Freitag, 17. Oktober 2014

Blondel, Jean-Philippe: 6 Uhr 41


Cécile hat das Wochenende bei den Eltern verbracht. Am Montagmorgen sitzt sie erschöpft im Frühzug und ärgert sich, dass sie nicht doch schon am Vorabend zurück zu Mann und Kind gereist ist. Der Platz neben ihr ist frei, ein Mann setzt sich. Cécile erkennt ihn sofort: Philippe Leduc. Auch Philippe hat Cécile gleich erkannt. Doch sie schweigen geschockt. Beide. Jeder für sich erinnern sich Cécile und Philippe in den eineinhalb Stunden bis Paris, wie verliebt sie vor dreißig Jahren waren, als sie zusammen ein romantisches Wochenende in London verbringen wollten und dort alles aus den Fugen geriet. Je näher der Gare de l’Est kommt, desto mehr will man wissen: Endet die Reise dort, oder gibt es ein nächstes Mal?










  • Gebundene Ausgabe: 192 Seiten
  • Verlag: Deuticke Verlag; Auflage: 4 (28. Juli 2014)
  • Sprache: Deutsch
  • Übersetzung: Anne Braun
  • ISBN-10: 3552062556
  • ISBN-13: 978-3552062559
  • Originaltitel: 06 H 41









 BEGEGNUNG IM ZUG...







 Cécile, 47, hat das Wochenende bei den Eltern verbracht. Am Montagmorgen sitzt sie erschöpft - die Eltern werden auch immer anstrengender - im Frühzug und ärgert sich, dass sie nicht doch schon am Vorabend zurück zu Mann und Kind gereist ist.
Der Platz neben ihr ist frei, ein Mann setzt sich. Cécile erkennt ihn sofort: Philippe Leduc. Und auch Philippe hat Cécile gleich erkannt. Doch sie schweigen geschockt. Beide.


In den eineinhalb Stunden bis Paris erinnern sich Cécile und Philippe - jeder für sich -, wie verliebt sie vor fast dreißig Jahren waren, als sie zusammen ein romantsiches Wochenende in London verbringen wollten und dort alles aus den Fugen geriet...
Die Schatten der Vergangenheit.


Eine Situation, wie sie sich jeder vorstellen kann. Nichtsahnend und müde sitzt man da in einem Zugabteil und plötzlich setzt sich jemand neben einen, den man kennt und doch schon längst vergessen geglaubt hat. Wie aus einem früheren Leben.
Manche Begegnungen sind willkommen - andere eher nicht. Machen unsicher. Ansprechen? Ignorieren? Abrechnen? Genauso geht es Cécile und Philippe, die sich kennen und lieben lernten vor dreißig Jahren, bevor...


"Es geht sowieso immer alles sehr schnell vorbei, aber die Sache mit London ist immer noch da, selbst nach diesen siebenundzwanzig Jahren." (S. 103)

Diese Begegnung setzt ein Feuerwerk an Gedanken frei bei Cécile und Philippe, eine Gedankenreise zurück an die gemeinsame Zeit - aber auch an all die Zeit danach und auf das, was heute ist. Eine Bilanz.


"Für Überraschungen ist mit siebenundvierzig weniger Raum. Man rennt in seinem Hamsterrad, das einen überfordert - Ehe, Scheidung, Kinder, Job, gesellschaftliches Leben, Verpflichtungen. Nur schlaflose Nächte holen einen manchmal dort heraus, indem sie uns vor Augen führen, wie nichtig alles ist, was wir tun." (S. 62)


Kein schmeichelhafter Blick aufs Leben, schonungslos offen, auch selbstkritisch - und häufig mit depressivem Anklang, was die Stimmung auch beim Lesen drückt.


" Genauso wenig hat man uns gesagt, dass das Schwerste nicht etwa die Brüche sind, sondern die langsame Auflösung, die Dekadenz. Das Zerfallen von Beziehungen, Lebewesen, Vorlieben, Körpern, der Lust." (S. 67)


Blondel wechselt dabei abschnittsweise die Perspektive, so dass wir einen Einblick sowohl in Céciles als auch in Philippes Gedankenwelt bekommen. Und obwohl sich zwischen den Personen im Zug kaum etwas ereignet, baut sich eine ganz eigene Spannung auf.
Was ist in London geschehen? Werden die beiden im Zug miteinander reden - oder gehen sie nach der Fahrt auseinander, immer noch vorgebend, einander nicht erkannt zu haben? Gehen sie trotz der Gedankenreise unverändert in ihr Leben zurück?


Ein interessantes Kammerspiel im Zugabteil präsentiert uns Jean-Philippe Blondel da. Nur Zufall, dass einer der Hauptcharaktere seinen Vornamen trägt und im selben Alter ist wie er?


Trotz der depressiven Note hat mir das schmale Buch gefallen. Der Schreibstil ist flüssig, gefällig, lässt einen durch die Gedankenwelten treiben - und stößt eigene Gedankenreisen an.


Eine Entdeckung!



© Parden






 
J.-P. Bondel

Jean-Philippe Blondel studierte Lehramt und machte 1987 einen Magister in Englisch. Er arbeitet seit 1990 als Englischlehrer an einem Gymnasium in Troyes und am Institut universitaire de technologie de Troyes. 1998 erhielt er die Agrégation. Als Schriftsteller hat er seit 2003 eine Reihe Romane und mehrere Jugendbücher veröffentlicht.
Er erhielt 2008 den „Prix Charles Exbrayat“ und 2011 den „Prix Amerigo Vespucci Jeunesse“.

 Quelle Text



3 Kommentare:

  1. Das scheint mir die richtige Lektüre für meine TorschlusspanikMidLiveCrisis zu sein. ;)

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    1. Schade, dass ich nicht weiß, wer hier einen Kommentar hinterlassen hat. Ich glaube aber wirklich, dass die Lektüre eher weniger die jüngeren Leser anspricht, lasse mich da aber gerne auch eines Besseren belehren... :)

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  2. Vielleicht war es dein bester Lesekumpel...

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