Dienstag, 7. März 2023

Donelaitis, Kristijonas: Die Jahreszeiten

Der 1714 als Sohn eines Freibauern bei Gumbinnen geborene und 1780 verstorbene litauische Lehrer und lutherische Pfarrer Kristijonas Donelaitis gilt im heutigen Litauen als Begründer der litauischen Literatur, auch wenn von der poetischen Produktion des begabten und vielseitigen, dem Leben und all seinen Erscheinungen zugewandten Donelaitis zu Lebzeiten nichts veröffentlicht wurde und nur in Abschriften zirkulierte.
Sein Hauptwerk ist eine nach und nach entstandene Folge von Szenen aus dem L
eben der litauischen Bauern in Ostpreußen, geordnet nach den vier Jahreszeiten und in Hexametern verfasst, die den Singsang der gesprochenen Sprache wunderbar wiedergeben und von Arbeit und Festen, von der Landschaft und den Tieren, von Frondienst, Freude und Last, vom dörflichen Zusammenleben erzählen. Freundlich und verspielt, der Welt zugewandt, aber auch zu Verantwortung und Frömmigkeit mahnend, sind die Verse ein anschaulicher, reicher, unterhaltsamer Genuss. 1977 nahm die UNESCO das Buch in die Bibliothek der literarischen Meisterwerke auf.  (Klappentext)
 
 

DNB / C.H.Beck/ 2021 / ISBN: 978-3406777738 / 126 Seiten
 
Meine Ausgabe stammt aus dem Jahr 2016 vom Kleinverlag Langewiesche-Brandt, der seit 2020 nicht mehr existiert. Der C.H.Beck Verlag legte das Buch dann neu auf.
 

 
 
 

Kurzmeinung:

 
Szenen aus dem Leben der litauischen Bauern um 1750 - ein Werk in knapp 3000 Hexametern. Bietet interessante historische Einblicke...
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 

 EIN HISTORISCHES BAUERNJAHR IM RHYTHMUS DER JAHRESZEITEN...

 
 

 

"Im Märzen der Bauer die Rösslein einspannt..." - an dieses alte Volkslied erinnerte mich die Lektüre dieses Werkes, das nur zufällig erhalten blieb. Zeitlebens hat der Pfarrer Kritijonas Donelaitis (1714-1780) jedenfalls nichts von dem hier Gedruckten veröffentlicht, Handschriftliches und Abschriften des Originaltextes konnten jedoch gerettet werden. In fast 3000 Hexametern (klingt anstrengender als es ist, weil sich die Verse nicht reimen) widmet sich der lutherische Pfarrer dem Bauernleben im Rhythmus der Jahreszeiten und bietet aus heutiger Sicht interssante historische Einblicke. Dabei handelt es sich hierbei um kein durchkomponiertes Epos, sondern um eine lose Szenenfolge. Eine Episode wird hier an die andere gereiht, wobei es thematisch durchaus zu Wiederholungen kommt.

Frondienst mussten die Bauern der Region damals leisten, hohe Abgaben und teilweise rigide Bestrafungen inklusive. Armut herrschte unter den Bauern, gerade einmal das Nötigste am Leib, den Launen der Jahreszeiten unterworfen und in den ersten Frühlingstagen oftmals am Hungertuch nagend, weil die Vorräte des Vorjahres dann zur Neige gingen. Donelaitis erweist sich als sorgfältiger Beobachter. Das Verhältnis Herrschaft-Fronbauern rückt ebenso in den Fokus seiner Betrachtungen wie die verschiedenen Charaktere der Bauernfamilien, ihre Beziehung untereinander, bildhafte Naturschilderungen, zu erledigende Aufgaben im Jahreszyklus, Feierlichkeiten und Feste, die Auswirkungen des verlockenden Alkohols und - nicht verwunderlich - den im Leben der meisten verankerten Glauben. Der Pfarrer wird nicht müde, in seinen Versen immer wieder zu betonen, dass die Mühsal des Diesseits mit einer Belohung im Jenseits einhergehen wird, sofern das Leben gottesfürchtig gelebt wird - und umgekehrt. Dies betrifft nicht nur die Bauern, sondern eben auch die oberen Herren, denen die Bauern verpflichtet sind - willkürliche Gewalt und ausbleibende Dankbarkeit gegenüber Gott würden im Jenseits gerächt werden...

Kritijonas Donelaitis war jedenfalls nicht nur für damalige Verhältnisse ein wahrer Tausendsassa. So widmete sich der Pfarrer nicht nur der Theologie (er arbeitete nach dem Studium zunächst im Schuldienst, später als Prediger), sondern auch vielfältigen anderen Interessen. So frönte er beispielsweise der Gartenarbeit - mit besonderem Augenmerk auf die Pflege der Obstbäume -, schliff optische Linsen, fertigte begehrte Thermometer und Barometer und baute verschiedene Musikinstrumente (Fortepiano, Flügel, Kanklys = litauische Harfe), die er auch zu spielen vermochte. Und nebenher schrieb er eben auch Gedichte... Das alles verrät jedenfalls das ausführliche Nachwort, das sich auch den historischen und wechselhaften politischen Verhältnissen des Landstrichs widmet.

Noch ein Wort zum Umschlagmotiv: es zeigt ein gewebtes Band, das zur litauischen Tracht gehörte und das heute, gerändert mit den Landesfarben, bei Ehrungen den Geehrten umgelegt wird.

Mir hat der historische Einblick in das Leben litauischer Bauern um 1750 gut gefallen!


© Parden

 
 
 
 
 
 
 
 
 
Quelle
Kristijonas Donelaitis, 1714 – 1780, war Lehrer und lutherischer Pfarrer in dem Dorf Tolmingkehmen im nordöstlichen Ostpreußen. Neben seiner poetischen Produktion betätigte er sich außerdem als Glasschleifer, er baute Thermometer und Barometer, aber auch Instrumente. Man sagt, darunter die besten litauischen Klaviere und Harfen. "Die Jahreszeiten" – "Metai" – erschien zum ersten Mal 1818 in litauisch-deutscher Ausgabe und wurde herausgegeben von Ludwig Rhesa.  (Quelle: C.H.Beck)
 
 
 
 

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