Als in der Nähe des Leuchtturms der isländischen Stadt Akranes die Leiche einer zunächst unbekannten jungen Frau gefunden wird, stellt sich schnell heraus, dass sie keine Fremde in dem kleinen Ort ist. Polizistin Elma, die selbst in Akranes aufgewachsen und nach dem Ende ihrer Beziehung aus Reykjavík in den Ort ihrer Kindheit zurückgekehrt ist, übernimmt die Ermittlungen zusammen mit ihren Kollegen Saevar und Hördur. Gemeinsam stoßen sie auf ein Geheimnis in der Vergangenheit der Toten, dessen Folgen bis heute nachwirken. Im Zuge der weiteren Ermittlungen entdecken Elma und ihr Team nach und nach eine Reihe weiterer, lang verborgener Verbrechen, die die gesamte Community der Stadt erschüttern. Aus den oft bruchstückhaften Erinnerungen von Zeug*innen und Beteiligten müssen sie die Vorkommnisse von damals rekonstruieren. Dabei bleibt nichts so, wie es zunächst scheint, und auch die Ermittler*innen haben immer wieder mit ihren eigenen Dämonen zu kämpfen. (Klappentext)
Kurzmeinung:
VIELVERSPRECHENDER REIHENSTART...
Leuchtturm Island (Quelle: Pixabay) |
Zugegeben, die isländischen Namen machen es anfangs nicht leicht, in die Erzählung hineinzufinden, zumal hier eine große Anzahl an Charakteren eingeführt wird. Aber ich hatte beschlossen, darauf zu vertrauen, dass wichtige Namen wieder auftauchen und mir dann durch die Zusammenhänge erinnerlich würden. Das traf dann auch zu, so dass diese anfängliche Namensverwirrung letztlich keine wirkliche war.
Die Polizistin Elma steht - neben dem Mordopfer, das am alten Leuchtturm von Akranes gefunden wurde - im Mittelpunkt des Geschehens. Elma ist erst vor kurzem wieder in ihre Heimatstadt zurückgekehrt, nachdem ihre langjährige Beziehung in Reykjavik ein Ende fand. Die junge Frau gewöhnt sich nur langsam wieder ein, die Aufgaben als Polizistin fordern sie in dem kleinen Ort an der Küste in der Regel auch nicht sonderlich. Bis sie mit ihren Kollegen von der hiesigen Polizei zum Fundort einer Leiche gerufen wird.
Dort wird rasch klar, dass die Tote ermordet wurde, doch die Ermittlungen erweisen sich als mühsam, da es kaum Menschen zu geben scheint, die das Opfer gekannt haben. Überdies wird Elma mit der Tatsache konfrontiert, dass in dem kleinen Ort jede:r jede:n kennt und deshalb manche Personen von vornherein von jedem Verdacht erhaben zu sein scheinen. Jedenfalls verhängt ihr Vorgesetzter Hörður der jungen Polizistin und ihrem Kollegen Sævar einen Maulkorb - den die beiden nach kurzem Zögern jedoch ignorieren.
"Es machte auf Dauer keinen guten Eindruck, wenn die Polizei keine Auskünfte geben konnte. Anfangs war es noch verständlich gewesen, aber irgendwann sah es so aus, als wüssten sie gar nichts. Was ja auch stimmte. Seit dem Leichenfund waren schon drei Tage vergangen, und sie hatten immer noch keine Spur." (S. 160)
Eva Björg Ægisdóttir legt mit diesem ersten Band um die Polizistin Elma einen vielversprechenden Reihenstart vor. Trotz des eher gemächlichen Handlungsverlaufs entwickelt der Krimi rasch einen Lesesog, weil die Autorin das Spiel mit der Verwirrung einfach beherrscht. Jedem Kapitel ist ein kursiv gedruckter Abschnitt vorangestellt, in dem von der Vergangenheit eines Kindes berichtet wird, dem es nicht gut ergangen ist. Der Zusammenhang zum aktuellen Geschehen wird bald ansatzweise deutlich, doch werden die wesentlichen Details nur häppchenweise präsentiert, so dass man beim Lesen lange im Dunkeln tappt und eine Theorie nach der anderen zum Hintergrund des Mordes sowie auch zur privaten Situation der Polizistin Elma entwickelt - nur um sie gleich darauf wieder zu verwerfen. Willkommen im Land der wilden Spekulationen!
Das Verhältnis von Ermittlungsansätzen, Informationshäppchen rund um den Fall sowie von privaten Einblicken in das Leben der Polizeibeamt:innen wirkte auf mich ausgewogen und passend, der Schreibstil süffig und mit den ständigen Perspektivwechseln abwechslungsreich. Zudem gelingt es Eva Björg Ægisdóttir, eine eigentümlich raue und düstere Atmosphäre zu kreieren: das unfreundliche Wetter, die lange Dunkelheit, die oft deprimierenden Einblicke in das Leben einzelner Charaktere, die unschönen Details, die rund um den Mord bekannt werden - all das trägt dazu bei, jedoch glücklicherweise ohne die Lesenden zu erschlagen. Vor allem die bodenlose Einsamkeit des Kindes aus den kursiven Abschnitten wird hautnah transportiert. Manchmal hatte ich eine richtige Gänsehaut beim Lesen...
Gegen Ende ziehen Tempo und Spannung erwartungsgemäß an, doch bleibt am Schluss auch ein bitterer Nachgeschmack. Es bleiben Fragen offen, nicht alles wird geklärt, was aber zu dem Fall passt - und irgendwie (leider) auch realistisch wirkt. Mich konnte der Island-Krimi jedenfalls überzeugen...
An der Reihe bleibe ich gerne dran!
© Parden
Keine Kommentare:
Kommentar veröffentlichen
Durch das Kommentieren eines Beitrags auf dieser Seite, werden automatisch über Blogger (Google) personenbezogene Daten, wie E-Mail und IP-Adresse, erhoben. Weitere Informationen findest Du in unserer Datenschutzerklärung und in der Datenschutzerklärung von Google. Mit dem Abschicken eines Kommentars stimmst Du der Datenschutzerklärung zu.
Um die Übertragung der Daten so gering wie möglich zu halten, ist es möglich, auch anonym zu kommentieren.