Sonntag, 9. Oktober 2022

Jysch, Arne: Der nasse Fisch (graphic novel)

Es ist wieder soweit. Am siebenten Oktober kündigte ich die vierte Staffel zu Babylon Berlin an, die etwas frei auf Volker Kutschers Roman Goldstein, dem dritten Gereon Rath Fall, beruht. Hier aber geht es noch „einmal“ um den „nassen Fisch“, denn neben dem Hörbuch fand ich vor Jahresfrist auch eine Graphic Novel dazu. 

Graphic Novel? Solche Druckwerke sind hier schon oft besprochen wurden, sie sind soviel mehr als Comics und beanspruchen inzwischen  Themengebiete  von Geschichte (Stern-Bande / Sophie Scholl) bis Politik, als Geschichte für Kinder (und Erwachsene, , als  und eben auch als Romanadaption.

Diese beruht auf dem Roman zum ersten Gereon-Rath-Fall. In ihr zeigt Arne Jysch, wie Gereon Rath von Köln nach Berlin kommt und „beweist“ das außerdem mit dem „Anschreiben“ an den Berliner Polizeipräsidenten, was ich schon mal für ein tolle Idee halte. 

Zum Inhalt schrieb ich in der Rezension zum Hörbuch:


Gereon Rath ist ein talentierter Kriminalist, der in Berlin auf den älteren Bruno Wolter trifft. Es ist die Zeit der Auseinandersetzungen zwischen SA (Schutzstaffel der Nationalsozialisten) und dem RFB, dem Rotfrontkämpferbund der Kommunisten. Im Jahr 1929 verbietet der sozialdemokratische Polizeipräsident von Berlin, Karl Zörgiebel, die Demonstrationen zum 1. Mai, es gibt Tote und Verletzte. Doch das ist nur eine Episode, in die Gereon und Bruno geraten.

Mysteriös ist die Geschichte um einen Güterzug, der da aus der Sowjetunion kommt und Chemikalien geladen hat. Dabei ist auch Giftgas. Für die schwarze Reichswehr? Wolter und Rath werden zu Gegenspielern. Außerdem geht es um eine riesige Menge Gold, welches von einer russischen Familie stammt, die es seit der Oktoberrevolution vor der Sowjetregierung geheim hält und welches auf ausgefallene Weise verborgen bleibt. Die Auflösung dazu erfolgt im ersten Band, der inzwischen auf acht Bücher angewachsenen Reihe. Außerdem geht es um Waffenschmuggel... 

Es wäre wohl kein Roman, wenn da nicht noch eine Liebesgeschichte wäre:  Gereon Rath trifft auf Charlotte Ritter, Tochter eines ehemaligen Wachbeamten im Zuchthaus Moabit, die unbedingt zur Polizei will. 

* * *


Die Bücher sind im mehrfachen Sinne Geschichte: Einerseits lesen wir im Umfeld der Weltwirtschaftskrise 1929, hier beginnt die Geschichte, dem Erstarken des Nationalsozialismus, den Kämpfen zwischen brauner SA (Schutzabteilung) und rotem RFB (Rotfrontkämpferbund) und gleichzeitig erleben wir Polizeigeschichte, weil die damalige Mordkommission von Ernst Gennat völlig neu eingerichtet wurde. In diese treten Gereon Rath und Charlotte Ritter ein. letztere zuächst als Hilfskraft, Stenotypistin und dann Kriminalassistentin.

Diese Geschichte hat  Arne Jysch in schwarz-grau-weiß gezeichnet. Es sind scharfe Konturen und wer den Film gesehen hat, erkennt die Handlungs- und Tatorte auch wieder. 



Das Buch schließt mit einigen interessanten Fragen an den Autor, der damit seine zweite Graphic Novel vorlegt, diesmal ein adaptierten Roman. Jysch erzählt, dass Volker Kutscher ihn bei der Arbeit unterstützt hat. Kutscher kannte Jyschs erste Graphic Novel, Wave and Smile und wusste daher auch, dass ein solches Projekt mit Kürzungen und Änderungen versehen sein wird. 

Sofort bestätigen kann ich Arne Jyschs Einschätzung der Romanvorlage: 

„Volkers visuell gedachter Schreibstil und der raffiniert gestrickte Plot, seine Figurenkonstellationen, aber vor allem auch sein Mut, von Genreklischees, Action, Erotik und Gewalt nicht zurückzuschrecken, weil diese Dinge eben Spaß machen beim Lesen und auch gut in die 1920er-Jahre passen. Teilweise ist es auch eine Art edler Krimitrash...“

Jysch hat sich viele Filme aus der Zeit angesehen, von M – Eine Stadt sucht einen Mörder (Fritz Lang), über Doktor Mabuse bis Sin City (Frank Miller und Quentin Tarantino)

Wahrscheinlich ist es für den Zeichner einfacher, sich auf dieser Grundlage seine Handlungs- und Tatorte zu denken oder „original“ zu „kopieren“, als für die Filmcrews, die nach zeitgenössischen Gegenden akribisch suchen und dabei mit Tricks und Studio nachhelfen müssen.

Es ist ein schönes Buch, welches da vor mir liegt und während wir nun der vierten Staffel folgen können, macht es Spaß, sich zwischen den Folgen in einem „Bilderbuch“ zu blättern.

* * *

Arne Jysch, Jahrgang 1973, studierte in Hamburg und Potsdam Kommunikationsdesign und Animation. Heute lebt er in Berlin und arbeitet als Storyboard Artist, Comiczeichner und Dozent für Storyboard an der Filmuniversität Babelsberg. Er hat mit "Der Beste" einen preisgekrönten Kurzfilm produziert und am "Filmmasters Program" in Hollywood teilgenommen. "Wave and Smile" war sein erster Comic. Seine Graphic Novel "Der nasse Fisch" nach dem gleichnamigen Kriminalroman von Volker Kutscher wurde zu einem Besteller. (Carlsen Verlag)


Das Gereon Rath- Universum: Der nasse Fisch (2007) / Der stumme Tod (2009) / Goldstein (2010) / Die Akte Vaterland (2014) / Märzgefallene (2014) / Lunapark (2016) / Marlow (2018) / Olymipa (2020) / Transatlantik / Moabit + Mitte mit Kat Menschik / Der nasse Fisch als GN (Arne Jysch)


© Bücherjunge (14.11.22)



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