SEEPFERDCHEN-MONOLOGE UND MEHR...
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Zugegeben, ich habe mich nur zögernd an die Lektüre des nun auch auf Deutsch erschienenen Debüts von Stine Pilgaard gewagt, weil mir "Meter pro Sekunde" seinerzeit so gar nicht gefallen hat. Letzteres war mir zu langatmig, experimentell, unzusammenhängend - da überwog bei mir über weite Strecken die Langeweile. Gut gefallen haben mir damals allerdings die schrägen Charaktere, allen voran die Ich-Erzählerin.
Auch in diesem Roman gibt es eine Ich-Erzählerin, diesmal allerdings auch eine deutlich zusammenhängendere Erzählung, nur regelmäßig unterbrochen von den "Seepferdchen-Monologen". Diese leiten sich vom Hippocampus ab, einem Hirnareal, das die Form eines Seepferdchens hat und das für das bewusste Abspeichern und Abrufen von Erinnerungen zuständig ist. Tatsächlich ergießen sich in diesen Monologen zahllose Erinnerungen der Ich-Erzählerin zu verflossenen Liebhaberinnen, oftmals in Form einer freien Assoziationskette. Hierbei ergaben sich für mich zumindest stellenweise wieder die gefürchteten Längen, aber im Gesamtzusammenhang fielen diese diesmal nicht so sehr ins Gewicht.
Ansonsten erzählt der Roman vom aktuellen Liebeskummer der jungen Frau, die von ihrer langjährigen Freundin verlassen wurde. Sie trauert ihr nicht nur hinterher, sondern versucht auch, sie wieder zurückzugewinnen - und ertränkt ihren Kummer vorzugsweise im Alkohol. Familie und Freund:innen begleiten sie in diesem Prozess, wobei sich so manch unterhaltsamer und intelligenter Dialog entspinnt.
Die Charaktere in dieser Erzählung sind wieder reichlich schräg, allen voran die Ich-Erzählerin und ihre Mutter. "Meine Mutter sagt" ist durchaus wörtlich zu nehmen, denn diese hat ihrer Tochter viel zu sagen. Wie immer schon. Die Ich-Erzählerin versucht in Deckung zu gehen, was ihr aber nur unzureichend gelingt. Auch wenn die Mutter mir im wahren Leben wohl zu "drüber" wäre, mochte ich sie hier irgendwie - sie ist in der kreativen Ausgestaltung von vermeintlich klaren Situationen einfach nicht zu toppen. Am sympathischsten war mir der Vater der Ich-Erzählerin, ein Pfarrer, der nun zum dritten Mal verheiratet einfach irgendwie zu gut für die Welt ist und seiner Tochter einfach nichts abschlagen kann.
Ich mochte den trockenen Humor, der sich hier trotz des Liebeskummers immer wieder Bahn bricht, die menschliche Wärme, die allem schrägen Umgang miteinander zum Trotz die Oberhand behält, und den versierten Umgang mit der Sprache, die hier allen Mitwirkenden zu eigen ist.
Ein leiser Roman, der mich überraschen konnte und den ich gerne gelesen habe...
© Parden
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