Freitag, 13. September 2013

Kaléko, Mascha: In meinen Träumen läutet es Sturm


  
Mascha Kaléko wollte wie Kästner, Tucholsky oder Ringelnatz, mit denen sie immer wieder verglichen wurde, keine feingeistige Literatur für wenige schreiben, sondern eine zugängliche, unverkrampfte "Gebrauchspoesie", vom Alltag für den Alltag, keck, gegenwartsnah, voller Ironie und doch auch Gefühl. Wie gut ihr das gelungen ist, zeigen diese Gedichte und Epigramme aus dem Nachlaß. 








Berühmt - und doch unbekannt...

(zuerst veröffentlicht von parden auf Buchgesichter.de am  12.09.2013)


Hand aufs Herz - Mascha Kaléko? Wer von uns hat zuvor schon etwas von dieser Frau gehört oder gelesen? Nun, ich kann natürlich nur für mich schreiben, und ich muss gestehen: ich nicht...
 

Mascha Kaléko. Dieser Name tauchte zuerst um 1930
Die Schriftstellerin Mascha Kaléko
in Berlin auf - sie schrieb "Zeitungsgedichte", vom Alltag für den Alltag, und diese Art der pointierten Großstadtlyrik liebte man in den dreißiger Jahren ganz besonders. Kaléko gehörte in Berlin zum Kreis der schöpferischen Boheme, saß, dichtete und diskutierte im "Romanischen Café" mit Größen wie Tucholsky, Ringelnatz und Kästner. Die erste Auflage ihres Buches "Das lyrische Stenogrammheft" war schnell vergriffen - doch als Ernst Rowolt die zweite Auflage druckte und auch ihr zweites Werk "Kleines Lesebuch für Große", wurden beide Bücher noch in der Druckerei beschlagnahmt. Mascha Kaléko war Jüdin.
"Berühmt - und doch unbekannt: der Schnittpunkt dieser beiden Komponenten weist auf ein deutsch-jüdisches Schicksal, markiert den Sturz ins Vergessenwerden, signalisiert das Verdammtsein ins Echolose, zur totalen Heimatlosigkeit." (S. 175 aus dem Nachwort)

 

Das lebenslängliche Gefühl von Heimweh und Ausgeliefertsein, Emigrantin von Kind auf, Schicksalsschläge und Einsamkeit - all dies prägt die Lyrik von Mascha Kaléko.

 
" Wie in der kranken Auster nur
sich eine Perle rundet
so formt sich auch des Dichters Lied
im Herzen, das verwundet."

(Aus "Sublimiertes Wehweh", S. 159)


 
Oftmals sind die Gedichte Ausdruck der Überzeugung oder der Gefühle der Autorin. Es finden sich Werke zu Freundschaft, Zivilcourage, Umgang mit Schicksalsschlägen - und immer wieder Einsamkeit. Und Kaléko bringt es derart auf den Punkt, dass die Gedichte für sich sprechen und keiner Interpretation bedürfen.
Alleine um sie nicht in Vergessenheit geraten zu lassen - für mich - stelle ich hier nun noch zwei der Gedichte ohne weiteren Kommentar vor.


Der Eremit
 
Sie warfen nach ihm mit Steinen.
Er lächelte mitten im Schmerz.
Er wollte nur sein, nicht scheinen.
Es sah ihm keiner ins Herz.

 
Es hörte ihn keiner weinen,
Er zog in die Wüste hinaus.
Sie warfen nach ihm mit Steinen.
Er baute aus ihnen sein Haus.







Take it easy!
 
Tehk it ih-sie, sagen sie dir.
Noch dazu auf englisch.
"Nimm´s auf die leichte Schulter!"

 
Doch, du hast zwei.
Nimm´s auf die leichte.

 
Ich folgte diesem populären
Humanitären Imperativ.
Und wurde schief.
Weil es die andere Schulter
Auch noch gibt.

 
Man muss sich also leider doch bequemen,
Es manchmal auf die schwerere zu nehmen.


 




Es ist nicht immer die Zeit für Gedichte. Aber wenn die Zeit passend ist, ist dieses Buch eine Bereicherung.
Von mir eine klare Empfehlung!

 

© Parden

3 Kommentare:

  1. Ich gratuliere zur deiner Wahl dieses Buches einer nahezu vergessenen Autorin u n d zu deiner Rezension.

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  2. Und ich schließe mich an. Take it Easy gefällt mir sehr. Ich find das klasse, dass damit auch die Lyrik einen ihr gebührenden Platz erhält, den ich ihr allein niemals geben könnte. Ich würde mir ja auch nie einen Gedichtband zulegen. Höchstens eine CD mit solchen, wenn mir der Sprecher gefällt.

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  3. Danke Euch beiden. Manchmal finden die Bücher zu einem, und dann soll es auch so sein. In diesem Falle hat es sehr gepasst...

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