KaratekaDD erklärt die Sache mit der Brücke
Bürgerinitiative Pro Waldschlößchenbrücke (Titelfoto) |
Da steht sie nun, den Strom überspannend, wartend auf die Autos am Morgen eines Montags im August 2013. Zwei Tage konnten wir Fußgänger auf ihr wandeln, sogar durch die Autotunnel, welche auf die Staufenbergallee und auf die Bautzner Straße führen. Es sind die einzigen zwei Tage, in denen Biertischgarnituren aufgebaut sind und wir das Bier aus der schönsten Brauerei der Welt, welche ja gar keine Brauerei ist, sondern ein Opernhaus, genießen können. Mit einem nie dagewesenen Blick auf die Elbschlösser und auf die Stadtsilhoulette mit der alles überragenden Frauenkirche. Vielleicht ist dies mit der Grund, warum sich auf der Brücke wohl nur fröhliche Menschen befanden.
Okay, die Frauenkirche überragt alles nur, weil wir sie von der ► Waldschlößchenbrücke "irgendwie" von oben besehen und alle anderen wichtigen Türme plötzlich weit entfernt von ihr stehen. Aber damit bin ich beim Thema: BLICKBEZIEHUNGEN! Dazu gleich mal ein zugegebenermaßen provokatives Bild:
Elbschlösser |
Die BLICKBEZIEHUNGEN sind der GRUND (?) für die Aberkennung des Welterbetitels durch die UNESCO. Nun ja, jeder weiß, dass diese Organisation von der geplanten Elbquerung wusste, als sie das Elbtal besah und begutachten lies.
Natürlich komme ich nicht umhin, das Thema ► Weltkulturerbe zu bemühen. Die ► Dresdner Elblandschaft
erhielt den Titel 2004 und 2008 war er wieder weg. Ein einmaliger
Vorgang. Mit Recht darf darüber debattiert werden und ein Ruhmeszeichen
für die Demokratie insgesamt ist es wohl auch nicht, aber auch nicht für
die ► UNESCO.
Bürgermeister und Regierungspräsidium beharrten standhaft auf der
Umsetzung des Bauvorhabens. Schließlich kostet auch so ein
Planfeststellungsverfahren viel Geld. In einem Bürgerentscheid sprach
sich die Mehrheit der Dresdner für den Brückenbau aus. Weniger wohl die,
welche in größerer Nähe wohnten, ausschlaggebend war bestimmt das
Verkehrsaufkommen, welches zwingend eine neue Elbquerung erforderlich
machte. Die Kontroverse kann in einem extra Wikiartikel als ► Dresdner Brückenstreit
nachgelesen werden. Der Streit ging weniger um das Thema Elbquerung an
sich als darum, ob ein Tunnel eine Alternative wäre. (Dazu hätte ich
gern meinen leider verstorbenen Großvater gehört, der hätte uns das als
Tunnel- und Brückeningenieur erklären können; Nachkommen jedenfalls
meinen, dass das Bauvorhaben Tunnel die betroffene Elblandschaft viel
mehr geschädigt hätte, was ich für einleuchtend halte.)
* * *
F Ä R D S C H !
Schdimmd. Nu isse färdsch, die Brügge.
Streit und Zankapfel von Parteien und Organisationen und den elbflorentinischen Bürgern. Ich mach kein Hehl daraus: ICH BIN BRÜCKENBEFÜRWORTER! Das ist sicherlich ein nicht sehr schönes Wort. Aber schließlich wurden die Dresdner aufgefordert, sich in einem Bürgerentscheid zu positionieren. Wenn ich die Geschichte hier erzählen wollte, dann müsste ich Fortsetzungen schreiben. Das brauche ich dank eines gewissen ► Peter HILBERT nicht. Denn der hat dieses Buch hier verfasst.
