Samstag, 4. November 2023

Fischer, Elena: Paradise Garden

Die 14-jährige Billie verbringt die meiste Zeit in ihrer Hochhaussiedlung. Am Monatsende reicht das Geld nur für Nudeln mit Ketchup, doch ihre Mutter Marika bringt mit Fantasie und einem großen Herzen Billies Welt zum Leuchten. Dann reist unerwünscht die Großmutter aus Ungarn an, und Billie verliert viel mehr als nur den bunten Alltag mit ihrer Mutter. Als sie Marika keine Fragen mehr stellen kann, fährt Billie im alten Nissan allein los – sie muss den ihr unbekannten Vater finden und herausbekommen, warum sie so oft vom Meer träumt, obwohl sie noch nie da war. (Verlagsbeschreibung)
 
 
DNB / Diogenes Verlag/ 2023 / ISBN 978-3-257-07250-1 / 352 Seiten
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
Wieder ein Roman von der Longlist des diesjährigen Buchpreises - und erneut ein Rezensionsexemplar, das mich über NetGalley erreichte, wofür ich mich auch diesmal herzlich bedanken möchte! Dieser Roman ist ein Debüt und inosfern schon beachtenswert, eben aufgrund o.g. Nominierung. Dass er letztlich nicht auf der Shortlist landete, liegt sicher zum einen an der guten Lesbarkeit (mein Eindruck!) - aber womöglich auch an anderen Details. Jedenfalls könnt Ihr hier nachlesen, wie mir die Lektüre gefiel:
 
 
  
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 

 WENN PLÖTZLICH ALLES ANDERS IST...

 
 

 

Der Roman beginnt mit der Beerdigung von Billies Mutter, so dass direkt deutlich wird, dass hier ein einschneidendes Ereignis stattgefunden hat. Danach wendet sich die Erzählung Rückblenden zu auf das Leben von Billie (eigentlich Erzebét) und ihrer Mutter, das gleichzeitig von Armut und Herzlichkeit geprägt ist. Man erhält einen intensiven Einblick in das Leben in einer Hochhaussiedlung, wobei hier eindeutig die positiven Aspekte überwiegen und zu einigen Nachbarn auch Freundschaften bestehen.

Die enge Blase um Billie und ihre Mutter erhält einen Riss, als die Großmutter aus Ungarn unerwartet anreist und bei ihnen einzieht. Ihre barsche, egozentrische Art treibt einen Keil in das Familienleben, doch da sie krank ist und eine ärztliche Behandlung benötigt, wird sie geduldet. Doch plötzlich ist Billies Mutter tot, und die 14Jährige steht vor den Scherben ihres bisherigen Lebens. Billie beschließt, sich auf die Suche nach ihrem Vater zu begeben, den die Mutter stets totgeschwiegen hat. Das Mädchen setzt sich kurzerhand ans Steuer des alten Nissan ihrer Mutter und fährt los...

Für einen Roadtrip ist dieser Anteil zu kurz, doch gerade er ist es, der das Geschehen einerseits vorantreibt, andererseits ins etwas Märchenhafte verschiebt. Eine 14Jährige, die tagelang durch Deutschland fährt, im Auto übernachtet, Benzin an der Tankstelle nachfüllt - und niemals auffällt oder angehalten wird? Für mich irgendwie eine zu konstruierte Entwicklung, die mir wie eine Anlehnung an den bekannten Roman "Tschick" erschien. Zudem trifft Billie stets auf wohlwollende, tolerante und hilfsbereite Menschen - etwas, das sicherlich wünschenswert ist, aber einem Realitätscheck wohl kaum standhalten würde.

Ansonsten ist der Roman aber eine warmherzige Coming of Age Erzählung, eine berührende Identitätssuche, präsentiert aus der Ich-Perspektive der 14jährigen Billie und damit ganz eng dran an ihren Gefühlen und Gedanken.

Das Debüt der Autorin ist auf der Longlist des diesjährigen Deutschen Buchpreises gelandet - Chapeau! Man darf gespannt sein auf weitere Werke von Elena Fischer...


© Parden

 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
Elena Fischer, geboren 1987, hat Komparatistik und Filmwissenschaft in Mainz studiert, wo sie mit ihrer Familie lebt. 2019 und 2020 nahm sie an der Darmstädter Textwerkstatt unter der Leitung von Kurt Drawert teil. Mit einem Auszug aus ihrem Debütroman ›Paradise Garden‹ war sie 2021 Finalistin beim 29. open mike und gewann den Literaturförderpreis der Landeshauptstadt Mainz für junge Autorinnen und Autoren. Außerdem war der Roman 2023 für den Deutschen Buchpreis nominiert und den Debütpreis des Harbour Front Literaturfestivals. (Quelle: Diogenes Verlag)
 
 

1 Kommentar:

  1. Wieder so ein preisverdächtiges Buch, doch nicht alle treffen immer unseren Nerv.

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