Donnerstag, 26. Januar 2023

Autoren: In 80 Büchern um die Welt


Wenn man das Gefühl hat, alles gelesen zu haben, aber wer hat das schon, geht ja auch gar nicht, dann kann man sich ja beraten lassen. Eigentlich fällt einem ja bloß nicht ein, was man jetzt lesen sollte. Man geht in die Buchhandlung und fragt den freundlichen Buchhändler oder die überaus freundliche Buchhändlerin. Man kann natürlich auch im Netz stöbern, aber da ist ja die Qual der Wahl.

Dazu gibt es Bloggerinnen und Blogger, so wie wir hier, deren Tips zwar auch nur auf mehr oder weniger Leseerfahrung beruhen. Jedoch findest Du, oder finden Sie, im Literaturblog Litterae-Artesque dies und das, was passen könnte, wir nehmen für uns in Anspruch, dass wir dem Mainstream und den Bestsellerlisten nur gelegentlich folgen und dabei auch mal in die Regalreihen hinter den aktuellen Büchern greifen.

Mit diesem Buch greife ich zwar nicht in den Stapel der älteren Bücher, denn es ist ja auch erst im letzten Jahr erschienen, aber es geht um alte Bücher und neuere Bücher. "Alte" Bücher habe ich durch die Perlen der Literatur (Label) sowieso gerade beim Wickel und da passt das ganz hervorragend rein. Übrigens kann man, wenn man keine Zeit hat, auch hier kurz reinhören. Am Ende wirst du, oder werden Sie feststellen, dass eben noch nicht alles gelesen wurde. So wie ich beim durchblättern dieses bunt illustrierten Nachschlagewerkes aus dem WBG Theiss - Verlag.

IN 80 BÜCHERN UM DIE WELT: Mindestens älteren Lesern fällt da doch gleich Jules Verne ein, der den Phileas Fogg in 80 Tagen um die Erde reisen lies. Jüngeren Lesern fällt dazu vielleicht eher ein Film ein, es gibt zig Auflagen und x-Filme zu diesem Stoff. Also darf der Titel schon mal herhalten und es passt ja auch. Aber wer weiß schon, dass das Buch zu Leo Tolstois Lieblingsbüchern gehörte und der seinen Kindern daraus vorlas? 

"Spannung ist dank des stockenden Erzähltempos, der zunehmenden Sorgen Passepartouts (und des Lesers) sowie der exotischen Details und ausgefallenen Beschreibungen der Orte garantiert, nicht zu vergessen der bizarre Kontrast zwischen dieser Aufregung und Foggs Gleichmut."  - "Reisen erweitert den Horizont, egal wie vehement man sich dagegen wehrt." (Seite 70) schreibt Robert Hanks, einer der 55 internationalen Autorinnen und Autoren.

In vier Kapitel ist das schon von der Optik her ansprechende Buch geteilt, das erste Kapitel ist mit Expeditionen und Reisen überschrieben, dazu gehört natürlich der soeben erwähnte Roman aus dem Jahr 1872. 

Da erst am letzten Montag vor 240 Jahren Marie-Henri Beyle geboren wurde, der sich Stendhal nannte, möchte ich den Roman Die Kartause von Parma (Leseprobe) erwähnen, den ersten, die eine moderne Beschreibung eines Krieges einer Schlacht (Waterloo).  Das ist dann wohl so, denn Leo Tolstoi schrieb seinen berühmten Roman Krieg und Frieden erst in sechziger Jahren des 19. Jahrhunderts.

"Vergangen ist die Vorstellung glorreicher Kameraderie, vergangen die Auffassung von einer sinnvollen Strategie. Waterloo ist chaotisch, voller unausweichlicher, schmerzhafter und sinnloser Geschehnisse." (Alison Finch - Seite 56)

Die erste Reise, das erste Buch ist natürlich die Odyssee von Homer. Was finden wir noch? Wir treffen natürlich Robinson Crusoe (1719), weiter Huckleberry Finn (1884), Frankenstein (1818) und Dracula (1897), Moby-Dick (1851) und Onkel Tom (1852). Und einiges mehr - 21  Bücher werden in diesem ersten Kapitel vorgestellt.

* * *

Zeitalter des Reisens, das zweite Kapitel, beinhaltet 16 Bücher. Gerade einmal fünf Autorinnen und Autoren sind mir bekannt; nur eines habe ich gelesen und an einem "zerbrach" ich bisher immer. Ruf der Wildnis (1903) von Jack London habe ich gelesen, als ich in der Jugend ständig auf literarische Abenteuer aus war. Und am Ulysses von James Joyce bin ich bisher immer gescheitert.


