Björn Diemel hat die Prinzipien der Achtsamkeit erlernt, und mit ihrer
Hilfe sein Leben verbessert. Er hat den stressigen Job gekündigt und
sich selbstständig gemacht. Er verbringt mehr Zeit mit seiner Tochter
und streitet sich in der Regel liebevoller mit seiner Frau. Ach ja, und
nebenbei führt er noch ganz entspannt zwei Mafia-Clans, weil er den Chef
des einen ermordet und den des anderen im Keller eines Kindergartens
eingekerkert hat. Warum nur kann Björn das alles nicht genießen? Warum
verliert er ständig die Beherrschung? Hat er das Morden einfach satt?
Ganz so einfach ist es nicht. Sein Therapeut Joschka Breitner bringt ihn
endlich auf die richtige Spur: Es liegt an Björns innerem Kind!
- Taschenbuch: 480 Seiten
- Verlag: Heyne Verlag; Auflage: Originalausgabe (11. Mai 2020)
- Sprache: Deutsch
- ISBN-10: 3453424441
- ISBN-13: 978-3453424449
Bei 'Was liest du?' bewerbe ich mich eher selten um ein Leserunden-Exemplar. Diesmal war es anders, denn der erste Band der skurrilen Achtsamkeits-Reihe von Karsten Dusse hat mir richtig gut gefallen. Natürlich wollte ich da auch Band zwei lesen - und ich hatte Glück. Die Losfee zog meinen Namen, so dass ich an der Leserunde teilnehmen konnte. Ob mich dieser Nachfolger ebenso überzeugen konnte wie der erste Band? Lest selbst:
LEIDER SCHWÄCHER ALS DER ERSTE BAND...
Quelle: Pixabay |
Björn Diemel steht als erfahrener Anwalt auch diesmal wieder im
Mittelpunkt des Geschehens. Die Erzählung knüpft an die Geschehnisse des
ersten Bandes an und spielt sechs Monate später. Eigentlich läuft
gerade alles halbwegs glatt. Björn arbeitet nun auf selbständiger Basis,
und zwar ausschließlich für die beiden Mafia-Clans, die im vorherigen
Band eine wichtige Rolle spielten. Einer dieser Clans besitzt nun einen
eigenen Kindergarten, den auch Björns Tochter begeistert besucht -
geleitet wird dieser von Björns Vertrautem Sascha. Mit seiner getrennt
lebenden Frau hat Björn sich halbwegs arrangiert, und immerhin kann er
seine Tochter ungestört sehen.
Sascha und Björn haben die beiden Wohnungen über dem Kindergarten
gemietet und versorgen abends den heimlichen Bewohner des Hauses, der
keine Miete zahlt: Boris. Der amtierende Mafia-Clan-Chef ist im wahrsten
Sinne des Wortes untergetaucht. Er lässt sich angeblich von seinem
Anwalt Björn vertreten, der derzeit alles Geschäftliche regelt - ebenso
wie der Kollege des verfeindeten Clans, den es aber härter getroffen
hat. Der wurde nämlich von Björn achtsam ermordet, während Boris nur in
dessen Keller eingesperrt wurde.
Doch irgendwie findet Björn trotz seiner ganzen verinnerlichten
Achtsamkeitsregeln nicht wirklich zur Ruhe. Er ist schnell auf 180 und
muss sich durch seine Achtsamkeitsübungen wieder runterbringen. Seine
Frau ist überaus abweisend und missachtet seine Wünsche und Bedürfnisse
völlig, was Björn hinnimmt, um den Kontakt zu seiner Tochter nicht zu
gefährden. Aber es nervt ihn. Zunehmend. Und als sich die explosiven
Situationen häufen, beschließt Björn, seinen bereits vertrauten
Therapeuten Joschka Breitner noch einmal aufzusuchen.
