"Im DRESDNER VERLAG verdient es jedes gut gemachte Manuskript, dessen Inhalt sich an gesellschaftliche und moralische Normen hält, in einem Buch veröffentlicht zu werden. Wir unterliegen bei der Auswahl unserer Texte keinen modischen Zwängen, sind offen für Programmvielfalt und schrecken auch vor kleinen Auflagen nicht zurück. Bei uns steht der Autor im Mittelpunkt."
Ich weiß nicht, ob das hier vor mir liegende Buch nicht auch in anderen Verlagen herausgebracht worden wäre, aber es passt zu einem Verlag, der sich Dresdner Verlag nennt. Sicherlich ahnen es die Leserinnen und Leser, die Erwähnung von Carus, der Hinweis auf eine Autobiografie und der Verlag zeigen, hier schreibt einer seinen "Lebenslauf", der nicht nur Mediziner ist:
Professor Dr. med. Stefan R. Bornstein ist Direktor des Zentrums für Innere Medizin und der Medizinischen Klinik und Poliklinik III am Universitätsklinikum Dresden sowie transCampus-Dekan am King’s College London, wurde bekannt durch seine Pionierarbeiten zu den physiologischen Grundlagen von Stress.
Ungewöhnlich, diese lange Vorrede und das, wo doch der Professor "nicht einmal" Dresdner ist...
Nein, Stefan R. Bornstein ist im katholischen Allgäu aufgewachsen, in einem eher protestantischem Milieu. Das wäre eigentlich keiner Erwähnung wert, aber Stefan R. Bornstein beschäftigte sich sehr intensiv mit den Wurzeln seiner Familie und die waren jüdischen Ursprungs.
Vier Teile beinhaltet dieses Memoir mit der Herkunft des "Memoiristen", mit Vorbildern und Gegenbildern, mit Wissenschaft und Glaube und natürlich mit Dresden und den Brücken, die er baute und bauen will.
Ich denke es war die Erwähnung des "dritten Teils", der in diesem Lebenslauf folgerichtige Übertritt zum Judentum, der mich so richtig hellhörig werden lies, denn dem Rezensenten ist es eher schleierhaft, wieso Wissenschaftler nicht nur solchen Ranges einem religiösen Glauben anhängen können.
Bornstein ist ein Netzwerker, dessen Sprachtalent nach eigener Aussage viel dazu beitrug, dass er nun in etwas völlig neuem, einem transCampus Dekan ist und in diesem die Uni-Klinik mit dem King´s College verband. Diese Netzwerke über die ganze Welt, Deutschland - Israel - USA - Australien - China, schildert er, als wäre so etwas selbstverständlich und daher sehr anschaulich, auch wenn für diverse medizinische Begriffe ein Glossar nicht schlecht gewesen wäre. Beeindruckend, die Beschreibung des Weges zu einer künstlichen Bauchspeicheldrüse für die Insulin-Produktion bei Diabetes-Patienten.
Bildauszüge: transCampus und künstliche Pankreas |
Ebenso interessant sind seine Reflexionen des eigenen Weges zum Professor in Dresden, diese West-Ost Karriere und die Reaktionen von Kollegen auf ihren nunmehrigen Chef und vor allem, was man selbst aus Konflikten lernen kann.
Auch schreibt er auf eine nüchterne Art und Weise von erlebtem Antisemitismus, beginnend in der Schulzeit und im Alltag, wobei im Wissenschaftsbereich davon eher nichts zu spüren wäre.
Der berufliche und persönliche Erfolg, geprägt durch die jahrelange Zusammenarbeit mit vielfachen gemeinsamen Publikationen mit seiner ersten Ehefrau Monika Ehrhart-Bornstein, die Kontakte zu anderen Universitäten in verschiedensten Ländern zeigen uns Leserinnen und Lesern die Bedingungen und Voraussetzungen für eine solche Karriere und wie medizinische Wissenschaft "funktioniert". Bei allem Erfolg erinnert Bornstein sich auch an verschiedene "Probleme" im Studium, er dürfte seinem Doktorvater gezeigt haben, wie "Karriere" (Grundvoraussetzung: Zielstrebigkeit) gehen kann. Und zwar mit einer Familie, in der angestrengt wissenschaftlich gearbeitet wird. Sicher braucht er kein Buch um seinen Söhnen mitzugeben, was es heißt zu studieren. Wir Leserinnen und Leser aber können von den "Studiermethoden" profitieren. Der Autor führt allerdings auch den Beweis, dass der Sohn wohlhabender Eltern von dieser Seite her schon herausragende Bedingungen hatte.
Brücken - Bauen: Dieses Anliegen bedeutet für Stefan R. Bornstein vor allem zweierlei: Einmal sind das natürlich wissenschaftliche Brücken, hinzu kommen die kulturellen, auch in Glaubensfragen, die er bauen möchte. Da ist die Unterstützung der jüdischen Gemeinde in Dresden, wenn er die Restauration einer Thora-Rolle begleitet, oder für ein Jüdisches Museum in Dresden plädiert, etwas, was es noch nicht gibt. Für die Zukunft will er sie bauen und es ist beeindruckend zu lesen, wie so etwas funktionieren kann.
Bildauszüge: In Yad Vashem und Dresden / Tora-Rolle) |
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Ein Memoir ist ein "erzählendes Sachbuch", eine non-fiktionale Geschichte, die auch mal mit Mitteln von Erzählungen und Romanen aus der Ich-Perspektive geschrieben wird, während eine Autobiografie meist das gesamte Leben beinhaltet. Ich würde ja annehmen, dass "Autobiografie" auch stimmig wäre.
Wenn der Verlag "alles daran setzt, dass aus einem Werk ein ansehnliches Buch wird", dann ist es ihm hier gemeinsam mit dem Autor gelungen.
Dresden sieht sich gern "individuell", aber auch "international". Hier gibt es einen Wahldresdner (es gibt da schon ziemlich viele), der dazu eine Menge beizutragen hat. Schön, dass der Dresdner Verlag dies "öffentlich" gemacht hat. Vielen Dank an Herrn Oertel für das Rezensionsexemplar.
- DNB / Dresdner Verlag / Dresden 2022 7 ISBN: 978-3-933109-77-4 / 228 Seiten
- Stefan R. Bornstein - wikipedia
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