Autoaufkleber pro Brücke |
SZ vom 22.08.2013 |
Das macht auch der ► Peter Hilbert in seinem Buch. Zum Beispiel erzählt er, wie Baupolier Schöps den Dresdner Baubürgermeister Marx von der Brücke "warf", weil dieser unangemeldet mit eine Gruppe Journalisten das Einsetzen des letzten Stahlteiles in den Brückenbogen beobachten wollte. Unschönes Ergebnis: Schöps durfte nicht mitfeiern. (siehe Artikelfoto links)
Das Einschwimmen des dann fertigen Brückenbogens war auch
eine technische Meisterleistung. Am 19.12.2010 waren wir an der Elbe dabei. Bei Schnee und Eis wurde der Stahlbogen eingeschwemmt. Das war ein Schauspiel und eindrucksvolle Ingenieurskunst. Die Elbe musste vorher ausgebaggert werden. damit die Pontons schwimmen konnten.
eine technische Meisterleistung. Am 19.12.2010 waren wir an der Elbe dabei. Bei Schnee und Eis wurde der Stahlbogen eingeschwemmt. Das war ein Schauspiel und eindrucksvolle Ingenieurskunst. Die Elbe musste vorher ausgebaggert werden. damit die Pontons schwimmen konnten.
Webseite |
"Flugplan" |
Mal davon abgesehen, dass das Fledermäuschen nie über weitgehend flache Landschaften fliegen würde, geschweige denn über einen glatten Spiegel wie die Elbe, weil sein "eingebautes Echolot" eben nicht das notwendige Echo einer welligen, von Gräben durchzogenen und von Büschen und Bäumen bewachsenen Landschaft zurückwerfen würde. Populationen wurden weit entfernt von der Brücke Richtung Pillnitz und Richtung Meißen gefunden. Kaum anzunehmen, dass die sich in der "Mitte" finden werden. Nun, jetzt hat man landschaftgestaltend eingegriffen, sogar einen Flugplan hat man für die "fliegenden Vampire" aufgestellt. Ob sie sich daran halten werden?
SZ - Beilage vom 24.08.13 |
Gerichte haben sich um die possierlichen Nachtjäger gekümmert und Baustopps für 100tausende von Euro verursacht. Doch halt, es waren nicht die Gerichte. Es waren die jeweiligen Einreicher diverser am Ende doch nicht brückenverhindernder Klagen. Ergebnis des ganzen Streits sind diese Anlagen hier: In der Nacht, logisch, denn die Tierchen sind ja Nachtjäger, müssen alle Autos 30 km/h fahren. Dies ist zwar eine Anweisung der Straßenverkehrsbehörde, sie beruht aber auf der Vorgabe des OVG Bautzen, wenn ich mich nicht irre. Klar, dass man dies durch eine hypermoderne Blitzanlage beeinflussen will. Ich bin auf die Statistik gespannt: Wieviel Prozent der Autofahrer möchten unbedingt ein Waldschlößchenfoto haben? Eine einzige tote Fledermaus hat man in den Streitjahren auf einer der Dresdner Brücken gefunden. Ob die wohl ein Brückengegner dahin gelegt hat?
Hufi ist auch zum begehrten Spielzeug geworden. Die Seiffener Spielzeugmacher haben sich ihm (Rufi Hufeisennase; PSR) angenommen. Und so sieht das Tierchen aus, welches man in jedes Kinderzimmer hängen kann.
Webseite |
Brückenbiber |
Es sind nicht nur Fledermäuse gewesen, welche Erstaunen hervor riefen. Sehr interessant fand ich die Geschichte mit dem Elbebiber, der eines Tages seinen ►Bau an einem Brückenpfeiler errichtete. Natürlich rief das den Tierschutz auf den Plan. Ob es zum erneuten Baustopp kam, steht sicherlich in Hilberts Buch. Und so kann man vieles nachlesen, was in den letzten Jahren die einen Dresdner erboste und die anderen zum Applaudieren brachte.
Zum Abschluss ein paar Zahlen:
- Aus heutiger Sicht halten 82 % der Bürger den Bau für richtig; 10 % für falsch.
- Für den Bau waren ursprünglich 72 %; 19 % dagegen.
- Den Tunnel halten immer noch 42 % für eine Alternative; 43 % sagen dies nicht.
- Die Stadt hat laut 74 % der Bürger in ihrem Interesse gehandelt.
- Für sehr gut und gut gelungen halten insgesamt 77 % den Bau.
