Sonntag, 22. Oktober 2023

Merkentrup, Inge: Eines Tages werde ich berühmt sein

Emma Ritter hat ein stattliches Lebensalter erreicht. Geboren wurde sie 1878 in Vechta im Großherzogtum Oldenburg und sie wurde 95 Jahre alt. Aber gehört hatte ich von ihr nie. Allerdings las ich von einer Gruppe Künstler, die die beteiligten Maler DIE BRÜCKE nannten. Schon einmal erzählte ich hier von einer jungen Frau, die einst in Moritzburg auf eine Gruppe von Malern und Modellen traf, die Novelle DIE BADENDE VON MORITZBURG schrieb Ralf Günther im Jahr 2017.

Diese Emma Ritter traf in ihrer jungen Schaffensphase mit den Brücke-Künstlern zusammen. Doch wie traf ich auf Emma? Am 06. Oktober 2023 fand in Ingolstadt eine 7er-Lesung statt. Anlass war die Verleihung der HOMER – Literaturpreise 2023. Im Stadtmuseum Ingolstadt las Inge Merkentrup aus dem biografischen Kunstroman EINES TAGES WERDE ICH BERÜHMT SEIN. Ihr Thema: Emma Ritter expressionistische Malerin.

Bildende Künstlerinnen wie Emma hatten es in der Zeit vor dem ersten Weltkrieg nicht leicht, auch die Kunst war eine fast einzige Männerdomäne. Aber 1903, hier beginnt der Roman, gab es Malschulen für Damen und diese besucht an verschiedenen Orten die dreißigjährige Künstlerin, der seitens der Eltern keine steine in den Weg gelegt werden.In Berlin wird sie nun Schülerin von Franz Heinrich Louis Corinth.

Die Handlungsorte führen uns neben Berlin mehrfach nach Dangast. Dieses Dangast, in dem ein anderer Maler vor allem berühmt ist, Franz Radziwil (1895 – 1838 - Radziwil - Haus) aber das ist schon fast eine andere Zeit, denn unser Büchlein hier erzählt Emmas Geschichte bis 1923.

In eben diesem Dangast begegnet unsere Malerin im Jahr 1909 dem expressionistischen Künstler Karl Schmidt-Rottluff. Diese Begegnung ist für Emma bedeutend, in malerischer wie auch persönlicher Hinsicht. Zu Karl und seiner Frau Emy entwickelt sich eine Freundschaft.
In Dangast trifft sie auch auf Rosa Schapire, eine Kunstmäzenin aus dieser Zeit, und den Brücke-Künstler Erich Heckel.

Bilder Link Brückemuseum* / Landesmuseum Oldenburg **



Dieses Dangast muss ein inspirierender Ort sein. Besonders Schmidt – Ruttloff hat dort Motive über Motive gefunden. Das gilt auch Emma Ritter und Max Pechstein, ebenfalls Brücke – Künstler. Wie lesen auch von Emil Nolde, Lyonel Feininger und anderen.

Zuallererst aber ist es ein Buch über eine eindrucksvolle Frau, die ihren eigenen, einen überaus künstlerischen Weg ging, in einer Zeit, in der die moderne Malerei neu Wege ging. Im Jahre 1957 wurde in Oldenburg in einer Ausstellung das Dangaster Schaffen der Künstler Karl Schmidt-Rottluff, Erich Heckel, Max Pechstein und Emma Ritter geehrt. Bis ins hohe Alter war die Malerin in Ausstellungen vertreten.

Sie hat es geschafft, eines Tages berühmt zu sein.

* * *

Das Buch selbst beschäftigt sich mit einem relativ kurzen Zeitabschnitt des langen Lebens der Künstlerin, welcher für sie maßgeblich prägend gewesen sein dürfte. Eine Familie gründete sie dabei nicht, zu Schmidt – Ruttloff entwickelte sie vielleicht mehr als freundschaftliche Gefühle. So bleibt es ein „Malbuch“. Eines, mit dem man sich in die Museen begeben kann, vor allem, wenn man in Oldenburg vorbeikommt. Oder in Dangast. Oder in das Brücke-Museum in Berlin.

Es ist ein „Google“-Buch, denn wenn man sich wie der Rezensent letztlich mit der Malerei nicht auskennt, bleibt einem nichts anderes übrig, als alles nachzuschlagen. Die Links dazu finden unsere Leser weiter untern. Solche Bücher gefallen mir, Bücher, die man nicht einfach ins Regal zurück stellt, Bücher, die einen weitersuchen und lesen lassen. 

Im Anschluss an die oben erwähnte Lesung hatten wir noch manche Gelegenheit, uns zu unterhalten. Als Oldenburger Schriftstellerin war es ja fast eine Pflicht, ein Buch über die berühmte Malerin zu schreiben. So erklärte mir Inge Merkentrup (mal wieder) den Unterschied von expressionistischer und impressionistischer Malerei. Die bunten Äpfel auf dem Bild in der Collage sprechen wegen der intensiven Farbgestaltung für den expressiven Stil.

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Inge Merkentrup studierte Germanistik, Geschichte und Sozialwissenschaften, hat die Romane SCHATZMUTTER SCHIESST SCHARF (2009) und CHARLOTTE VON STEIN LÄDT ZUM TEE (2016) veröffentlicht und einige Erzählbände. In EIN BISSCHEN MARILYN UND IMMER FRAU hat sie sieben Frauengeschichten geschrieben, wobei im Verlagstext zu lesen steht, dass nur eine der Frauen eine Berühmtheit war.

(Inge Merkentrup liest aus EINES TAGES WERDE ICH BERÜHMT SEIN)




© Bücherjunge

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