Samstag, 25. April 2020

Pohl, Alex: Eisige Tage

  • Taschenbuch: 432 Seiten
  • Verlag: Penguin Verlag; Auflage: Originalausgabe (11. Februar 2019)
  • Sprache: Deutsch
  • ISBN-10: 3328103236
  • ISBN-13: 978-3328103233
  • Reihe: Hanna Seiler und Milo Novic (Band 1)

Manchmal staune ich - da wollte ich gerade die Buchbesprechung zu "Heißes Pflaster" einstellen und musste feststellen, dass es der erste Band der Leipziger Krimi-Reihe bislang gar nicht bis in den Blog geschafft hat. Lediglich "Die Schuld der Engel", das der Autor unter dem Pseudonym L.C. Frey veröffentlicht hat, habe ich hier vorgestellt. Damit alles seine Ordnung hat, beginne ich jetzt natürlich mit dem ersten Band der Reihe um ein ungewöhnliches Ermittlerduo... Gelesen habe ich diesen vor etwa einem Jahr im Rahmen einer Leserunde bei Lovelybooks.







INTERESSANTER AUFTAKT EINER NEUEN KRIMI-REIHE...


Quelle Hintergrund: Pixabay
In sechs Teile ist dieser Krimi gegliedert, betitelt mit eisigen Begriffen wie 'Erster Schnee', 'Graupelschauer', 'Gefrierpunkt'... Vorangestellt ist ein Prolog, am Ende steht ein Epilog. Untergliedert sind die eisigen Abschnitte in zahlreiche kurze Kapitel, jeweils mit Ort und Zeit überschrieben, was sich als sinnvoll erweist, da die häufigen Orts-, Zeit- und Perspektivwechsel bis zum Schluss schon recht verwirrend sind. Die Kürze der Kapitel sorgt gemeinsam mit dem nahezu süffigen Schreibstil für einen ungeheuren Leseflow, so dass es phasenweise schwerfällt, das Buch überhaupt noch aus der Hand zu legen.

Dieser Krimi ist der erste, den Alex Pohl unter seinem Klarnamen veröffentlicht hat. Zuvor hat er schon etliche Krimis und Thriller unter seinem Pseudonym L.C. Frey veröffentlicht. Gelesen habe ich davon bisher nur 'Die Schuld der Engel', ein Thriller, der mir bereits aufzeigte, dass der Autor wirklich schreiben kann. Deshalb habe ich mich sehr gefreut, als ich nun die Gelegenheit erhielt, mit 'Eisige Tage' den Reihen-Auftakt im Rahmen einer Leserunde zu lesen.

In der Vorweihnachtszeit stellt der Tod eines Anwalts die Kommissare Hanna Seiler und Milo Novic von der Leipziger Polizei vor eine große Aufgabe. Denn kaum beginnen sie zu ermitteln, entpuppt sich der Mord als die Spitze eines Eisbergs. Plötzich finden sich die Kommissare in einem Sumpf wieder von  Kindesmissbrauch, Kinderpornografie, dem Fall eines verschwundenen Mädchens, illegalem Waffenbesitz und der Russenmafia - da kommt schon etwas zusammen. Dabei schafft Alex Pohl eine ausgesprochen düstere und kalte Atmosphäre, die nur z.T. der eisigen Kälte im Dezember geschuldet ist.

Der Fall ist sehr verworren, und mit jeder neuen Erkenntnis wächst im Grunde die Anzahl der Fragezeichen. Doch irgendwie hatte ich hier den Eindruck, dass es zwar auch um die Ermittlungen geht, dass hier im Wesentlichen aber die Charaktere eingeführt werden sollen, die auch in den folgenden Bänden der Reihe eine Rolle spielen dürften. Jedenfalls punktete dieser Krimi für mich nicht durch Spannung, sondern lebte eher von der Verwirrung durch die ständigen Handlungs- und Zeitsprünge sowie durch die Besonderheiten der Charaktere.

Mit Hanna Seiler und Milo Novic hat Alex Pohl sehr gegensätzliche Kommissare zusammengeführt. Hanna ist seit dem Selbstmord ihres Mannes alleinerziehende Mutter eines neunjährigen Sohnes. Diese Doppelbelastung meistert sie in der Regel bisher ganz gut, hat aber das Gefühl, nicht immer allem gerecht zu werden. Etwas mysteriös erscheint ihre wie auch immer geartete Verbindung zum Kopf der russischen Mafia der Stadt, Onkel Iwanow. Durch Kontakte in vorherigen Fällen scheint Hanna Iwanow gegenüber verpflichtet zu sein - vielleicht auch mehr? Diese Frage löst sich in diesem Band jedenfalls nicht auf.

