Auf Shackletons Spuren im härtesten Meer der Welt
Eine Rezension von
TinSoldier
Die Entdeckungsgeschichte der Menschheit ist lang und sie ist reich an Erfolgen, aber leider ebenso an Mißerfolgen und an Entdeckern, die ihr Leben für die Wissenschaft ließen.
Aber so ist es ja oft, wenn Menschen sich aufmachen, Terra incognita zu erkunden und für sich in Besitz zu nehmen:
Das Geheimnisvolle, die Verlockungen des Unbekannten, die Neugier des Entdeckers täuschen nur allzu oft über alle Gefahren hinweg und führen zum Verhängnis. Wagemut und die Herausforderung der Naturgewalten fordern ihre Opfer:
Roald Amundsen etwa.
Er verlor sein Leben, als er seinen Forscherkollegen Umberto Nobile retten wollte.
Oder der Engländer Robert Falcon Scott,
der den dramatischen Wettlauf gegen Roald Amundsen zum Südpol verlor und auf dem Rückweg mit seinen Gefährten auf tragische Weise um´s Leben kam.
Sein Tagebuch wurde bei seiner Leiche gefunden.
Darin notierte er unter anderem:
„Wir haben Risiken auf uns genommen, [und] wir wussten, dass wir sie auf uns nahmen; die Dinge haben sich gegen uns gewendet, und deshalb gibt es keinen Grund zur Klage für uns, stattdessen sich dem Schicksal zu fügen und die Pflicht zu erfüllen, bis zum Ende das Beste zu tun. […] Hätten wir gelebt [überlebt], hätte ich eine Geschichte zu erzählen über Kühnheit, Ausdauer und Mut meiner Kameraden, die das Herz eines jeden Engländers rühren würde. Diese wenigen Zeilen und unsere toten Körper müssen [nun] die Geschichte erzählen, doch sicher, sicher wird unser großes und reiches Vaterland darauf achten, dass die auf uns Angewiesenen in ausreichendem Maß versorgt sind.“
Der letzte Eintrag vom 29. März 1912 endete mit den Worten:
„Letzter Eintrag. Um Gottes Willen, kümmert Euch um unsere Leute.“
Größe zeigt sich in den Taten eines Menschen!
Scott bewies sie sogar noch auf der Schwelle zum Tode: Da ist kein Gedanke an das eigene Wohl, nein, seine letzten Wünsche gelten dem Wohl seiner Angehörigen und der seiner Männer, die mit ihm an Hunger, Kälte und Entkräftung starben.
Als man ihn fand, hatte er einen Arm um einen toten Kameraden geschlungen.
Und man stelle sich den psychischen Druck vor, unter dem diese Männder standen. Scott z.B. hatte am 18. Januar 1912 nach einem furchtbaren Gewaltmarsch den Südpol erreicht, nur um feststellen zu müssen, dass Amundsen ihm um etwa 5 Wochen zuvor gekommen war. Er notierte daraufhin:
„Das Schlimmste ist eingetreten […] Alle [meine] Träume sind dahin […] Großer Gott! dies ist ein schrecklicher Ort […]".
Zu dieser verheerenden Enttäuschung kam nun das Bewußtsein, den grausamen Rückweg unter der Last einer vernichtenden Niederlage antreten zu müssen.
Aus solchem Holz waren jene Männer geschnitzt, von deren Taten wir heute lesen, ohne jemals ganz erfassen zu können, w a s jene vollbracht haben!
Aber was wären wir, was wäre die Menschheit heute ohne die unzähligen Entdecker der Menschheitsgeschichte, die bereit waren, jedweder Gefahr zu trotzen, die keine Anstrengung scheuten, um ihren Traum zu leben und ihre Ziele zu verwirklichen.
Wäre es vermessen zu sagen, der biblische Adam war der Erste, welcher die lange Reihe der menschlichen Entdeckungsgeschichte eröffnete, als er den Apfel vom Baum der Erkenntnis aß... ?
Wie auch immer: Wo wäre die Menscheit heute ohne einen Christoph Columbus, ohne einen Amerigo Vespucci, ohne Ferdinand Magellan oder Alexander von Humboldt, ohne Galileo Galilei, ohne Juri Alexejewitsch Gagarin, der als erster Mensch in den Weltraum flog und ohne die ersten Mondfahrer Neil Armstrong, Edwin „Buzz“ Aldrin und Michael Collins und all die anderen, die hier nicht erwähnt werden können, weil der Platz nicht reichen würde, um sie alle aufzuzählen.
