- Herausgeber : Diogenes; 1. Edition (29. September 2021)
- Sprache : Deutsch
- Übersetzung : Stefanie Schäfer
- Broschiert : 464 Seiten
- ISBN-10 : 3257300840
- ISBN-13 : 978-3257300840
- Originaltitel : Spook Street
- Reihe: Slough House (Band 4)
WENN LEGENDEN DEMENT WERDEN...
Doch so einfach scheint es nicht zu sein. Denn die Spur des vermutlichen Attentäters - nahezu ein Doppelgänger von O.B.s Enkel River - führt nach Frankreich. Zu einem Ort, der bei O.B. etwas klingeln lässt, denn dort hat er sich in seiner Vergangenheit immer wieder einmal aufgehalten. Aber wieso? River versucht im Alleingang, die Spur jenseits des Ärmelkanals aufzunehmen und somit herauszufinden, wer seinen Großvater umbringen will. Denn es ist kaum vorstellbar, dass dies der Versuch eines Einzeltäters sein soll...
Auch im vierten Band der Reihe hat Mick Herron wieder einen überaus komplexen Thriller rund um die Slow Horses geschrieben - so werden die abgehalfterten Mitarbeiter:innen des englischen Geheimdienstes genannt, die ihr Gnadenbrot im Slough House erhalten. Seit den Geschehnissen im vorherigen Band gibt es wieder Zuwachs in der "administrativen Besenkammer des Geheimdienstes" (S. 17). Und auch die neuesten Mitarbeiter:innen weisen, hm, sehr besondere Züge auf. Wenn ich's recht bedenke, ist die unfreiwillige Fluktuation in der Bruchbude voller Loser-Typen doch erstaunlich hoch, das aber nur mal nebenher...
Mick Herron ist ein Erzähler. Er kreiert mit seiner Agenten-Reihe voller Verlierertypen eine besondere Art des Spionagethrillers und spart dabei nicht mit Kritik an gängigen Praktiken der Geheimdienste und der Verantwortlichen in der Regierung. Neben der packenden Handlung ist auch der bildhafte Schreibstil lobend zu erwähnen, der eine atmosphärische Dichte ebenso hervorruft wie er Bilder im Kopf des Lesers erzeugt. Das Düstere, Hoffnungslose, Melancholische gewinnt zeitweise derart an Kontur, dass man beim Lesen gelegentlich glaubt, Teil des Ganzen zu sein.
Der Autor lässt sich Zeit mit seiner Erzählung, und doch scheint auch diesmal kein Wort zu viel. Perspektivwechsel mit geschickt eingebauten Cliffhangern sorgen für ausreichende Spannung, die gegen Ende ebenso wie das Tempo noch einmal deutlich anzieht. Überragend auch diesmal wieder der Humor: trocken, schwarz, zynisch und - ja, englisch eben. Herrlich und immer wieder an unerwarteten Stellen eingebaut, sorgten diese Einlagen ebenso wie die teilweise bitterbösen Dialoge bei mir selbst an Punkten höchster Anspannung für etliche Lacher.
Hach, ich bin einfach begeistert. Und wer zwischendurch das Gefühl hat, den Überblick zu verlieren - gegen Ende gibt es hier noch einmal eine geschickt präsentierte Zusammenfassung, so dass alle Zusammenhänge auf wenigen Seiten deutlich werden.
Wer mit der Reihe anfängt: nicht von Band 1 verschrecken lassen. Ich fand den nämlich nur so mittelmäßig. Aber ab Band 2 überzeugt Mick Herron. Versprochen.
Mir bleibt jetzt nur noch, auf die Veröffentlichung von Band 5 zu warten. Hoffentlich bald...
© Parden
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