Sonntag, 25. August 2013

Boyne, John: Das Haus zur besonderen Verwendung

Russland 1915: In einem kleinen Dorf verhindert der sechzehnjährige Bauernsohn Georgi mit Glück und Geistesgegenwart ein Attentat auf ein Mitglied der Zarenfamilie. Zar Nikolaus II. ruft Georgi daraufhin nach Sankt Petersburg, wo er ihn zum Leibwächter seines einzigen Sohnes ernennt, der nicht nur als Thronfolger in ständiger Lebensgefahr schwebt. Georgi weicht dem kleinen Zaren fortan nicht mehr von der Seite und findet in ihm einen Freund. In den prunkvollen Sälen des Winterpalais begegnet er auch der Zarentochter Anastasia. Sie verlieben sich, wohl wissend, dass diese Liebe nicht sein darf. Doch Georgi ist entschlossen, für Anastasia bis zum Äußersten zu gehen. Aber dann erhebt sich das Volk gegen den Zaren; das ganze Land taumelt dem Abgrund der Revolution entgegen. Anastasia und ihre Familie werden an einen geheimen Ort verschleppt ins "Haus zur besonderen Verwendung". 


Die Traurigkeit der russischen Seele... 

(zuerst veröffentlicht von parden auf Buchgesichter.de am  27.06.2012)



Schlossplatz in St. Petersburg mit Alexandersäule und Winterpalais (rechts im Bild), undatiert
In einem kleinen russischen Dorf verhindert der sechzehnjährige Bauernsohn Georgi 1915 ein Attentat
Zar Nikolaus II. mit Sohn Alexej
auf ein Mitglied der Zarenfamilie. Dadurch ändert sich sein gesamtes Leben, denn aufgrund seiner Loyalität wird er daraufhin nach St. Petersburg an den Zarenhof gerufen, wo er in die Dienste Zar Nikolaus II. tritt.
Als Leibwächter des Zarensohnes Alexej betritt er nun eine ungewohnt mondäne und prunkvolle Welt, freundet sich aber schließlich mit seinem Schützling an und lernt auch die jüngste Tochter des Zaren kennen: Anastasia. Zwischen den beiden entwickelt sich eine Liebe auf den ersten Blick, eine Liebe, die jedoch nicht gelebt werden darf. Der Tradition
Zarenfamilie mit Anastasia (3. von rechts)
gehorchend, sind die Pläne für die Zukunft der Zarentöchter politisch orientiert, für jede schon der passende adlige Ehemann ausgesucht. Doch Georgi und Anastasia gelingt es, unentdeckt zu bleiben. Bis die Revolution ausbricht und Anastatsia und ihre Familie an einen geheimen Ort verschleppt werden: ins "Haus zur besonderen Verwendung"...

Erzählt wird die Geschichte in Zeitsprüngen - chronologisch in der Vergangenheit, rückwärts in
Grigori J. Rasputin
der Gegenwart, bis beide Erzählstränge sich treffen. So offenbart sich erst gegen Schluss ein Geheimnis, das für den Leser dennoch nicht überraschend kommen dürfte - in jedem Fall ist das Buch für mich ein Meisterwerk der Erzählkunst.
Boyne gelingt es, den Leser in die Geschehnisse vor und während der Revolution eintauchen zu lassen, schafft dabei aber auch einen engen Bezug zur Gegenwart Georgis, so dass sich seine Geschichte, gepaart mit dem Schicksal der letzten Zarenfamilie, letztlich wie ein geschlossener Bilderreigen vor dem Leser entfächert.

Boyne verwebt gekonnt die historischen Tatsachen mit seinen erdachten Figuren und bietet so nicht nur eine wundervoll traurige Liebesgeschichte, sondern auch gleichzeitig eine anschauliche Lehrstunde über eines der wichtigsten Kapitel der russischen Geschichte. 

Winterpalais St. Petersburg mit Eremitage

Die Erzählung selbst ist sehr ruhig, dabei jedoch eindringlich, der Schreibstil flüssig und eingängig. Die Geschichte ist berührend, und Boyne ist es gelungen, auch die Traurigkeit und Melancholie der russischen Seele einzubinden, ohne ins Kitsichge oder in Klischees abzugleiten.

Insgesamt ein beeindruckendes Leseerlebnis, und sicherlich nicht mein letztes Buch von John Boyne!



© Parden 









John Boyne wurde 1971 in Dublin, Irland, geboren, wo er auch heute lebt.
Er ist der Autor von inzwischen zahlreichen Romanen, darunter "Der Junge im gestreiften Pyjama", der zahlreiche internationale Buchpreise gewann und 2008 verfilmt wurde. John Boynes Romane wurden in über vierzig Sprachen übersetzt.




3 Kommentare:

  1. Ich bin ziemlich verblüfft: Dieses Thema hätte ich dir nie zugeschrieben, wenn diese Rezension nicht unter deinem Namen inmitten vieler anderer aufgetaucht wäre.
    Ich überlege gerade, in welchem Buch der jüngsten Zeit der Zarenmord schon einmal auftauchte, ich komme gerade nicht drauf...

    Anastasia:
    Dancing pairs,
    Painted wings,
    Things I almost remember,
    And a song someone sings,
    Once upon a December

    Someone holds me safe and warm,
    Horses prance through a silver storm,
    Figures dancing gracefully across my memory...

    Far away, long ago,
    Glowing dim as an ember
    Things my heart used to know
    Once upon a December

    (Instrumental break)

    Someone holds me safe and warm,
    Horses prance through a silver storm,
    Figures dancing gracefully across my memory

    Far away, long ago
    Glowing dim as an ember,
    Things my heart used to know,
    Things it yearns to remember

    And a song someone sings,
    Once upon a December

    Hier der Link zu Becky Taylors Interpretation:
    http://www.youtube.com/watch?v=e_uO7-t9K2U&hd=1

    Die heute erwachsene Sängerin ist wirklich toll. Aber das ist wohl das einzige was mich mit Anastasia verbindet.

    Liebe Grüße von
    KaratekaDD

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    1. Das Lied gefällt mir auch sehr.

      Dieses Buch fiel mir weniger aufgrund des Themas in die Hände, sondern v.a. wegen des Autoren (ich hatte zuvor schon "Der Junge im gestreiften Pyjama" von John Boyne gelesen) und der sehr begeisterten Bewertungen des Romans.
      Und ich freue mich, dass ich es gelesen habe... :)

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  2. Ich sehe gerade eine Spieldokumentation zur Zarenfamilie. Darin hat dieser Rasputin allerdings nicht mit der Zarentochter, sondern mehr mit der Zarin zu tun.

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