr sich das Leben für
Ruth - und für alle anderen in ihrer Familie - verändert hat seit der
Diagnose. Das Bemühen, weiterhin positiv zu denken und stark zu sein -
für Simon, für die fünf Kinder, für das Leben. Aber auch die grauen
Tage, die Mutlosigkeit, die Trauer, der Blick auf das Unvermeidliche.
Nicht chronologisch, sondern wild hin und her springend in den Zeiten -
Szenen vor der Erkrankung, die allmähliche Verschlechterung von Simons
Zustand, die Reaktionen der Kinder und von Simons Mutter, die
Entscheidung, trotz fortgeschrittener Erkrankung ein weiteres Kind zu
bekommen (es wurden dann Zwillinge), sowieso immer wieder ein: Trotzdem!
Mit
der Bewertung derartiger Bücher tue ich mich immer wieder schwer. Die
Art des Springens in den Zeiten sowie häufig auch von einem Gedanken zu
einem ganz anderen Thema empfand ich oftmals als verwirrend, kann aber
nachvollziehen, dass Erinnerungen, Empfindungen, Gedankenfetzen
sprunghaft kommen und die Art der Darstellung insofern wieder passend
ist. Der Schreibstil ist eher einfach, und immer wieder schleichen sich
Wiederholungen ein - aber kommt es bei einem solchen Erfahrungsbericht
wirklich darauf an? In jedem Fall gehört eine gewaltige Portion Mut
dazu, sich nicht nur der Krankheit - und hier gibt es kein Happy End -
zu stellen, sondern diese und das eigene Leben auch einem Publikum zu
präsentieren. Sicher eine Form der Trauerbewältigung für Ruth
Fitzmaurice, aber vielleicht auch etwas, das anderen Betroffenen Mut
machen kann. Denn Ruth hat überlebt.
Bei
allem Elend vermeidet es die Autorin jedenfalls, auf die Tränendrüse zu
drücken. Es geht ihr nicht darum bemitleidet zu werden, es geht ihr
darum, Stärke zu demonstrieren, zu zeigen, wozu Liebe in der Lage ist
und was Zusammenhalt bedeutet. Natürlich gibt es auch berührende Szenen,
vor allem gegen Ende, und es ist zu ahnen, wie schwer ihr allein die
Erinnerungen gefallen sein müssen. Aber letztlich ist es wirklich das
Buch einer Überlebenden, einer Kämpferin, einer starken Frau. Und dafür
zolle ich ihr meine Hochachtung...
© Parden
Produktinformation: (Quelle: Amazon.de)
- Broschiert: 224 Seiten
- Verlag: Knaur HC (20. August 2018)
- Sprache: Deutsch
- Übersetzung: Maria Hochsieder
- ISBN-10: 3426214393
- ISBN-13: 978-3426214398
- Originaltitel: I Found my Tribe
Informationen zur Autorin: (Quelle: Verlagsgruppe Droemer Knaur)
Ruth Fitzmaurice, geboren 1976 in Irland, arbeitete viele Jahre beim
Irischen Radio. 2008 erhielt ihr Ehemann Simon die Diagnose
Motoneuron-Krankheit, an der auch Stephen Hawking litt. Die Ärzte gaben
ihm noch drei Jahre zu leben. Getragen von der Liebe seiner Frau und
Kinder überlebte Simon die Diagnose um sechs Jahre. Er starb im Winter
2017 im Kreis seiner Familie.
Hallo Anne,
AntwortenLöschenich mag solche wahren Geschichten, auch wenn sie nicht immer perfekt stilistisch geschrieben sind. Ich vergleiche es mit meiner eigenen Einstellung, mit meinen Tiefen, mit meinen Höhen. Dass Ruth etwas gefunden hat, das ihr Kraft gibt - das Schwimmen - ist sehr weise. Ihr Haushalt hört sich liebenswert chaotisch an.
LG
Daniela
Herzlichen Dank für Deinen netten Kommentar. Ich glaube, wenn man derartige Bücher liest, stellt man zwangsläufig Vergleiche an, das bleibt wohl kaum aus.
LöschenLG Anne
Es gibt so Schicksale...
AntwortenLöschenDu stehst für ganz besondere Literatur auf unserem Blog.
Ich bin für alles dankbar, was mir an derartigen Schrecknissen erspart bleibt.
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