Einige anstrengede Therapiestunden später ist Björn mit seinem
inneren Kind bekannt gemacht worden, das ihm aufgrund früherer
Kränkungen immer wieder dazwischen funkt. Ein ganzes Stück Arbeit liegt
nun vor Björn, denn es gilt, die Bedürfnisse des inneren Kindes zu
erkennen und zu würdigen. Der Beginn eines konstruktiven Dialogs...
"Wenn Sie einen blauen Fleck am Oberschenkel
haben, schränkt der Sie dann im Alltag ein?" --- "Nein." --- "Und wenn
jemand auf diesen blauen Fleck draufhaut?" --- "Dann tut das höllisch
weh." --- "Sehen Sie. So ist das auch mit dem inneren Kind. Ihr inneres
Kind trägt die blauen Flecke Ihrer Seele." (S.69)
Ich habe mir gerade noch einmal die Rezension zu Band eins ('Achtsam morden')
durchgelesen, um den Unterschied der beiden Romane besser fassen zu
können. Vom Aufbau her sind sich die Romane ähnlich - die Kapitel werden
eingeleitet von einem Zitat des Therapeuten Joschka Breitner, und die
Handlung des Kapitels greift diese Notiz dann auf. Dies passte für mich
in Band eins jedoch besser als hier - manchesmal wirkte es diesmal auf
mich zu konstruiert.
Ähnlich wie im ersten Band ließ sich das Buch flüssig lesen, doch
zogen sich für meine Empfinden zu viele Nebenhandlungen durch das
Geschehen, wodurch wiederholt der Eindruck von Langatmigkeit aufkam. Das
Achtsamkeits-Prinzip ist dem Leser ja schon aus dem vorherigen Band
vertraut, so dass dieser Ansatz in der Gestaltung von
Problemlösestrategien jetzt nicht wirklich neu war. Neu war allerdings
das innere Kind von Björn, das hier ständig dazwischen funkte - und
ständig wieder in den Vordergrund geschubst wurde, für mich tatsächlich
zu viel.
Vielleicht war Björn einfach zu sehr mit seinem inneren Kind
beschäftigt, so dass er seinen Vertrauten Sascha diesmal viel
'erledigen' ließ. In Band eins hat mich vor allem begeistert, dass Björn
so allein auf weiter Flur den Achtsamkeits-Regeln gemäß seine Probleme
lösen musste. Hier zerfaserte mir die Handlung zu sehr, da hätte ich
gern mehr persönlichen Einsatz von Björn selbst gesehen.
Ich bin ein großer Fan von schwarzem Humor, und im ersten Band traf
der Autor damit voll meinen Nerv. Auch der Ansatz als
Gesellschaftssatire hat mir seinerzeit gut gefallen. In diesem zweiten
Band kam der Humor für mich dagegen nicht so recht in Fahrt.
Stellenweise war es durchaus amüsant - die Sexszene beispielsweise,
während der Björn seinem innernen Kind eine Geschichte erzählen sollte -
aber insgesamt bei allem zugestandenen Einfallsreichtum doch eher etwas
bemüht.
Klingt hier Enttäuschung durch? Irgendwie schon. Zumal mir das Ende
nicht wirklich schlüssig erschien. Insgesamt einfach zu viel inneres
Kind, zu wenig an Krimi, immer wieder schleppende Passagen, und an
Spritzigkeit, schwarzem Humor und Originalität leider nicht mit Band
eins zu vergleichen. Nett zu lesen und ganz unterhaltsam. Mehr aber auch
nicht...
© Parden
Karsten Dusse ist Rechtsanwalt und seit Jahren als Autor für
Fernsehformate tätig. Seine Arbeit wurde mit dem Deutschen Fernsehpreis
und mehrfach mit dem Deutschen Comedypreis ausgezeichnet sowie für den
Grimmepreis nominiert. 2019 wurde sein Debütroman Achtsam morden zum Bestseller.
(Quelle: Verlagsgruppe Randomhouse)
Wie immer begeistert gerade bei solch humorigen Büchern der Nachfolger weniger, vermutlich weil das Konzept ja nicht so erstaunt wie vorher.
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