Montag, 19. August 2024

Plenz, Ralf: Das kleine Märchenbuch - Wie ein Buch Leben verändert.

Über Bücher schreiben: regelmäßige Beschäftigung von professionellen und semiprofessionellen Bloggern, Literaturkritikern und den Amateuren unter diesen. Meist aber geht es um das, was zwischen den Buchdeckeln auf die Seiten gedruckt wurde. Meist „schnöder“ Text. Manchmal mit Fotos und Bildern. Illustrationen. Schwarz-weiß oder farbig.

Darüber, wie Bücher gemacht werden, wird selten geschrieben. Vor wenigen Monaten las ich ein Buch, in dem ging es um einen Buchmaler in Zürich im Mittelalter.

Das man über schön gemachte Büchern schreiben kann, zeigt der schon regelmäßige Ausflug zu den Perlen der Literatur oder die schöne Bücherbibliothek.

Während also zum Beispiel Erika Weigele über ihren Buchmaler schrieb, erzählt Ralf Plenz über die Bücher die er selber macht. „Ich mache schöne Bücher,“ ist dabei sein häufig gebrauchtes Motto. Vor wenigen Wochen hatte ich mir das angesehen...

Einst machte man in Hamburg in einer „Druckerei Ottesen“ Märchenbücher. Davon handelt „Großstadtoasen I“. Es war eine sogenannte links-alternative Oase und eigentlich könnte man noch grün hinzufügen, denn die Märchenbücher wurden auf einem Umweltpapier gedruckt.

Ralf Plenz führt nun einige fiktive Personen ein, das macht das Erzählen über etwas leichter, wenn man selbst so unmittelbar am Geschehen beteiligt ist wie er. So lässt er sich von Deco, dem Aktivisten, Yvonne, der Grünen, dem Schreiber Rick und dem Fußballfan Jimmy sowie von Imelda, der lila Latzhose helfen.
Ohne Umschweife sagt er gleich, um was es geht: „‚das kleine Märchenbuch‘ ist ein Buch mit besonderer Ausstattung: Handschrift, Umweltschutzpapier, Titel in marmoriertem Papier sowie eingeklebte Beigabe – das war 1984 etwas Unerhörtes, Neues, Besonderes auf dem Buchmarkt.“ (Seite 7)
Es ist das erste Buch, dass die Herausgeber verlegen und es sind nicht etwas 20.000 Exemplare sondern 130.000, die letztlich verkauft werden.

Und so sehen die Märchenbücher aus:



„Der kleine Märchentraum“ ist das letzte der insgesamt sechs Bücher, seine erste Auflage erschien 1993. Es gibt einen Grund, wenn ich dieses gleich hier erwähne, denn eine Bemerkung des Herausgebers der Perlen der Literatur erhöhte meine Aufmerksamkeit auf das „romanhafte Sachbuch“ ungemein: Dem amtierenden Bundeswirtschaftsminister werfen Gegner gelegentlich vor, dass ein "Kinderbuchschreiber" die größte Volkswirtschaft der Europäischen Union nicht führen könne. Warum aber soll ein Minister nicht Kinderbücher schreiben können? Jedenfalls schrieb Robert Habeck das Märchen „Die Blumen der Prinzessin vom gelben Schloss“. Der Blogger begann zu stöbern und erlangte im weltweit arbeitenden RundUmDieUhr-Kaufhaus nicht nur den „Märchentraum", sondern auch das erste dieser Märchenbücher. So liest sich der erste Band der Großstadtoasen gleich anders.

Das Märchenbuch:
Jede Geschichte in einer anderen Handschrift. Um die zweihundert beherrscht Ralf Plenz. Jede Geschichte in einer anderen Farbe, teilweise mit Farbverlauf, illustriert und eigener Seitengestaltung. An dieser haben die Verfasserinnen oder Verfasser oft mitgewirkt.  Außerdem haben die Bücher ein unübliches Extra: Eine Beilage.

Das Resümee des Erzählers ist, das der Erfolg des ersten Märchenbuches vor allem darauf zurück geführt werden kann, dass die enthaltenen Geschichten aus vielen Einsendungen ausgewählt werden konnten. Die Folgebücher waren durchaus erfolgreich, reichten aber an die Nr. 1 nicht so ran. Später wurden die "Büchermacher" kritischer, auch professioneller, aber der Flair des Ausgangsproduktes zog ein bisschen mit dem Wind.


Leserinnen und Leser lernen so einiges über Papierauswahl, Druckverfahren, und, was wichtiger ist, über die Leute, die einschließlich der Märchenautoren, mitgewirkt haben. Ilka Haederle, Konrad Lorenz und Jörn Plenz sind mit eigenen Beiträgen für Großstadtoasen I beteiligt. Das macht das besondere Buch natürlich weiter anschaulich und lesenswert.

Es ist auch so ein auffallendes Buch. Der erste Eindruck ist, dass der Buchrücken fehlt. Aber wieso kann man dann trotzdem den Buchtitel lesen? Etwas verschwommen zwar...
Das Buch ist genauso hergestellt wie andere auch. Die gefalzten Seitenhefte sind aber hinten bedruckt wurden, so entsteht die Beschriftung auf der Rückseite. Man erkennt manchmal einen kleinen Druckstreifen, schlägt man die Seite zwischen den Heften auf. Der Vorteil? Das Buch bleibt einfach aufgeschlagen liegen, Seiten flattern nicht zurück. Alle drei Bände der Großstadtoasen sind so gemacht. Die drei Bücher fallen auf im Regal.

Ralf Plenz hat sie als Romantrilogie bezeichnet. Für den ersten Band würde ich den Begriff Roman nicht vordergründig verwenden. Weiter oben nannte es Plenz selbst ein „romanhaftes Sachbuch“. Das passt hervorragend.



„Für keinen Buchtitel erhielten wir in den letzten 20 Jahren mehr Lob, als für dieses Hardcover: offener Rücken mit integriertem Text, Fadenheftung, weiße Heißfolienprägung der Schrift auf dem Cover und goldene Heißfolienprägung“

Mit diesem Text wird Großstadtoasen 2 eingeführt. Der Slogan „Ich mache schöne Bücher“ ist nicht so daher gesagt. In der fünften Auflage des kleinen Märchenbuches aus dem Jahr 1985 gesteht Ralf Plenz: "Beim Büchermachen vergesse ich öfter das eigentliche Leben."



Natürlich werde ich die Großstadtoasen zwischen den Perlen der Literatur weiter verfolgen. So völlig andere Bücher, die man im Buchladen wohl selten findet. Aber gehen Sie, oder geht ihr doch mal stöbern im Input-Verlag.
  • Ralf Plenz: Das kleine Märchenbuch – wie ein Buch Leben verändert. Großstadt-Oasen, Teil 1 der Roman-Trilogie. 152 Seiten, mit 12 Schwarzweiss-Fotos ,15 Euro, ISBN 978-3-941905-31-3
  • DNB / INPUT-Verlag / 5. Auflage, 1985 / 165 S.

© Der Bücherjunge



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