Erwähnen möchte ich Anna Seghers mit dem Roman Transit (1944), der Flucht und Entwurzelung thematisiert. Beeinflusst wurde er von Walter Benjamins Suizid, dem Spanien das Ausreisevisum in die USA verweigerte. Ich spreche das an, weil erst gestern und erstmalig hier im Blog von Walter Benjamin geschrieben wurde. Catherine Taylor erklärt zu diesem Buch:

"Anna Seghers wunderschöner, mit autobiografischen Elementen durchsetzter Roman ist eines der bedeutendsten fiktionalen Werke des zweiten Weltkrieges, gleichzeitig ein Polit-Thriller und ein Werk des Existenzialismus. Er behandelt minutiös das tägliche Leben der Flucht und des Exils und fängt nicht nur die adrenalingetränkte Angst ein, sondern auch die tödliche Langeweile beim Warten auf Entscheidungen der Bürokratie." (Seite 124)

Das ist ein Buch gegen das Vergessen <, welches ich mir demnächst zulegen werde. 

Wen haben wir noch? Unter anderen William Faulkner, John Steinbeck und Laura Ingalls Wilder, die mit Laura in der Prärie (1935) Kindheitserlebnisse erzählt: "Ihre dramatische, aber beschauliche Darstellung eines selbstversorgenden Lebenswandels in einer verschwundenen Welt beeinflusste die allgemeine Auffassung von der Erschießung des Westens in Amerika des späten 19. Jahrhunderts sehr stark." - schreibt Lisa Tuttle (Seite 114)

Auch dies ein Buch, welches zu mir finden wird, das versteht der oder die, die folgenden Post zusätzlich lesen werden. Übrigens ist Unsere kleine Farm eine Adaption ihrer Geschichten.

* * *

Das dritte Kapitel heißt Postmoderne. Neue Wege. Wir finden hier zum Beispiel Vladimir Nabakov mit Lolita (1955). das hätte ich nun nicht erwartet, ich kannte nur den Film bisher und hätte nicht gedacht, dass da ein bekanntes Buch dahinter steckt. Auch Dr. Schiwago habe ich bisher nur gesehen, der Roman von Boris Pasternak aus dem Jahr 1957 steht auf meiner Leseliste. Der Alchimist (1988)von Paulo Coelho steht schon zum Lesen im Regal, weil Coelho bereits hier und hier seinen Platz im Blog gefunden hat. W.G. Sebald ist mit mit die Ringe des Saturn vertreten, den Autoren hatten wir auch schon einmal hier.



* * *

Vierundzwanzig Bücher weist Kapitel Vier, Reisen in die Gegenwart, auf, es ist damit das längste Kapitel. Und ich hätte es fast erwartet,  die meisten sind mir völlig unbekannt. Von Wolfgang Herrndorfs Tschick habe ich schon mal gelesen, sogar auf unserem Blog, aber wenn ich vor wenigen Wochen nicht zufällig in der Familie das Buch Schiffbruch mit Tiger von Yann Martel gesehen hätte und aus dem Gespräch heraus den Film nicht gestreamt hätte, dann sähe es gänzlich "traurig" aus.



Aber das ist nicht traurig, denn das Ziel des Buches ist ja, Leserinnen und Leser zu gewinnen für Bücher, die man noch nicht kennt und die man (vielleicht) gelesen haben sollte. Es sind schon kurzweilige Buchbeschreibungen, wenn man zum Beispiel erfährt, dass Coelho mit diesem Buch auf der Frankfurter Buchmesse einen Guinnes-Rekord im Signieren aufgestellt hat.

Ich hätte auch anders herangehen können und nur mir völlig unbekannte Bücher auswählen sollen, gerade im letzten Kapitel. Es gibt so viele interessante Bücher, diese hier beschäftigen sich mit dem Reisen. Und zum Reisen gehören hier auch die eigentlich ungewollten, die erzwungenen. Wie bei Kim Thú mit RU (2009) oder Exit West (2017) von Mohsin Hamid.


Vierundzwanzig Bücher habe ich hier erwähnt und hoffe, damit neugierig gemacht zu haben. Zu bemerken wäre noch, dass dieses Buch zuerst unter dem Titel Literary Journeys. Mapping Fictional Travels Across the World of Literature in London erschien. Übersetzt wurde es von Andreas Schiffmann und Alan Tepper. Das finde ich interessant, denn wie hätte die Auswahl anderswo ausgesehen?

Ein Inspiration, eine Ideensammlung, eine Empfehlung. Nicht nur, wenn man etwas unschlüssig nach Lesestoff sucht. 



  • DNB / WBG Theiss / Darmstadt 2022 / ISBN: 978-3-8062-4429-8 / 256 Seiten

© Bücherjunge




2 Kommentare:

  1. Das scheint tatsächlich eine Empfehlung zu sein. Text und Video ergänzen sich gelungen...

    AntwortenLöschen
    Antworten
    1. Ist es auch, liebe Anne, es scheint nicht nur so ;)

      Löschen

Durch das Kommentieren eines Beitrags auf dieser Seite, werden automatisch über Blogger (Google) personenbezogene Daten, wie E-Mail und IP-Adresse, erhoben. Weitere Informationen findest Du in unserer Datenschutzerklärung und in der Datenschutzerklärung von Google. Mit dem Abschicken eines Kommentars stimmst Du der Datenschutzerklärung zu.

Um die Übertragung der Daten so gering wie möglich zu halten, ist es möglich, auch anonym zu kommentieren.