Montag, 13. März 2023

Piñeiro, Claudia: Kathedralen

Lía glaubt nicht mehr an Gott. Nicht, seit ihre siebzehnjährige Schwester grausam ermordet wurde. In ihrer streng religiösen Familie fühlt sie sich völlig allein gelassen, und bald bricht sie den Kontakt zu ihr gänzlich ab. Dreißig Jahre vergehen ohne den geringsten Hinweis auf den Mörder, dreißig Jahre, die tiefe Gräben in der Familie hinterlassen. Erst eine unerwartete Begegnung wirbelt die Vergangenheit wieder auf und entfesselt einen Sturm, der alle mit sich reißt.

Claudia Piñeiro ergründet ein erschütterndes Familiengeheimnis, hinter dem ein Netz von religiösem Fanatismus, kirchlichem Machtanspruch und Repressionen sichtbar wird. (Klappentext)


  DNB / Unionsverlag / 2023 / ISBN: ‎ 978-3293005921 / 320 Seiten






 Kurzmeinung:

 
Eine argentinische Familie zerbricht nach dem gewaltsamen Tod einer der Schwestern - ein spannender Roman mit drängender Kritik an der katholischen Kirche...
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 

 DUNKLE ABGRÜNDE...

 
Lía, Ana, Carmen - das sind die drei Schwestern der gutsituierten Familie Sardá. Doch Ana, das Küken der Familie, lebt nicht mehr. Vor nunmehr dreißig Jahren wurde ihre brutal zugerichtete Leiche auf einem zugemüllten Grundstück gefunden - und seither ist nichts mehr, wie es einst war. Lía hat sich danach nicht nur vom Glauben abgewandt, sondern auch von ihrer Familie und lebt schon lange nicht mehr in Argentinien. Die älteste Schwester Carmen hat sich wenn möglich noch mehr als zuvor in den katholischen Glauben gestürzt und führt mit ihrem Mann Julián ein strenggläubiges Leben, in dessen Sinne sie auch ihren Sohn Mateo erzogen haben. Die beste Freundin Anas leidet seit deren Tod unter Gedächtnisverlust, und der Vater Alfredo in seiner Verzweiflung bemüht sich seit dreißig Jahren darum, endlich Antworten auf die Frage zu finden, was seinerzeit geschah - und weshalb.

Jeder der genannten Charaktere erhält in diesem Roman ein eigenes Kapitel, in das die eigenen Erinnerungen und auch die Erlebnisse der letzten dreißig Jahre nach dem Tode Anas einfließen, so dass sich nach und nach ein deutliches Bild vom damaligen Geschehen ergibt - erschreckend und grausam. Eine düstere Familiengeschichte mit dunklen Abgründen, und mehr wage ich hier nicht zu verraten, weil dies für potentielle Leser:innen zu viel vorwegnehmen würde. 

Letztlich kam es hier jedenfalls zu unerwarteten Erkenntnissen, verbunden mit einer harschen Kritik am dogmatischen Katholizismus in Argentinien. Im Grunde hat Claudia Piñeiro hier einen Spannungsroman um ein für sie immens wichtiges Thema herum kreiert mit einer deutlichen und nicht zu überhörenden Botschaft. Dabei gestaltet sie die Figuren durchaus plakativ, schwarz-weiß gezeichnet ohne sonderliche Grautöne. Gerade die Strenggläubigen werden hier mit einer gehörigen Portion Scheinheiligkeit ausgestattet, was stellenweise überzogen anmutet, letztlich aber deutlich macht, um was es der argentinischen Autorin geht.

Der Schreibstil ist literarisch wenig anspruchsvoll, die Kapitel greifen logisch ineinander und lassen sich flüssig lesen, die Botschaft steht sinnbildlich in riesengroßen Druckbuchstaben auf den Seiten, so dass für die Lesenden kein Interpretationsspielraum bleibt. Da geht Claudia Piñeiro keine Kompromisse ein, macht damit aber umso deutlicher, wie wichtig ihr das angesprochene Thema ist und dass sie da keinen Jota von ihrer Meinung abweichen wird.

Plakativ aber in sich rund - alles in allem ein überzeugender Roman... 


© Parden

 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 

 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 

Claudia Piñeiro (*1960 in Buenos Aires) ist eine der erfolgreichsten Autorinnen Argentiniens. Nach dem Wirtschaftsstudium wandte sie sich dem Schreiben zu, arbeitete als Journalistin, schrieb Theaterstücke, Kinder- und Jugendbücher und führte Regie fürs Fernsehen. Für Die Donnerstagswitwen erhielt sie 2005 den Premio Clarín, 2010 wurde sie mit dem LiBeraturpreis ausgezeichnet. Für Kathedralen erhielt sie 2021 den Premio Hammett, mit Elena weiß Bescheid stand sie 2022 auf der Shortlist des International Booker Prize. (Quelle: Unionsverlag)



2 Kommentare:

  1. Den muss ich lesen. Aus persönlichen Gründen. Grüße am vorletzten Tag in Altenberg, Osterzgebirge.

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  2. Ich empfehle völlig unabhängig aber thematisch interessant den Film "Die zwei Päpste"... Kann man streamen. Netflix.

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