Paris in den 60er Jahren: Schon als junges Mädchen ist Louki aus der Wohnung der Mutter, einer Platzanweiserin im Moulin Rouge, immer wieder weggelaufen. Den Vater hat sie nie gesehen. Ihren Mann, einen wohlsituierten Immobilienmakler, verließ sie ein Jahr nach der Heirat wieder. Mit ihrem Geliebten, dem angehenden Schriftsteller Roland, streift sie tagelang durch die große Stadt. Im Café Le Condé, dem 'Café der verlorenen Jugend', glaubt Louki Zuflucht zu finden, während der Detektiv ihres Mannes schon ihre Spur aufgenommen hat.
Mit 'Im Café der verlorenen Jugend' hat Patrick Modiano einen seiner schönsten Romane geschrieben. Die Kritik feierte ihn als 'den größten zeitgenössischen Schriftsteller Frankreichs' (Lire).
Une mélancolie en français...
(zuerst veröffentlicht von parden auf Buchgesichter.de am 25.09.2013)
Im Mittelpunkt des Geschehens steht das Café Le Condé, das
eigentlich ein ganz gewöhnliches Café ist, wäre dort nicht eines Tages
wie aus dem Nichts eine junge Frau aufgetaucht: Louki. Der Zauber ihrer
Anwesenheit legt sich auf alle, die sie kennenlernen, doch sie bleibt
wenig greifbar. Jacqueline Delanque mit bürgerlichem Namen, ist diese
Louki eine Suchende - eine Suchende nach ihrem Platz im Leben. Immer
wieder flüchtet sie aus ihren Lebensumständen, getrieben von der
Sehnsucht nach einer Zuflucht, einer Heimat, sich selbst.
Sie schildert selbst: "Ich habe eine Ausrede erfunden, um an die frische Luft zu gehen. Dann bin ich losgerannt (...) Ich ließ mich von einem Rausch überwältigen (...) Später habe ich den gleichen Rausch immer dann verspürt, wenn ich die Brücken zu jemandem abbrach. Ich war nur dann ich selbst, wenn ich ausriss."
Sie schildert selbst: "Ich habe eine Ausrede erfunden, um an die frische Luft zu gehen. Dann bin ich losgerannt (...) Ich ließ mich von einem Rausch überwältigen (...) Später habe ich den gleichen Rausch immer dann verspürt, wenn ich die Brücken zu jemandem abbrach. Ich war nur dann ich selbst, wenn ich ausriss."
Verlorene Jugend, verlorene Zeit. Das ist nich Modianos "Condé", sondern das Pariser "Select" in den sechziger Jahren. |
Die Geschichte des Buches wird aus vier unterschiedlichen
Perspektiven erzählt. Durch einen namenlos bleibenden Studenten erhält
der Leser die ersten oberflächlichen Eindrücke der Besucher des Cafés,
darunter auch Louki, die schüchterne Unbekannte, die jedoch bald
vertraut scheint. Danach erfährt der Leser durch den vom Ehemann Loukis
angeheuerten Privatdetektiv einige Informationen über das Vorleben der
jungen Frau, jedoch ohne dass sich bereits ein wirkliches Bild
herauszeichnen würde. Im Anschluss berichtet Louki selbst über ihre
Erfahrungen und Empfindungen als Jugendliche und heute, und dieser
Einblick in ihr Gefühlsleben skizziert die Person Loukis nun wesentlich
deutlicher. Im letzten Abschnitt übernimmt der Geliebte Loukis, Roland,
die Schilderung ihrer gemeinsamen Zeit. "Unsere Begegnung erscheint mir,
wenn ich heute zurückdenke, wie die Begegnung zweier Menschen, die
keine Verankerung hatten im Leben. Ich glaube, wir waren alle beide
alleine auf der Welt."
Obschon die Person Loukis zu keinem Zeitpunkt wirklich greifbar scheint, kristallisiert sich nach und nach doch eine große, fast schon verzweifelte Suche heraus. "Sie wollte ausbrechen, fliehen, immer weiter, kompromisslos Schluss machen mit dem Alltagsleben und in freier Luft atmen." Sehnsuchtsvoll und melancholisch-orientierungslos, immer schon das Scheitern implizierend, so erscheinen die Personen in diesem an sich handlungsarmen Roman.
Obschon die Person Loukis zu keinem Zeitpunkt wirklich greifbar scheint, kristallisiert sich nach und nach doch eine große, fast schon verzweifelte Suche heraus. "Sie wollte ausbrechen, fliehen, immer weiter, kompromisslos Schluss machen mit dem Alltagsleben und in freier Luft atmen." Sehnsuchtsvoll und melancholisch-orientierungslos, immer schon das Scheitern implizierend, so erscheinen die Personen in diesem an sich handlungsarmen Roman.
Wer sich an Patrick Modiano wagt, sollte wissen, dass er mit einem
hochgelobten französischen Schriftsteller und Romancier zu tun hat, der
bereits mit zahlreichen Preisen ausgezeichnet wurde. Literaturkritiker
und Leserschaft müssen da in ihrer Beurteilung nicht immer unbedingt
übereinstimmen, wie ich in der Vergangenheit auch schon mehrfach
feststellen musste.
Doch auch wenn dieses schmale Buch sicherlich ein Stück anspruchsvolle Literatur darstellt und die Melancholie das Geschehen für meinen Geschmack ein wenig zu sehr überlagert, kreiert der Autor mit seiner Sprache einen ganz eigenen zärtlichen Zauber, dem auch ich mich nicht entziehen konnte.
Doch auch wenn dieses schmale Buch sicherlich ein Stück anspruchsvolle Literatur darstellt und die Melancholie das Geschehen für meinen Geschmack ein wenig zu sehr überlagert, kreiert der Autor mit seiner Sprache einen ganz eigenen zärtlichen Zauber, dem auch ich mich nicht entziehen konnte.
Ich freue mich, dass ich auf dieses Werk gestoßen bin. Auf diese kleine mélancolie en français...
© Parden
Da hast du ja wieder mal ein Buch mit dem Untertitel NICHTS FÜR U... gelesen. Scheint mir zumindest so. Aber wieder eine gute Rezension.
AntwortenLöschenVermutlich hast Du Recht. Aber wir lesen ja immer wieder mal Bücher, die nicht jedermanns Geschmack sind. Das liefert doch die große Bandbreite hier... :)
LöschenSchau mal einer an... Gerade hat Patrick Modiano den Literatur-Nobelpreis gewonnen. Und ich kenne ein Buch von ihm. Das ist für mich Premiere - sonst lerne ich die Autoren frühestens NACH der Preisverleihung kennen... ;)
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