Fiktion von Mac P. Lorne, der mit den beiden Bänden über den englischen Seehelden, der auf seinen Schiffen mit der sonst oft üblichen Quälerei und Bestrafung der Mannschaften Schluss gemacht hatte und zu dessen Kommandos die Männer sich oft freiwillig anmustern ließen, die Unmenge an vorhandener Sachliteratur durch einen tollen historischen Roman erweiterte.
Auf dem Trafalgar Square steht das Denkmal des Admirals, gegenüber vom Kap Trafalgar treffen die englische Kanalflotte und die vereinigte französisch - spanische Flotte aufeinander. Diese Schlacht wird Englands Seemacht für die nächsten 100 Jahre einleiten.
Doch bis es dazu kommt, begleiten wir Admiral Nelson auf verschiedenen Wegen. Wir kommen sogar bis Dresden, wo er sich mit Lord und Lady Hamilton aufhält. Eine Rückreise nach England mit (napoleonischen) Hindernissen. In Dresden trifft er auf einen gewissen Leberecht v. Blücher, der in wohltuender Art und Weise spricht, nicht so mit angedichtetem Dialekt und „Volkssprache“, wie sonst so oft. Die beiden wissen, wovon sie reden, genau wie der Generalmajor Wellesley, der einst ausrufen wird: „Ich wollte es wäre Nacht, oder die Preußen kämen.“ Die unter Führung Blüchers. Wellesley, der spätere Herzog von Wellington, ist noch jung, als er auf Nelson trifft, der Admiral muss sich erst mal nach dem hochadeligen „Schnösel“ erkundigen. Dieses Gespräch ist verbürgt, das mit Blücher nicht, hier macht Mac P. Lorne deutlich, dass es aber so hätte stattfinden können, ebenso wie das mit dem jungen amerikanischen Captain Stephen Decatur auf Malta.
Darauf habe ich gewartet, auf diese Art, Geschichte in Geschichten zu erzählen. Helden dieser „Machart“ sind irgendwie Exzentriker, dieser Nelson insbesondere mit seiner, von der Gesellschaft abgelehnten, Affaire mit Emma Hamilton. Dass er sich an Deck seiner Flaggschiffe in voll betresster Uniform zeigt, um den Männern zu zeigen: „Seht, hier steht euer Admiral!“, was ihm zum Verhängnis werden wird, ist allerdings weniger exzentrisch, eher persönliches Merkmal ziemlich unerschrockener berühmter Militärführer. Während der Seeschlachten, so lernen wir, scheint ein Captain und auch ein Admiral weitaus gefährlicher gelebt zu haben, als ein General hinter den bunten Reihen seiner in Linie vorrückenden Korps.
Schon einmal hat er eine Flotte ähnlich geschlagen, wie vor Trafalgar. Das führte dazu, dass Napoleon etwas länger in Ägypten ausharren musste, als beabsichtigt. In der Seeschlacht von Akubir, 1798, zerschlug Nelson dessen Flotte vor der Nordafrikanischen Küste.
Auch vor Trafalgar spaltete er die Schlachtlinie der gegnerischen Flotte, wobei sein Flaggschiff und und das seines Freundes Collingwood an der Spitze ihrer Schiffe angriffen. Der Befehlshaber der Franzosen wurde schmerzlich an die Niederlage von Akubir erinnert, denn Vizeadmiral Pierre de Villeneuve, hatte den Sieg der Engländer dort beobachtet.
Diese Seehelden haben es dem Mac P. Lorne angetan, das schrieb ich schon in der Rezension zum ersten Band, als der Captain Nelson im Vordergrund stand. So ganz wie andere gefällt der mir nicht, da war mir Lornes Robin Hood näher. Was ihn mir trotzdem sympathisch macht, ist, dass er seiner Zeit weit voraus war, was den Umgang mit seinen Mannschaften betrifft. Frisches Obst, Gemüse und vor allem Wasser hielt er für Grundbedingungen für militärische Erfolge, ebenso wie Training, Training, Training. Eigene Bereicherung an Heuer und Material kam für ihn nicht in Bertracht. Er wollte eher Prisen und von vielen Prisen sprang für ihn das meiste bei heraus, aber auch für die Matrosen und Seesoldaten. Die oft tödlichen Bestrafungen auf anderen Schiffen lehnte Nelson ab. So lässt ihn Lorne auch gegenüber einem gewissem Captain. Bligh vor Kopenhagen auftreten, dem, der von der Bounty-Meuterei mindestes den Liebhabern solcher Filme bekannt ist. (Ob Bligh allerdings wirklich ein solcher Schinder war, scheint umstritten.)