Auch Sir Ernest Shackleton und Arved Fuchs zählen zu diesen Pionieren.
Sie sind aus dem gleichen Holze geschnitzt: Forschernaturen, Pioniere, die mit scheinbar unstillbarem Wissendurst und Tatendrang Neuland erforschen, und sei es auch nur, indem sie in physische und psychische Grenzbereiche des eigenen Körpers vorstoßen.
Arved Fuch erzählt uns die Geschichte Shackletons und damit gleichzeitig die eigene. Es ist die Geschichte von Männern, die weder körperliche Qualen oder Lebensgefahr davon abhalten kann, ihrem grenzenlosen Forscherdrang nachzukommen.
Es sind Männer, die wir bewundern und zu denen wir aufschauen.
Sie sind aus dem gleichen Holze geschnitzt: Forschernaturen, Pioniere, die mit scheinbar unstillbarem Wissendurst und Tatendrang Neuland erforschen, und sei es auch nur, indem sie in physische und psychische Grenzbereiche des eigenen Körpers vorstoßen.
Arved Fuch erzählt uns die Geschichte Shackletons und damit gleichzeitig die eigene. Es ist die Geschichte von Männern, die weder körperliche Qualen oder Lebensgefahr davon abhalten kann, ihrem grenzenlosen Forscherdrang nachzukommen.
Es sind Männer, die wir bewundern und zu denen wir aufschauen.
Die Vorgeschichte:
Im Jahre 1914 startete der britische Antarktisforscher Ernest Shackleton mit den Schiffen "Endurance" und "Aurora" und 56 Mann zu seiner schicksalhaften "Imperial Trans-Antarctic Expedition". Shackleton wollte als erster Mensch den antarktischen Kontinent zu Fuß durchqueren. Zu diesem Zweck setzte
Shackleton mit seinem Schiff "Endurance" ("Ausdauer") Kurs auf das Wedell-Meer , um dort anzulanden.
Die "Aurora" segelte indessen zur gegenüberliegenden Seite des Kontinents. Von dort aus sollte die Besatzung der "Aurora" Shackleton entgegenmarschieren und an festgelegten Punkten Verpflegungsdepots anlegen.
Während die "Aurora" ihren Auftrag ausführte, geriet die "Endurance" schon bald in gefährliches Drifteis und wurde vom Eis eingeschlossen. Zwar gab das Eis die "Endurance" später vorerst wieder frei, allerdings wurde das Schiff später erneut vom Pack- bzw. Treibeis eingeschlossen und letztlich vom Eis zerstört.
Der Kapitän des Schiffes, Frank Worsley, notierte in seinem Tagebuch dazu:
„Wenn jemand, wie wir es taten, jede Ecke und jeden Winkel eines Schiffes kennt und ihm immer wieder in jenem Kampf half, den es so gut bestand, dann ist der Zeitpunkt der Trennung nicht ohne Pathos, ungeachtet der eigenen trostlosen Lage. Und ich zweifle, dass es unter uns irgendjemanden gab, der nicht ergriffen war, als Sir Ernest auf seinem Aussichtspunkt etwas traurig und leise sagte: "Sie ist von uns gegangen, Jungs."
Shackleton war ein erfahrener Expeditionsleiter, der gerade in Krisensituationen enorme Führunsqualitäten und Durchhalte-
vermögen bewiesen hatte. Er konnte gemeinsam mit seinen Männern große Mengen an Ausrüstung und Proviant von dem Schiff bergen, bevor dieses unter das Eis gedrückt wurde und sank.
Unter dem Bergungsgut befanden sich auch drei Rettungsboote der "Endurance".
Wie auch immer:
Von jetzt an ging es nicht mehr um das Erreichen des Expeditionsziels, sondern man kämpfte um´s Überleben!
Mit den drei Rettungsbooten der "Endurance", nämlich der "James Caird", der "Dudley Docker" und der "Stancomb Wills" erreichte man nach fünftägiger Fahrt durch das treibende Packeis schließlich die Insel Elephant Island nordöstlich der antarktischen Halbinsel.
Shackleton wußte, dass auf eine zufällige Rettung von diesem unbewohnten, entlegenen Eiland kaum zu hoffen sein würde.
