DNB / epubli / 2024 / ISBN: 9783759886897 / 288 Seiten
Maria Braig bei Litterae Artesque:
Kurzmeinung: Bedrückendes Frauenschicksal, das von heuchlerischer Moral, Geldgier und strikten gesellschaftlichen Konventionen geprägt wird, lesenswert!
INSELLEBEN...
Quelle: Pixabay |
In diesem Fall war es das Cover, das mich neugierig werden ließ: ein Foto mit einer eher verstörenden handschriftlichen Botschaft - einschließlich Rechtschreibfehlern, von denen sich einer dann auch im Buchtitel wiederfindet. Und tatsächlich ist es ein Foto, das die Autorin während eines Aufenthaltes an der Nordsee aufgenommen hat. Ein Foto von vielen, von einer kleinen Kate, deren Fenster sämtlich mit solchen Schriften beklebt waren. Von dem, was hinter diesen seltsam anmutenden Botschaften stecken könnte, handelt dieser Roman. Und mitten im Buch finden sich eine Reihe weiterer Fotos von den Fenstern dieser Kate, was die rein fiktive Geschichte fast authentisch wirken lässt.
Der Roman wird in zwei Teilen erzählt. Der erste beleuchtet das Geschehen auf einer deutschen Nordseeinsel in den Jahren 1945 bis 1962 und begleitet die junge Annemarie in ihrer Entwicklung vom Kind bis zur Jugendlichen. Ihre Brüder waren im Krieg und gelten seither als vermisst, der Vater kommt spät aus der Gefangenschaft zurück. Annemarie ist ein wildes Kind, das mit den Jungen der umliegenden Höfe durch die Gegend streift, Höhlen baut, auf Bäume klettert und Piratenspiele spielt. Als sie 13 Jahre alt wird, ist es damit plötzlich vorbei. Sie soll lernen, sich wie ein richtiges Mädchen zu verhalten, schöne Kleider tragen, Haushaltspflichten übernehmen und sich angemessen betragen. Schließlich soll sie bald einen Mann heiraten, der das Hab und Gut des Großgrundbesitzers noch vermehren und später an Stelle des Vaters verwalten soll - mit Annemarie als schicklicher Frau im Hintergrund. Doch Annemarie rebelliert gegen die ihr zugedachte Rolle, sie will als Inselprinzessin ganz allein alles im Sinne des Vaters weiterführen, ohne einen Mann, der ihr vorschreibt, was zu tun ist. Und sie liebt Geske, ihre Freundin - und will auch von daher ganz bestimmt keinen Mann! Ein Ansinnen, das der Großgrundbesitzer ganz sicher nicht tolerieren wird...
"Aber diesen Mädchen muss endlich auch eine Chance gegeben werden. So ein Leben kann doch nicht einfach in einer Keksdose verschwinden." (S. 112)
Der erste Teil endet recht abrupt, die Handlung springt im zweiten Teil ins Jahr 2021 nach Griechenland. Nach dem Tod der Mutter finden sich beim Ausräumen des Hauses alte Briefe, die für die griechische Übersetzerin Delia sehr verstörend sind. Diese Briefe veranlassen sie, zu der Nordseeinsel zu reisen, auf der seinerzeit Annemarie aufwuchs. Dort begibt sich Delia auf eine ganz persönliche Spurensuche, die nicht nur ihre eigene Identität ins Wanken bringt, sondern auch eine unglaubliche Geschichte zutage fördert. Sie kommt einem bedrückenden Frauenschicksal auf die Spur, das von heuchlerischer Moral, Geldgier und strikten gesellschaftlichen Konventionen geprägt wurde und das Bedrückende bis heute nicht verloren hat. Doch was bedeutet das alles für Delias Zukunft?
Der Roman lässt sich sehr flüssig lesen. Das liegt zum einen am eingängigen Schreibstil, zum anderen aber auch an den angerissenen Themen sowie an dem Wunsch, stets wissen zu wollen, wie es weitergeht. An manchen Stellen war ich berührt, oftmals aber auch sehr wütend. Da wäre ich gerne wie Delia am Strand entlang gelaufen, um mir den Kopf freipusten zu lassen. Zum Glück stieß Delia bei ihrem Besuch auf der Nordseeinsel auf sehr nette Personen, die auch mir beim Lesen gut taten. Am Ende gibt es einige Entwicklungen, die deutlicher in den Bereich der Fiktion zu verorten sind - aber mir gefielen die positiven Ausblicke, die das vorherige Geschehen zumindest etwas erträglicher werden lassen.
Ein Roman, dem ich viele Leser:innen wünsche - ein Wegweiser zu mehr Toleranz im Leben. Lesenswert!
© Parden
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