Kutscher, Volker: Lunapark

DER SECHSTE RATH - ROMAN

Es ist noch nicht so lang her, da ging der Kriminalkommissar Gereon Rath schön regelmäßig gegen zwei Organisationen vor, denen das Uniformtragen verboten war. Im Jahr 1934 ist offensichtlich nur noch eine davon auf Berlins Straßen zu sehen und nun auch noch bewaffnet. 

Während der Rotfrontkämpferbund, oder das, was von Rotfront übrig ist, in der Illegalität verschwunden ist, treibt sich nun, lautstark krakelend, nur noch die SCHUTZABTEILUNG, die SA, auf den Straßen rum. Aus eigenem Recht spielt sie Polizei, hebt Kneipen und Lokale aus und nur das eigene SA – Feldjägerkorps darf gegen die Braunhemden ermitteln.

Das sind die äußeren Zustände, unter denen Rath ermitteln muss.  Unter einer Brücke liegt eine Leiche. Die ist, so stellt es der Gerichtsmediziner fest, an einem Glasauge erstickt. Dem hier schreibendem Hörer kommt das irgendwie bekannt vor, da gab es schon mal einen, der auf abscheuliche Weise ein Auge verlor, nur war das nicht aus Glas. Der Tote ist ein SA-Mann, von dem ebenso schon einmal die Rede war. 

Gräf, inzwischen beim GestapA, dem Geheimen Staatspolizeiamt, hat dem Vorsitz in der Sonderkommission, in der auch sein früherer Kollege, Chef und ehemaliger Freund Gereon Rath ermittelt. Die Frage lautet, ob hier tatsächlich ein politischer Mord vorliegt. Oder kocht die SA ihre eigene Suppe? Die sogenannten Ringvereine [1]  der Berliner Unterwelt, mafiaähnliche kriminelle Vereinigungen, haben sich aufgelöst oder wurden verboten. Doch die Nordpiraten scheinen überlebt zu haben und zwar in Form eines SA-Sturmes.

Abb 1: Lunapark Berlin

Einige Szenen führen in den LUNAPARK, Ort des Showdowns, in dem Gereon Rath und sein Ziehsohn Fritze untrennbar verbunden werden dürften. Das der Junge unbedingt in die HJ will und daher immer öfter bei seinem Kumpel Atze und dessen Vater, Hauptbannführer (HJ) Rademann ist, wird am Ende eine nicht unbedeutende Rolle spielen. 

Charlotte „Charly“ Rath dagegen, die inzwischen wieder als Rechtsanwaltsgehilfin arbeitet, allerdings nicht Rechtsanwältin werden darf, unterstützt gelegentlich ihren einstigen Förderer, den ehemaligen Oberkommissar Böhm in dessen Privatdedektei. Charly zeigt ihre Ablehnung der Nazis ganz offen, was zwangsläufig zu Konflikten mit Fritz führt, zumal Gereon selbst keine klare politische Haltung einnimmt.

Gereon trifft wieder auf den Unterweltboss Marlow, mit dem er seit Jahren „finanziell“ verbunden ist, und der der Familie Rath bei der Unterbringung von Hanna (Märzgefallene) behilflich war. Dr. „M“ erweist sich nun aber als das was er ist: Ein Verbrecher, der dem Kriminalkommissar deutlich zeigt, wer der Chef im Ring ist. Diesmal ist es keine kaschierte Bitte an den "kriminalpolizeilichen Partner": Diesmal ist es ein klarer Auftrag, verbunden mit einer ebenso klaren Drohung, die Marlow sofort und eigenhändig unterstreicht... Gereon wird zu Hause erzählen, dass der Hund Kiri, den er einst von einer toten Schauspielerin übernahm (Der stumme Tod), bei einem Unfall getötet wurde...

Abb 2: Staatsnotwehrgesetz

Politisch steht der sogenannte „Röhm-Putsch“ bevor, eine Aktion von Himmlers SS und Göring, die den Chef der SA, Ernst Röhm und Konsorten entmachtete. Gräf und das GestapA sind da voll mit dabei: So, wie sie ein Jahr zuvor Kommunisten jagten, geht es nun mal gegen die „eigenen“ Leute. Später wird der Führer ein Gesetz über Maßnahmen zur Staatsnotwehr verabschieden, um die Erschießungen zu rechtfertigen. Es weist nur einen Artikel auf...

Da die Soko also beschäftigt ist, ermittelt Gereon Rath mal wieder allein. Im Fokus ebenfalls die SA. wieder muss er so manches für sich behalten und zieht sich die Skepsis des verehrten  Kriminalrat Gennat zu... 

Die Spannung nimmt zu. Es wird es immer gefährlicher für den Anti-Helden der Buchreihe von Volker Kutscher. Überall muss er absichern. Bei der Kripo, der Gestapo und dann kommt noch der SD dazu, der vielleicht gefährlichste Gegenspieler... Auch die kleine Familie wird immer mehr in Mitleidenschaft gezogen, überwogen in den Bänden zuvor die Kriminalfälle, so scheint sich dies etwas zu verschieben.

Ein Indiz über die zunehmende Spannung, einen gewaltigen Nervenkitzel, ist der Umstand, dass der bloggende Hörer nicht erst die nächsten längeren Autofahrten abwartet, sondern im "Haushalt" und auf seinem Hometrainer weiterhört. Während er diese Zeilen in die Tastatur klopft, beendet  David Nathan bereits den nächsten, den vorletzten Band, der uns die Geschichte dieses Dr. "M" erzählen wird. Schaut euch das Video an, indem der Vorleser über den Roman erzählt...

David Nathan über Lunapark

• DNB / ARGON / Kiepenheuer & Witsch / ISBN: 978-3-7324-5399-3 / 17 h 46 min oder 560 Seiten

Das Gereon Rath- Universum: Der nasse Fisch (2007) / Der stumme Tod (2009) / Goldstein (2010) / Die Akte Vaterland (2014) / Märzgefallene (2014) / Lunapark (2016) / Marlow (2018) / Olymipa (2020) / Transatlantik / Moabit + Mitte mit Kat Menschik / Der nasse Fisch als GN (Arne Jysch)

• [1] Im Buch geht es um die Ringvereine Berolina und Nordpiraten. die eigentlichen Ringvereine hießen Immertreu, Libelle, Apachenblut, Reichsverein ehemaliger Strafgefangener, Berliner Ring, Der freie Bund, norddeutscher Ring, mitteldeutscher Ring, Ring Großdeutschland, freie Vereinigung, deutsche Eiche, Sparverein https://de.wikipedia.org/wiki/Ringverein

• Abbildungen
• Abb 1: Von Bundesarchiv, Bild 146-1993-069-16 / CC-BY-SA 3.0, CC BY-SA 3.0 de, https://commons.wikimedia.org/w/index.php?curid=5483574
• Abb 2: Staatsnotwehrgesetz: Gemeinfrei File:Staatsnotwehrgesetz v 3.7.1934 - RGB I 1934 S.529l.jpg Hochgeladen: 28. Januar 2007
• Abb 3: Bild Volker Kutscher: Von Martin Kraft, CC BY-SA 3.0, https://commons.wikimedia.org/w/index.php?curid=74132213 / Bild David Nathan: von David_Nathan_30.10.09.JPG: Helen Krügerderivative work: Rob Anybody – engage... - David_Nathan_30.10.09.JPG, CC BY-SA 3.0, https://commons.wikimedia.org/w/index.php?curid=8816741
• Abb 4: eigenes Bild (vom Bildschirm fotografiert)

© Bücherjunge (14.11.22)