Es ist amtlich: am 25.12.2019 sahen wir die letzte Folge der ARD-Produktion in Sachen Commissario Brunetti. Die Fan-Gemeinde ist am Boden zerstört. Uwe Kokisch erklärt sich zum Schluss der Serie.
Annett Renneberg sagt ungefähr im Video, man müsse das ja nun nicht soweit treiben, dass sie den geliebten Commissario im Rollstuhl vor sich her schiebt, kaum noch Zähne im Mund und hinten an der Wand hängt Vice Questore Patta in Öl.
Und in der Tat sind alle älter geworden. Michael Degen, den den Patta gab, ist über 80 und Brunettis Kinder viel zu alt um noch zu Hause zu wohnen. Dem Sohnemann (Raffaele „Raffi“ Brunetti: Patrick Diemling) sieht man das richtig an, während Chiara (Laura-Charlotte Syniawa) vielleicht ebenso wie Paola (Julia Jäger) weiter machen könnte. Brunetti, also Uwe Kokisch ist aber schon eine Weile im echten Rentenalter.
Ergo, es müsste eine neue Besatzung ran. So aber bleiben die bisher letzten beiden Bücher der Erfolgsautorin Donna Leon erst einmal unverfilmt. Allerdings würden wir sie wohl an den bekannten Gesichtern messen.
Die letzten Film folgten ja meistens der Reihenfolge der nunmehr dreißig Serienbücher, die ersten weniger. Zum Beispiel wurde Vianello mal zum Ispettore befördert. Wer hat ihn wann zum Segente degradiert? Auch waren Brunetti und Vianella mal beim DU angelangt, auch etwas, was im Film nicht vorkam. Nicht schlimm, soll hier nur der etwas eitle Hinweis darauf sein, dass ich aufgepasst habe. ;)
Kramen wir wenigstens die Rezension zum Roman STILLE WASSER hervor, die bereits am 17. Juni 2017 hier verbloggt wurde. Der Film folgt der Handlung weitestgehend. Glaube ich. (Bis auf den Umstand, das Brunetti im Buch mit Kollegin Griffoni unterwegs ist.
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ARD-Mediathek Video |
Dies ist des Commissario Brunettis inzwischen sechsundzwanzigster Fall.
"Wer wusste schon, was jemand sah? Oder fühlte. Jeder Mensch war ein Universum für sich, mit unendlich vielen Möglichkeiten und Fähigkeiten." - und Geheimnissen und Abgründen, möchte ich ergänzen. (Seite 333)
Brunetti ist kaputt. Es ist zwar ein fingierter Schwächeanfall während einer brisanten Vernehmung, aber im Ospedale merkt Guido, dass er wirklich auf dem Zahnfleisch kraucht. Krank!
Paola, Guidos Frau, erscheint wutentbrannt, eher aber wohl besorgt, am Krankenbett. Der junge Kollege, den Guido mit dem Anfall aus der Patsche half, stand plötzlich in der Universität in Uniform vor ihr.
Nun verhilft sie ihm zur Erholung in einer Villa auf Sant´ Erasmo. Verwaltet von Davide Casati. Der kannte Guidos Vater von einer gemeinsam gewonnenen Ruder-Regatta. Das verbindet. Und so fängt die Erholung an: Lesen, Rudern, Schlafen...
Doch Casati, scheint schwer an einem Problem zu brüten. Er hält Bienenstöcke auf den Inselchen in der Lagune. Erschütternd und geheimnisvoll. der vernarbte Rücken des Lagunen-Imkers.
Bald ahnt der Leser, das Sterben der Bienen könnte durch ein Umweltverbrechen verursacht wurden sein...
Und dann findet Brunetti mit den Kollegen auf Sant´ Erasmo die Leiche des Freundes in dessen Boot. Ein Unfall?
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Es ist nicht das erste Mal, dass Donna Leon sich italienischer Umweltverbrechen annimmt. Diesmal aber ist es nicht vordergründig die Gier von Firmen, welche diese begehen, hier geht es um die Menschen, die darin verwickelt werden. Und so wird Brunetti daran erinnert: "...die wenigsten denken an die Folgen ihres Tuns. Die eigenen Wünsche rechtfertigen alles." (Seite 332)
In dieser Geschichte ist also die Suche nach Tätern nicht der Zweck des Handelns von Guido Brunetti, der diesmal mit seiner Kollegin Griffoni ermittelt, unterstützt von Signorina Elettra, die in jedem Hackerclub würde unterkommen können und bemerkenswert wenig gestört vom Vice Questore Patta. Aber vielleicht stört der ja nicht, weil es gerade irre warm ist in Venezia.
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Donna Leon bleibt der Art und Weise ihres Schreibens treu. Ich mag diese Figur, wenn sie ihn an die mahnenden Worte seiner Mutter denken lässt, "dass er von anderen nicht verlangen konnte, die dinge so zu sehen wie er selbst." (Seite 330)
Oder wenn sie einer Figuren über Männerfreundschaften sagen lässt: "Männer haben keine Freunde,... Männer haben Kameraden und Kumpels und Kollegen, aber die wenigsten haben Freunde. Und wenn doch, sind es meistens Frauen, manchmal sogar die eigene." (Seite 233) Und jetzt, wo ich den Klebezettel entferne, merke ich, das ist eigentlich ein "Schlüsselspruch", dessen "Wahrheit" sich am Ende der Geschichte bestätigt.
Es sind die gewohnt leisen Töne eines besonderen Polizisten (in der Literatur), wenn der, die Tochter des Davide Casati nach der Bienenpflege befragend zur Antwort erhält:
"'Ich habe es nie gelernt. Jahrelang habe ich ihn zu den Bienen begleitet und ihm zugesehen, trotzdem weiß ich nicht, was oder wann etwas zu tun ist, oder womit sie im Winter gefüttert werden. Ich habe nicht richtig aufgepasst. Er hat versucht, mir alles zu erklären, aber es hat mich nicht interessiert. Ich wollte nur den Honig.' Sie seufzte.
Immer sind es die kleinen Tücken, die uns aus der Bahn werfen, dachte Brunetti. Trauer liegt in uns vergraben wie eine Landmine: Schwere Schritte stapfen folgenlos daran vorbei, während andere, die kaum den Boden berühren, sie zur Explosion bringen." (Seite 225)
Und so findet man in den Romanen der amerikanischen Venezianerin ganz viele Dinge, die einen anhalten, einhalten lassen beim lesen.
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Ganz am Schluss betrachtet der Commissario Dottore Guido Brunetti ein Tatortfoto noch einmal ganz genau...
Mögen es doch bitte mehr als dreißig Fälle werden.
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Foto: © Regine Mosimann / Diogenes Verlag |
Im Jahre 1981 zog die im Jahr 1942 geborene Amerikanerin nach Venedig. Hier wurde sie mit den Brunetti-Romanen weltberühmt. Die meisten wurden in Deutschland und in den USA verkauft. Sie soll mal gesagt haben, wenn die auf den italienischen Markt kämen, müsste sie das Land verlassen.
► Donna Leon Webseite
© Bücherjunge (17.06.2017 / 28.12.2019)
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