SCHRÄGER REIHENABSCHLUSS...
Drei Jahre hat es nun gedauert, bis ich nach Band 5 endlich auch zu Band 6 griff. Das hat v.a. damit zu tun, dass mich etliche Folgen der Reihe nicht wirklich überzeugen konnten. Hier nun wurden es knappe vier Sterne, weil - aber ich will nicht vorgreifen.
Die Shepperd-Agentin Maggie sucht schon seit Ewigkeiten nach dem Entführer ihres kleinen Bruders, von dem seither jedes Lebenszeichen fehlt. Als sie auf eine Spur von "The Taker" stößt, forscht sie auf eigene Faust nach und begibt sich dafür in ein Indianerreservat in New Mexico. Seither fehlt jede Spur von ihr.
Weiß der Henker, weshalb sie niemandem von ihren Nachforschungen erzählt hat, aber immerhin machen sich ihre Kollegen und Freunde Marcus Williams und der Serienmörder Francis Ackerman jr., der offiziell als tot gilt und sich nun Frank nennt, Sorgen um Maggie und beginnen nun ihrerseits nachzuforschen. Dabei hat zunächst nur Frank seinen Auftritt, und der ist schon etwas Besonderes. Ich habe zwischendurch sehr gefeixt, v.a. über die Reaktionen seiner Gegenspieler im Reservat.
Frank, der dem Shepherd-Team seit einiger Zeit als Berater und Unterstützer zur Seite steht, wird hinsichtlich seiner Gewaltfantasien von Marcus stets ausgebremst. Das hat was vom Krümelmonster der Sesamstraße, das ständig einfach nur seiner Fresslust nachkommen will und von Ernie daran gehindert wird, bis alles gesagt ist. Auch hier gilt: wehe, wenn er losgelassen. Die Handlung in diesem Thriller schraubt sich nach und nach hoch, bis die Gewaltspirale nicht länger zu vermeiden ist. Und Frank alias Francis beweist, dass ihm der Blutrausch nicht so fremd geworden ist, wie er sich das womöglich erhofft hat...
Aber irgendwie sind alle Hauptakteure des Shepherd-Teams sehr eigenwillige Personen. Marcus mit seinem eidetischen Gedächtnis und seinen ständigen Selbstvorwürfen, der von Francis wohl nicht zu unrecht als Asperger-Autist diagnostiziert wird, und die eigenbrötlerische und in meinen Augen eher unsympathische Maggie, die von der Jagd nach dem Entführer ihres Bruders besessen ist und dabei alle Vorsichtsmaßnahmen außer Acht lässt. Alles in allem ein ziemlich schräger Haufen.
Da Frank und Marcus vermuten, dass Maggie dem Taker in die Hände gefallen ist, versuchen sie im Reservat Spuren zu finden. Schnell stoßen sie dabei auf korrupte Polizisten und auf ein Rauschgiftkartell - niemand von denen ist interessiert daran, den beiden bei ihren Ermittlungen zu helfen. So gilt es, Druck aufzubauen, bis die Mauer des Schweigens bricht. In der Wahl ihrer Mittel sind sie dabei nicht zimperlich. Während der Beginn eher unterhaltsam ist, steigert sich das Geschehen dann allmählich, bis die Situation eskaliert. Als sie endlich wissen, wer der Taker ist, beginnt eine gefährliche Verfolgungsjagd - und so viel sei verraten: nicht jeder wird diese überleben.
Ethan Cross legt seine Charaktere nicht unbedingt vielschichtig an. Doch immerhin zeigt Francis Ackerman jr. in dieser Folge erstmals Schwächen, während er ansonsten unbesiegbar wie der Terminator auftrat. Überzogen erscheinen die Charaktere oftmals, ebenso wie die Handlung, brutal, blutig und gewaltvoll. Und Superman bzw. Superwoman Qualitäten zeigen irgendwie alle hier agierenden Mitglieder der Shepherd-Organisation - egal, was ihnen angetan wird, gleich stehen sie wieder auf und sind erneut einsatzbereit. Manch einer mag hier vor den gewaltvollen Szenen zurückschrecken, aber die sind meist so nüchtern-sachlich beschrieben, dass einem das Geschehen kaum etwas ausmacht.
Thomas Balou Martin liest die gekürzte Hörbuchausgabe (7 Stunden und 24 Minuten) auch diesmal wieder mit hörbarem Vergnügen und je nach Rolle deutlich zu unterscheidenden Charakteren. Vor allem die Darstellung von Francis Ackerman jr. ist in meinen Augen gut gelungen - die lakonisch-überhebliche Ausdrucksweise passt m.E. exakt zu der Charakterzeichnung des Serienkillers.
Am Ende gibt es die Shepherd-Organisation nicht mehr. Doch jedem Ende wohnt ein neuer Anfang inne - für Francis Ackerman jr. wird es weitergehen. In einer neuen Reihe. Immerhin. Allerdings wirkt das Ende dieser Folge dadurch recht konstruiert, weil es gleichzeitig als Einleitung der neuen Reihe fungiert. Ackerman-Fans wird es jedoch wohl freuen...
© Parden
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