Mittwoch, 31. Dezember 2025

Crönert, Claudius: Das Erbe der Karolinger

Beginnen wir (ausnahmsweise) einmal mit dem Klappentext dieses historischen Romans:

„Was geschieht, wenn Neid und Gier zu Streit und Krieg führen: das große Karolinger-Epos. Eigentlich macht Ludwig, Kaiser der Franken und Sohn Karls des Großen, alles richtig: Er regelt seine Nachfolge früh, ernennt seinen ältesten Sohn Lothar zum Mitregenten und bedenkt die jüngeren Söhne mit großen Ländereien. Schnell zeigt sich jedoch, dass Ludwig und Lothar unterschiedliche Vorstellungen darüber haben, wie das Land regiert werden soll. Während sich der Vater um Frieden und Ausgleich bemüht, drängt der Sohn darauf, die Interessen des Reiches mit Härte durchzusetzen. Als Ludwig nach dem Tod seiner Frau ausgerechnet um Judith wirbt, für die sich auch sein Sohn interessiert, eskalieren die Streitigkeiten. Bald steht alles auf dem Spiel, was Karl der Große einst geschaffen hat …“ (Verlag)

Wer sich halbwegs an seinen Geschichtsunterricht erinnert, der fällt auch etwas zu Karl dem Großen ein. Den Herrscher und Kaiser des Frankenreiches und wer einmal in Aachen war, bewunderte auch dessen Thron. Der Karlspreis für Verdienste um die Einheit Europas (und die Streitereien um die jeweiligen Preisträger) sei erwähnt (2025 - Dr. Ursula von der Leyen) - auch wenn die Einheit seines Imperiums nach ihm wie ein Kartenhaus zusammenfiel…

Claudius Crönert suchte sich eben nicht den Großen Karl, er nahm dessen Nachfolger, Ludwig den Frommen, auf sein Korn. Zudem stellt er mit Judith eine Grafentochter mit an die Spitze der Handlung, die, so liest man, von den mittelalterlichen Geschichtsschreibern nicht unbedingt positiv dargestellt wurde. Allerdings wissen wir auch, dass die Fürstinnen eher selten in den Vordergrund gestellt wurden, eher wurden sie in Bezug auf die Verwaltung von Burgen oder Ländereien mal erwähnt, wie zum Beispiel die später berühmte Eleonore von Aquitanien, deren Herzogtum in dieser Handlung hier noch von einem (Unter)König regiert wird. 

Aber auch die Fürstinnen liebten ihre Kinder und versuchten, für diese etwas zu erreichen. So auch Judith, die als zweite Gemahlin Ludwigs des Frommen (Kaiser von 813 - 840) für den gemeinsamen Sohn, Karl der Kahle,  ein Fürstentum will, obwohl doch per Gesetz die Aufteilung des Reiches bereits feststehen sollte. Der Streit Lothars - Mitkaiser seines Vaters -, Pippins und Ludwigs des Deutschen (Bayern), erscheint an sich überholt. Wieso verstand man nicht, dass solche Imperien durch die Aufteilung der Ländereien unter die Söhne der Herrscher zerfallen werden? Wieso stellt sich ausgerechnet Lothar gegen seinen Vater, obwohl er doch der zukünftige Kaiser sein wird?

Mit Judith, ihrer Schwester Emma und den „kleinen“ Ludwig sowie Bernhard von Septimanien sind hier die „freundlichen“ Figuren: Es ist halt ein Roman. Liest manisch durch bekannte Online-Enzyklopädie, erhält man aber ein gewissen Durcheinander und so manche Widersprüche zwischen den unterschiedlichen Beiträgen zu den Personen oder den Ländern oder den Kriegen. Ein Grund mehr, Romane zu lesen, wenn man nicht berufen ist, Geschichte zu lehren.

„Keine Seite war bereit, auf die andere zuzugehen und Kompromisse zu schließen. Ein sehr erfolgreicher Weg, wenn man etwas kaputtmachen will.“ Das ist das Autoren-Fazit zum Roman, nicht unbedingt anzuwenden auf aktuelle Konflikte, weil Kriege damals die Regel, heute aber in Europa nicht mehr hätten auftreten sollen.

Das ist der Stoff des Romans, den uns Claudius Crönert hier präsentiert. Spannend und weitaus lehrreicher, als er selbst vorgibt. Crönert sagt im Verlagsinterview, dass solche Romane weniger dem Lernen dienen, als das die Leserinnen und Leser in eine andere Welt eintauchen können. Für den Rezensenten hier gilt, das er beides möchte.

Europa 814 (Wikipedia)
Noch einmal zum Karlspreis: Die gehässigen Kommentare auf den Social Media Kanälen zur aktuellen Preisträgerin zeigen, dass der Einigungsprozess in Europa noch Reserven hat. „Das Reich Karls des Großen und Ludwigs des Frommen umfasste die heutigen Länder Frankreich und Deutschland und die Staaten zwischen ihnen, die Niederlande, Belgien und Luxemburg. Durch die Teilung im Vertrag von Verdun 843 wurde die Trennung zwischen ihnen zementiert. Seit dem Ende des Zweiten Weltkriegs versucht das sich langsam und mühevoll vereinigende Europa, diese Trennung wieder aufzuheben.“ - 


Das vermerkt der Autor im erwähnten Verlagsinterview. Einerseits denkt der Rezensent, dass dies stimmt, andererseits, das dieser Prozess eine zwar stetige Entwicklung genommen hat, nationalistische politische Kräfte allerdings versuchen, Keile dazwischen zu treiben. Was Karl der Große wollte, war ein großes Reich. Inwieweit er dabei an Europa dachte, ist vermutlich mindestens fragwürdig. Zu lernen ist aus der Geschichte des Frankenreiches, dass ohne Einigkeit eine Einheit unbeständig bleibt. Wer das nicht rausliest, hat Claudius Crönert vielleicht nicht richtig verstanden.

© Der Bücherjunge






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