Wer etwas auf sich hält in New Ross, County Wicklow, und es sich leisten kann, lässt seine Wäsche im Kloster waschen. Doch was sich dort hinter den glänzenden Fenstern und dicken Mauern ereignet, will in der Kleinstadt niemand so genau wissen. Denn es gibt Gerüchte. Dass es moralisch fragwürdige Mädchen sind, die zur Buße Schmutzflecken aus den Laken waschen. Dass sie von früh bis spät arbeiten müssen und daran zugrunde gehen. Dass ihre neugeborenen Babys ins Ausland verkauft werden. Der Kohlenhändler Billy Furlong hat kein Interesse an Klatsch und Tratsch. Es sind harte Zeiten in Irland 1985, er hat Frau und fünf Töchter zu versorgen, und die Nonnen zahlen pünktlich. Eines Morgens ist Billy zu früh dran mit seiner Auslieferung. Und macht im Kohlenschuppen des Klosters eine Entdeckung, die ihn zutiefst verstört. Er muss eine Entscheidung treffen: als Familienvater, als Christ, als Mensch. (Verlagsbeschreibung)
In den sogenannten Magdalenen-Wäschereien, betrieben von der katholischen Kirche, wurden seit den späten 1820er-Jahren bis ins Jahr 1996, man kann sich das kaum vorstellen, "gefallene Mädchen" - Prostituierte oder auch alleinstehende schwangere Mädchen - gefangen gehalten und zur Arbeit gezwungen. Die neugeborenen Kinder wurden ihnen weggenommen. Die Arbeitsbedingungen waren unmenschlich. Wie viele Frauen dort im Lauf der Jahrzehnte gestorben sind, liegt bis heute im Dunkeln. Es dauerte bis 2013, bis sich die Irische Regierung öffentlich entschuldigte!
EINE NACHDENKLICHE WEIHNACHTSGESCHICHTE...
Die Geschichte spielt 1985 - da war ich 20 Jahre alt und schaute voller Neugierde in die Zukunft. In diesem von Claire Keegan geschilderten Szenario fühlte ich mich jedoch nicht ins Jahr 1985 zurückgesetzt, sondern in die Zeit von Charles Dickens (1812-1870). Ein kleines Dorf in Irland, große Armut und Arbeitslosigkeit allenthalben, Schnee zu Weihnachten, qualmende Schornsteine, ein Kohlenhändler, der durch seine Lieferungen nur mühsam seine Familie ernähren kann, bescheidene, kleine Weihnachts-Geschenke, Gottesfurcht und Bibelfestigkeit, ein enges Verhaltenskorsett, um nicht negativ aufzufallen und womöglich aus der Gemeinschaft ausgstoßen zu werden - eine Atmopshäre wie im viktorianischen Zeitalter.
Im Zentrum der Erzählung steht besagter Kohlenhändler Billy Furlong, ein fleißiger, aufrichtiger Mann, der seine Angestellten gut behandelt und auch für andere Menschen stets ein freundliches Wort hat. Hat er Kleingeld in der Tasche, gibt er es meist weg an ein Kind oder einen Armen, mitleidig wie er ist. Fünf Töchter hat er, und eine Ehefrau, die ihm stets zur Seite steht. Nun, kurz vor Weihnachten, denkt Furlong viel an seine Kindheit zurück, und er versucht, noch allen Kunden die bestellte Lieferung an Kohlen zukommen zu lassen: niemand soll an Weihnachten frieren! Zum Kloster kommt er jedoch diesmal ein wenig zu früh, und so macht er dort eine unerwartete Entdeckung, die seine Ruhe empfindlich stört.
Bill ahnt, dass er sich entscheiden muss. Macht er die Augen zu wie alle im Dorf und kann so in Frieden weiterleben? Oder greift er ein und muss fortan mit den Folgen zurechtkommen, er und seine Familie? So oder so wird für Bill nichts mehr sein wie zuvor...
Ein Kurzroman, der es in sich hat. Der fast schon idyllischen Atomsphäre entgegen steht das zunehmend spannungsgeladene Erleben von Bill, dem eine moralische Frage keine Ruhe mehr lässt. Der Schreibstil präzise und klar, stellenweise feingeschliffen und poetisch, schafft mühelos Bilder im Kopf, wodurch man sich trotz der Kürze des Romans in die Situation hineinversetzt fühlt. Das Unbehagen, das Bill nach und nach ergreift, erfasste so auch mich.
Eine nachdenkliche Weihnachtsgeschichte, die von Stefan Wilkening in seinem angenehmen und ruhigen Vortrag nahezu märchenhaft erzählt wird. Obschon der Roman selbst lediglich 112 Seiten hat, wurde die Hörbuchfassung (2 Stunden und 22 Minuten) noch einmal gekürzt. Dafür fehlt mir leider jedes Verständnis, und diese Tatsache trägt zum Punkteabzug bei.
Ansonsten aber ein sehr atmosphärisches und intensives Hörerlebnis, das auch noch über die letzte Silbe hinaus wirkt...
© Parden
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