Was macht diese von außen eher unscheinbare Kirche im Zentrum von Maastricht - einer der ältesten Städte der Niederlande - zu etwas ganz Besonderem?
Maastricht hat 53 Kirchen, viele davon wirklich sehenswert:
Aber was macht eine Stadt von etwa 120.000 Einwohnern mit 53 Kirchen? Nun, in einem Artikel von "Zeit Online" fand ich folgende Antwort:
Schon während der französischen Besatzung im 18. Jahrhundert wurden
etliche von ihnen entweiht, dienten als Pferdeställe, später als
Fahrradgaragen – oder standen einfach leer. Vor einigen Jahren begannen
die protestantischen und katholischen Gemeindeverwaltungen, verstärkt
nach neuen, weltlichen Mietern zu suchen. Die Universität Maastricht
samt Bibliothek, Vorlesungssälen und Verwaltungsgebäude, das
Naturhistorische Museum und das prunkvolle Theatercafé La Bonbonnière
sind allesamt in ehemalige Gotteshäuser umgezogen.
Auch die Kirche, die hier näher vorgestellt werden soll, dient nicht mehr dem ursprünglichen Zweck. Noch vor 200 Jahren beteten dort Dominikanermönche, dann aber wurde sie anderen Verwendungszwecken überlassen.
So beschreibt ein Artikel in "Was Liest Du?":
Seit weit über 200 Jahren wird die Kirche nämlich nicht mehr als Kirche
genutzt, sondern mehr oder weniger funktionell: In der Kirche fanden
Weihnachtsmärkte ebenso statt wie Boxkämpfe und Autoshows. Die Kirche
diente bereits als Abstellraum für Fahrräder - und es wurden sogar schon
Karnevalssessionen darin abgehalten.
Wer sich darüber jetzt wundern oder gar empören mag, der wird vielleicht mit der heutigen Nutzung der Kirche eher einverstanden sein, dem Polare Maastricht.
Wer sich jetzt immer noch nicht wirklich etwas darunter vorstellen kann:
Grund genug, für einen Blogbeitrag hier noch einige Fotos mehr zu machen.
2006 wurde die Filiale der Buchhandelskette Selexyz auf einer Verkaufsfläche von 1000 Quadratmetern als Selexyz Dominicanen eröffnet.
Ton Harmes sagt, dass es beim Umbau eine große Herausforderung gewesen sei, die 50.000 Buchtitel in der Vertikalen anzuordnen. Denn der sakrale Raum bietet vor allem Platz in der Höhe. Die Freiheit zum Himmel unter dem 23 Meter hohen Deckengewölbe galt es zu bewahren und zu nutzen. Deshalb wurden die üblichen Büchertische bei Selexyz Dominicanen nur im Eingangsbereich aufgestellt. Wer mehr will, muss Stufen erklimmen oder den Aufzug nehmen. Vor den Regalen sind frei im Raum Stege installiert, auf denen man in die einzelnen Abteilungen gelangt. Schwindelfrei zu sein ist von Vorteil. (...)
»Falls es mal wieder anders kommen sollte, hätten wir nichts zerstört, eher wiederhergestellt.« Sämtliche Regale lassen sich wieder abbauen, ohne Spuren an dem denkmalgeschützten Gemäuer zu hinterlassen. Nichts wurde an die Wände geschraubt oder genagelt.
Seit 2013 heißt die Buchhandlung nun Polare Maastricht. Aufgrund wirtschaftlicher Probleme wurde nämlich die Selexyz-Kette von einer Investorengruppe gekauft und fusionierte anschließend mit der
Gebrauchtbuchkette "De Slegte" unter dem Namen "Polare" (aktuell mit
über 30 Filialen in den Niederlanden vertreten).
Und wer erschlagen von den ganzen Eindrücken eine Pause benötigt, wird auch hier fündig. Im Lesecafé, das sich ebenfalls in der Kirche befindet, dem gemütlichen Coffeelovers. Hierzu wieder die "Zeit Online":
Dort, wo einst der Altar stand, sitzt die Kundschaft an kleinen Tischen
und einer lang gezogenen, kreuzförmigen Tafel bei Latte macchiato und
Schokomuffins, mit einem Buch in der Hand. Das Coffeelovers residiert
unter einem gewaltigen, mühlenradartigen Kronleuchter und ist ebenso wie
der Buchladen auch sonntags geöffnet. Wie es sich für ein
Kirchengebäude gehört.
Ein Besuch, der sich gelohnt hat, wie ich finde. Auch wenn ich aufgrund der Anderssprachigkeit in dem Fall auf den Kauf eines Buches verzichtet habe...
