Drei Schwestern treffen sich in der Wohnung der Mutter. Die zielstrebige
Mercedes ist 48, die flatterhafte Mira ist 32, und Matea, die noch
zuhause lebt, ist 16. Ihre Mutter Mone hat sich das Leben genommen und
nur wenig hinterlassen: alten Schmuck, die Katze Muriel und einen Brief.
Als drei Kinder aus drei Generationen sind sie mit der gleichen Frau
aufgewachsen, aber nicht gemeinsam. Wer war Mone für jede einzelne von
ihnen? Und was teilen die drei, wenn schon keine Erinnerungen? Matea,
verschlossen und in sich gekehrt, muss sich bei ihrer ältesten Schwester
in Berlin einleben und verbringt ihre Tage online. Mercedes vergisst
manchmal, dass plötzlich ein Teenager bei ihr wohnt, und Mira fühlt
sich, wie immer, überflüssig. (Klappentext)
Diese Wette hätte ich nun glatt verloren. Ich war mir nach der Lektüre dieses Romans nämlich sicher, dass auch dieser auf der Longlist des diesjährigen Deutschen Buchpreises landen würde. Aber Pustekuchen. Über NetGalley hatte ich die Möglichkeit, diese Familiengeschichte zu lesen, wofür ich mich einmal mehr bedanken möchte. Ob mir der Roman nun auch gefallen hat? Das könnt Ihr hier nachlesen:
DREI SCHWESTERN...
Da die Katze aus juristischen Gründen nicht als weitere Erbin
eingesetzt werden konnte, teilen sich die drei Schwestern die
Hinterlassenschaft ihrer verstorbenen Mutter. Nicht nur aufgrund ihres
Altersunterschiedes - Mercedes, Mira und Matea sind jeweils 16 Jahre
nacheinander geboren - haben die drei Frauen nur wenig miteinander
gemein. Sie stammen nicht nur von unterschiedlichen Vätern, die nie auch
nur eine Sekunde eine Rolle in ihrem Leben gespielt haben, sie wuchsen
auch unter vollkommen anderen Bedingungen auf. Die eine wurde noch in
der ehemaligen DDR groß, die zweite kurz nach der Wende und die dritte -
nun, für sie sind Google und virtuelle Welten selbstverständlich.
Der Roman berichtet von den Ereignissen im ersten Jahr nach dem
Suizid der Mutter, jedes Kapitel stellt einen weiteren Monat dar,
wechselnd jeweils erzählt aus der Ich-Perspektive einer der Schwestern,
wobei sich die Art des Ausdrucks an den jeweiligen Charakter anpasst. Da
Matea noch minderjährig ist, kommt sie bei ihrer ältesten Schwester
Mercedes unter, und Mira schneit ab und zu bei ihnen rein, um etwas mit
ihnen zu unternehmen. Das ist mehr Kontakt, als sie all die vergangenen
Jahrzehnte zueinander hatten. Anfangs kreisen die drei doch recht
unbeholfen umeinander, haben sich auch nicht immer unbedingt viel zu
sagen. Doch allmählich kommt es dann zu kleinen Annäherungen, die eigene
Schale bricht ein wenig auf zugunsten einer Gemeinsamkeit und eventuell
auch einer eigenen Neuorientierung.
Der Roman spielt im Wesentlichen in Berlin, und ich fand es spannend
zu sehen, dass diese Stadt für jede der drei Schwestern eine andere
Bedeutung hat und unterschiedlich empfunden wird. Aber auch die
ehemalige DDR spielt eine Rolle und schwappt immer wieder ein wenig
nostalgisch aber durchaus auch kritisch in die Erzählung. Miku Sophie
Kühmel hat einen lakonischen Schreibstil gewählt, trocken und treffend
und manchmal von einem feinen Humor durchzogen. Dadurch bleiben die
Charaktere lange Zeit auf Distanz, was ihnen größtenteils aber auch
Recht zu sein scheint. Mit dem allmählichen Aufbrechen der rauen Schale,
die jede der drei Schwestern um sich gezogen hat, kommen die drei
jedoch nicht nur sich gegenseitig näher, sondern auch ihrer verstorbenen
Mutter sowie dem/der Leser:in.
Dies ist ein leiser Roman ohne großartige Spannungsbögen, der mich in
drei Leben entführt hat, die sich einander annäherten ohne die eigene
Einzigartigkeit aufzugeben. Ein Roman, den ich sehr gerne gelesen habe
und von dem ich mir durchaus hätte vorstellen können, dass er auf der Longlist des
diesjährigen Buchpreises landen würde...
© Parden
- Herausgeber
:
S. FISCHER; 1. Edition (10. August 2022)
- Sprache
:
Deutsch
- Gebundene Ausgabe
:
272 Seiten
- ISBN-10
:
3103971117
- ISBN-13
:
978-3103971118
Miku Sophie Kühmel wurde 1992 als jüngste von drei Schwestern in Gotha
geboren. Sie hat Literatur- und Medienwissenschaften studiert – kurz in
New York und länger in Berlin, wo sie heute lebt und arbeitet. Sie ist
freie Schriftstellerin und produziert verschiedene Podcast-Formate. Nach
Veröffentlichungen in Anthologien und Zeitschriften erschien 2019 ihr
Debütroman »Kintsugi«. Sie erhielt u.a. Stipendien des Alfred
Döblin-Hauses der Akademie der Künste, des Künstlerhofes Schreyahn und
der Stadt Gotha.
Die haben alle drei die selbe Mutter? Bei den Altersunterschied? Nehmen wir an, die ist 68 geworden, dann bekam sie die Jüngste mit 52... Was mir so da so einfällt, als ob das letztlich vom Bedeutung wäre. - Der BJ
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