Die Nelson - Bücher: Ohne ein paar Erläuterungen kommt ein Autor bei solchen Romanen nicht aus. Hier, im zweiten Band beginnt er mit einem Personenverzeichnis, stellt an den Schluss die Autorenanmerkungen zu den historischen Ereignissen, eine Zeittafel und einen Glossar. Ihm dürfte bei seinen umfangreichen Recherchereisen der Kopf geschwirrt haben, daher vielleicht dieses Zubrot zur Romanhandlung. Klar, man kann viel allein aus Wikipedia herauslesen, die beteiligten Schiffe und die detaillierten Verluste während der Schlacht bei Trafalgar wurden wohl ausgiebig dokumentiert und all dies dient den interessierten Leserinnen und Lesern beim orientieren. Trotzdem zeigen sich Mac P. Lornes erlangte Kenntnisse zu Schiffen, Flotten und den handelnden Personen, die weit über eine „Schnellrecherche“ hinaus gehen. Schwierig war wohl, dies alles in gebotener Kürze zu halten. Zahlreiche Reisen führten ihn an diverse Kriegsschauplätze und andere Orte.
So gelingt ihm ein weiterer historischer Roman nach DER PIRAT (Francis Drake) und JACK BANNISTER - Herr der Karibik über, nun ja, seine Seehelden. Letztlich hat mit sein Robin Hood mehr gefallen, das war ein anderer Typ. Diese beiden Bücher hier beleuchten einen Teil der Auseinandersetzungen erst Englands in Übersee mit den neu begründeten USA und dann die Kriege Englands gegen Frankreich, in denen Napoleon Bonaparte überall, aber nicht auf See fast ganz Europa erobert. Am Ende werden wir, wie erwähnt, diesen Horatio Nelson in einer Reihe mit den Heerführern sehen müssen, die zehn Jahre später den selbsternannten französischen Kaiser endgültig besiegten.
Gleichzeitig zeigt uns der Autor, was Krieg oder Seekrieg damals bedeuteten. Erstaunlich, wieviele Seeleute und Soldaten auf so einem Schiff mit bis zu drei Decks und über 100 Kanonen dienten und welch verheerende Schäden so eine Breitseite auf einem Schiff anrichtete. Am Ende lasen wir weniger eine Heldengeschichte sondern am Beispiel bedeutender Seeoffiziere eine Seekriegsgeschichte, gekleidet in einen zweibändigen faszinierenden historischen Roman, spannend, informativ und tiefgründig. „Nebenbei“ ist er „Biografie“, die dem Privatleben und der Familie einen Raum gibt und bei dem Wikipedia nicht weiter geholfen hätte.
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Sabine Ebert hat im Zusammenhang mit ihren Büchern um die Völkerschlacht in Leipzig (1813 - Kriegsfeuer / 1815 - Blutfrieden) einmal ausgedrückt, dass der Begriff Befreiungskriege und der damit einhergehende, teils übertriebene Patriotismus den Schrecken des Krieges verschleiert. Sie nahm damit unter anderem Bezug auf das Lazarettwesen und die Aufgaben der Feldchirurgen. Die Schilderungen ihres Kollegen Mac P. Lorne erinnern daran, wenn er die Wirkungen des Beschusses auf die hölzernen Kriegsschiffe beschreibt.
Mir bleibt, dem Verlag für das Rezensionsexemplar zu danken, nachdem ich die meisten der Bücher von Mac P. Lorne gehört hatte. Diesmal also direktes Lesevergnügen: erwartet und bestätigt.
- Captain Nelson: DNB / Droemer Knaur / München 2024 / ISBN: 978-3-426-44846-5 / 399 S.
- Admiral Nelson: DNB / Knaur / München 2024 / ISBN: 978-3-426-44848-9 / 414 S.
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