Er fasste deshalb den verzweifelten Entschluss, die Mehrzahl seine Männer in der relativen Sicherheit der Insel, mit Proviant und dem Nötigsten zum Überleben versehen, zurückzulassen und begab sich mit nur fünf Gefährten, darunter Frank Worsley, in der James Caird auf eine gefährliche und äußerst beschwerliche Reise, um Hilfe zu holen.
Die "James Caird" wies eine Länge von nur ca. sieben Metern und eine Breite von zwei Metern auf. Voll beladen lag sie tief im Wasser und hatte einen Freibord von gerade einmal 60 cm.
Mit dieser "Nussschale" segelten die Männer in gut zwei Wochen 800 Seemeilen (ca. 1500 km) im antarktischen Meer unter schwersten Wetterbedingungen bis zur Insel "Südgeorgien", wo es eine Walfangstation und somit Menschen gab.
Die Reise der "James Caird" wird noch heute als eine der größten seemännischen Leistungen des 20. Jahrhunderts betrachtet.
Shackleton erreichte Südgeorgien glücklich am 08. Mai 1916. Die anschliessende Rettung der Männer von Elephant Island gestaltete sich äußerst schwiering, aber am 30. August 1916 konnte er schließlich seiner Frau erleichtert nach England telegrafieren: "...nicht einen einzigen Mann verloren!"
Leider konnte die Mannschaft der "Aurora" dies nicht von sich sagen:
Von ihnen blieben drei Männer für immer im "ewigen" Eis.
Der Tatkraft und dem Verantwortungsgefühl Shackletons ist es zu verdanken, dass am Ende nicht noch mehr Opfer zu beklagen waren.
Shackleton selbst starb 1921 bei der Vorbereitung einer weiteren Forschungsreise in Grytviken auf der Insel Südgeorgien an einem Herzinfarkt. Er wurde auf Wunsch seiner Frau auch dort begraben.
Zum Buch:
Arved Fuchs ist einer der wenigen echten Abenteurer unserer Tage. Der Polarforscher berichtet uns anschaulich und mit dem Wissen desjenigen, der die Materie aus eigener Erfahrung kennt, von der beschwerlichen Reise Shackletons und davon, wie in ihm die Idee entstand, diese Rettungsfahrt Shackletons mit der "James Caird" vom Elephant Island bis zur Insel Südgeorgien nachzuvollziehen.
Fuchs und sein Team bereiten das Abenteuer akribisch vor, nichts soll dem Zufall überlassen bleiben. Ein originalgetreuer Nachbau der James Caird, die James Caird II, wird bei einer dänischen Werft in Auftrag gegeben und gebaut.
Am 18. Januar 2000, fast 84 Jahre nach Shackleton, sticht die James Caird II von Elephant Island aus in See mit Kurs auf die Insel Südgeorgien. An Bord befinden sich neben Arved Fuchs zwei Männer und eine Frau, allesamt erfahren im Umgang mit Kälte, Eis und Sturm. Dennoch sollte die bevorstehende Reise die Crew an den Rand ihrer Leistungsfähigkeit bringen.
Vor ihnen lagen rund 1500 stürmische Seemeilen in antarktischen Gewässern und eine Überquerung der Insel Südgeorgien zu Fuß, immer auf den Spuren Shackletons.
Fuchs schildert das Unternehmen minutiös und packend. Das Buch enthält zahlreiche historische Fotos der Expedition Shackletons sowie natürlich von der Fahrt der James Caird II.
Herausgekommen ist ein überaus spannender und interessanter Bericht über eines der letzten Abenteuer unserer Zeit.
Absolut empfehlenswert!
224 Seiten
Deutsche Nationalbibliothek
© TinSoldier
Anmerkung:
Bei den Recherchen zu diesem Artikel hat Wikipedia geholfen!
Ich habe da in meinem Bücherschrank auch einige solcher Dokus zu stehen. Eine lautet: "Mein Rufzeichen ist RAEM". Von Ernst Theodorowitsch Krenkel, einem sowjetischen Funker und Polarforscher. Das werde ich wohl mal vorholen müssen.
AntwortenLöschenAch so: Deine Art und Weise Bücher zu rezensieren gefällt mir ungemein.
LöschenDie Ansprüche an Buchbesprechungen sind hiermit in jedem Fall gestiegen... ;)
AntwortenLöschenVielen Dank!
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