Milo Novic ist ein sehr spezieller Charakter, ein Einzelgänger mit emotionalen Schwächen. Er geht wenig auf andere Menschen ein, kann sich oftmals nicht vorstellen, wie er auf andere wirkt oder was seine Äußerungen bei seinem Gegenüber auslösen könnten. Er ist hochsensibel, versucht sich vor zu vielen und intensiven Reizen (Geräuschen, Gerüchen, visuellen Eindrücken) zu schützen und verschanzt sich am liebsten in seiner Wohnung, wo er stundenlang klassische Musik hört. Ob er nun in Richtung Asperger Syndrom einzuordnen ist oder ob seine Verhaltensbesonderheiten seiner Hochsensibilität bzw. traumatischen Kindheitserfahrungen zuzuordnen sind, kann ich bislang nicht abschließend beurteilen. Deutlich ist aber, dass Milo Novic Synästhektiker ist: er sieht Farben bei Gerüchen und bei Musik.

Als Ermittler tun sich Seiler und Novic in diesem Krimi m.E. noch nicht sonderlich hervor. Zwar zeigt Novic gelegentlich eine feine Intuition, aber letztlich kommen sie in dem Fall nur durch die Unterstützung Dritter voran. Vor allem der Pate Leipzigs, der Russe Iwanow, überrascht hier doch das ein oder andere Mal. In jedem Fall hat Alex Pohl mit diesem 'Bösewicht' einen interessanten Antagonsiten geschaffen, der sicher auch in den kommenden Bänden eine Rolle spielen wird. Gerade hinsichtlich der Russen-Mafia ist mir hier ein wenig zu klischeehaft gestrickt worden, aber die Reibungspunkte werden dadurch natürlich deutlich herausgestellt...

Dafür dass es sich hier 'nur' um einen Krimi handelt, gibt es hier überraschend viele recht brutale Szenen. Da darf man als Leser nicht empfindlich sein und muss die oben benannten Themen nebst reichlicher Gewaltszenen auch im Detail aushalten können. Dann aber wird man mit einem flüssig zu lesenden und interessanten Fall belohnt, der wirklich Lust macht auf die kommenden Folgen.

Alles in allem jedenfalls ein recht gelungener Auftakt zur neuen Krimi-Reihe, für den ich (aufgerundete) 3,5 Punkte vergebe...


© Parden














Alex Pohl hatte jede Menge Jobs, bevor er unter dem Pseudonym L.C. Frey ein riesiges Thrillerpublikum begeisterte. Mit »Eisige Tage« erschien 2019 der Auftakt einer neuen Krimireihe um das charakterstarke Ermittlerduo Hanna Seiler und Milo Novic — und um den Tatort Leipzig, seine Heimatstadt. Alex Pohl ist außerdem Co-Autor des Nr.-1-Bestsellers »Abgefackelt« von Michael Tsokos.

(Quelle: Penguin Verlag)

3 Kommentare:

  1. Mir sonst immer so, als würden dich Verwirrungen gelegentlich verwirren...
    Die Stoffe gehn nie aus...

    AntwortenLöschen
  2. Hallo liebe Anne,

    das klingt nach einer spannenden Krimireihe, die ich mir mal merken werde.
    Die Merkmale für Krimis und Thriller sind eigentlich klar abgegrenzt, aber man muss sich wundern, wie da die Verlage urteilen.

    Und mir geht es auch manchmal so, dass ich eine Rezension auf den Blog stelle und merke, dass die Vorbände noch gar nicht online sind. Sie sind dann aber auf Lovelybooks eingestellt.

    Ich wünsche dir noch einen schönen Abend,
    Barbara

    AntwortenLöschen
    Antworten
    1. Hallo Barbara,

      ja, die Reihe kann man sich durchaus merken. Ich freue mich definitiv auf die Fortsetzung!

      Liebe Grüße,
      Anne

      Löschen

Durch das Kommentieren eines Beitrags auf dieser Seite, werden automatisch über Blogger (Google) personenbezogene Daten, wie E-Mail und IP-Adresse, erhoben. Weitere Informationen findest Du in unserer Datenschutzerklärung und in der Datenschutzerklärung von Google. Mit dem Abschicken eines Kommentars stimmst Du der Datenschutzerklärung zu.

Um die Übertragung der Daten so gering wie möglich zu halten, ist es möglich, auch anonym zu kommentieren.