Karl Marx einmal anders. Uwe Wittstock, der hier bereits mit MARSEILLE 1940 Einzug hielt, hat für sein Porträt eine Rahmenhandlung gewählt, die es ermöglicht, sich Leben und Werk des Begründers des Marxismus etwas anders als vielleicht gewohnt zu nähern. Wittstock begleitet Marx nämlich gegen Ende seines Lebens (1818 – 1883) nach Algier und damit auf die einzige Reise, die ihn Europa verlassen ließ. Wenige Monate vorher starb seine innig geliebte Frau Jenny, während deren Begräbnis er selbst sehr krank im Bett lag. Nun soll er sich erholen und eigentlich hat er einen Packen Druckfahnen im Koffer, er soll nämlich eine neue Auflage seines Hauptwerkes durchsehen: DAS CAPITAL. Doch auch Algier bringt ihm gesundheitlich nur einen Aufschub.
Wie begegnete uns bisher dieser Karl Marx, wenn überhaupt, obwohl doch der Name sehr bekannt sein sollte? Wenn man wie der Rezensent Anfang der sechziger Jahre in der DDR geboren wurde und von 1989/90 ein Studium begann oder gar abschloss, war er „allgegenwärtig“, denn, egal welche Studienrichtung, Marxismus-Leninismus hatte jede Studentin, jeder Student zu absolvieren. Wieviel mehr noch diejenigen, die sich mit Geschichte, Ökonomie, Philosophie hauptsächlich befassten. Allein der Umfang führte wohl dazu, dass das Fachgebiet mehr oder weniger unbeliebt erledigt wurde. Und das scheint mir freundlich ausgedrückt zu sein, obwohl es bei mir nicht so war. Denn ich fand seinerzeit, dass man mit dem dialektischen und historischen Materialismus was anfangen konnte und gebe zu, eine bestimmte Denkweise beim Analysieren von Problemen irgendwelcher Art führt wahrscheinlich auf Marx zurück.
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Uwe Wittstock erwähnt in seinen Nachbemerkungen, dass Marlene Vesper im Jahr 1995 ein Buch unter dem Titel Marx in Algier veröffentlichte, selbst hat Wittstock 2018 die Geschichte unter dem Titel Marx beim Barbier herausgebracht. Letzteres sei besonders erwähnt, man hätte das Buch auch Karl Marx beim Barbier in Algier nennen können, denn Marx hat sich dort seinen berühmten Bart scheren lassen.
Und wenn wir einmal bei einer etwas anderen Karl-Marx Rezeption sind, dann will ich nicht versäumen, den „Mohr“ zu erwähnen, wie Marx wegen seines schwarzen dichten Barts genannt wurde und das Kinderbuch Mohr und die Raben von London aus der Feder von Ilse und Vilmos Korn erwähnen, in dem auch das Märchen vom Hans Röckle und Meister Flammfuß erwähnt wird, was Karl Marx einst seinen Töchtern erzählte. Beide Bücher wurden auch verfilmt, der „Röckle“ mit dem unvergessenen Rolf Hoppe in der Hauptrolle.
Wie Marseille 1940 ist auch Karl Marx in Algier eine Art neues Genre erzählter Geschichte, vielleicht ähnlich der Bücher von Florian Illies: 1913 und Zauber der Stille. Sich mit Marx auseinanderzusetzen, ist so schon nicht einfach, in derartig erzählter Form erscheint es leichter. Die anschließenden Quellen- und Literaturangaben ermöglichen das Weiterlesen sicherlich.
Die interessante Lesung im Juli 2025 in Neustrelitz ließ mich dann endgültig zu Marseille 1940 greifen (Februar 33 steht noch aus), bis zum eBook zu Marx war es dann nur noch ein kleiner Schritt.
© Der Bücherjunge
*Bildquelle: Die Büste steht (allerdings) im Foyer der Zentral der DDR-Staatssicherheit in der Normannenstraße - Berlin




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