- Aber es bedauern auch 56 % den Verlust des Welterbetitels. Die einen weil sie es auf die Brücke schieben, die anderen, weil sie die UNESCO für engstirnig halten. Oder ähnliches. Da 37 % der Befragten den Verlust nicht bedauern, gibt es sicherlich noch genügend Diskussionen.
- Die einzige Diskussion, die ich "vermisst" habe ist die, ob Dresden nun in Nord / Süd- oder in Ost / Westrichtung gespalten wurde.
Nun steht sie da. An den Anblick konnte man sich bereits einige Jahre gewöhnen. Nun ist sie FÄRDSCH, wie der Sachse zu sagen pflegt. Seit gestern Nacht rollt der Verkehr. Prompt kams zu Stau und diverse Leute erklärten: "Habsch gommen sähn!" Kommentare unter den Online-Artikeln der Sächsischen Zeitung sprechen Bände...
Es gibt noch ein paar Großprojekte in dieser deutschen Republik, in die sich die Waldschlößchenbrücke gar würdig einreiht. Da wären die ► Hamburger Elbphilharmonie, der ► Stuttgarter Hauptbahnhof und natürlich ► BBR: Berlin - Brandenburg International, der Großflughafen. Allerdings, ich wiederhole es gern noch einmal:
Es gibt noch ein paar Großprojekte in dieser deutschen Republik, in die sich die Waldschlößchenbrücke gar würdig einreiht. Da wären die ► Hamburger Elbphilharmonie, der ► Stuttgarter Hauptbahnhof und natürlich ► BBR: Berlin - Brandenburg International, der Großflughafen. Allerdings, ich wiederhole es gern noch einmal:
Nu isse färdsch, die Brügge.
Peter Hilberts Brückenchronik wird den Dresdner Brückenstreit lebendig halten.
Blick auf Frauenkirche vom Waldschlößchenpavillon |
* * *
Unsere Stadt
Geh ich durch die Straßen,
ergreift mich meine Stadt.
Neubauten, Museen, Boulevards.
Liebespärchen, Kinderwagen,
Bänke in Schatten getaucht,
ein Opa, der sein Pfeifchen schmaucht.
Ja, das ist unsre Stadt,
dank jenen fleißgen Händen,
die Trümmer von Schutt und Asche besiegt.
Heute bauen wir mit auf
unsre Stadt mit neuer Kraft.
Wir geben ihr unser Gesicht.
Brücken überm Elbestrom,
Zwinger, Gallerien,
Autolärm, quietschende Straßenbahn.
Kinder spieln an Springbrunnen,
Blätter treibt der Wind,
in den Abend, der mir Ruhe bringt.
Ja das ist unsere Stadt,
die heut entsteht in neuem Kleid
und sehr gern viele Gäste hat.
Dafür bauen wir mit auf,
pflanzen Bäume in die Erde und noch ein Haus.
Ja, schöner wolln wir unsre Stadt.
Dafür bauen wir mit auf,
pflanzen Bäume in die Erde und noch ein Haus.
Ja, schöner wolln wir unsre Stadt.
* * *
Das haben wir vor 30 Jahren gesungen in einer Gruppe, die mehrheitlich aus Lehrlingen vom Bau bestand. Viel Zeit ist seitdem vergangen. Aber James, der den Text schrieb und Freddi, der die Melodie lieferte, würden das sicherlich immer noch unterschreiben. Genau wie ich.
© KaratekaDD
Da hast Du Dir ja einiges von der Seele geschrieben. Die ganze Geschichte des Brückenbaus bis zur Eröffnung. "Brückenpicknick" finde ich übrigens eine gelungene Wortneuschöpfung - und Dein Humor, der hier immer wieder durchblitzt, gefällt mir auch :)Ein paar beeindruckende Fotos dürfen wir hier auch bewundern - und ein Lied aus alten Tagen.
AntwortenLöschenDie Mischung ist interessant und kurzweilig, gefällt mir ausgesprochen gut. Der Uwe ist und bleibt ein Dresdner, egal wohin es ihn verschlägt...
Danke, stimmt wohl, das mit dem Dresdner.
LöschenJa, sie ist "färdsch" - was man vom Berliner Flughafen wohl noch lange nicht wird sagen können...
AntwortenLöschenEin schöner Artikel, Uwe.