Dienstag, 14. November 2023

Segev, Tom: Die ersten Israelis (Palästina und Israel 2023 - Part 1)


Was ist schon wieder los in diesem Palästina? Mit dem 7. Oktober zwingt die HAMAS (und der islamische Dschihad, von dem selten gesprochen wird) die Regierung Israels zu einem neuen Militärschlag - nun gegen die Komandozentralen in Gaza.
 
Ich nehme dies als Anlass für mehrere Beiträge zum Thema und will nicht verhehlen, dass meine Sympathie bei des Israelis liegt. Hier. Jetzt. Unbedingt. Aber nicht ausschließlich. Warum, das werden wir hier auch sehen. In alten und neuen Texten, in älteren und aktuellen Büchern. Bisher Gesammeltes findet sich hier...


Eigentlich wollte ich die Reise, die ich im folgenden Post erwähnte, im Oktober wiederholen, dies vereitelte der Terroranschlag mit über 1000 toten Menschen, hunderten von entführten Geiseln und Greueltaten, die an den IS erinnern. Die Welt steht irgendwie Kopf. In der UNO stimmt Deutschland nicht etwa gegen eine Resolution, die seiner Politik nicht entspricht, es enthält sich der Stimme. Auf unseren Straßen demonstrieren Tausende und nicht nur antizionistische, nein, antisemitische Parolen werden lauthals im Chor gerufen. Davidssterne werden an Türen geschmiert und der rechtsextreme Mob klatscht in die Hände, weil er den Hass auf den Juden die anderen verbreiten lassen kann, ohne selbst in den Vordergrund treten zu müssen. "Free, free Palestine!" schallt es auf den Straßen, nicht selten zusammen mit "Allahu Akbar!" (Gott ist groß). Und Anne Will interviewt eine alte Dame namens Margot Friedländer, von über hundert Jahren, eine der immer weniger werdenden Überlebenden des Holocausts.

Antisemitismus ist dumm. Er ist nicht erst heute dumm. Es gibt für ihn keinen Grund. Aber ist der denn gar nicht klein zu kriegen? Schauen wir in Geschichte und Politik. Am Zionismus dagegen kommen wir auch nicht vorbei. 

Fangen wir an und holen eine die Rezension eines Buches von Tom Segev hervor. Der Text stammt der Rezension aus dem Jahr 2013, ist daher relativ kurz...

Israel: umstritten, gehasst, geliebt. Die einen würden im Leben nicht dahin fahren, die anderen auf jeden Fall. Im Jahr 2009 hatte ich die Gelegenheit, an einer Studienreise der Gewerkschaft der Polizei (GdP) teilzunehmen. Das Interesse am Land hatte meine besondere Affinität für Geschichte geweckt. Hinzu kam das Buch von Leon Uris EXODUS und der gleichnamige Film. Erst nach der Reise fing ich an, Sachbücher zu lesen. Neben dem Buch DIE ISRAELIS von Donna ROSENTHAL fand ich Tom SEGEVS Sachbuch DIE ERSTEN ISRAELIS besonders eindrucksvoll. wiederkehren. Hier möchte ich meine Rezension aus dem Jahre 2010 bei buchgesichter.de nicht vorenthalten. Zum Themengebiet Israel folgt sicherlich noch mehr.

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Wohl kaum ein Staat ist so vielschichtig und umstritten wie das 1948 entstandene Israel. Nach der UNO - Resolution von 1947, in der die Bildung eines jüdischen und eines arabischen, besser palästinensischen, Staates beschlossen wurde, proklamierte David Ben-Gurion am 14. Mai 1948 die Gründung Israels und verliest die Unabhängigkeitserklärung (vom britischen Mandat) in Tel Aviv.

Tom Segev ist ein bekannter und sehr profilierter Journalist, der in Jerusalem lebt. Der Publizist und Historiker hat bereits mehrere, auch ausgezeichnete, Bücher über Palästina, Israel und den Holocaust geschrieben. In diesem Buch beschreibt er die Jahre unmittelbar nach der Staatsgründung, frei von Parteinahme und mit schon fast mythologischen Ansichten aufräumend.


© URDD 2009: Eretz Israel
Was ist dieses Israel? Ein an westlicher Demokratie orientierter, auf sozialistischen Ideen beruhender, von verschiedenen Religionen beeinflusster, kapitalistischer und ständig kämpfender, oft Krieg führender "jüdisch" genannter Staat. Ursprünglich von der Sowjetunion und den Staaten des Ostblockes unterstützter und später vor allem mit den USA zusammenarbeitender Staat. Seine Bürger? Juden, Christen, Drusen, Israelis, Araber, Palästinenser. Menschen aus vielen Ländern der Erde. Zerrissen, zerstritten aber einig im Willen um den Fortbestand dieses Staates, gegründet auf den Ideen des Zionismus und jahrtausender alter jüdischer, biblischer Tradition. Aber auch Feinde. Vor allem ringsum.

Das Verhältnis von Juden, alteingesessenen und eingewanderten, und Arabern ist Inhalt des ersten Kapitels. Widerspruchsvoll und konträr. Da schreibt Segev von Vertreibung, Plünderung, Umsiedlung und Wiederbesiedlung, Versöhnungsversuchen und erneutem Kampf.