Abgesehen von dem Besuch dieser wundervollen Buchhandlung sei hier die Anmerkung gestattet, dass Maastricht auch ansonsten immer einen Besuch wert ist.
Einige besondere Funde seien hier auch nicht verschwiegen...
Ein Laden mit witzigen Teekannen... |
Schuhe im Baum... |
Jedenfalls freue ich mich schon auf den nächsten Beitrag von "Blog on Tour"! Mal sehen, was sich noch so Interessantes finden lässt...
© Parden
Das ist ja mal wirklich eine ungewöhnliche - und noch dazu schöne - Buchhandlung.
AntwortenLöschenEin sehr schöner Beitrag!
Es war wirklich beeindruckend...
LöschenDIe Buchhandlung ist echt tool. Da würde ich auch gerne shoppen gehen :)
AntwortenLöschenBist Du des Niederländischen mächtig? Ansonsten empfehle ich: staunen statt kaufen... ;)
LöschenEin gelungener Bericht mit schönen Bildern und interessanten Erklärungen.
AntwortenLöschenKönnte als Inspiration für eine Tour dienen.
Vielen Dank, Klaus. Maastricht ist immer eine Reise wert!
LöschenDiese Buchhandlung ist unglaublich! Absolut phantastisch! Warum haben wir sowas nicht hier? Ist aber vermutlich besser so. Eine solche Buchhandlung mit deutschen Büchern würde bei mir vermutlich einen dramatischen Kaufrausch auslösen :-)
AntwortenLöschenIch fürchte, das würde vielen so gehen, *lach*... Aber auch hierzulande werden ja Kirchen geschlossen und sogar verkauft. Wäre solch eine Einrichtung auf deutschem Boden denn wirklich undenkbar?
LöschenHallo Anne, nein, es ist auch in Deutschland möglich. Ich war vor Jahren in dem sauerländischen Ski-Eldorado Willingen (Upland). Dort gab es eine ausrangierte Kirche (im Kirchendeutsch: säkularisiert), die war zur Kneipe und Disko umfunktioniert worden. Da finde ich die Idee mit der Buchhandlung aber viel besser. Übrigens: Willingen undd as gar nicht weit entfernte Winterberg sind heutzutage weitgehend holländisches Hoheitsgebiet :-), weil das Sauerland für Niederländer so was wie die Alpen für uns darstellt!
LöschenDass Winterberg & Co. fest in niederländischer Hand sind, weiß ich aus eigener Erfahrung. Eine Freundin von mir hat dort jahrelang als Ärztin am ortsansässigen Krankenhaus gearbeitet und v.a. im Winter einschlägige Erfahrungen mit Patienten niederländischer Nationalität gemacht... ;)
LöschenVielen Dank für diesen interessanten Beitrag. Damit hat es Maastricht auf die Liste möglicher Reiseziele geschafft! Kirchen sind tolle Gebäude und ich finde es gut, wenn sie sinnvoll genutzt werden, wenn die Kirche selbst keinen Bedarf mehr hat.
AntwortenLöschenLG
Emma
Dem kann ich mich anschließen - auch wenn eine Disko, wie von Rudi erwähnt, nicht unbedingt dem entspicht, was ich mir für die Nutzung einer "ausgedienten" Kirche wünschen würde...
LöschenDas ist vor allem ein Beitrag, welcher absolut in diesen unseren Blog passt. Eine besondere Buchhandlung mit sicherlich besonderen Büchern in einem besonderen Blog, der eben nicht nur einzelne Bücher oder Serien bespricht, sondern auch viele bebilderte Geschichten aufweist.
AntwortenLöschenStimmt.
LöschenMehrmaliges Lesen fördert Neues zu Tage!
AntwortenLöschenDU HAST AUF EIN MANGA BUCH VERZICHTET, WEIL ES ANDERSSPRACHIG WAR? ICH HOFFE, DIES WAR NICHT DER EINZIGE GRUND.... ;)
Wer weiß, vielleicht ändert sich gerade mein Geschmack? ;)
LöschenNein, wie Du weißt, habe ich bei den Buchgesichtern eine Buchgeschichte geschrieben mit dem Hinweis auf diesen Beitrag hier im Blog. Dazu brauchte ich ein Buch, das auch in der dortigen Datenbank auftaucht. Ich habe noch mehr Fotos niederländischsprachiger Bücher, konnte diese bei BG aber nicht finden. Daher wurde es also das Manga-Buch...
Und ich habe vor ein paar Wochen in THE CHURCH Guinnes getrunken. Und unterm ehemaligen Altar wurde gesteppt.
AntwortenLöschen