Montag, 27. Juni 2022

Calsow, Martin: Quercher und die Thomasnacht

Die Rückführung eines nach Jahrzehnten entdeckten toten Soldaten in die USA – keine große Sache für den LKA-Beamten Max Quercher, den nur noch dieser eine Auftrag von seiner heiß ersehnten Frühpensionierung trennt. Der einzige Wermutstropfen: Er muss für diesen Job zurück in seinen Heimatort am Tegernsee. Dort angekommen, beschleichen Quercher Zweifel, ob der Fall tatsächlich so einfach ist, wie ihn alle glauben machen wollen: Denn dass sich ausgerechnet der Mann, der die Leiche entdeckt hatte, bei einem Arbeitsunfall mit einer Säge enthauptet haben soll, ist Quercher zu viel des Zufalls. Als er zum Unmut der einflussreichen lokalen Politprominenz beginnt, die Vergangenheit der Dorfgemeinschaft zu durchleuchten, haben sich seine Gegner längst formiert. Und was anfing wie ein Routineauftrag, entpuppt sich für den sturköpfigen Max Quercher als ein Kampf ums nackte Überleben… (Klappentext)








  • Herausgeber ‏ : ‎ Grafit; 1. Edition (16. August 2013)
  • Sprache ‏ : ‎ Deutsch
  • Taschenbuch ‏ : ‎ 317 Seiten
  • ISBN-10 ‏ : ‎ 3894254238
  • ISBN-13 ‏ : ‎ 978-3894254230 
  • Reihe  : Max Quercher (Bd. 1)






Ein Krimi zwischendurch geht immer mal. Dieser ist der Auftakt einer ganzen Reihe und spielt am Tegernsee - also da, wo andere Urlaub machen. Dass sich der Krimi der Idylle der örtlichen Gegebenheiten annehmen würde, habe ich gar nicht erwartet. Aber einen derart düsteren und wirren Krimi eben auch nicht. Ob mich der erste Band der Krimireihe letztlich doch noch überzeugen konnte, könnt Ihr hier nachlesen:


























WILD KONSTRUIERTER EINSTIEG IN DIE KRIMIREIHE...


Tegernsee (Quelle: Pixabay)
 
Normalerweise fällt es mir nicht schwer, die Handlung eines Krimis kurz zusammenzufassen, um dann zu meinem Leseeindruck überzugehen. Doch hier geht so viel hin und her, entwickelt sich alles lange derart undurchsichtig und wenig nachvollziehbar, dass ich die Geschichte nach anfänglichem Bemühen nur noch irgendwie über mich ergehen ließ. Deshalb verweise ich diesmal was den Inhalt anbelangt auf den Klappentext.

Idylle Tegernsee? Fehlanzeige. Überalterung, Spekulanten, alte Seilschaften, ziemlich braune Wurzeln - hier fehlt es an nichts, was unsympathisch erscheinen könnte. Einschließlich des LKA-Beamten Max Quercher, dessen positivste Eigenschaft vielleicht seine Sturheit ist und seine Weigerung, sich Drohungen zu ergeben. Denn davon gibt es genug. Nicht nur ihm gegenüber, aber eben auch. Dabei ist der Tegernsee der Ort, an dem er aufgewachsen ist, seine Mutter und seine Schwester leben noch dort, nur er wollte seinerzeit der beengenden dörflichen Gemeinschaft entfliehen. Im Verlauf erfährt man einiges über Querchers Kindheit und Jugend, und ja, auch das ist trist und bedrückend. Wie im Grunde der ganze Rest.

Es fällt schwer, bei diesem Krimi in den gewohnten Kategorien Gut und Böse zu denken. Im Grunde wirkt die Handlung über weite Strecken mehr wie eine Kriegsführung denn wie ein klassischer Krimi. Denn hier hält sich niemand ans Gesetz, weder diejenigen, die ihre Geheimnisse zu vertuschen suchen, noch die anderen, die den Hintergründen auf die Schliche kommen wollen. Jeder versucht den/die anderen auszustechen, den besseren Schlachtplan zu entwickeln als die Gegner - und schlussendlich kommt es darauf an, wer die klügere Truppenführung entwickelt und die geeigneteren und geschickteren Verbündeten hat. Tote gibt es hier mehr als genug, und auch Quercher kommt ein ums andere Mal ordentlich in die Bredouille. Glaubwürdig? Naja, vielleicht eher der Stoff aus dem Superhelden geboren werden.

Gerade in den ersten zwei Dritteln wirkt die Handlung doch ziemlich zerrissen und phasenweise auch recht laaangatmig. Da hatte ich oft nicht so recht Lust überhaupt weiterzulesen, weil alles sehr unzusammenhängend wirkte und teilweise auch arg überzogen. Erst im letzten Drittel klärten sich die Zusammenhänge allmählich, und ab da begann es auch spannend zu werden - wenn insgesamt auch oft übertrieben. Da dieser Band der Auftakt zu einer ganzen Krimireihe ist, habe ich nicht erwartet, dass Quercher stirbt - aber es gab Momente, in denen das wahrscheinlicher erschien als alles andere. Wie gesagt: Superheldenstoff.

Durch das Einbeziehen zahlloser düsterer Themen wie oben angedeutet wirkt der Krimi insgesamt wild konstruiert und wenig glaubwürdig. Lediglich das spannende letzte Drittel rettete für mich hier knapp den dritten Stern - über weite Strecken war ich sicher, diesmal nur zwei Sterne vergeben zu können. Sympathisch ist hier wirklich niemand, oftmals zynisch und teiweise verächtlich erscheint der Blick auf die handelnden Personen. Da stellt sich die Frage, ob der Autor womöglich kein Menschenfreund ist oder ob er sich im Crime Noir versuchen wollte. So wirklich schlau geworden bin ich diesbezüglich bis zum Ende nicht.

Definitiv kein 0-8-15 Krimi - aber eben leider für mich nicht positiv herausragend. Ob ich hier weiterlese, wage ich derzeit zu bezweifeln.


© Parden
























Martin Calsow, geboren 1970 in Münnerstadt (Unterfranken), wuchs als Sohn eines Polizisten am Rande des Teutoburger Waldes auf. Nach einem Studium der Soziologie absolvierte er ein Zeitungsvolontariat. Es folgten Stationen bei den Fernsehsendern Vox und SAT1 als TV-Journalist, bis 2009 war er Filmchef bei Premiere. Ein langer Aufenthalt im Nahen Osten führte ihn schließlich zum Schreiben. Martin Calsow gehört der Jury des Grimme-Preises an und lebt heute in den USA und am Tegernsee. (Quelle: Grafit Verlag)




1 Kommentar:

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