Weiter erklärt Segev unter Nutzung vielfältiger, erst in den letzten Jahren freigegebener Quellen, das Paradoxon, das Alteingesessene und in den ersten Jahrzehnten des 20. Jh. eingewanderte Juden vor allem aus Osteuropa einerseits Juden aus allen möglichen Ländern einwandern lassen, andererseits diese aber teilweise als weniger intelligente, niedere Menschen ansahen. Dies traf vor allem auf Juden aus Nordafrika und dem Jemen zu.


© URDD 2009: Knesseth
Problematisch war auch das Zusammenkommen von orthodoxen / ultraorthodoxen, also religiösen und säkularen Juden. Geprägt von z.B. sozialdemokratischen und sozialistischen Ideen wanderten viele nicht religiöse Juden ein und trafen auf Gruppen, sogar auf religiöse Parteien in der Knesseth (Parlament) , die auf die direkte Umsetzung der Gebote aus der Thora setzten, Lebensregeln in jahrtausende alter Tradition.

So suchen Juden, bzw. Israelis immer noch nach ihrer Identität. Ein Land, dass allen Juden in der Welt verspricht, sie hätten in Israel ein Heimatland ohne zu berücksichtigen, was arabische Israelis (israelische Araber), Palästinenser dazu sagen. Dies dürfte den immer währenden Konflikt nicht so bald aus der Welt schaffen können.

Tom Segev hat ein Geschichtsbuch geschrieben. Ein Sachbuch, das nur einen kleinen Teil israelischer Geschichte darstellt. Sehr viele Quellen hat er verarbeitet und eine Menge Zitate verwendet. Israel ist uns weitgehend unbekannt und unverständlich. Einen Teil besseres Verständnis, d.h. nun nicht unbedingt für die betriebene Politik, kann das Buch erreichen.

Segev ist Israeli. Das zeigt er auch. Trotz immenser Kritik und dem Versuch, die Mythologie der Staatsgründung sachlich, umfassend und direkt darzustellen.

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Geboren im Mai 1948: Das eindrucksvolle Porträt des jungen jüdischen Staates, mit all seinen Hoffnungen und Widersprüchen

Pioniere und Überlebende: Ein Porträt des jungen jüdischen Staates Die Staatsgründung Israels im Mai 1948 war eines der wichtigsten und folgenreichsten Ereignisse der letzten hundert Jahre. Wie kein Zweiter versteht es Tom Segev, ein Zeitgemälde der ersten Generation der Israelis mit all ihren Widersprüchen zu entwerfen. Indem er gleichermaßen die großen politischen Zusammenhänge und die individuellen Perspektiven zusammen führt, beschreibt Segev das Bild einer jungen Gesellschaft, die einerseits eine Notgemeinschaft und zugleich tief gespalten war: Immigrierte Holocaust- überlebende trafen auf Siedler der ersten Stunde, Juden trafen auf Palästinenser.

(2013)
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Tom Segev ist Historiker und einer der bekanntesten Journalisten Israels, dessen Bücher alle weltweit große Beachtung finden. Seine Eltern flohen 1935 aus Deutschland nach Palästina. Tom Segev wurde 1945 in Jerusalem geboren und gehört seit über 50 Jahren zu den klügsten Beobachtern der deutsch-israelischen Geschichte. In Deutschland wurde er durch sein Buch »Die siebte Million. Der Holocaust und Israels Politik der Erinnerung« (1995) bekannt. Für »Es war einmal ein Palästina« (2005) wurde er mit dem National Jewish Book Award ausgezeichnet. Zuletzt erschienen von ihm bei Siedler seine viel gerühmte Geschichte des Sechstagekrieges »1967. Israels zweite Geburt« (2007), »Die ersten Israelis. Die Anfänge des jüdischen Staates« (2008), die Biografie »David Ben Gurion. Ein Staat um jeden Preis« (2018) sowie seine Lebenserinnerungen »Jerusalem Ecke Berlin« (2022). Segev lebt in Jerusalem. (Verlag)

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Es zeigt sich in Gesprächen und vor allem in den überschäumenden sozialen Medien, dass es an Wissen fehlt. Erst letztlich staunten Freunde, als ich davon erzählte, wie sich dieses karge Provinz Palästina zu einem fruchtbaren Land entwickelte und welchen Anteil daran in Jahrzehnten eingewanderte Juden, vor allem aus Europa / Osteuropa hatten.  Die folgenden Beiträge sollen Bücher vorstellen, aber nicht nur. Mit ihnen will ich dazu beitragen, ein wenig Licht in manches Dunkel zu bringen.


© Bücherjunge (14.11.2023)

3 Kommentare:

  1. Da fällt mir ein: "Exodus" habe ich hier ja auch noch. Ungelesen. Ungesehen. Muss ich dringend mal nachholen!

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    1. So, nun kannst du dich ja mal entscheiden. Die Rezension zu EXODUS hast du nun bestimmt gesehen.

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  2. Exodus ist wirklich ein interessanter Roman.

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